Kiezspaziergang am 13.7.2002

Vom Rathaus Wilmersdorf zum Rathaus Schmargendorf

Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen
Treffpunkt auf dem Fehrbelliner Platz vor dem Rathaus Wilmersdorf

Der heutige Spaziergang konzentriert sich auf die Stadtteile Wilmersdorf und Schmargendorf. Er führt vom Rathaus Wilmersdorf zum Rathaus Schmargendorf, vorbei an einigen interessanten Gotteshäusern, durch das Stadion Wilmersdorf mit dem bezirklichen Weinberg und durch einige Kleingartenkolonien.

Der nächste Spaziergang findet – auch in den Sommerferien – wieder wie immer am zweiten Samstag im Monat statt, also am 10. August. Treffpunkt wird um 14.00 Uhr auf dem Joachimstaler Platz gegenüber der Kranzlerecke sein. Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler wird durch die City-West führen, einige Baustellen erläutern, auf Dächer hinauf und in Bunker hinab steigen.

Fehrbelliner Platz

Der Fehrbelliner Platz wurde 1892 benannt nach dem Ort im Neuruppiner Land. Passend zum Hohenzollerndamm und zur Brandenburgischen Straße, die sich hier kreuzen, handelt es sich dabei um den Ort, an dem eine entscheidende Schlacht der preußischen Geschichte stattfand: In der Schlacht bei Fehrbellin besiegte 1675 Kurfürst Friedrich Wilhelm mit seinen brandenburgischen Reitern die schwedische Armee unter Feldmarschall Wrangel. Dadurch wurde die Mark Brandenburg von der schwedischen Besatzung befreit, und Friedrich Wilhelm erhielt den Beinamen “Großer Kurfürst”.

Seit 1904 plante die extrem schnell wachsende Stadt Wilmersdorf auf dem Gelände des heutigen Parkplatzes am Parkcafé ein neues Rathaus. Das alte Wilmersdorfer Rathaus an der Gasteiner Straße Ecke Sigmaringer Straße war schnell zu klein geworden. Es gab zwei Architekturwettbewerbe mit ersten Preisen. Das neue Rathaus sollte einen hohen Turm erhalten, höher als der Turm des Rathauses Schöneberg, das 1911-14 gebaut wurde. Die Wilmersdorfer Stadtherren aber waren zu langsam. Der Erste Weltkrieg machte schließlich einen Strich durch die Rathausplanung. Sie wurde nie realisiert.

1911-13 wurde die U-Bahn-Linie 1 zunächst bis Rüdesheimer Platz gebaut, später bis Breitenbachplatz und schließlich bis Krumme Lanke verlängert. 1913 wurde der U-Bahnhof Fehrbelliner Platz eröffnet, gemeinsam mit den anderen Bahnhöfen der Linie 1: Hohenzollernplatz, Heidelberger Platz und Rüdesheimer Platz. Der Architekt war Wilhelm Leitgebel. 1967 – 72 wurde im Zuge des Baues U-Bahn-Linie 7 von Rudow nach Spandau der heute so auffällige rote Eingangspavillon von Rainer Gerhard Rümmler gebaut, vor zwei Jahren komplett saniert und unter dem Platz zu einem Einkaufszentrum umgebaut.

Zurück zu den 20er Jahren. Damals befand sich der U-Bahnhof Fehrbelliner Platz noch auf weithin unbebautem Gelände. Es wurde überwiegend als Laubengelände genutzt, an der Stelle des heutigen Rathaus Wilmersdorf befand sich ein großer Sportplatz. 1920-25 wurde der Preußenpark angelegt, und die Randbebauung des Platzes begann.

1923 baute die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte das erste Verwaltungsgebäude an der Ruhrstr. 1-2, 1930 wurde es – ebenfalls für die RfA erweitert um den Bau an der Ruhrstr. 3. Alle anderen großen Verwaltungsgebäude am Platz wurden in den 30er Jahren gebaut. Vor allem der Fassadenschmuck zeigt teilweise noch die Vorlieben der nationalsozialistischen Bauherren.

Fehrbelliner Pl. Nr.1 wurde 1936 als Karstadt-Kontorhaus gebaut, 1963 zog hier das neu geschaffene Landesverwaltungsamt ein.

