Kiezspaziergang am 10.2.2007

Vom Scholzplatz zum Touro College

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen und Sara Nachama im Touro College, Foto: KHMM

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen und Sara Nachama im Touro College, Foto: KHMM

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen

Treffpunkt Scholzplatz

Sehr geehrte Damen und Herren!

Herzlich willkommen zu unserem 62. Kiezspaziergang. Wir werden heute das Touro College besichtigen, und ich freue mich, dass die Gründungsdirektorin Sara Nachama uns ihre Universität persönlich vorstellen wird. Ihr Mann Dr. Andreas Nachama ist bereits bei uns. Herzlich willkommen und vielen Dank, dass Sie heute bereit sind, uns nicht nur auf dem Weg zu Ihrer Frau zu begleiten, sondern uns auch den Friedhof der Jüdischen Gemeinde vorzustellen. Der jüdische Friedhof ist zwar heute am Sabbat geschlossen, aber wir können von außen auf das Gelände sehen.
Wir gehen ja heute in gewisser Weise symbolisch einen Weg von der Vergangenheit in die Zukunft, von der Erinnerung an den Holocaust und an die West-Berliner Nachkriegszeit zur jüdischen Universität, die uns heute fast wie ein Wunder erscheint, ein wunderbares Zeichen für das neue jüdische Leben in unserer Stadt und ein Ort, an dem junge Menschen für ihre Zukunft ausgebildet werden, für eine Zukunft, die sich ihrer Vergangenheit bewusst ist.

Nach dem Besuch im Touro College werden wir als letzte Station unseres heutigen Spazierganges den Britischen Soldatenfriedhof an der Heerstraße besuchen. Wir schließen mit dieser Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg den Kreis und kehren danach hierher zurück an den Scholzplatz.

Bevor wir starten wie gewohnt die Ankündigung unseres nächsten Kiezspazierganges: Der März ist bei uns traditionell geprägt vom Internationalen Tag der Frau am 8. März. Deshalb wollen wir auch in diesem Jahr wieder den März-Spaziergang vor allem den Frauen widmen. Wir treffen uns wie immer am zweiten Sonnabend im Monat, also am 10. März, um 14.00 Uhr vor dem Unternehmerinnen- und Gründerinnenzentrum Charlottenburg-Wilmersdorf, kurz UCW an der Blissestraße Ecke Sigmaringer und Gasteiner Straße. Das ist unmittelbar am Ausgang des U- Bahnhofs Blissestraße direkt neben der Dietrich-Bonhoeffer-Bibliothek. Vom UCW aus werden wir unter anderem das Goethe-Gymnasium besuchen, das als Victoria-Luise-Lyceum, also als Mädchengymnasium gegründet wurde, und die Cäcilien-Grundschule am Nikolsburger Platz, bei der um die Schreibweise mit ä oder e gestritten wird.

Wie Sie wissen gibt es seit Januar dieses Jahres auch das Kiezmenü, und zwar immer am letzten Mittwoch eines Monats um 18.00 Uhr. Wir haben uns am 31. Januar im Restaurant Schweinske am Ernst-Reuter-Platz erstmals getroffen, und alle waren begeistert.
Die Bewertung des Restaurants durch die Teilnehmer können Sie auf unserer Website im Internet nachlesen. Der nächste Termin 28. Februar mit Wirtschaftsstadtrat Marc Schulte im Restaurant Lavandevil in der Schustehrusstraße 3 ist leider schon ausgebucht.

