mit Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen
Treffpunkt: Roseneck
Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem Kiezspaziergang im März. In diesem Monat ist er Teil des Charlottenburg-Wilmersdorfer Frauenfrühlings, den wir traditionell im März veranstalten. Anlass ist der Internationale Tag der Frau, der am 8. März begangen wurde. Auf dem Weg zum Hagenplatz werden wir an bedeutende Frauen erinnern, die in Schmargendorf und Grunewald gelebt haben, darunter eine Reihe von jüdischen Pädagoginnen, die vor und während der NS-Zeit jüdische Schulen geleitet haben.
Zunächst aber wie immer der Hinweis auf den nächsten Kiezspaziergang. Am 10. April bin ich nicht in Berlin. Deshalb wird meine Kollegin, Sozialstadträtin Martina Schmiedhofer die Führung übernehmen. Treffpunkt ist am Samstag, dem 10. April, um 14.00 Uhr am Theodor-Heuss-Platz, und es wird von dort bis zur Epiphanienkirche gehen, wo Ihnen unter anderem eine einzigartige Orgel vorgestellt wird. Sie werden dann am Ostersonnabend am Ende des Kiezspaziergangs die Gelegenheit haben, sich auf die Osterfeiertage einstimmen zu lassen.
Roseneck
Um 1900 befand sich hier die Endhaltestelle verschiedener Linien der Großen Berliner Straßenbahngesellschaft. Zwischen Hagenstraße und Teplitzer Straße wurde eine Kehre für die Straßenbahnen gebaut. Der dabei entstandene Platz wurde mit Rosen angelegt und erhielt den Namen Roseneck.
Das Hochhaus mit 15 Stockwerken wurde 1959 als erstes Berliner Hochhaus gebaut.
Hohenzollerndamm
Der Hohenzollerndamm wurde von 1899 bis 1901 als große Verbindungsstraße Richtung Potsdam ausgebaut und nach dem preußischen, also Berlin-Potsdamer Herrscherhaus benannt. Geplant war ein lebendiger Boulevard nach dem Vorbild des Kurfürstendammes, der sich 10 Jahre früher geradezu explosionsartig entwickelt hatte. Aber dieser Erfolg lies sich nicht wiederholen. Hier am Roseneck ist ein lebendiger Treffpunkt für die Menschen aus der Umgebung entstanden, ansonsten ist der Hohenzollerndamm heute eher eine Autobahn.
Am Roseneck treffen das eher kleinstädtische Schmargendorf und die großbürgerliche Villenkolonie Grunewald aufeinander. In dem gegenüber liegenden alt eingesessenen Caféhaus Wiener Conditorei treffen sich auch schon einmal Prominente. Es ist bekannt weit über sein Einzugsgebiet hinaus. Auch daneben das Restaurant Weinstube Habel hat einen überregionalen Ruf.
Hier am Roseneck gibt es übrigens sogar eine eigene Zeitung, die einmal im Monat als reines Anzeigenblatt erscheint. Also kann man davon ausgehen, dass das Kiezbewusstsein der Anwohner stark ausgeprägt ist.
Nr. 110a
Gedenktafel Leonore Goldschmidt Schule
An dieser Stelle befand sich
von 1935 bis 1939 das Hauptgebäude der
JÜDISCHEN PRIVATSCHULE
DR. LEONORE GOLDSCHMIDT
Ab 1933 mußten jüdische Lehrer und Schüler die öffentlichen Lehranstalten in Deutschland verlassen. Das Abschlußzeugnis dieser Schule berechtigte zum Studium an den meisten englisch-sprachigen Universitäten. 1939 wurde die Schule durch die Nationalsozialisten geschlossen.
Hier befand sich eine von mehreren jüdischen Schulen. Sie wurden allesamt von Frauen geleitet, und sie wurden nach 1933 für die jüdischen Familien immer wichtiger. Als die jüdischen Kinder von den allgemeinen Schulen ausgeschlossen wurden, blieben ihnen nur noch die jüdischen Schulen, wo sie nicht nur eine allgemeine Schulbildung erhalten konnten, sondern zunehmend auch auf die Emigration vorbereitet wurden. Deshalb war Englisch für viele das wichtigste Fach. Der Platzbedarf an den jüdischen Schulen stieg seit 1933 enorm, bis die Nazis 1939 alle diese Schulen schlossen und Juden jede Schulbildung verweigerten.
