138. Kiezspaziergang am 08.06.2013

Vom Jakob-Kaiser-Platz zum Seniorenwohnhaus Jungfernheide

Sozialstadtrat Carsten Engelmann beim Kiezspaziergang am 8.6.2013, Foto: Waibel

Sozialstadtrat Carsten Engelmann beim Kiezspaziergang am 8.6.2013, Foto: Waibel

Bezirksstadtrat Carsten Engelmann

Treffpunkt: Am U-Bahn-Ausgang Jaokob-Kaiserplatz am Kurt-Schumacher-Damm beim Klausingring,
ca. 3,6 km

Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 138. Kiezspaziergang. Mein Name ist Carsten Engelmann. Ich bin Bezirksstadtrat für Soziales und Gesundheit in Charlottenburg-Wilmersdorf und vertrete heute Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann, der sich im Urlaub befindet.

Kartenskizze

Kartenskizze

Ich möchte mit Ihnen heute ein Stück des Volksparks Jungfernheide und Charlottenburg-Nord erwandern. Anlass ist das 50jährige Jubiläum der katholischen Gedenkkirche Maria Regina Martyrum. Dieser Anlass hat vor einigen Wochen immerhin die höchsten katholischen Würdenträger Deutschlands hierher geführt.
Zunächst also werden wir einige Schritte durch die Paul-Hertz-Siedlung zur Gedenkkirche gehen. Dann überqueren wir den Kurt-Schumacher-Damm und die Stadtautobahn A111 und werden im westlichen Teil von Charlottenburg-Nord das neue Bürgerzentrum und die Sühne-Christi-Kirche am Halemweg besichtigen. Vorbei am Vivantes Wohnpflegezentrum Charlottenburg am Schweiggerweg werden wir zum Abschluss einen Teil des Volksparks Jungfernheide erkunden und den Spaziergang schließlich am Café im Wasserturm abschließen.

Wie die meisten von Ihnen wissen, führen wir zur Zeit eine Umfrage durch zu dem Kiezspaziergang am 10. August mit Bezirksstadtrat Marc Schulte auf dem Wilmersdorfer Waldfriedhof in Stahnsdorf. Sie können die Umfrage nach wie vor im Internet auf unserer Website unter www.kiezspaziergaenge.de beantworten.
Bisher haben sich 100 Personen an der Umfrage beteiligt, und alle sind an dem Kiezspaziergang in Stahnsdorf interessiert. 18 von ihnen würden einen Bustransfer bevorzugen, alle anderen, also 82 Personen, wollen auf eigene Faust nach Stahnsdorf gelangen, also mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Auto oder mit dem Fahrrad. Wir vermuten mal, dass es am Ende noch einige mehr sein werden, und wir hoffen, dass die 18 es uns nicht übel nehmen, wenn wir keinen extra Bus bestellen, denn das würde sich nicht lohnen. Genaueres zum Treffpunkt erfahren Sie beim nächsten Mal und ab 13. Juli auf unserer Website im Internet unter www.kiezspaziergaenge.de .

Bevor wir starten, möchte ich Ihnen den nächsten Treffpunkt mitteilen, wie immer am zweiten Samstag, des Monats, also am 13. Juli, um 14.00 Uhr. Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann wird Sie dann am U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz erwarten, am Ausgang Kaiserdamm Ecke Suarezstraße.
Von da aus geht es vorbei am ehemaligen Polizeipräsidium Charlottenburg und am ehemaligen Kammergericht über den Erwin-Barth-Platz zur Kaiserdammbrücke. Dort wird am kommenden Freitag, dem 14. Juni, um 17 Uhr ein Baum gepflanzt und eine Gedenktafel angebracht zur Erinnerung an Giuseppe Marcone, der an dieser Stelle am 17. September 2011 aus dem U-Bahnhof heraus zu Tode gehetzt wurde.
An der Ecke Kaiserdamm und Messedamm hat vor einigen Tagen BMW Richtfest gefeiert für seine neue große Berlin-Repräsentation. Weitere Ziele werden der Lietzenseepark, die Kirche am Lietzensee und die ehemalige Notaufnahmestelle am Lietzensee an der Kuno-Fischer-Straße 8 sein.
Der Treffpunkt am 13. Juli also: U-Bahnhof Sophie-Charlotte-Platz, Ausgang Kaiserdamm, zwischen Suarezstraße und Witzlebenstraße.