Nr.2 wurde 1939 von Otto Firle für die Nordstern-Versicherung gebaut, 1939-45 war hier außerdem die Reichsstelle für Milch- und Fettwirtschaft untergebracht, in der Nachkriegszeit die Senatsverwaltung für Inneres. Nach deren Umzug in die Klosterstraße in Mitte übernahm seit zwei Jahren die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung das Gebäude. Die Skulpturen von Waldemar Raemisch zeigen allegorische Darstellungen der Menschenalter.

Nr.3 wurde 1938 von der Reichsbaudirektion als Reichsgetreidestelle errichtet, in der Nachkriegszeit wechselnde Bundesinstitutionen (z.B. Gesamtdeutsches Institut), heute ein Teil des Bundesarchivs (Filmarchiv) und Hauptzollamt für Prüfungen.

Nr.4 wurde 1941-43 von A. Remmelmann als Verwaltungsgebäude für die Deutsche Arbeitsfront (DAF) gebaut. Es war das letzte Verwaltungsgebäude der Nationalsozialisten in Berlin und sollte die DAF-Zentrale nebenan am Hohenzollerndamm 177 ergänzen. Bei Fertigstellung zog aber nicht die DAF ein, sondern das Haus wurde als Dienstgebäude für das Oberkommando des Heeres requiriert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Haus 1945 von den Briten beschlagnahmt und als Hauptquartier eingerichtet. Im Gegensatz zu den umliegenden Wohnhäusern war keines der Verwaltungsgebäude am Fehrbelliner Platz im Krieg schwer beschädigt worden. Angeblich haben die Alliierten diese Gebäude geschont, weil sie sie nach dem Krieg selbst benutzen wollten. 1954 zog hier das Rathaus Wilmersdorf ein, die Briten bezogen ihr neues Hauptquartier beim Olympiastadion.

In der Nachkriegszeit wurde das Verwaltungszentrum Fehrbelliner Platz weiter ausgebaut: 1954-55 wurde an der Württembergischen Str. 6-10 das Hochhaus für den Bausenat errichtet, heute Senatsverwaltung für Stadtentwicklung.

Am 7.8.1953 wurde die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) als Nachfolgeinstitution der RfA als personell stärkste Bundesbehörde mit Sitz in Berlin eröffnet. Als Erweiterung der Häuser aus den 20er Jahren in der Ruhrstraße wurden folgende Gebäude errichtet: 1957-59 Backsteinbau von Heinz Behnke an der Konstanzer Straße 42, 1965 Hochhausbau von Heinz Kroh an der Westfälischen Straße 57, 1970-73 Bürohaus von Jan und Rolf Rave am Fehrbelliner Platz 5, heute Haupteingang der BfA, Einkaufspassage im Erdgeschoss. 1974-77 wurde noch ca. 500 m weiter am Hohenzollerndamm 47 ein 22stöckiges Hochhaus mit Aluminiumverkleidung für die BfA errichtet. Heute betreuen ca. 13.000 Beschäftigte ca. 23 Mio. Versicherte und 8 Mio. Rentner. Insgesamt arbeiten ca. 20.000 Beschäftigte am Fehrbelliner Platz und Umgebung, davon rund 12.000 bei der BfA, 1.500 beim Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf.

1978 wurden die Sieben Schwaben von Hans-Georg Damm auf dem Mittelstreifen des Hohenzollerndammes aufgestellt. Sie weisen mit ihrer Hellebarde den Weg zum Rathaus Wilmersdorf.

Vor dem Rathaus wurde am 5.3.1987 eine britische Telefonzelle in Betrieb genommen, neben dem Eingang ist ein britischer Briefkasten angebracht – beides Geschenke der ehemaligen britischen Schutzmacht.

Bis vor einigen Jahren wurde auf dem Parkplatz am Preußenpark am Wochenende ein stadtbekannter Trödelmarkt veranstaltet. Die CDU-Fraktion hatte mit ihrer damaligen Mehrheit in der BVV durchgesetzt, dass dem Trödelveranstalter gekündigt wurde. Im April 1999 musste der Trödelmarkt zum Rathaus Schöneberg umziehen. Stattdessen wurde hier ein Parkcafé errichtet, das in diesem Jahr seinen Betrieb aufgenommen hat. Jetzt soll ab August zunächst probeweise wieder ergänzend zum Parkcafé ein Trödelmarkt veranstaltet werden.