Leonore Goldschmidt hatte 1916 am Grunewald-Gymnasium, dem heutigen Walther-Rathenau-Gymnasium Abitur gemacht, dann in Jena, Berlin und Heidelberg studiert, promoviert und als Lehrerin in England und Berlin gearbeitet, zuletzt an der Sophie-Charlotte-Schule, die sie 1933 verlassen musste. 1934 arbeitete sie an der “Privaten Jüdischen Waldschule Grunewald” von Toni Lessler, die hier an der Hagenstr. 56 gerade vergrößert worden war. Am 1. Mai 1935 gründete Leonore Goldschmidt ihre eigene Schule unweit von hier in der Kronberger Str. 24. Die Schule wurde schnell ausgebaut. Es entstanden vier neue Schulgebäude hier am Hohenzollerndamm 105-110 und Nr.102 und in der Berkaer Str.31.
Nach der Schließung ihrer Schule 1939 emigrierte Dr. Leonore Goldschmidt nach England und führte dort ihre Schule bis 1940 weiter. Bis 1968 arbeitete sie als Lehrerin an privaten und öffentlichen Schulen in England. Mit 71 Jahren ging sie in den Ruhestand und starb 1983 86jährig in London.
Hundekehlestraße
Die Hundekehlestraße wurde 1891 benannt. Der Begriff Hundekehle ist eine alte Bezeichnung für die Sammelstelle einer Hundemeute bei einer Treibjagd. Davon abgeleitet liegen in der Nähe der Straße das Hundekehlefenn und die Försterei Hundekehle. Auch der Hundekehlesee ist nicht weit. Und alle diese Namen zeigen uns, dass dies ein ausgeprägtes Jagdgebiet war – spätestens seit 1542. Dort wurde am Grunewaldsee von Caspar Theyß für Kurfürst Joachim II Hektor das Jagdschloss Grunewald erbaut.
Hundekehlestr.11
Gedenktafel für Rainer Maria Rilke
In der früher hier stehenden
“Villa Waldfrieden”
lebte von 1898 bis 1900
RAINER MARIA RILKE
4.12.1875 – 29.12.1926
Lyriker, schrieb hier 1899 die Erstfassung der
“Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke”
Leider ist auf dieser Gedenktafel nicht erwähnt, dass Rilke in der “Villa Waldfrieden” mit Lou Andreas-Salomé zusammen lebte.
Lou Andreas-Salomé wurde 1861 in Sankt Petersburg als Tochter vornehmer deutsch-baltischer Eltern geboren und studierte in Zürich Religionsgeschichte. Sie entschied sich für die Laufbahn einer freien Schriftstellerin und entwickelte sich zu einer selbständigen Persönlichkeit. Sie führte im ausgehenden 19. Jahrhundert ein emanzipiertes Leben, was bei der bestehenden Dominanz der Männerwelt und den rigiden Moralvorstellungen nicht einfach zu verwirklichen war. Trotz allem – oder gerade deshalb – wurde sie von berühmten Zeitgenossen bewundert und geschätzt, umworben und geliebt.
Obwohl sie sich in ihren Arbeiten und in ihrer unkonventionellen Lebensweise für die Selbständigkeit und Freiheit der Frauen engagierte, stand sie sozialen und politischen Anliegen der Frauenbewegung reserviert gegenüber. Sie befand sogar: “Die Frau muss sich dem Manne in Demut, freiwillig und bereitwillig unterordnen.” Ihre ungewöhnliche Bildung, ihr Interesse für Kunst und Wissenschaft, ihr weltläufiges Auftreten und nicht zuletzt ihre außerordentliche Schönheit machten Lou Andreas-Salomé für viele Männer anziehend und trugen zu ihrer bis heute anhaltenden geheimnisvollen Aura bei.
Mit 21 Jahren machte sie 1882 die Bekanntschaft des Philosophen Friedrich Nietzsche, für den sie eine wichtige Freundin und Anregerin wurde. Er machte ihr sogar einen Heiratsantrag. Sie ging aber noch im gleichen Jahr 1882 über Luzern, Zürich und Hamburg schließlich nach Berlin. Hier lebte sie ab Ende 1882 drei Jahre lang in einer Wohngemeinschaft in einer Dreizimmerwohnung in einer Pension in der Hedemannstraße in der Nähe des Anhalter Bahnhofs.