Jakob-Kaiser-Platz
Der frühere Siemensplatz wurde 5 Tage nach seinem Tod am 12. Mai 1961 nach dem Widerstandskämpfer und CDU-Politiker Jakob Kaiser benannt. Er wurde 1888 in Hammelburg, einer Kleinstadt im unterfränkischen Landkreis Bad Kissingen, als Sohn eines Buchbinders und Papierwarenhändlers geboren. Ab 1912 war er in der Leitung der christlichen Gewerkschaften tätig und kam 1921 als deren Geschäftsführer nach Berlin. Er war Mitglied der Zentrumspartei und stimmte 1933 zunächst intern gegen das Ermächtigungsgesetz, beugte sich aber am Ende dem Fraktionszwang und stimmte in der entscheidenden Abstimmung im Reichstag zu. Im Mai 1933 weigerte er sich, die verordnete Auflösung der christlichen Gewerkschaften zu akzeptieren und wurde arbeitslos. Seit 1934 wohnte er in der Wittelsbacherstraße 28 in Wilmersdorf. 1938 wurde er für ein halbes Jahr verhaftet.
Er hatte Kontakte zum Widerstandskreis um Stauffenberg und konnte nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 in einem Versteck in Babelsberg überleben.
1945 gehörte er in der sowjetischen Besatzungszone zu den Mitbegründern der CDU. 1947 ging er nach West-Berlin, war von 1949 bis 1957 Bundestagsabgeordneter und wurde Minister für Gesamtdeutsche Fragen. Als Stellvertretender CDU-Vorsitzender kritisierte er die alleinige Orientierung Adenauers nach Westen. Er sah Deutschland als wichtige Brücke zwischen Ost und West. 1958 wurde er Ehrenbürger Berlins. Sein Ehrengrab befindet sich auf dem Waldfriedhof Zehlendorf.

U-Bahnhof Jakob-Kaiser-Platz, 29.05.2013, Foto: KHMM

U-Bahnhof Jakob-Kaiser-Platz, 29.05.2013, Foto: KHMM

Der U-Bahnhof Jakob-Kaiser-Platz wurde 1980 als Teil der U 7 von Rudow nach Rathaus Spandau eröffnet. Die Station wurde von Rainer G. Rümmler entworfen und sollte zunächst den Namen “Charlottenburg Nord” erhalten.

Paul-Hertz-Siedlung
Die Paul-Hertz-Siedlung wurde 1960-65 nach Plänen von Wils Ebert, Werner Weber und Fritz Gaulke auf ehemaligem Kleingartenland am Heckerdamm, östlich des Kurt-Schumacher-Damms für die GEWOBAG errichtet. Sie galt als ein Musterbeispiel der damaligen Vorstellungen der Stadtplaner von der “aufgelockerten Stadt”. Das heißt: Die Häuser stehen nicht direkt an der Straße, sondern eher versteckt im Grünen.
In den 8stöckigen Häusern gibt es mehr als 2.600 Wohnungen. Es sind überwiegend kleine Wohnungen zwischen 1 ½ und 3 Zimmern. Die durchschnittliche Wohnungsgröße beträgt 65 qm. Wegen der Luftsicherheit verlangte die alliierte Flugsicherheitsbehörde, die ursprünglich geplanten 13 Stockwerke auf 8 zu reduzieren. Nach dem Abzug der Alliierten wurden von 1993 bis 1996 viele Gebäude trotz heftigster Mieterproteste aufgestockt.
Die Straßen wurden nach Widerstandskämpfern benannt, weil sich in unmittelbarer Nähe die 1952 eingeweihte Gedenkstätte Plötzensee befindet. Die meisten der hier auf den Straßenschildern geehrten Widerstandskämpfer wurden in Plötzensee hingerichtet. Auch die katholische Gedenkkirche und das evangelische Gemeindezentrum erinnern eindrucksvoll an den Nationalsozialismus. Die 1966 eingeweihte Grundschule erhielt den Namen des Widerstandskämpfers Helmuth James von Moltke.
Die Siedlung schließt an die seit 1929 entstandene Siedlung Siemensstadt in Charlottenburg-Nord an. Ihr westlicher Teil auf der anderen Seite des Kurt-Schumacher-Damms wurde 1956 bis 1961 gebaut. Der Wohnungsbau hier in Charlottenburg-Nord sollte die Wohnungsnot der Nachkriegszeit beheben.

