Kurfürstendamm 76, Malik-Verlag von Wieland Herzfelde
Am Kurfürstendamm Nr.76 residierte von 1917 bis 1924 der Malik-Verlag von Wieland Herzfelde, der hier eine Dachwohnung bewohnte. Er verlegte expressionistische und zunehmend pazifistische Literatur und Bildbände, darunter die berühmten bissigen Bilder von George Grosz und die Plakate von John Heartfield. Herzfelde, Grosz und Heartfield waren gemeinsam mit Else Lasker-Schüler Stammgäste im Café des Westens, das wegen der vielen Künstler, die dort regelmäßig einkehrten “Café Größenwahn” genannt wurde. Es befand sich übrigens genau dort am Kurfürstendamm Ecke Joachimstaler Straße, wo später das Café Kranzler aufmachte.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte Herzfelde und setzte seine verlegerische Arbeit in Prag, London und New York fort. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Deutschland zurück und starb 1989 in der DDR.
Die Hausnummern 77 bis 89 fehlen am Kurfürstendamm, die Deutsche Allgemeine Zeitung DAZ fragte schon am 9.5.1936: “Hat jemand zufällig dreizehn Häuser gesehen?” Wir können es uns nicht erklären. Stattdessen gibt es den Lehniner Platz.
Lehniner Platz
Der Lehniner Platz wurde 1893 benannt nach dem brandenburgischen Ort Lehnin, der durch das bereits 1180 gegründete Zisterzienserkloster berühmt wurde. Seit dem 12. Mai dieses Jahres gibt es hier auf dem Platz einen privaten Bauernmarkt mit 34 Händlern. Die Ware kommt direkt von Brandenburger Produzenten auf den Verkaufstisch. Der Markt ist regelmäßig samstags von 9 bis 15 Uhr geöffnet.
Kurfürstendamm Nr.153-156
Dieses Grundstück blieb als einziges am Kurfürstendamm noch bis in die 20er Jahre hinein unbebaut. Hier fanden am Anfang des 20. Jahrhunderts noch Flottenspiele statt, in einer Art Wasserzirkus mit Tribünen für 4.000 Besucher. 1905 wurden “Die letzten Tage von Pompeji” vorgeführt, 1908 Tennisplätze angelegt, im Winter eine Eisbahn, bis der Verleger Rudolf-Mosse das Gelände kaufte und 1927 von Erich Mendelsohn bebauen ließ. Die Mendelsohnschen Bauten wurden damals als sensationell empfunden. Hier entstand ein moderner Gebäudekomplex, der sich deutlich von den wilhelminischen Prachtbauten abhebt, die bis dahin am Kurfürstendamm entstanden waren. Mendelsohn schloss die vorhandene Baulücke im Grunde nicht, sondern er schuf eine Öffnung in der Reihe der geschlossenen wilhelminischen Fassaden. Wie “ein groß aufgesperrtes Maul” wirkte der Eingangsbereich, wie damals ein Kritiker meinte.
Die gesamte Anlage wurde in den 20er Jahren als revolutionär empfunden und von der Architekturkritik begeistert gefeiert. Mendelsohn baute das “Universum-Kino”, gegenüber das Kabarett der Komiker und einen Wohnkomplex entlang der Cicerostraße mit Tennisplätzen im hinteren Bereich.
Im Haus des KadeKo wurde das Café Leon eingerichtet. Es wurde zum Stammcafé von Erich Kästner, der 1931 von der Prager Straße hierher in die Roscherstraße gezogen war. Das KadeKo war eines der berühmtesten Kabaretts der 20er Jahre, in dem auch noch in den 30er Jahren gewagte Anspielungen gemacht wurden. Werner Finck zum Beispiel fragte noch im Jahr 1936 von der Bühne herunter den anwesenden Spitzel im Publikum: “Kommen Sie noch mit – oder muss ich mitkommen?”. In einem berühmten Sketch “Beim Schneider” interpretierte er den Hitlergruß als “Aufgehobene Rechte”. Seit dem 1.6.1945 spielte das Kabarett der Komiker im “Café Leon” ein Notprogramm. Im April 1948 eröffnete in seinen Räumen das “British Centre” mit Film-Club und Musik-Club.
Das “Universum-Kino” wurde nach 1945 zunächst als “Capitol”, später bis 1973 als “Studio” weiterbetrieben. In dem Bau residierte nach dem Krieg das Prominentenlokal Ricci. Nach Totalabriss und äußerlich originalgetreuem Wiederaufbau seit 1978 durch Jürgen Sawade wurde das Haus 1981 als Schaubühne am Lehniner Platz eröffnet. Sie ist nach wie vor eines der erfolgreichsten und international bekanntesten deutschen Theater überhaupt.
Nachdem Regisseur Peter Stein und viele bekannte Schauspielerinnen und Schauspieler die Schaubühne in den 80er Jahren verlassen haben ist seit 1987 Jürgen Schitthelm alleiniger Direktor und einziger Repräsentant des Gründungsensembles. Künstlerischer Leiter ist der junge Regisseur Thomas Ostermeier.
Die Skulptur auf dem Mittelstreifen wurde beim Einzug der Schaubühne 1980 hier aufgestellt Sie stammt von dem Bildhauer Bernhard Heiliger und heißt “Das Auge der Nemesis”. Die 4 × 4 × 2 m große Stahlskulptur antwortet auf das geschwungene Halbrund des Theaterbaus mit einer großen vertikalen Scheibe, die den Boden nur an einem Punkt berührt.