1887 heiratete sie den Orientalisten Friedrich Carl Andreas und nahm seinen Namen an. Das Ehepaar hatte zunächst mehrere Jahre in der Junggesellenwohnung des Mannes in Berlin-Tempelhof gehaust und konnte sich erst später ein größeres, schönes Haus, ebenfalls in Tempelhof, mieten. Mit den Einkünften aus ihren Büchern und Zeitungsbeiträgen wurde Lou Andreas-Salomé von der finanziellen Unterstützung, die ihre Familie aus St. Petersburg bisher geleistet hatte, und auch von ihrem Mann zunehmend unabhängig. Aber Mitte Oktober 1892 zog das Ehepaar in eine kleine Wohnung hier in der Villa Waldfrieden in der Hundekehlestraße 11 in Schmargendorf um.
Obwohl die Ehe bis zu Andreas´ Tod bestand, blieb sie eine rein platonische Verbindung, genauso wie die meisten Beziehungen zu vielen ihrer Bewunderern, Verehrern und Freunden – sie schätzte vor allem die intellektuelle Gemeinschaft mit interessanten Männern. Zu Ihren Freunden und Verehrern zählten unter anderem der Dichter Gerhart Hauptmann und sein Freundeskreis, zu dem sie 1890 stieß, der Arzt und Dichter Arthur Schnitzler, der Dichter Hugo von Hofmannsthal, die Schriftsteller Frank Wedekind und Maximilian Harden, der Naturwissenschaftler Wilhelm Bölsche und viele andere, teils namhafte Persönlichkeiten ihrer Zeit.
Allerdings hatte Lou Andreas-Salomé auch leidenschaftliche Liebesbeziehungen; die bekannteste war die der 35-jährigen zu dem 21-jährigen Lyriker Rainer Maria Rilke, mit dem sie mehrere Russlandreisen unternahm und mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verband. In zahlreichen Gedichten Rilkes findet sich ein Echo dieser Beziehung, oftmals im Ton einer fast religiösen Anbetung.
Sie lernte Rilke 1898 kennen, und Rilke zog zu dem Ehepaar in die bescheidene Wohnung hier in der “Villa Waldfrieden”. In ihren Lebenserinnerungen hat Lou Andreas-Salomé darüber geschrieben:
“Rainer teilte ganz unsere sehr bescheidene Existenz am Schmargendorfer Waldrande bei Berlin, wo in wenigen Minuten der Wald in die Richtung Paulsborn führte, vorbei an zutraulichen Rehen, die uns in die Manteltaschen schnupperten, während wir uns barfuß ergingen – was mein Mann uns gelehrt hatte. In der kleinen Wohnung, wo die Küche den einzigen wohnzimmerlichen Raum außer meines Mannes Bibliothek darstellte, assistierte Rainer mir nicht selten beim Kochen, insbesondere wenn es sein Leibgericht, russische Topfgrütze, oder auch Borschtsch gab; er verlor alles Verwöhnerische, das ihn früher an geringsten Beschränkungen hatte leiden und seinen geringen Monatswechsel beklagen lassen; in seinem blauen Russenhemd mit rotem Achselschluss half er mir Holz zerkleinern oder Geschirr trocknen, während wir dabei ungestört bei unseren verschiedenen Studien blieben. Sie betrafen vielerlei; am eifrigsten aber betrieb er – der seit langem tief in russischer Literatur gelebt – russische Sprache und Landeskunde, seitdem wir ernstlich unsere große Reise vorhatten … Wir gingen nun, Ostern 1899, zu dritt nach Petersburg zu den Meinigen und nach Moskau; erst um ein Jahr später durchreisten Rainer und ich Russland eingehender.”
In ihrem Verhältnis mit dem jungen, noch unfertigen Dichter war Lou für Rilke sowohl Geliebte als auch mütterliche Freundin und intellektuelle Lehrerin und Erzieherin. Die Überschwenglichkeit seines Ausdrucks missfiel ihr sehr und musste ihm abgewöhnt, aberzogen werden. Sie vermittelte ihm Nietzsches Gedankenwelt und begeisterte ihn für ihre Heimat, Rußland. Er lernte Russisch, beschäftigte sich mit der russischen Literatur und versuchte, Iwán Turgéniew und Leo Tolstój im Original zu lesen. Unter Lous Anleitung bereitete er auch die Reisen vor. Unter ihrem Einfluß änderte er sogar seinen Vornamen von René zu Rainer sowie seine Handschrift.
Hier schrieb Rilke in einer Nacht, wie er im Tagebuch berichtete “Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke”, eines seiner bekanntesten Bücher. Diese eine Nacht wurde von ihm und Lou später immer wieder zu einem besonderen inneren Erlebnis stilisiert: “…im Schmargendorfer “Waldfrieden”, als Du, in kürzester Zeit berauschten Zustandes, den “Cornet” aufschriebst…” formulierte sie später in einem Brief an ihn.