Rathaus Wilmersdorf, Fehrbelliner Pl.4

Der kreisrunde Innenhof mit seinem umlaufenden Säulengang ist mit seinem Bezug auf antike Vorbilder einerseits typisch für nationalsozialistische Vorlieben in der Architektur, andererseits ist er sehr ähnlich dem Gebäude des Polizeipräsidiums in Kopenhagen, das in den 20er Jahren gebaut wurde.

1957 wurden 27 von Prof Ludwig Peter Kowalski gestaltete Wappenmosaiken ehemals ostdeutscher Länder und Städte im Rundhof angebracht. Erläuterungstafeln neben der Eingangstür weißen darauf hin, dass mit diesen Wappen keine revanchistischen Ziele verfolgt werden.

1960 wurden zwei Gedenksteine errichtet: “Den Opfern nationalsozialistischer Willkür” und “Den Opfern der beiden Weltkriege”, 1981 kam ein dritter Gedenkstein hinzu: “Den Opfern kommunistischer Willkür”.

Der venezianische Brunnen im Rundhof wurde am 2.9.1988 aufgestellt, der Bronze-Bär von Hildebert Kliem am 14.9.1988. Der Brunnen wurde dem Bezirk von der Berliner Bank gestiftet, die ihn aus dem Schloss Brüningslinden an der Sakrower Landstraße in Spandau übernommen hatte, bevor dieses 1972 abgerissen worden war.

In der Eingangshalle und im Bezirksverordnetensitzungssaal (3. Etage) sind die Wappen der Wilmersdorfer Partnerstädte angebracht. Neben der Eingangstür befindet sich eine polierte Messingtafel, die dem Bezirk von den Briten zum Abschied geschenkt wurde.

Im rechteckigen Wirtschaftshof befindet sich der Eingang zum früheren Atomschutzbunker, der seit den 90er Jahren als EDV-Zentrale des Landesbetriebes für Informationstechnologie (LIT) genutzt wird.

Hohenzollerndamm 177

1930-35 von Emil Fahrenkamp im Stil der Neuen Sachlichkeit als Haus des deutschen Versicherungskonzerns gebaut, wurde nach der Fertigstellung 1935 von der Deutschen Arbeitsfront (DAF) übernommen. Die geschwungene Front ist ein Teil der ursprünglich sehr viel größer geplanten kreisförmigen Anlage des Fehrbelliner Platzes.

Viele kennen das Gebäude noch als “Riverboat”-Haus, weil hier im obersten Geschoss bis in die 70er Jahre eine stadtbekannte Diskothek gleichen Namens untergebracht war. In den 70er Jahren zog hier die Kommunale Galerie ein, die inzwischen über großzügige Ausstellungsflächen verfügt. Neben der Galerie gibt es das Theater Coupé, das vor allem von freien Gruppen für Aufführungen genutzt wird, und seit dem Frühjahr 2001 das Bahmah-Theater. Es wurde von dem Schauspieler und Regisseur Dan Lahav als erstes jüdisches Theater in Berlin nach dem Zweiten Weltkrieg mit Unterstützung des Bezirksamtes Charlottenburg-Wilmersdorf gegründet. Gespielt werden klassische Stücke des ostjüdischen Theaterrepertoires, Stücke von jüdischen und israelischen Dramatikern, Kindertheater und Marionettentheater.

Vor einem Jahr wurde das Bürgeramt mit der Meldestelle zusammengelegt und zog vom Rathaus Wilmersdorf in dieses Gebäude. Im obersten Stockwerk befindet sich das PC-Center der Volkshochschule City West.

Der Platz vor dem Haus wurde 1996 nach Julius Morgenroth benannt. Diese Platzbenennung war das Ergebnis einer jahrelangen Auseinandersetzung in der Wilmersdorfer BVV über Straßennamen in Grunewald. Dort war 1938 die Morgenrothstraße von den Nationalsozialisten in Dünkelbergsteig umbenannt worden. Eine Rückbenennung scheiterte an Anwohnerprotesten und an der CDU-Mehrheit in der BVV. Schließlich wurde als Kompromiss dieser Platz nach dem jüdischen Arzt und Bakteriologen Julius Morgenroth benannt.

Auf dem Platz werden von der Kommunalen Galerie Skulpturen ausgestellt.

