Station 5.1: Ehemalige Feuerwache
Die Feuerwache wurde 1888/89 von dem Stadtbaurat Paul Bratring als viergeschossiger Ziegelbau an der Stelle gebaut, an der etwa 700 Jahre zuvor der Bauernsohn Peter Behrend seinen Hof Lusze angelegt und damit das Dorf Lietzow gegründet hatte. Die Feuerwache wurde am 1.4.1889 eröffnet. Charlottenburg hatte damals 47 Feuerwehrmänner, 10 Feuermelder und 400 Hydranten. Auf dem 3.131 m² großen Gelände wurden neben dem eigentlichen Dienstgebäude ein Stall für 16 Pferde, eine Kutscherstube, ein Hauswartshaus, ein Schuppen für 21 Sprengwagen der Straßenreinigung und eine Werkstatt eingerichtet. Im Erdgeschoss des Hauptgebäudes entstand eine gewölbte, durch eiserne Säulen geteilte Wagenhalle mit Toren in der Vorder- und Hinterfront.
Später entstanden zahlreiche Erweiterungsbauten: 1899 z.B. der hölzerne Steigeturm, den Sie hinter dem Gebäude sehen können. Der Steige- oder Schlauchturm diente hauptsächlich zum Trocknen von Druckschläuchen nach einem Einsatz. Dies war besonders wichtig, als die Schläuche noch aus Hanf hergestellt wurden. Bei den heute verwendeten Schläuchen aus Kunstfaser ist dies nicht mehr zwingend notwendig. Oft wurden auf dem Schlauchturm auch Sirenen und Funkantennen angebracht. In erster Linie wurden Steigetürme aber zu Übungszwecken gebaut, z.B. konnten die Feuerwehrleute das Anstellen und Erklimmen von Leitern üben. 1983 bis 1986 wurden die Gebäude saniert, modernisiert und den Bedürfnissen des neuen Nutzers, Malteser Hilfsdienst e.V., angepasst.
Der Ursprung des Malteser Hilfsdienst liegt im heute noch existierenden Souveränen Ritter- und Hospitalorden vom heiligen Johannes von Jerusalem von Rhodos und von Malta. Der Orden wurde im 11. Jahrhundert in Jerusalem gegründet. Der ursprüngliche Hospital- und Krankendienst wurde immer mehr durch den bewaffneten Schutz von Pilgern und die Kreuzzüge zur Eroberung von Palästina überlagert. Nach der Vertreibung aus Palästina 1291 wurde der Sitz des Ordens mehrfach verlegt. Ab 1530 residierte er dann auf Malta. Seitdem bürgerte sich die Bezeichnung „Malteserorden“ ein. In dieser Zeit veranstaltete der Orden regelmäßig den „Corso“, eine Jagd auf muslimische Schiffe im Mittelmeer. Die bei diesen Raubzügen gefangengenommenen Muslime wurden versklavt. Malta war einer der größten christlichen Sklavenmärkte der Frühen Neuzeit. Von Napoleon wurde der Orden am 12. Juni 1798 aus Malta vertrieben.
Heute ist der Orden völkerrechtlich ein souveränes, nichtstaatliches Völkerrechtssubjekt mit eigener Gerichtsbarkeit. Ziel des Ordens mit seinen international ca. 13.500 Mitgliedern ist es, Alte, Behinderte, Flüchtlinge, Kranke – unabhängig von Religion oder Herkunft – weltweit karitativ zu unterstützen. Immer noch stammen viele Mitglieder des Ordens in Europa aus ehemaligen Ritterfamilien, doch hat sich der Orden inzwischen auch für andere Kandidaten geöffnet. In Deutschland sind Einrichtungen des Ordens über 600mal vertreten. Einer von ihnen ist der Malteser Hilfsdienst, der 1953 in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Caritasverband gegründet wurde. Er engagiert sich inbesondere in der Altenhilfe, Hospizarbeit und Erste-Hilfe- und Pflege-Ausbildung, im Zivil- und Katastrophenschutz, im Rettungsdienst, in der Flüchtlingshilfe, in der ambulanten Pflege und Betreuung, in der Jugendarbeit und in der Gesundheitsförderung. In Alt-Lietzow ist eine Krankenwagenflotte
untergebracht. Zudem ist hier der Sitz der Verwaltung für ganz Berlin.
Station 5.2: Caritas-Generationen-Zentrum
Links neben der ehemaligen Feuerwache wurde 1858 das “Kloster zum Guten Hirten – Rettungsanstalt für Gefallene Mädchen” errichtet. Der Propst der St. Hedwig-Kirche beschrieb zwei Jahre zuvor, warum ein solches Kloster gebraucht wurde:
“Es ist eine der trübsten Erfahrungen meines Seelsorgerberufes am hiesigen Ort, unausgesetzt um eine erhebliche Anzahl junger Mädchen meiner Gemeinde zu wissen, die vom Strom des sittlichen Verderbens fortgerissen, der gewerbsmäßigen Fleischeslust entweder schon verfallen sind oder diesem Abgrund doch nahe stehen, ohne dass ich die Mittel besitze, jene unglücklichen Personen ihrer dämonischen Fesseln zu entreißen und ihnen Asyl zu bieten zur Rettung ihrer Seele und ihres Leibes. In der syphilitischen Abteilung der hiesigen königlichen Charité fand ich unlängst sechs solcher katholischer Mädchen in Pflege, die unter heißen Tränen mich anflehten, sie den Armen der Sünde zu entreißen.”