Zuletzt hat Rilke es dann aber doch nicht mehr in den beengten Verhältnissen in der Villa Waldfrieden ausgehalten. Von Oktober 1900 bis Februar 1901 wohnte er in einer Wohnung in der Misdroyer Straße 1, bevor er dann, Ende Februar 1901 Berlin endgültig verließ. Damit beendeten die beiden ihre Liebesbeziehung, blieben aber durch eine lebenslange Freundschaft weiterhin verbunden.
Unmittelbar nach dem Ende der Liebesbeziehung schrieb Rilke in einem Gedicht über Lou Andreas-Salomé:
Warst mir die mütterlichste der Frauen,
ein Freund warst Du, wie Männer sind,
ein Weib, so warst Du anzuschauen,
und öfter noch warst Du ein Kind.
Du warst das Zarteste, das mir begegnet,
das Härteste warst Du, damit ich rang.
Du warst das Hohe, das mich gesegnet -
und wurdest der Abgrund, der mich verschlang.
Im März 1903 bezog das Ehepaar Andreas und Adreas-Salomé für kurze Zeit ihre letzte Berliner Wohnung, ein schönes, geräumiges Haus in der Rüsternallee in Berlin-Westend. In dieser Zeit, im Juni 1903, erhielt der Ehemann endlich die Anerkennung, als Wissenschaftler, seine Berufung zum Professor an die Universität Göttingen. Lou Andreas-Salomé zog also mit ihm nach Göttingen, setzte sich aber keineswegs in der Provinz zur Ruhe.
1911 lernte sie den Psychoanalytiker Sigmund Freud kennen und wurde zu seiner Schülerin und Vertrauten. Die letzten Jahrzehnte ihres Lebens verbrachte sie mit ihrem Mann Friedrich Carl Andreas und praktizierte selbst als Psychoanalytikerin. 1915 eröffnete sie, bereits im 50. Lebensjahr, in Göttingen eine eigene psychoanalytische Praxis. Obwohl sie nie eine Lehranalyse absolviert hatte, war sie hier bis zu ihrer schweren Krebsoperation 1935 erfolgreich als psychoanalytische Therapeutin tätig. Seit ihr Mann 1903 einen Ruf nach Göttingen erhalten und angenommen hatte, lebten sie hier in ihrem Haus “Loufried” am Hang des Hainberges, das nach ihrem Tode einer Neubebauung weichen musste; seit 1972 erinnert ein Gedenkstein an sie und ihrem Mann.
Lou Andreas-Salomé verfasste Gedichte, Romane und Zeitschriftenartikel und war als Schriftstellerin äußerst produktiv. Ihr Werk kreiste um die zentralen Themen Religion, Psychologie und Geschlechterbeziehung. Ihre Werke sind heute weitgehend vergessen, wurden aber zu ihrer Zeit enthusiastisch aufgenommen, besonders die Bücher “Ibsens Frauengestalten” von 1892, “Friedrich Nietzsche in seinen Werken” von 1894 und “Die Erotik” von 1910.
Noch heute sind vor allem ihre autobiographischen Schriften von Interesse, darunter die Bücher “Mein Dank an Freud” von (1931), “Lebensrückblick: Grundriß einiger Lebenserinnerungen” und ihre umfangreiche Korrespondenz mit bedeutenden Persönlichkeiten der deutschen Kultur, insbesondere ihre Briefwechsel mit Rilke und Freud, der ihr viele Anregungen für seine psychoanalytischen Schriften zu verdanken hatte. Lou Andreas-Salomé starb 1937 in Göttingen.
In seinem Nachruf zum Tode von Lou Andreas-Salomé schrieb Sigmund Freud (1856-1939), der Begründer der Psychoanalyse, voller Hochachtung: “Die letzten 25 Lebensjahre dieser außerordentlichen Frau gehörten der Psychoanalyse, zu der sie wertvolle wissenschaftliche Arbeiten beitrug und die sie auch praktisch ausübte. Ich sage nicht viel, wenn ich bekenne, dass wir es alle als eine Ehre empfanden, als sie in die Reihen unserer Mitarbeiter und Mitkämpfer eintrat.”
Kösener Straße
Die Kösener Straße wurde 1902 benannt nach Bad Kösen. Die Stadt liegt im Kreis Weißenfels in Sachsen-Anhalt
Berkaer Straße
Die Berkaer Straße wurde 1927 benannt nach der thüringischen Stadt Bad Berka. Davor hieß die Straße Spandauer Weg und Spandauer Straße. Der Berkaer Platz erhielt seinen Namen übrigens bereits 1891.