Tiroler Bauernstuben am Scholzplatz, Foto: KHMM

Tiroler Bauernstuben am Scholzplatz, Foto: KHMM

Aber für das Kiezmenü am 28. März in den Tiroler Bauernstuben hier am Scholzplatz beginnt die Anmeldefrist am 1. März.
Es wird ein typisch österreichisches dreigängiges Menü geben: Kürbiscremesüppchen, Tafelspitz in Meerrettichsauce und Marillenknödel mit Aprikosensauce, das Ganze für 12.- EUR. Sie können also, wenn Sie interessiert sind, ab 1. März in der Pressestelle anrufen unter 9029-12203 oder eine E-Mail schreiben an: presse@charlottenburg-wilmersdorf.de. Die Teilnehmerzahl ist auf 40 begrenzt. Bevorzugt werden diejenigen, die bisher noch nicht an einem Kiezmenü teilgenommen haben.
Die Tiroler Bauernstuben gibt es hier am Scholzplatz seit 1934.

Scholzplatz
Der Scholzplatz erhielt seinen Namen 1931. Zuvor war 11 Jahre lang ein Platz auf dem heutigen Messegelände nach Ernst Scholz benannt, dem letzten Oberbürgermeister von Charlottenburg. Ernst Scholz wurde 1874 in Wiesbaden geboren. 1900 wurde er Erster Sekretär des Allgemeinen Genossenschaftsverbandes in Charlottenburg. 1912 war er Oberbürgermeister von Kassel und Mitglied des Preußischen Herrenhauses, und 1913 wurde er Oberbürgermeister von Charlottenburg, was er bis 1920 blieb, als Charlottenburg nach Groß-Berlin eingemeindet wurde. Ernst Scholz starb 1932 in Berlin.

Heerstraße
Der Charlottenburger Teil der Heerstraße wurde 1874 als Chaussee von Charlottenburg nach Pichelsberg angelegt. Seit 1903 wurde die Straße ausgebaut und zu einem Teil der großen Ost-West-Verbindung vom Berliner Schloss zum Truppenübungsplatz in Döberitz. 1911 wurde sie in Anwesenheit Kaiser Wilhelm II. als Döberitzer Heerstraße feierlich dem Verkehr übergeben. Auf dem Truppenübungsplatz Döberitz wurden damals an Stelle des früheren Übungsplatzes auf dem Tempelhofer Feld die Paraden der Garderegimenter abgehalten. Seit 1921 heißt die Straße nur noch Heerstraße. Die Nationalsozialisten machten aus der Verbindung eine durchgängige Ost-West-Achse.
Heute ist die Heerstraße Teil der Bundesstraße 5. Bis zum 24.1.1966 verkehrte auf der Heerstraße die Straßenbahnlinie 75 von Spandau-Hakenfelde über den Theodor-Heuss-Platz bis zum Bahnhof Zoo. Die ehemalige Straßenbahntrasse ist heute auf der nördlichen Seite der Heerstraße zwischen Theodor-Heuss-Platz und Stößenseebrücke als Grünstreifen erhalten. 2001 hatte die FDP-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung den Antrag gestellt, diese Straßenbahnlinie wieder in Betrieb zu nehmen, was allerdings leider keine Aussicht auf Erfolg hat.
Nach der Schließung der Straßenbahnlinie wurde über der Heerstraße ein Ampel- und Verkehrsleitsystem eingerichtet, das die Verkehrsströme durch die Anzeige der optimalen Fahrgeschwindigkeit lenkt und eine Grüne Welle ermöglicht.
Über diese Anlage lässt sich auch die mittlere Spur der Heerstraße bei Bedarf öffnen oder sperren, beispielsweise um den Berufsverkehr oder den Veranstaltungsverkehr des Olympiastadions oder der Waldbühne zu leiten.
An der Heerstraße entstanden in den 50er und 60er Jahren Wohnsiedlungen für die britischen Soldaten, eine britische Schule, ein britisches Krankenhaus und eine britische Kirche. Die kleinen Häuser gleich hier im Anschluss an den Scholzplatz auf der rechten Seite wurden für Offiziere gebaut. Die Wohnungen wurden nach dem Abzug der Briten dem Bundesvermögensamt übertragen und bevorzugt an Bundesbedienstete vermietet. Am Dickensweg 15 befindet sich heute die Charles-Dickens-Grundschule, eine Staatliche Europaschule für Englisch und unmittelbar daneben am Dickensweg 17-19 die 1994 gegründete Berlin-British-School, eine internationale Privatschule.
Wir gehen jetzt über die Waldstraße zum Jüdischen Friedhof. Nach rechts zweigt eine Straße zum Sendemast des RBB ab, die aber an einem geschlossenen Tor endet. Das Gebiet um den Sendemasten ist aus Sicherheitsgründen gesperrt.