Die überlebensgroße Figur des kroatischen Dichters, Philosophen und Humanisten Marko Marulic wurde dem Bezirk von der kroatischen Stadt Split geschenkt zum 30jährigen Bestehen der Partnerschaft im Jahr 2000. Marulic lebte von 1450 bis 1524 in Split und gilt als einer der bedeutendsten Intellektuellen der europäischen Renaissance. Die Statue besteht aus einer Bronzelegierung.

Hohenzollerndamm 33

Bereits 1928 wurde in Wilmersdorf eine Russisch-Orthodoxe Kathedrale gebaut, damals am Hohenzollerndamm 33, dort, wo später das Dom-Hotel einzog und seit einigen Jahren das Hotel und Restaurant 12 Apostel residiert.

Brienner Straße

Die Straße wurde 1892 nach Brienne-le-Chateau benannt, wo in den Befreiungskriegen gegen Frankreich eine Schlacht stattfand.

Nr.12

Die Dänische Christianskirken wurde 1967 eingeweiht. 1928 war die erste dänische Kirche in Berlin in der damaligen Königgrätzer (heute Stresemannstraße) am Anhalter Bahnhof gebaut worden. Während des Nationalsozialismus war sie Sammelpunkt für viele Pfarrer der Bekennenden Kirche. Die Kirche musste 1965 ihr Grundstück an die Deutsche Bundespost verkaufen und baute hier ihre neue Kirche. Auf diesem Grundstück standen damals noch die Ruinen eines Altersheims der schwedischen Victoriagemeinde. 1970 stiftete der Verleger Axel Springer die Orgel zum Gedenken an den dänischen Pastor und Dichter Kaj Munk, der 1944 von der Gestapo in Dänemark ermordet wurde.

Nr. 8

Die Islamische Moschee wurde 1924-28 von K.A. Herrmann für die “Ahmadiyya Anjuman” gebaut, eine Religionsgemeinschaft mit Sitz in Lahore im heutigen Pakistan. Architektonisches Vorbild waren indischer Grabkapellen im sogenannten “Mogulstil”. Das Nebenhaus ist das Wohnhaus für den Imam. Zwei symmetrisch angeordnete Minarette sind über Blendmauern verbunden. Einweihung war am 23.3.1928. Im zweiten Weltkrieg wurde die Moschee weitgehend zerstört, mit Hilfe der Alliierten wiederaufgebaut.

Berliner Straße

Der Friedhof Wilmersdorf wurde 1886 als neuer Wilmersdorfer Gemeindefriedhof außerhalb am Rand der damaligen Gemeinde angelegt. Der Friedhof wäre einen eigenen Spaziergang wert. Hier sind unter anderem begraben: Die früheren Landwirte und Stifter Georg Christian und Amalie Auguste Blisse (gest. 1905 und 1907), der frühere Landwirt und Gründer eines Seebades am Wilmersdorfer See Otto Schramm, der Architekt Heinrich Seeling (gest.1932), die Bildhauerin Lilli Wislicenus-Finzelberg (gest.1939), die Komponisten Leon Jessel (gest.1942), Theo Mackeben (gest.1953) und Will Meisel (gest.1967), die Pädagogin Hildegard Wegscheider (gest.1953) der Architekt Richard Ermisch (gest.1960, Architekt d. Strandbades Wannsee u. Messehalle am Funkturm), der Schriftsteller Kurt Pomplun (gest.1977) und Sigrid Damm-Rüger (initiierte durch ihren legendären “Tomatenwurf” auf dem SDS-Kongress 1968 die “alternative Frauenbewegung”, gest.1995 )

Nr. 81

Das Krematorium wurde 1919-22 von Otto Herrnring und Bettenstedt als klassizistischer Kuppelbau mit Urnenhalle (Kolumbarium) auf dem Gelände des Friedhofs Wilmersdorf errichtet. Die Kuppel kaschiert den Schornstein, der sich spiralförmig an ihrer Innenseite entlangwindet. Nach Renovierung am 27.7.1966 wiedereröffnet, 1990 für Verbrennungen geschlossen, die Trauerhalle ist nach wie vor in Benutzung.

Die Trauerfigur links neben dem Eingang stammt von dem Bildhauer Eberhard Encke.