Rathaus Schmargendorf
Das Rathaus Schmargendorf wurde 1900-02 von Otto Kerwien im Stil der märkischen Backsteingotik mit Jugendstilelementen gebaut. Otto Kerwien hatte kurz zuvor auch das Rathaus Steglitz gebaut. Schmargendorf hatte zu dieser Zeit 3000 Einwohner. Das Rathaus stand auf dem freien Feld und löste viel Verwunderung aus.
Seit Schmargendorf 1920 in den Bezirk Wilmersdorf eingegliedert wurde war es das Wilmersdorfer Standesamt, inzwischen eine Zweigstelle des Charlottenburg-Wilmersdorfer Standesamtes. Wegen seines repräsentativen, verspielten Äußeren war es schon immer beliebt als Eheschmiede – unter anderem auch bei prominenten Frauen. Romy Schneider, Anita Kupsch und Ingrid Steeger haben hier geheiratet.
Im Rathaus Schmargendorf ist auch die Adolf-Reichwein-Bibliothek untergebracht. Der übernächste Kiezspaziergang am 8. Mai soll hier am Rathaus Schmargendorf starten. Dann wird der für das Standesamt zuständige Stadtrat Joachim Krüger sicher mehr dazu erzählen.
Schmargendorf wurde 1354 erstmals urkundlich als “Marggrefendorf” erwähnt, das heißt als Dorf des Markgrafen Ludwig des Römers. Daraus wurde “Smargenendorff” und schließlich Schmargendorf. Bis 1899 wurde es von Wilmersdorf mitverwaltet, seit 1899 war es ein selbständiger Amtsbezirk, 1920 kam es zum Bezirk Wilmersdorf und damit in die neue Stadtgemeinde Berlin. Seit 2001 ist Schmargendorf ein Ortsteil des neuen Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf.
In den 1890er Jahren verkauften die Bauern ihre Ackerflächen. Der Schmargendorfer Bebauungsplan von 1911 sah die Bebauung sämtlicher Ackerflächen vor, was wegen des Ersten Weltkrieges zunächst nicht geschah. Bis heute wurde das große Kleingartenareal nördlich der Friedrichshaller Straße nicht bebaut.
Berkaer Str. 9-11 Carl-Orff-Grundschule
Am 2. April 1913 wurde hier das Goethe-Lyceum eingeweiht, also ein Mädchengymnasium. 1938 wurde die Schule umbenannt in “Frau-Aja-Schule”. Damals mussten alle Mädchenschulen auch weibliche Namen tragen, und hier wählte man den Vornamen der Mutter Goethes. In den letzten Kriegsmonaten wurde die Schule stark beschädigt. 1945 wurde sie notdürftig repariert und zu einer koedukativen Schule für Mädchen und Jungen. 1947 wurde sie umbenannt in “9. Volksschule”, 1962 “9. Grundschule” und schließlich 1966 auf Vorschlag der Musiklehrerin Frau Schneider “Carl-Orff-Grundschule”.
Berkaer Str. Nr. 31-35 Gedenktafel Jüdisches Altersheim
Dieses Haus wurde 1930 von dem Architekten
Alexander Beer 10.9.1873 – 8.5.1944 als
ALTERSHEIM FÜR DIE JÜDISCHE GEMEINDE ZU BERLIN
erbaut. Es wurde 1941 von der SS beschlagnahmt, die letzten Bewohner und das Pflegepersonal deportiert und im Konzentrationslager ermordet.
Alexander Beer wurde 1943 ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und dort am 8.5.1944 ermordet.
Diese Gedenktafel wurde am 9. November 1988 enthüllt, also am 50. Jahrestag des Novemberpogroms vom 9. November 1938. Der Architekt Alexander Beer hat auch die große Synagoge in der Prinzregentenstraße 69-70 gebaut. Er musste nach den schweren Brandschäden vom 9. November 1938 selbst für den Teilabriss sorgen, damit die Trümmer nicht Passanten auf dem Gehweg gefährden konnten.
Bei den 1941 Deportierten handelte es sich überwiegend um Frauen.
Elsterplatz
Der Elsterplatz wurde 1891 nach der Stadt Bad Elster im Vogtland benannt.
Egerstraße
Die Egerstraße wurde 1904 nach der heute tschechischen Stadt Eger am Oberlauf des Flusses Eger benannt.