Dr. Andreas Nachama, Foto: KHMM

Dr. Andreas Nachama, Foto: KHMM

Jüdischer Friedhof
Dr. Andreas Nachama ist Rabbiner der Synagoge Hüttenweg in Zehlendorf, Geschäftsführender Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, Professor am Touro College, Publizist und Buchautor. Er war von 1997 bis 2001 Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, von 1992 bis 1999 künstlerischer Leiter der Jüdischen Kulturtage in Berlin, 1980 bis 1993 leitender Mitarbeiter der Berliner Festspiele und als solcher unter anderem für die Koordination und Öffentlichkeitsarbeit der 750-Jahr-Feier West-Berlins 1987 verantwortlich.
Dr. Nachama ist der Sohn von Estrongo Nachama, der als Oberkantor der jüdischen Gemeinde Berlin von 1947 bis zu seinem Tod im Jahr 2000 weit über die Stadt hinaus bekannt und beliebt war. Er starb am 13. Januar 2000 im Alter von 81 Jahren und wurde hier auf dem Friedhof der Jüdischen Gemeinde an der Heerstraße nicht weit von Heinz Galinski und Hans Rosenthal begraben. Ich bin sehr froh darüber, dass Sie, Herr Nachama uns heute begleiten und uns den Jüdischen Friedhof vorstellen. Vielen Dank dafür.

Nach der 1953 erfolgten Spaltung der Jüdischen Gemeinde in eine Ost- und eine West-Gemeinde wurde für die letztere dieser Friedhof am Rande des Grunewalds angelegt und im November 1955 eingeweiht. Seit 1960 erinnert ein Gedenkstein an die durch das NS-Regime ermordeten Juden. Das Mahnmal, aus Steinen der zerstörten Synagoge in der Fasanenstraße errichtet, trägt die Inschrift:

“Denen, die unter der Herrschaft des Unmenschen
ihr Leben lassen mußten,
zum ewigen Gedächtnis – 1933-1945”.

1984 wurde hier eine Urne mit Asche aus Auschwitz beigesetzt. Mit privaten Gedenksteinen erinnern Überlebende an ihre ermordeten Angehörigen.

Grab von Hans Rosenthal, Foto: KHMM

Grab von Hans Rosenthal, Foto: KHMM

Heute vor 20 Jahren, am 10. Februar 1987, starb Hans Rosenthal im Alter von 61 Jahren an Krebs. Hier auf dem jüdischen Friedhof befindet sich sein Ehrengrab.
Er wurde am 2. April 1925 in Berlin geboren. Seit 1935 besuchte er die jüdische Mittelschule in der Großen Hamburger Straße. 1941 bereitete er sich auf die Flucht nach Palästina vor, die aber nicht gelang. Er musste Zwangsarbeit leisten. In den letzten beiden Kriegsjahren lebte er im Untergrund und versteckte sich in der Kleingartenanlage “Dreieinigkeit” in Lichtenberg, wo ihm zwei mutige Frauen halfen zu überleben.
Am 21.5.1945 begann seine Mitarbeit beim Berliner Rundfunk, 1948 beim RIAS Berlin. 1954 lief seine erste Quizsendeung “Wer fragt, gewinnt”, 1963 begann “Allein gegen alle”, 1971 “Dalli Dalli”. Von 1962 bis 1980 leitete er beim RIAS die Unterhaltungsabteilung.
1965 wurde er Präsident des Fußballclubs Tennis-Borussia. Von 1961 bis 1980 war er Mitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland, seit 1971 Vorsitzender der Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. 1972 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen, 1980 erschien seine Autobiografie “Zwei Leben in Deutschland”. Am 2.4.1993 wurde der Platz vor dem ehemaligen RIAS-Gebäude an der Kufsteiner Straße 69 in “Hans-Rosenthal-Platz” benannt, und in diesem Frühjahr wird die Sportanlage Kühler Weg, die von seinem Verein Tennis-Borussia genutzt wird, in “Hans-Rosenthal-Sportanlage” umbenannt, wie es unsere Bezirksverordnetenversammlung am 22.6.2006 beschlossen hat.