Hoffmann-von-Fallersleben-Platz

Russisch-Orthodoxe Christi-Auferstehungs-Kathedrale (im Hintergrund das Alu-Gebäude der BfA)

1936-38 anstelle der abgerissenen Kirche am Hohenzollerndamm 33 von der Preußischen Bau- und Finanzdirektion durch Karl Schellberg als dreischiffige Basilika im russisch-byzantinischen Stil mit Dachkuppel, runder Laterne und Zwiebelhaube, sowie vier kleinen Zwiebeltürmchen in den Dachzwickeln erbaut. Die Ikonostase (reich verzierte Trennwand zwischen Gemeinderaum und Altarraum) stammt aus dem Vorgängerbau, ursprünglich aus einer alten Kirche bei Warschau. Einweihung am 13.5.1938. Nach der russischen Revolution im Oktober 1917 kamen viele Emigranten nach Berlin und siedelten sich in großer Zahl im Berliner Westen an. Rund um den Prager Platz in Wilmersdorf entstand ein russisches Zentrum, und ganz Charlottenburg wurde in der russischen Emigrantenszene als Charlottengrad eingemeindet.

Nach 1933 veranstaltete die Gemeinde jährlich am Tag der Machtübernahme Adolf Hitlers Dankgottesdienste für den Führer. Da die Deutsche Arbeitsfront weiteren Raumbedarf hatte und das Gebäude am Hohenzollerndamm 33 übernehmen wollte, wurde der Russisch-Orthodoxen Kirche dieser Platz als Ersatzgelände zur Verfügung gestellt und der Kirchenbau unterstützt. Zur Einweihung der neuen Kirche 1938 gab es nicht nur eine Dankadresse an den Führer und Reichskanzler Hitler, sondern die Dankadresse wurde auch in einer Tafel in einem der Kirchenfenster in russischer und deutscher Sprache festgehalten. Die Tafel existiert noch und wird in der Kirche aufbewahrt.

Weinweg durch die Kolonie am Hohenzollerndamm

Die Kolonie feiert in diesem Jahr ihren 70. Geburtstag. Die Gründungsversammlung gand am 8.7.1932 statt. Für den Bau des Autobahnabzweigs gingen 70 Parzellen verloren, aber die Kolonie konnte erhalten werden. Weitere Baupläne, die die Existenz der Kolonie ernsthaft bedrohten, konnten verhindert werden. Der Flächennutzungsplan 1984 und ein Bebauungsplan des Bezirksamtes Wilmersdorf 1986 brachten die Absicherung als Kleingartengelände. Überraschend kam dann im neuen Flächennutzungsplan 1994 die erneute Ausweisung des Geländes für den Wohnungsbau. Trotz dieser großen Enttäuschung gaben die Kleingärtnerinnen und Kleingärtner nicht auf. Im Gegenteil: “Jetzt erst recht!” lautete wohl die Devise, denn jetzt wurde die Kolonie Schritt für Schritt für die Öffentlichkeit zugänglich und attraktiv gemacht. Die Unterstützung des Bezirksamtes war dabei selbstverständlich. Der Bau eines neuen Vereinsheims, die Durchwegung und eine Lernparzelle für Kitakinder zur pädagogischen Nutzung sind für unseren Bezirk insgesamt von großem Nutzen. Mit der Bürgermedaille für die Vorsitzende Evelin Haack haben wir unseren Dank und unsere Anerkennung für dieses vorbildliche Engagement zum Ausdruck gebracht.

Ein Jubiläum ist nicht nur Anlass für Rückblicke, sondern auch für Zukunftspläne, und das schönste Geburtstagsgeschenk für die Kolonie Hohenzollerndamm ist sicher die 10jährige Schutzfrist, die jetzt eine Sicherheit für das nächste Jahrzehnt gibt. Deshalb bin ich überzeugt, dass die Entwicklung weitergeht und die Kolonie eine gute Zukunft vor sich hat.

Rudolstädter Straße

1911 benannt nach der thüringischen Kreisstadt Rudolstadt.