Taunusstraße
Die Taunusstraße wurde 1898 nach dem Rheingaugebirge Taunus benannt. 1972 hat der Landkreis Rheingau-Taunus eine Patenschaft für den damaligen Bezirk Wilmersdorf aufgenommen, aus der 1991 eine Partnerschaft wurde, die vor allem vom Wein lebt. Unser Weinberg im Stadion Wilmersdorf ist ein Geschenk der Rheingauer Winzer, und auch dieses Jahr wird es ab 20. Mai wieder den beliebten Rheingauer Weinbrunnen auf dem Rüdesheimer Platz geben.
Kronberger Straße
Die Kronberger Straße wurde 1898 nach dem Kurort und Heilbad Kronberg im Taunus benannt. Hier befand sich von 1936 bis 1938 eines der Schulgebäude der von Toni Lesser geleiteten “Jüdischen Waldschule Grunewald”.
Kronberger Straße 7-9
Hier lebte Edith Andreae, geborene Rathenau, die Schwester Walther Rathenaus, der in der Koenigsallee 65 ein Haus gebaut hatte und am 24. Juni 1922 auf der Fahrt ins Außenministerium an der Koenigsallee Ecke Erdener Straße ermordet wurde. Nach seinem Tod ordnete Edith Andreae seinen politischen und literarischen Nachlass und veröffentlichte ihn zum großen Teil. Mit ihrem Mann und ihren vier Töchtern musste Edith Andreae 1939 in die Schweiz emigrieren, wo sie Anfang der 50er Jahre starb.
Toni-Lessler-Straße
Den früheren Seebergsteig haben wir am 1.9.2003 nach der jüdischen Pädagogin benannt. Der Name Seebergsteig war aus zwei Gründen umstritten: Zu einen war es eine Umbenennung aus der Nazizeit: 1936 haben sie die frühere Dunckerstraße in Seebergsteig umbenannt. Der Name des jüdischen Buchhändlers und Politikers Franz Günter Duncker wurde getilgt und ersetzt durch den Namen des evangelischen Theologen Reinhold Seeberg. Und in diesem Namen selbst liegt der zweite Grund für den Wunsch nach einer Änderung. Denn Seeberg hat zumindest aus heutiger Sicht sehr problematische Positionen vertreten und wird von manchen als einer der geistigen Wegbereiter des Nationalsozialismus angesehen. Er hat in seinen Schriften den Krieg verherrlicht und antisemitische Töne angeschlagen.
Eine Rückbenennung der Straße in Dunckerstraße kam nicht in Frage, denn es gibt bereits eine Dunckerstraße in Pankow / Prenzlauer Berg. Deshalb hat sich die Bezirksverordnetenversammlung nach einigen Diskussionen für den Namen Toni-Lessler-Straße entschieden.
Toni Lessler wurde 1874 in Bückeburg geboren. Sie studierte und arbeitete in Breslau, Lausanne, Genf, Glasgow, London und Kassel, bevor sie 1902 nach Berlin kam. Hier richtete sie 1912 in der Uhlandstr.161 Schulzirkel für schwächliche Kinder ein. Diese Schulzirkel baute sie zu einer Familienschule aus. 1930 gründete sie dann in der Brahmsstr. 17-19 die “Private Waldschule Grunewald” mit einem angegliederten Tagesheim. 1932 vergrößerte sie die Schule und zog um in eine große Villa Hagenstr. 56. Sie hieß jetzt auch “Schule am Roseneck”. 1934 mussten die sogenannten “arischen” Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer diese Schule verlassen. 1936 wurde sie erweitert in das Gebäude Kronberger Str. 18. Nach der Schließung der Schule 1939 emigrierte Toni Lessler mit ihrer Schweter Clara Heine in die USA. Sie starb am 5.5.1952 in New York.
Toni-Lessler-Straße 2
Gedenktafel Joachim Gottschalk
Hier lebte bis 1941
Joachim Gottschalk
10.4.1904 – 6.11.1941
Bühnen- und Filmschauspieler
Nahm sich wegen zunehmender Repressionen der Nationalsozialisten
gegen seine jüdische Frau Meta
gemeinsam mit ihr das Leben
Die Gedenktafel wurde am 6. November 2000 hier in Pultform auf dem Gehweg enthüllt, weil der Hausbesitzer sich weigerte, die Tafel an seinem Haus oder am Zaun anbringen zu lassen.