Paradoxerweise verstärkte er diese zunächst, da für die großflächigen Baumaßnahmen viele Laubenkolonien aufgegeben werden mussten, die in der Nachkriegszeit vielfach als Wohnersatzraum genutzt wurden.
Die Siedlung auf dieser Seite des Kurt-Schumacher-Damms wurde benannt nach dem 1961 verstorbenen SPD-Politiker Paul Hertz, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg für den Wiederaufbau im damaligen West-Berlin eingesetzt hatte. Der 1887 geborene Paul Hertz trat 1905 in die SPD ein, war 1920-33 Mitglied des Reichstages, 1933 emigriert, 1950 von Ernst Reuter als Mitarbeiter für den Wiederaufbau nach Berlin geholt, Senator für Marschallplan und Kreditwesen, zuständig für das Notstandsprogramm und Wirtschaftssenator.

In der Paul-Hertz-Siedlung leben rund 3000 Mieter, davon sind 1400 Kinder und Jugendliche; etwa vierzehn Prozent der Bewohnerinnen und Bewohner sind ausländischer Herkunft, in den letzten Jahren zogen viele russischsprachige Mieter ein, meist sind es Russlanddeutsche.
Auf Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung starten der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt in diesem Jahr ein Pilotverfahren, mit dem ein nachbarschaftliches Miteinander in der Paul-Hertz-Siedlung gefördert werden soll. Dazu werden dem Bezirk 30.000 EUR für Maßnahmen, Initiativen und Projekte zur Verfügung gestellt. An dem Verfahren sind die Bildungs- und Jugendfreizeiteinrichtungen vor Ort beteiligt, das kommunale Wohnungsunternehmen, die Polizei, die Kirchengemeinden und viele engagierte Bürgerinnen und Bürger. 17.000 EUR stehen direkt den Beteiligten zur Verfügung. Sie können über die Verwendung entscheiden.
Klausingring
Der Klausingring wurde 1962 benannt nach Friedrich Karl Klausing. Er wurde am 24.5.1920 in München geboren, war Offizier und wurde als Widerstandskämpfer am 8.8.1944 in Plötzensee hingerichtet

Bernhard-Lichtenberg-Straße
Die Bernhard-Lichtenberg-straße wurde 1962 benannt nach dem Theologen und Dompropst Bernhard Lichtenberg. Er wurde am 3.12.1875 in Ohlau in Schlesien geboren, kam 1900 als katholischer Pfarrer nach Berlin-Lichtenberg und war von 1913 bis 1930 Seelsorger in der Herz-Jesu-Kirche in Charlottenburg, seit 1932 Dompfarrer an der St. Hedwigs-Kathedrale, seit 1938 Dompropst in Berlin.
Er gehörte zum Vorstand des Friedensbundes Deutscher Katholiken und predigte engagiert gegen den Nationalsozialismus.
Er rettete Verfolgte vor der Gestapo, wurde 1941 verhaftet und zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt. Am 5.11.1943 starb er in Hof auf dem Transport ins KZ Dachau.