Waldweg

Am Rupenhorn
Die Straße “Am Rupenhorn” erhielt ihren Namen 1925. Er bezieht sich auf einen kleinen Landvorsprung in den Stößensee hinein, der unmittelbar unterhalb als Ausbuchtung der Havel entstanden ist. An dieser Stelle wurden von den Fischern Aalraupen gefangen, ein Speisefisch, der auch Quappe oder Rutte genannt wird. In den 20er Jahren entstanden am Rupenhorn eine Reihe von Villen und Gärten in Hanglage mit Havelblick weit über den Stößensee hinaus. Das Hochufer wurde von Architekten als “Traumlandschaft” beschrieben, in der die Eiszeit einen für die Havellandschaft typischen “Rinnsee” hinterließ, eben den Stößensee. Das Gefälle zur Havel beträgt bis zu 35 Meter, was herrliche Fernsichten ermöglicht.
In der Nachkriegszeit entstanden zusätzlich große Mietshausbauten und weitere Villen.

Am Rupenhorn 9, Foto: KHMM

Am Rupenhorn 9, Foto: KHMM

Am Rupenhorn 9: Villa von Bubi Scholz bis 1994
In der Villa Am Rupenhorn 9 lebte bis 1994 Gustav “Bubi” Scholz. Er wurde 1930 in Prenzlauer Berg geboren. Seine größten Erfolge als Boxer feierte er Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre. Er galt zu dieser Zeit als populärster Boxer in Deutschland und verbuchte einige internationale Erfolge. 1958, als der Presseball noch der Presseball war, schwoofte er durch, hängte seinen Smoking in den Schrank und fand Wochen später beim Ausbürsten in der Tasche ein Tombola-Los, das ihm ein Mercedes-Cabrio einbrachte, mit dem er den Kudamm hinauf und hinab fuhr, Pomade im Haar, einen Schlager auf den Lippen – so wird berichtet.
Nach seiner aktiven Karriere erregte er immer wieder mit seinen Alkoholexzessen das Aufsehen. Er feierte am Rupenhorn rauschende Feste mit viel Alkohol und Drogen. Oft war der Schauspieler Harald Juhnke mit von der Partie. Der ehemalige Boxer lebte in einer Scheinwelt. 1980 erschien seine Autobiographie unter dem Titel “Der Weg aus dem Nichts”. Er war damals Besitzer zweier Parfümerien, Teilhaber einer Werbeagentur, Schlagersänger und Schauspieler.
Der Tiefpunkt in seinem Leben kam am 22. Juli 1984: Unter nie ganz geklärten Umständen erschoss er seine 49jährige Frau Helga im Rausch durch die Toilettentür der gemeinsamen Villa hindurch. Er wurde am Tag danach festgenommen und zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Die drei Jahre saß er im Gefängnis in Tegel.