Joachim Gottschalk war einer der bekanntesten deutschen Schauspieler der 30er Jahre. Er galt als “Clark Gable der Ufa”. Im Gegensatz zu anderen weigerte er sich standhaft, sich von seiner jüdischen Frau Meta scheiden zu lassen. Auf persönliche Anweisung von Goebbels’ sollte sie nach Theresienstadt deportiert werden, weil Goebbels erst im Nachhinein erfahren hatte, dass er ihr, einer Jüdin, bei der Premierenfeier für den Film “Die schwedische Nachtigall” die Hand geküsst hatte. Da Goebbels Gottschalks Bitte ablehnte, mit ins Lager gehen zu dürfen, vergiftete er sich gemeinsam mit ihr und dem Sohn Michael. Das Grab der Familie auf dem Südwest-Friedhof in Stahnsdorf wurde 1999 vom Berliner Senat zum Ehrengrab erklärt. Der Regisseur Kurt Maetzig hat 1947 für die DEFA das Schicksal der Familie Gottschalk unter dem Titel “Ehe im Schatten” verfilmt.
Wernerstraße
Die Wernerstraße wurde 1898 nach dem Historienmaler Anton Alexander von Werner benannt. Werner lebte von 1843 bis 1915, konnte sich also an dieser Straße noch zu seinen Lebzeiten 17 Jahre lang erfreuen. Anton von Werner war 1871 offizieller Historienmaler des Preußischen Hofes geworden. Von ihm stammt beispielsweise das berühmte Gemälde von der Kaiserproklamation zur Reichsgründung 1871 in Versailles. 1875 wurde er Direktor der Hochschule für bildende Künste. Bis 1895 war er Vorsitzender des Vereins Berliner Künstler.
Bismarckallee
Die Bismarckallee wurde 1898 nach Otto von Bismarck benannt. Er war Reichskanzler von 1871 bis 1890. Er starb am 30.7.1898, ein halbes Jahr nach der Benennung dieser Straße.
Bismarckallee 28b Grunewaldkirche
Die Grunewaldkirche wurde von dem Regierungsbaumeister Philipp Nitze aus Halle in Anlehnung an frühgotische Formen gebaut und 1904 in der damals noch selbständigen Millionärsgemeinde Grunewald eingeweiht. Hier wurde nicht der sonst im Kirchenbau Berlins übliche Backstein benutzt, sondern gelbgrauer Tuffstein, der besser zum Charakter der Villenkolonie passen sollte. Im Gemeindekirchenrat befand sich damals der Bankier Franz von Mendelssohn, der ein großes Grundstück am Herthasee, Bismarckallee 23 bewohnte. Heute befindet sich dort das St. Michaels-Heim mit der Johannischen Kirche, auch “Frommer Löffel” genannt, weil man dort gut und preiswert essen kann. Franz von Mendelssohn stiftete für die Grunewaldkirche die Orgel. Andere berühmte Gemeindemitglieder waren Adolf von Harnack und Max Planck. Dietrich Bonhoeffer, der mit seinen Eltern in der Wangenheimstraße wohnte, war hier jahrelang Helfer im Kindergottesdienst und leitete eine Jugendgruppe.
1943 traf eine Luftmine die Kirche und zerstörte das Dach. Auch das 1924 gebaute Gemeindehaus in der Furtwänglerstraße 5 wurde zerstört. Die Kirche wurde von 1956 bis 1959 durch den Architekten Georg Lichtfuß wieder hergestellt. Der früher reich geschmückte Eingangsvorbau wurde durch eine einfache kupfergedeckte Halbtonne auf zwei schlanken Stützen ersetzt.
Die Grunewaldkirche ist in ganz Berlin bekannt durch regelmäßige Konzertveranstaltungen. Im Gemeindeblatt werden auf eine Initiative der früheren Pfarrerin Fritsch regelmäßig Erinnerungen alter Grunewalder veröffentlicht.
Bismarckallee 35-37 Lotte Kaliski Schule (1933-1936)
Hierher zog im Oktober 1933 die Lehrerin Lotte Kaliski mit ihrer “Privaten Waldschule Kaliski”. 1908 in Breslau geboren, studierte sie in Heidelberg, Breslau und München Mathematik und Physik und legte 1931 das Mittelschullehrerinnen-Examen in Breslau ab. 1932 eröffnete sie zunächst in den Clubräumen des Sport-Clubs Charlottenburg in Eichkamp ihre “Private Waldschule Kaliski”, mit der sie ein Jahr später hierher zog. 1934 mussten alle sogenannten “arischen” Schüler und Lehrer bis Ostern ihre Schule verlassen. 1936 verlegte sie ihren Standort nach Dahlem, Im Dol 2-6, wo sie die offizielle Bezeichnung “Private Jüdische Schule Kaliski” führen musste.