Kirchnerpfad
Der Kirchnerpfad wurde 1962 benannt nach der Journalisten, Sozialfürsorgerin und Widerstandskämpferin Johanna Kirchner. Sie wurde 1889 in Frankfurt am Main geboren und war seit ihrem 14. Lebensjahr in der SPD. Nach 1933 war sie illegal weiter aktiv und floh 1935 nach Frankreich. Dort wurde sie nach dem deutschen Überfall 1940 inhaftiert und an die Gestapo ausgeliefert, im Mai 1943 zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 21.4.1944 wurde sie in einem neuen Verfahren zum Tode verurteilt und am 9.6.1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet.

Delpzeile
Die Delpzeile wurde 1962 benannt nach dem Jesuiten und Widerstandskämpfer Alfred Friedrich Delp. Er wurde 1907 in Mannheim geboren und arbeitete von 1941 bis 1944 in München-Bogenhausen als Seelsorger. Seit 1942 hatte er Kontakt zum Kreisauer Kreis, im Juli 1944 wurde er mit Helmuth Graf Moltke verhaftet, am 12.1.1945 zum Tode verurteilt, am 2.2.1945 in Plötzensee hingerichtet.
Teichgräberzeile
Die Teichgräberzeile wurde 1962 benannt nach dem Schlosser, Gewerkschaftsfunktionär und Widerstandskämpfer Richard Teichgräber. Er wurde 1884 in Dahlen geboren, wegen illegaler Gewerkschaftsarbeit am 15.12.1934 verhaftet, am 6.10.1937 wegen “Hochverrats” zu 3 ½ Jahren Zuchthaus verurteilt, ins KZ Buchenwald überführt, kam danach in die Konzentrationslager Lublin und Auschwitz und starb am 25.2.1945 im KZ Mauthausen.
Wiersichweg
Der Wiersichweg wurde 1962 benannt nach dem Maschinenbauer und Widerstandskämpfer Oswald Wiersich benannt. Er wurde 1882 in Breslau geboren, war aktiver Gewerkschafter und wurde 1933 inhaftiert. Nach seiner Entlassung wurde er unter Polizeiaufsicht gestellt. Trotzdem nahm er 1935 Verbindung zu Widerstandsgruppen auf. Am 22.8.1944 wurde er verhaftet und am 1.3.1945 in Plötzensee hingerichtet.

Heckerdamm
Der Heckerdamm wurde 1950 benannt nach dem Architekten Oswald Hecker (1869-1921)

Im Hof der Gedenkkirche Regina Maria Martyrum, 8.6.2013, Foto: Waibel

Im Hof der Gedenkkirche Regina Maria Martyrum, 8.6.2013, Foto: Waibel

Heckerdamm 230-232: Gedenkkirche und Karmel-Kloster
Die katholische Kirche Maria Regina Martyrum wurde 1960 bis 1963 von den Würzburger Architekten Hans Schädel und Friedrich Ebert gebaut und am 5. Mai 1963 zur “Gedächtniskirche der deutschen Katholiken zu Ehren der Blutzeugen für Glaubens- und Gewissensfreiheit aus den Jahren 1933-1945” geweiht. Seither ist Maria Regina Martyrum die zentrale Gedächtniskirche der deutschen Katholiken für die Opfer des Nationalsozialismus. Am 5. Mai dieses Jahres wurde mit Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki und Erzbischof Robert Zollitsch das 50jährige Bestehen gefeiert. Bereits am Vorabend hatte es ein festliches Abendlob mit dem Präsidenten des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, Alois Glück, gegeben.
Der zweigeschossige verblendete Stahlbetonbau enthält eine Oberkirche mit Tauf- und Beichtkapelle und einen kryptaartigen Gedenk- und Andachtsraum zu ebener Erde.
Im Feierhof gibt es einen Kreuzweg und einen Freialtar. Der Eckturm erinnert an einen KZ-Wachturm, und der Hof insgesamt strahlt mit seiner Betonarchitektur etwas Beklemmendes aus.