Im Oktober 1993 heiratete der 63-jährige Scholz im Charlottenburger Standesamt zum zweiten Mal, und zwar die 35-jährige Sabine Arndt. Sie überredete ihn, die mit Erinnerungen beladene Villa zu verkaufen und in ein Haus in Ruhleben zu ziehen. Später zog er in ein Seniorenheim in Hoppegarten. Dort starb er am 21. August 2000, nachdem er in den Jahren zuvor mehrere Schlaganfälle erlitten hatte und bei ihm Alzheimer und Demenz diagnostiziert worden waren. Seine Witwe Sabine heiratete am 25. März 2004 wieder im Standesamt Charlottenburg den Schauspieler Klausjürgen Wussow.
Das Leben von Bubi Scholz wurde verfilmt und zu Silvester 1998/Neujahr 1999 von der ARD unter dem Titel “Die Bubi-Scholz-Story” ausgestrahlt, wobei Benno Fürmann den jungen und Götz George den alten Scholz darstellten.

Am Rupenhorn 8
Gegenüber am Rupenhorn 8 hatte der berühmte Architekt Hermann Muthesius 1923 bis 1924 das Landhaus Kersten gebaut. Es war ein großzügiges Landhaus mit Vorfahrt an der Straße und Terrasse zur Havellandschaft. 1937 wurde es an die Reichpostdirektion übertragen, die hier ein Mütterheim einrichtete. Im Krieg wurde das Haus zerstört, 1960 dann vollends abgebrochen. Heute steht hier ein großes Mietshaus.

Am Rupenhorn 6 mit Mendelsohn-Gedenktafel, Foto: KHMM

Am Rupenhorn 6 mit Mendelsohn-Gedenktafel, Foto: KHMM

Am Rupenhorn 6: Gedenktafel für Erich Mendelsohn
Die Gedenktafel wurde 1988 enthüllt. Der Text lautet:

Wohnhaus Mendelsohn
erbaut 1928 bis 1930 von dem Architekten
ERICH MENDELSOHN
21.3.1887-15.9.1953
der hier von 1930 bis zu seiner Emigration
im März 1933 lebte und arbeitete

Erich Mendelsohn war einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts, übrigens der einzige bekannte Mendelsohn, der sich nur mit einem s schreibt. Er wurde 1887 in Allenstein in Ostpreußen geboren und kam 1908 nach Berlin, wo er an der Technischen Universität Architektur studierte. 1912 machte er sich zunächst in München selbständig, kam aber 1918 wieder nach Berlin. Bis 1929 lebte er in der Kastanienallee in Westend. 1920 bis 1921 wurde nach seinen Entwürfen der Einstein-Turm in Potsdam gebaut, der als eines der wichtigsten frühen Beispiele expressionistischer Architektur gilt. 1927 bis 1928 baute er am Kurfürstendamm die große Wohnanlage zwischen Albrecht-Achilles- und Cicerostraße mit dem Kabarett der Komiker und dem Universum-Kino, in dem heute die Schaubühne residiert, ebenfalls ein bedeutendes Baudenkmal des Expressionismus.
Er baute eine Reihe von Villen in Charlottenburg und Zehlendorf, darunter 1929 bis 1930 hier seine eigene. Es ist ein flachgedeckter, zweigeschossiger, weiß geputzter Backsteinbau mit einer großen Terrassenanlage zur Havel hin. Die Villa gilt als bedeutendes Beispiel für seinen in den 20er Jahren entwickelten Stil der horizontal betonten und gekurvten Fassaden mit langen Fensterbändern. Alle Wohnräume sind zur Havel hin ausgerichtet. Die Fenster im Wohn- und im Musikzimmer können versenkt werden, um die Landschaft optimal in den Wohnbereich einzubeziehen. Quer durch den Garten ließ Mendelsohn einen Zaun bauen zum Schutz vor Wildschweinen. Der Garten ist inzwischen allerdings mehr und mehr zugewachsen. Zu der Gesamtanlage heißt es in einem Kommentar in “Berlin und seine Bauten” von 1972: “Die Durchformung der Details im Hause und in den Mauern, Wegen und Terrassen des Gartens hat in Berlin nicht ihresgleichen.”
Mendelsohn konnte hier allerdings nur noch drei Jahre leben. Dann musste er vor den Nazis fliehen, im April 1933 zunächst nach London. 1934 gründete er ein Architekturbüro in Jerusalem, wo er seit 1936 überwiegend arbeitete und mehrere Großbauten errichtete, darunter die Hebräische Universität und das Hadassa-Krankenhaus. 1939 siedelte er nach Palästina über, 1941 in die USA. Auch hier war er als Architekt produktiv. 1950 baute er die Synagoge in St. Louis und 1952 in Cleveland.
Auf dem Grundstück Am Rupenhorn 6 wurde 1987 bis 1988 ein Anbau errichtet, und an der Straßenfront wurden leichte Veränderungen vorgenommen. Leider ist hinter der Grundstücksmauer nicht viel von dem Haus zu sehen.