Hoher Bogen (Fußweg über Ringbahn und Stadtring)

1974 erbaute Fußgängerbrücke über die Ringbahn und die Stadtautobahn zwischen den S-Bahnhöfen Hohenzollerndamm und Heidelberger Platz

Stadion Wilmersdorf

1948-51 aus 1 Mio m³ Trümmerschutt für 50.000 Zuschauer erbaut, dahinter das Horst-Dohm-Eisstadion, erbaut von Werner Deyle, eröffnet am 29.11.1974. 6170 m² große Eisfläche, olympiagerechte 400 m-Eisschnelllaufbahn, 1985 erstes Eisschnelllauf-Weltcuprennen in Deutschland. Im Jahr 2000 nach dem früheren Wilmerdorfer Bezirksbürgermeister Horst Dohm benannt, der 1998 starb. Horst-Käsler-Sporthalle 1991 errichtet, benannt nach dem Handballnationalspieler Horst Käsler.

Weinberg

Am 7.5.1984 wurden an den nördlichen Tribünenhängen des Stadions Wilmersdorf auf 250 m² je 100 Rebstöcke der Sorten Weißer Riesling und Ehrenfelser aus dem Partnerlandkreis Rheingau-Taunus angeplanzt. 1986 war die erste Ernte, seither werden jährlich aus ca. 250 kg Trauben etwa 120 Litern “Wilmersdorfer Rheingauperle” ausgebaut. Bereits in den 70er Jahren war auf dem Teufelsberg vorübergehend das Wilmersdorfer “Teufelströpfchen” angebaut worden.

Sommerbad Wilmersdorf

Es wurde 1956 am damaligen Lochowdamm auf dem 60.000 m² großen Gelände des ehemaligen Gaswerkes teilweise auf Trümmerschutt gebaut mit einem 50m-Becken, einem Sprungbecken, einem Lehrschwimmbecken und einem Nichtschwimmerbecken. Die Adresse ist heute Forckenbeckstraße 14. Für die älteren Wilmersdorfer ist es immer noch das “Lochowbad”, weil es ursprünglich vom Lochowdamm aus zugänglich war, der 1968 in “Fritz-Wildung-Straße” umbenannt wurde.

Forckenbeckstraße

1892 benannt nach dem früheren Breslauer (1872-78) und Berliner (1878-1892) Oberbürgermeister

Claire-Waldoff-Weg durch die Kolonie Kissingen

Die Kolonie Kissingen wurde 1919 als Kleingartenverein Kissingen gegründet. Davor befanden sich auf dem Gelände die “Schmargendorfer Alpen”, ebenfalls Kleingärten.

Der Claire-Waldoff-Weg wurde 1985 nach der berühmten Sängerin benannt. Sie wurde 1884 als Clara Wortmann in Gelsenkirchen geboren und starb 1957 in Bad Reichenhall, aber mit ihren berlinernden Liedern verkörperte sie die Berlinerin schlechthin. Sie hat den Berliner Gassenhauer salonfähig gemacht. Ihre berühmtesten Titel waren wohl: “Wer schmeißt denn da mit Lehm?” und “Hermann heeßt er!” Claire Waldoff lebte in Schöneberg, und seit 1913 besaß sie ein Stück Gartenland in den “Schmargendorfer Alpen”, und sicher konnte sie hier gute Milieustudien für ihre Lieder treiben. In ihrer Autobiographie schrieb sie 1953:

“Es war kurz vor dem ersten Weltkrieg, da habe ich mir eine Laube gekauft. Sie war am Bahnhof Schmargendorf an der Gasanstalt. Die Laubenkolonie trug den holden Namen “Schmargendorfer Alpen”, sie lag am Rande der Großstadt noch vor Schöneberg, die schöne Luft des Grunewalds kam abends rüber. Mein Nachbar dort war ein Lehrer, mein visàvis war eine Schornsteinfegerfamilie. Es waren fleißige Menschen. Das war ein Wassergehole abends, wenn das Gemüse begossen werden mußte, und die Blümchen und die Erdbeeren und die Kartoffeln. Die Netze und Taschen waren gefüllt mit Flaschen mit “Berliner Weiße”.

Viel Besuch bekam ich in meinen Schmargendorfer Alpen: Nelson und Käte Erlholz und viele arme schwitzende Großstädter fanden sich bei mir an den Sommerabenden ein, um die gute Luft des Grunewaldes zu genießen. Es wurde Kaffee gekocht und manches Kartenspielchen stieg, bis wir alle wieder in der Großstadt an unsere verschiedenen Arbeitsstätten mußten.”