Die “Rettungsanstalt” sollte nicht nur Mädchen und Frauen aus Charlottenburg, sondern aus der gesamten Umgebung Berlins aufnehmen. Die Errichtung und Existenz des Hauses waren stark umstritten. Charlottenburg als Residenzstadt und Erholungsvorort von Berlin wurde für eine solche Anstalt als der falsche Platz betrachtet. Trotzdem trafen am 11. Februar 1858 die ersten vier Ordensschwestern vom “Guten Hirten” aus dem Münchener Provinzialhaus ein. Die Anstalt wuchs schnell: 1860 wurden durchschnittlich 20 “Büßerinnen” genannt, 1875 schon 142. In dem Jahr wurde das Kloster auf Grund des Klosteraufhebungsgesetzs geschlossen. Die meisten Schwestern verließen Berlin und die Mädchen und Frauen wurden anderweitig untergebracht oder entlassen. Nach geänderten Statuten wurde das Haus als Krankenanstalt weitergeführt. 1887, nach Aufhebung des Klosteraufhebungsgesetzes, wurde das Haus wieder zum Kloster, in dem ab 1894 auch Gefängniswärterinnen ausgebildet wurden. Bis
1900 wurden dort 20 Frauen in einem sechsmonatigen Kurs für diesen neuen Beruf ausgebildet. 1900 gab es 325 Mädchen und Frauen zwischen 15 und 50 Jahren in der „Rettungsanstalt“. Das Klosterleben wurde bestimmt durch Arbeiten: Haus- und Gartenarbeiten, Weißnähen, Plätten, Sticken, Bügeln, Backen, Schustern und ganz besonders Waschen waren die Tätigkeiten, die die Mädchen und Frauen, angeleitet von den Schwestern, verrichteten. 1905 zogen die Schwestern zum Guten Hirten in ein größeres Haus nach Marienfelde. Das Gebäude in Charlottenburg wurde von Carmelitinnen vom “Göttlichen Herzen Jesu” aus Schöneberg übernommen. Ihr Heim nannte sich jetzt St. Josefsheim mit dem Zusatz “Heimat für heimatlose Kinder”; es wurden nun auch Jungen aufgenommen. 1919 konnte die Oberin das Gebäude erwerben. Es wurde Provinzialhaus mit Noviziat, Kinderheim, Kindergarten und Hort. Bei dem Bombenangriff 1943 wurden große Teile des Hauses zerstört, die Kinder waren schon
evakuiert. 1945 wurden wieder Flüchtlingskinder aufgenommen, später wurden Wohneinheiten für Jugendliche eingerichtet. 1989 lebten 48 Kinder und Jugendliche in sechs Wohneinheiten. Im Kindergarten und -hort befanden sich ca. 100 Kinder. Inzwischen ist auf dem Gelände ein modernes Mehr-Generationen-Zentrum für junge und alte Menschen mit vielen Angeboten entstanden. Das Zentrum der Caritas zwischen Alt-Lietzow und dem Iburger Ufer umfasst ein Mehr-Generationen-Haus, das Bernhard-Lichtenberg-Haus, das Kardinal-Bengsch-Zentrum, die Aktivschule Berlin, eine Kita und vieles mehr.
Auf der anderen Seite von Alt-Lietzow steht die ehrwürdige Villa Kogge.
Station 5.3: Villa Kogge
Die Villa Kogge wurde 1864 von dem Holzhändler Albert Kogge erbaut. Seit November 1910 ist sie Villa im Besitz der Stadtgemeinde Charlottenburg. Die Villa wurde zunächst weiter als Wohnhaus genutzt und durch die Stadtgemeinde vermietet. Die Villa hat als eines der wenigen Gebäude am Dorfanger Alt-Lietzow den Zweiten Weltkrieg fast unbeschadet überstanden. Ab 1945 war dann das Sozialamt des Bezirkamts Charlottenburg hier untergebracht. 1954 wurde die Villa unter Denkmalschutz gestellt. Seit 1959 ist hier das Standesamt des Bezirkes beheimatet, das vorher fast hundert Jahre lang kein wirklich festes und angemessenes Domizil hatte. Im Jahr 1983 wurde die Fassade der Villa umfangreich restauriert. Die Villa Kogge ist einer der meist begehrten Hochzeitsorte in Berlin.
Wir gehen nun weiter bis zur Herz-Jesu-Kirche.