Maria Regina Martyrum Kirche, 29.05.2013, Foto: KHMM

Maria Regina Martyrum Kirche, 29.05.2013, Foto: KHMM

In der Kirche gibt es zahlreiche Skulpturen, unter anderem eine Sitzende Madonna aus Südfrankreich um 1320. Eine vergoldete Marien-Plastik von Fritz König über dem Eingang weist auf den Namen der Gedenkstätte hin.
Im Gedenkraum der “Märtyrer für Glaubens- und Gewissensfreiheit” erinnert eine Pieta (Mutter mit Kind) von Fritz König an die Trauer der Mütter über ihre im Krieg verlorenen Kinder. Vier Bodenplatten mahnen mit Inschriften zum Gedenken an Opfer der NS-Gewaltherrschaft.
Hier befindet sich auch das Grab des 1934 von den Nationalsozialisten erschossenen Leiters der Katholischen Aktion, Erich Klausener und eine Gedenkstätte für Dompropst Bernhard Lichtenberg.
Nach Erich Klausener wurde der Klausenerplatz am Spandauer Damm gegenüber dem Schloss Charlottenburg benannt. Den matt erhellten Andachtssaal der Oberkirche beherrscht ein großes Altarwandbild von Georg Meistermann, eine Vision des himmlischen Jerusalem.
Das Karmel Kloster der Karmeliterinnen wurde 1983-84 von Theo Wieland gebaut. Wohntrakt und Gemeinschaftshaus wurden neu gebaut. Ein älteres Gemeindehaus auf dem Gelände der Kirche wurde umgebaut. Vom Karmel Heilig Blut in Dachau gegründet, weist das Kloster auf den Zusammenhang zwischen dem KZ Dachau und der Hinrichtungsstätte Plötzensee hin.
Ich freue mich sehr, dass Schwester Katharina vom Karmel Kloster sich Zeit für uns nimmt und uns ihre Gedenkkirche vorstellen wird.

Weltlinger Brücke, 29.05.2013, Foto: KHMM

Weltlinger Brücke, 29.05.2013, Foto: KHMM

Heckerdamm
Weltlinger Brücke
Die Weltlinger Brücke über die Autobahn A 111 und den Kurt-Schumacher-Damm verbindet die Paul-Hertz-Siedlung mit dem westlichen Teil von Charlottenburg-Nord. Die Brücke wurde 1979 gebaut und nach dem Bankkaufmann und Kommunalpolitiker Siegmund Weltlinger benannt. Er wurde 1886 in Hamburg geboren, war von 1939 bis 1943 bei der Jüdischen Gemeinde tätig und überlebte von 1943 bis 1945 als Jude illegal in Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er bis 1957 Referent für Jüdische Angelegenheiten im Senat von West-Berlin. 1949 war er Mitbegründer der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Von 1957 bis 1962 war der CDU-Politiker Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. 1961 wurde er als Stadtältester geehrt. 1971 erhielt er die Berliner Ernst-Reuter-Plakette. Nach seinem Tod 1974 erhielt er ein Berliner Ehrengrab auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße/Scholtzplatz.
3 Volkspark Jungfernheide
Die Jungfernheide erhielt wie die Nonnendammallee ihren Namen nach den ‘Jungfern’ des Spandauer Nonnenklosters, das 1239 von den Markgrafen Otto III und Johann I gegründet wurde. Bis um 1800 befand sich hier ein kurfürstliches bzw. königliches Jagdrevier; ab 1824 wurde ein Teil der Jungfernheide als Exerzier- und Schießplatz genutzt. 1904 kaufte die Stadt Charlottenburg Teile der Jungfernheide für die Anlage eines großen städtischen Parks, was wegen der hohen Kosten immer wieder hinausgezögert wurde. Die für 1920 von der Stadt Charlottenburg bereitgestellten 10 Millionen Mark wurden nach der Bildung von Groß-Berlin 1920 zunächst gesperrt. 1921 wurde eine Stiftung “Park, Spiel und Sport” gegründet, die Sponsorengelder einwarb.
1920 – 1926 wurde dann auf 112 ha nach Plänen des Charlottenburger Gartendirektors Erwin Barth der Jungfernheidepark gestaltet.
Er ist 1800 m lang und 800 m breit. Die Garten- und Hochbauverwaltung führte die Arbeiten hauptsächlich mit Arbeitslosen im Notstandsprogramm durch.
Am 27. Mai 1923, also vor 90 Jahren, wurde der Park und die Badeanlagen zu den Spiel- und Sportwochen im Bezirk eröffnet. 1927 wurden die Arbeiten eingestellt. Aus Geldmangel konnten nicht alle Pläne realisiert werden.
Der Park und einzelne Baulichkeiten wurden im Zweiten Weltkrieg sehr beschädigt. Zwei Häuser am Eingang wurden zerstört. Von zwei 1925 von Hermann Pagels geschaffenen Bären hier am Haupteingang war einer seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges verschollen. Der Bildhauer Vincenz Repnik schuf aus einem elf Tonnen schweren Muschelkalkblock ein Ersatzdenkmal. 2011 konnte die klassische Eingangssituation mit beiden Bären wieder der Öffentlichkeit übergeben werden.