Reemtsma

Die Zigarettenfirma wurde 1958/59 auf früherem Kleingartengelände erstellt. Sie ist die einzige größere Industrieanlage in Wilmersdorf

Mecklenburgische Straße

1888 beanannt

Nr. 63

Cornelsen-Verlag, 1946 gegründet, einer der größten deutschen Schulbuchverlage. 1996 gründete Ruth Cornelsen zum Andenken an ihren verstorbenen Mann und Verlagsgründer Franz Cornelsen die Cornelsen-Kulturstiftung, die vor allem die Restaurierung kulturhistorisch bedeutsamer Bauten in Berlin und Brandenburg fördert. Das Barockschloss Caputh bei Potsdam war das erste große Projekt der Stiftung.

Breite Straße

1904 benannt, zuvor Hauptstraße und davor Dorfstraße (die Straße war die breiteste in Schmargendorf)

Ecke Kirchstraße, Dorfkirche Schmargendorf, 13./14. Jh., frühgotisch, Ältestes Gebäude im Bezirk (Baudenkmal).

Mehrfach umgebaut: 1831 wurde auf dem Giebel ein Dachturm aus Fachwerk aufgesetzt, 1895 von dem Friedenauer Baumeister Heinrich Otto Hoffmann umgestaltet (nicht besonders glücklich): Vergrößerung einiger Fenster, der flachgedeckte Saalbau wurde durch ein Tonnengewölbe in einen unproportionierten Raum verwandelt. 1918 und 1937/38 wurde der frühere Zustand weitgehend wiederhergestellt. Noch heute hängen in dem kleinen Kirchturm zwei Glocken aus dem 14. Jh.

Die Kirche besitzt einen Abendmahlskelch aus Silber, vergoldet mit der Widmung EVWGB 1634 (Eva von Wilmersdorf geborene Below 1634). 1937 hatte man bei den Umbauarbeiten sieben Särge entdeckt, in denen auch die gravierten goldenen Trauringe des ehemaligen Gutsherrenehepaares Hans und Eva von Wilmersdorf gefunden worden waren. Sie sind inzwischen verloren gegangen – nur ein Foto existiert noch. Das Gestühl stammt aus dem 19. Jh. Früher hatte die Kirche keine Bänke. Man versammelt sich stehend und kniete zum Beten auf den Steinfußboden nieder.

Als am 1.11.1539 Joachim der Zweite zum Protestantismus übertrat, wurden auch die Schmargendorfer Bauern protestantisch (“Cuius regio, eius religio”). Zunächst war die Wilmerdorfer Pfarrei der Schmargendorfer untergeordnet. Der Wilmerdorfer Pfarrer betreute bis 1708 das Dorf Lietzow mit. Als er diese Pfarrei ein Charlottenburg verlor, wurden Schmargendorf und Dahlem der Wilmersdorfer Pfarrei untergeordnet. Jahrelang wurde darüber gestritten, ob Schmargendorf als echte Tochtergemeinde oder als Gastgemeinde Wilmersdorfs anzusehen sei.

Seit den 1920er Jahren wurde die Kirche zu klein. Gottesdienste wurden in den Schulaulen der Carl-Orff-Schule und des damaligen Heinrich-von-Kleist-Gymnasiums gehalten. Ende 1929 konnte die Kreuzkirche am Hohenzollerndamm eingeweiht werden. Erst 1960 wurde die evangelische Kirchengemeinde Schmargendorf in die beiden Gemeinden Alt-Schmargendorf und Kreuzkirche geteilt.

Auf dem Friedhof liegt unter anderem der frühere Dorfschulze von Schmargendorf, Peter Gottfried Salomo Schmidt (1781-1844). Das Grab wurde in den letzten Jahren mit Unterstützung des Heimatvereins Wilmersdorf restauriert.

Früher lag vor der Kirche (zwischen Kirche und Breite Straße) der Dorfteich. 1896 wurde hier ein Denkmal für Kaiser Wilhelm I errichtet

Nr. 13-14 (Ecke Cunostraße)

Stammsitz der weitverzweigten Schmargendorfer Bauernfamilie Schmidt, bis es um 1900 zum heftigen Erbstreit kam. Im Ergebnis blieb der sogenannte “Eisen-Schmidt” hier ansässig.