Touro College, Foto: KHMM

Touro College, Foto: KHMM

Am Rupenhorn 5: Touro-College
Das Haus am Rupenhorn 5 wurde 1929 von Bruno Paul im Bauhaus-Stil errichtet. Die jüdische Familie Lindemann, die dort lebte, wurde in der Nazizeit gezwungen, das Haus weit unter Wert zu verkaufen. Dann zog der NS-Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten, Hans Kerrl, in das Gebäude ein. Heute ist das Haus im Besitz des Landes Berlin. Es wurde vom Touro College saniert.
Das Touro College wurde am 26.1.2004 von Gründungsdirektorin Sara Nachama eröffnet, gemeinsam mit Rabbiner Bernard Lander, der 1970 das erste Touro College in New York gründete. Die Universität ist eine von 25 Touro Colleges weltweit, private wissenschaftliche Einrichtungen, die nach dem jüdischen Philantropen Isaac Touro benannt sind.
Der englischsprachige Studiengang führt in drei Jahren zum amerikanischen Abschluss “Bachelor of Science in Business, Management and Administration”. Um das Management-Studium zu vervollständigen, müssen die Studenten auch geisteswissenschaftliche Kurse belegen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf amerikanischer Kultur.
Am 12.9.2006 nahm das “Bernard Lander Institut für Kommunikation über den Holocaust und Toleranz” unter der Leitung von Dr. Andreas Nachama auf dem Campusgelände seine Arbeit auf.

Am Rupenhorn 22/23: Mietshaus
In diesem Mietshaus lebt Ingrid Stahmer. Sie war von 1981 bis 1989 Bezirksstadträtin für Soziales in Charlottenburg, anschließend Sozial- und Gesundheitssenatorin bis 1995 und danach bis 1999 Senatorin für Jugend, Schule und Sport. 1995 war sie Spitzenkandidatin der SPD gegen Eberhard Diepgen. Die SPD verlor aber die Wahl mit 23,6 Prozent gegen die CDU mit 37,4 Prozent.

Am Rupenhorn 25, Foto: KHMM

Am Rupenhorn 25, Foto: KHMM

Am Rupenhorn 24/25
Zwei von drei geplanten Einfamilienhäusern, 1929 bis 1930 von Hans und Wassili Luckhart und Alfons Anker gebaut. Sie zählen zu den bedeutendsten Bauten der Neuen Sachlichkeit in Berlin. Das Haus Nr. 25 kann einzeln oder in kleinen Gruppen besichtigt werden. Auf der Erläuterungstafel steht folgender Text:
Landhauskolonie Am Rupenhorn 25
Bauherr: Direktor Richard Kluge
Architekten: Hans und Wassili Luckhart und Alfons Anker
Garten: Berthold Körting
Beispiel neuen Bauens; Stahlskelett, das ausgefacht mit Bimsbeton und beidseitig verputzt, große Öffnungen und veränderliche Räume erlaubt.
Zeichen der neuen Sachlichkeit: weiße, glänzende Kuben im Gegenüber zur Havellandschaft.
Neuinszenierung der klassischen Villa: Garage und Küche im Sockel, ungeteilter Wohnraum, offen zu der über der Landschaft schwebenden Terrasse. Das Dach als gestalteter Luftraum und persönlicher Lebensbereich.
Geschichte: 1932 Zwangsversteigerung. Umbau zum Mehrfamilienhaus.
1939 Reichsbesitz zum Abriss für den Bau der neuen Hochschulstadt, später Bundesbesitz.
Privatbesitz seit 1997. Denkmalgerechte Instandsetzung als Kulturhistorisches Vermächtnis. Gefördert wurde die Maßnahme durch das Landesamt für Denkmalpflege Berlin und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz.