Am Rand des Parks weiter nördlich neben dem Radweg entlang der Autobahn steht ein Gedenkkreuz für Ludwig von Hinckeldey, den um den kommunalen Aufbau der Stadt verdienten Berliner Polizeipräsidenten, der 1856 bei einem Duell in der Jungfernheide von Hans-Wilhelm vom Rochow-Plessow erschossen wurde. Das Kreuz wurde 1856 an der Duell-Stelle aufgestellt, 1904 kam direkt neben das Kreuz eine Mülldeponie, 1939 wurde es von einem eisernen Gitter eingefriedet, 1954 wurde es restauriert und an den heutigen Standort versetzt, da über den alten Standort die Stadtautobahn führt. Die vorbeiführende Straße wurde 1954 Hinckeldeydamm benannt, 1956 Kurt-Schumacher-Damm. Bis heute trägt die Autobahn-Brücke über den Hohenzollernkanal den Namen Hinckeldey-Brücke.

Wasserturm, 29.05.2013, Foto: KHMM

Wasserturm, 29.05.2013, Foto: KHMM

Wasserturm
Der große Teich erhält über den Nonnengrabenkanal ständig frischen Zufluss aus dem Spandauer Schifffahrtskanal und gibt sein Wasser an die tiefer gelegene Spree ab. Das Becken wurde künstlich geschaffen, der westliche Teil dient als Freibad, der östliche als Planschbecken für die kleinen Kinder. Nördlich des Teichs befindet sich ein Sportplatz und die bezirkliche Baumschule.
1956 wurde auf dem sogenannten Ferienspielplatz eine Anlage für 500 Kinder eröffnet, u.a. mit einer Liegehalle für körperbehinderte Kinder.
Die Spielwiese zwischen Teich und Wasserturm ist Teil der Hauptachse des Parks. An ihrem östlichen Ende befand sich früher der Haupteingang.
Seit 1964 veranstaltet das Bezirksamt jedes Jahr am 1. Mai ein großes Kinder- und Familienfest im Volkspark Jungfernheide, seit einigen Jahren gemeinsam mit dem Jugendclubring Berlin.
2010 wurde im Volkspark Berlins größter und höchster Waldhochseilgarten eröffnet. Die Kletterattraktionen, die es hier gibt, haben sich schnell herumgesprochen und werden viel nachgefragt. Hier ist fast immer Hochbetrieb.
In diesem Jahr haben wir das seit 1920 bestehende Tiergehege mit 2 Weißhirschen, Rehen und Wildschweinen wegen der hohen Kosten aufgegeben. Durch neue Auflagen zur Haltung der Tiere waren die Kosten auf rund 100.000 Euro jährlich gestiegen.
Der 38m hohe Wasserturm wurde 1927 als expressionistischer Klinkerbau von W. Helmcke gebaut. Er wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt, blieb aber erhalten und wurde in den 1980er Jahren restauriert. Früher befand sich darin unten eine Gaststätte. Im letzten Jahr wurde von den Betreibern des Waldhochseilgartens wieder ein Café darin eröffnet.