Durch die Neubebauung in den 60er Jahren wurde der dörfliche Charakter der Breite Straße zerstört. Die südliche Häuserzeile wurde abgerissen, der Dorfanger durch eine neue Straßenführung ersetzt. Am 10.5.1962 war Richtfest für die Bebauung der Südseite durch den Architekten Hans-Jürgen Heide (87 Wohnungen und drei flache Ladenpavillons), im Oktober 1964 wurde die neu angelegte Straße dem Verkehr übergeben.

Nr. 15

in den 1960ern wurde hier die Villa “Charlotte” zugunsten eines Apartementhauses abgerissen. Die Villa war von Johann Friedrich Balz gebaut worden, der bis 1909 Ortsvorsteher von Schmargendorf war.

Nr. 20

hier ist noch ein alter Hof mit Stallgebäuden vorhanden, die heute von der “Remise” genutzt werden, einem Antiquitäten- und Second Hand-Handel

Nr. 21

hier befand sich bis 1998 das Bekleidungsgeschäft Wuhlert, das von den Töchtern des Gründers Albert Wuhlert geführt wurde. Albert Wuhlert hatte 1891 die Schmargendorfer Freiwillige Feuerwehr gegründet.

Nr. 22

Bäckerei Wahl (alteingesessen, hervorgegangen aus dem Betrieb von Fritz Lenkersdorf)

Nr. 23

letztes altes Bauernhaus in diesem Bereich, gehörte dem Milchpächter Franz Balz, die alten Stallungen sind erhalten und wurden um Garagengebäude ergänzt

Nr. 24

erkennbar als Eckhaus angelegt. Hier sollte ursprünglich die Warnemünder Straße in Richtung Kolberger Platz durchgeführt werden. Die Eckkneipe war bis 1932 Stammlokal der Kommunisten, seit dem 30.1.1933 SA-Sturmlokal. Nach Zeitzeugenberichten verkehrten hier vorher und nachher überwiegend die gleichen Leute. 1945 hatte hier der sowjetische Ortskommandant von Schmargendorf, ein Georgier, seinen Sitz.

Berkaer Straße

Straßenname seit 1927, 1891-1927 Spandauer Straße (führte durch die Spandauer Heide Richtung Spandau)

Berkaer Platz

Platzname seit 1891, viele Straßen in dieser Gegend wurden nach bekannten Badeorten benannt (Bad Berka bei Weimar in Thüringen)

Rathaus Schmargendorf

1900-02 von Otto Kerwien im Stil der märkischen Backsteingotik mit Jugendstilelementen gebaut (Otto Kerwien hatte zuvor das Rathaus Steglitz gebaut). Schmargendorf hatte zu dieser Zeit 3000 Einwohner. Das Rathaus stand auf dem freien Feld und löste viel Verwunderung aus.

Wilmersdorfer Standesamt seit Schmargendorf 1920 in den Bezirk Wilmersdorf eingegliedert wurde, wegen seines repräsentativen, verspielten Äußeren auch bei Prominenten beliebt als Eheschmiede: u.a. Bernd Rosemeyer, Romy Schneider, “Fifi” Kronsbein, Anita Kupsch, Gunter Gabriel, Paul Kuhn, Ingrid Steeger und Roland Kaiser haben hier geheiratet (Baudenkmal).

Allgemeines

Schmargendorf wurde 1354 erstmals urkundlich als “Marggrefendorf” (Dorf des Markgrafen Ludwig des Römers) erwähnt. Daraus wurde “Smargenendorff” und schließlich Schmargendorf. Bis 1899 wurde es von Wilmersdorf mitverwaltet, seit 1899 selbständiger Amtsbezirk, 1920 in den Bezirk Wilmersdorf und damit in die neue Stadtgemeinde Berlin integriert, seit 2001 Ortsteil des neuen Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf.

In den 1890er Jahren verkauften die Bauern ihre Ackerflächen. Der Schmargendorfer Bebauungsplan von 1911 sah die Bebauung sämtlicher Ackerflächen vor, was wegen des Ersten Weltkrieges zunächst nicht geschah. Bis heute wurde das große Kleingartenareal nördlich der Friedrichshaller Straße nicht bebaut.

Anschließend:

Reichenhaller Straße, Kolberger Platz, Friedrichshaller Straße, Tulpenweg durch die Kolonie Oeynhausen zum Vereinshaus