Der Name der Skulptur bezieht sich auf die griechische Göttin Nemesis. Sie ist die Göttin des gerechten Zorns und bestraft vor allem die menschliche Selbstüberschätzung also die Hybris. Zeus paarte sich mit Nemesis in der Gestalt eines Schwans, nachdem sie zunächst aus Scham und gerechtem Zorn vor seinen Nachstellungen geflüchtet war. Er zeugte mir ihr die Helena, um derentwillen schließlich der Trojanische Krieg geführt wurde. Sie sehen also: Viel Stoff für ein Theater.
Erich Kästner, der wie schon erwähnt nebenan in der Roscherstraße lebte und hier im Café Leon einen Stammplatz hatte, erlebte die Nacht vom 9. zum 10. November 1938 am Kurfürstendamm. Er hat darüber geschrieben:
“In jener Nacht fuhr ich, im Taxi auf dem Heimweg, den Tauentzien und Kurfürstendamm entlang. Auf beiden Straßenseiten standen Männer und schlugen mit Eisenstangen Schaufenster ein. Überall krachte und splitterte Glas. Es waren SS-Leute, in schwarzen Reithosen und hohen Stiefeln, aber in Ziviljacken und mit Hüten. Sie gingen gelassen und systematisch zu Werke. Jedem schienen vier, fünf Häuserfronten zugeteilt. Sie hoben die Stangen, schlugen mehrmals zu und rückten dann zum nächsten Schaufenster vor. Passanten waren nicht zu sehen. Erst später, hörte ich am folgenden Tag, seien Barfrauen, Nachtkellner und Straßenmädchen aufgetaucht und hätten die Auslagen geplündert.
Dreimal ließ ich das Taxi halten. Dreimal wollte ich aussteigen. Dreimal trat ein Kriminalbeamter hinter einem der Bäume hervor und forderte mich energisch auf, im Auto zu bleiben und weiterzufahren. Dreimal erklärte ich, dass ich doch wohl aussteigen könne, wann ich wolle, und das erst recht, wenn sich aller Öffentlichkeit, gelinde ausgedrückt, Ungebührliches ereigne. Dreimal hieß es barsch: ‘Kriminalpolizei’! Dreimal wurde die Wagentür zugeschlagen. Dreimal fuhren wir weiter. Als ich zum vierten Mal halten wollte, weigerte sich der Chauffeuer. ‘Es hat keinen Zweck’, sagte er ‘und außerdem ist es Widerstand gegen die Staatsgewalt!’ Er bremste erste vor meiner Wohnung.”
Kästner wohnte von 1931 bis 1944 hier um die Ecke in der Roscherstraße 16
Das Ortsschild Halensee zeigt an, wo wir uns befinden. Allerdings war Halensee nie ein eigenständiger Ort wie Schmargendorf oder Grunewald, sondern es war immer ein Teil von Wilmersdorf, benannt nach dem gleichnamigen See am Ende des Kurfürstendammes.
Kurfürstendamm 92 Fritz Goetz
Hier lebte der Journalist Fritz Goetz. Er arbeitete von 1904 bis 1933 beim Ullstein-Verlag in Berlin. Er war gleichzeitig Lokalchef der Vossischen Zeitung und Redakteur bei der Berliner Morgenpost.
1933 verschleppten die Nationalsozialisten Fritz Goetz in das Konzentrationslager Dachau bei München. Noch im gleichen Jahr konnte er nach Frankreich fliehen, von wo er 1938 nach Palästina emigrierte. 1957 starb er in Tel Aviv.
Nestorstraße
Die Nestorstraße wurde 1892 benannt nach Joachim I. Nestor, Kurfürst von Brandenburg. Er lebte von 1484 bis 1535.
In der Nestorstraße ist der Turm der Albertus-Magnus-Kirche zu sehen. Sie wurde 1962 von Alfons Leitl gebaut.
Das Kurfürstendamm-Center am Kurfürstendamm 142-147 mit dem Bauhaus-Markt an der Ecke wurde von 1971 bis 1973 gebaut. Wie das alte Kudamm-Eck und das Kudamm-Karree ist es eine der Bausünden der 70er Jahre, die man heute so nicht mehr bauen würde. Das Kurfürstendamm-Center war aber von den dreien das Unspektakulärste, und es passt sich noch relativ unauffällig in die Kurfürstendamm-Bebauung ein.
Gegenüber wohnt übrigens Klaus Wowereit, was meistens unschwer an den Sicherheitsbeamten zu erkennen ist, die sich im Bereich des Hauseinganges aufhalten.
Kurfürstendamm 94/95 Kurt Mühsam
Hier war von 1933 bis 1938 das Unternehmen “Paketfahrt des Westens” untergebracht. Es organisierte Umzüge nach Paris und Palästina.
In diesem Haus lebte auch der Publizist Dr. Kurt Mühsam. Er wurde 1882 in Graz als Sohn des Landesoberrabbiners Samuel Mühsam geboren und war ein Vetter des Dichters und Revolutionärs Erich Mühsam. Kurt Mühsam war Theater- und Kunstkritiker, Schriftsteller und Politiker. 1913 wurde er Direktor der National-Zeitung, 1920 Pressechef der Ufa und 1924 Chefredakteuer der “Lichtbildbühne” und Redakteur der “Berliner Zeitung am Mittag”. Er starb 1931 in Berlin.
Markgraf-Albrecht-Straße
Die Straße wurde 1908 benannt nach Albrecht I “Der Bär”, Markgraf von Brandenburg.