Britischer Soldatenfriedhof, Foto: KHMM

Britischer Soldatenfriedhof, Foto: KHMM

Britischer Soldatenfriedhof, Berlin War Cemetery

Auf dem Britischen Soldatenfriedhof sind mehr als dreieinhalbtausend, meist sehr junge Tote aus den Commonwealth-Staaten und einige wenige Polen begraben. Überwiegend sind es Air-Force-Mitglieder, die im Luftkampf über Berlin gefallen sind. Die 37.588m² große Friedhofsanlage wurde 1955-57 nach den Plänen des Architekten Philipp Dalton Hepworth durch die Commenwealth War Graves Commission und die Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen von Berlin als Ehrenhain angelegt. Ein unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg angelegter britischer Soldatenfriedhof zwischen Trakehner und Heilsberger Allee wurde 1959 aufgelöst, die Toten auf den Friedhof an der Heerstraße umgebettet.
Ein dreibogiger Torbau mit schmiedeeisernen Pforten an der Ostseite des Friedhofes bildet den eigentlichen Eingang, ein siebenbogiger Torbau den Abschluss. Auf einer Rasenfläche sind die einheitlich gestalteten Grabsteine angelegt, die von einem steinernen Kreuz und einem Gedenkstein hoch überragt werden. Die Anlage folgt einem seit 1918 vom englischen Parlament für Soldatenfriedhöfe festgelegten Grundmuster, das die beiden genannten Hauptdenkzeichen verbindlich vorschreibt: “Stone of remembrance” mit der Inschrift “Their name liveth for evermore” und das dem keltischen Kreuz nachempfundene und mit einem eingelassenen Kreuzritterschwert aus Bronze versehene “Cross of Sacrifice”.
Für die nach dem Krieg verstorbenen zivilen und militärischen Angehörigen der britischen Schutzmacht ist ein eigener Block reserviert.
In einem der Torhäuser befindet sich das Gräberregister in Form der “Roll of Honour”. In dem anderen ist auf einer Steintafel zu lesen:

“Während der beiden Weltkriege von 1914 – 1918 und 1939 – 1945
starben Millionen Menschen. Die meisten Militärangehörigen, Männer
und Frauen, die ihr Leben in diesen Kriegen verloren haben, liegen in
den Ländern begraben, in denen sie fielen. Die überwiegende Zahl der
Angehörigen der Commonwealth-Streitkräfte, die in Deutschland
starben, sind auf Kriegsgräberstätten wie dieser bestattet, die von der
Commonwealth War Graves Commission mit Unterstützung und
Entgegenkommen des deutschen Volkes unterhalten werden.
Derjenigen, deren Gräber unbekannt sind, wird an
Vermisstendenkmälern gedacht.”

Schlichte weiße Grabstelen aus englischem Portlandsandstein, die regelmäßig auf der Rasenfläche der trapezförmigen Friedhofsanlage gruppiert wurden, nennen jeweils den Namen des Toten und zeigen als Relief sein Regimentswappen.
Von den 3.576 hier bestatteten Gefallenen waren 2.676 Briten, 527 Kanadier, 223 Australier, 56 Neuseeländer, 50 Inder, 31 Südafrikaner, 5 Polen und 8 unbekannter Nationalität.