Lotte Kaliski emigrierte 1938 nach New York. Ihre Schule wurde noch bis zum März 1939 von Dr. Paul Jacob weitergeführt und dann von den Nationalsozialisten aufgelöst. In New York eröffnete Lotte Kaliski 1947 die New Kaliski Country Day School für lernbehinderte Kinder. Die Schule existiert bis heute.
Vor 10 Jahren veröffentlichte der Metzler-Verlag Stuttgart ein Buch mit dem Titel “Das himmlische Ghetto. Die Private Waldschule Kaliski in Berlin 1932-1939”.
Bismarckallee 42
Pförtnerhaus der Villa Scherl
Hier ließ der Berliner Verleger August Scherl 1899 auf einem riesigen Grundstück eine pompöse Villa errichten. Scherl war seit 1883 mit dem “Berliner Lokal-Anzeiger” und anschließend mit einer Reihe weiterer Zeitschriften zum Millionär geworden. Sein Grundstück umfasste mit 100.000 Quadratmetern fast den gesamten Baublock zwischen Bismarckallee, Menzelstraße, Koenigsallee und Wernerstraße. Stolz wollte er seiner aus Österreich stammenden Frau Therese, die er vergötterte, die Villa präsentieren und machte mit ihr einen Ausflug in die Villenkolonie Grunewald. Er verriet ihr nicht, wer der Bauherr der Villa war und sie äußerte sich abfällig über die in ihren Augen grauselige Architektur. Scherl ließ das Haus daraufhin sofort abreißen und 1903 über den Fundamenten ein neues errichten. Nach dem Tod Scherls 1921 wurde das riesige Grundstück parzelliert, durch Taubertstraße erschlossen und mit vielen Einzelwohnhäusern bebaut. Das Scherlhaus wurde an den Generaldirektor der Schuhfabrik Salamander verkauft und 1940 abgerissen. Stehen geblieben ist das Portal der Zufahrt und das Portier- und Chauffeur-Häuschen, das 1925 gebaut wurde.
Bismarckallee 46/48
Europäische Akademie Berlin e.V.
Die Tagungs- und Bildungsstätte wurde 1964 in Trägerschaft eines überparteilichen, gemeinnützigen Vereins gegründet. Hier werden überwiegend internationale Tagungen von Pädagogen, Wissenschaftlern und Journalisten veranstaltet mit dem Themenschwerpunkt europäische Kooperation und Integration sowie Fragen der internationalen Politik und der modernen Industriegesellschaft.
Koenigsallee
Die Koenigsallee wurde 1895 nach dem Bankier Felix Koenigs benannt. Deshalb wird sie mit oe geschrieben und nicht mit ö, was oft fälschlicherweise geschieht. Felix Koenigs hat von 1846 bis 1900 gelebt und war einer der Mitbegründer und Mitfinanziers der Villenkolonie Grunewald
Koenigsallee 45
Gedenktafel
In dem früher hier stehenden Haus
lebte von 1926 bis zu ihrer Übersiedlung in die USA 1931
VICKI BAUM
24.1.1888 – 29.8.1960
Journalistin, Schriftstellerin und Drehbuchautorin
schrieb hier 1929 ihren Erfolgsroman
“Menschen im Hotel”
Vicki Baum wohnte hier mit ihrem Mann Richart Lert, der Generalmusikdirektor an der Staatsoper Unter den Linden war. Ihre beiden Söhne besuchten das nahegelegene Grunewald-Gymnasium (heute Walther-Rathenau-Gymnasium).
In ihrem Erinnerungsbuch “Es war alles ganz anders” schrieb sie:
“Wir wohnten nahe den Grunewaldseen, und in der warmen Jahreszeit fuhren wir nach einem leichten Frühstück allesamt hinaus, um rasch ein paar Stöße zu schwimmen … Dann brachten wir, mein Mann und ich, die Kinder zur Schule, aber um Himmels willen nie bis an den Eingang: wer im Wagen vorfuhr, war als Dicketuer gezeichnet.”
Zur Verfilmung ihres Romans “Menschen im Hotel” reiste Vicki Baum 1931 nach Hollywood, kehrte noch einmal kurz zurück, entschied sich aber dann wegen des wachsenden Antisemitismus 1932 endgültig zur Übersiedlung in die USA.
Hagenplatz
Der Hagenplatz wurde 1934 nach dem Landesforstmeister Otto von Hagen benannt, der von 1817 bis 1880 lebte. Bis 1934 hatte der Platz den Namen Kurmärker Platz.