Heilmannring
Der Heilmannring wurde 1957 nach dem Politiker und Widerstandskämpfer Ernst Heilmann benannt. Er wurde 1881 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Berlin geboren und starb 1940 in Buchenwald. 1898 trat er in die SPD ein. 1903 schloss er sein Studium der Staats- und Rechtswissenschaften mit dem Referendarexamen ab, wurde aber als Jude nicht in den Staatsdienst übernommen. Er arbeitete von 1909 bis 1917 als Chefredakteur der “Volksstimme” Chemnitz und von 1919 bis 1933 als Redakteur des “Vorwärts”. 1919/20 war er Mitglied der Stadtverordnetenversammlung Charlottenburg, 1919 bis 1933 Mitglied des Preußischen Landtages und 1928 bis 1933 Reichstagsabgeordneter. Im Juni 1933 wurde Heilmann in Berlin festgenommen und im berüchtigten Columbia-Haus in Tempelhof inhaftiert, danach im Zuchthaus Plötzensee und in den Konzentrationslagern Oranienburg, Esterwegen, Dachau und schließlich Buchenwald.

Halemweg
Der Halemweg wurde 1957 benannt nach dem Juristen und Widerstandskämpfer Nikolaus Christoph von Halem, geboren 1905, am 9.10.1944 hingerichtet im Zuchthaus Brandenburg.
Er musste 1933 seine Richtertätigkeit beenden, weil er keinen Eid auf Hitler leisten wollte.
Er hatte Kontakte zu dem Widerstandskämpfer Beppo Römer und wurde nach dessen Verhaftung 1942 ebenfalls verhaftet.

U-Bahnhof Halemweg, 29.05.2013, Foto: KHMM

U-Bahnhof Halemweg, 29.05.2013, Foto: KHMM

U-Bahnhof Halemweg
Der U-Bahnhof Halemweg wurde 1980 als Teil der U 7 von Rudow nach Rathaus Spandau eröffnet. Die Station wurde von Rainer G. Rümmler entworfen.
2010 wurde auf dem Bahnsteig eine Gedenktafel für Nikolaus von Halem enthüllt. Sie wurde vom Förderverein der Anna-Freud-Oberschule ermöglicht.
Nachdem die Tafel zerstört und entwendet worden war, wurde ein Jahr später, am 28.5.2011 eine neue Tafel im Eingangsbereich des Bahnhofs enthüllt. Der Text lautet:
“Straße und Bahnhof Halemweg
“Sorgt dafür, daß der Vater nicht im Leben und Denken seiner Söhne
ein dunkler Punkt und eine Wunde bleibe.”
Aus einem Abschiedsbrief an einen Freund
Nikolaus von Halem
15. März 1905 in Schwetz – 9. Oktober 1944 in Brandenburg
Er bekämpfte den Nationalsozialismus von Anfang an,
weigerte sich als Jurist den Eid auf Hitler zu leisten,
stellte Verbindungen her zwischen militärischen und zivilen
Widerstandsgruppen, plante den Tyrannenmord, wurde verraten, gefoltert und hat doch niemanden verraten.
Nach einer langen Tortur durch zehn Haftanstalten wurde
er im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet.”
6 Halemweg 18: Stadtteilzentrum
Das Stadtteilzentrum Halemweg wurde vor einem Jahr, am 17.4.2012, eröffnet. Hier stehen unter einem Dach folgende Serviceangebote zur Verfügung: Ein Bürgeramt, die Stadtbibliothek, der Zahnärztliche und Therapeutische Dienst des Gesundheitsamtes, ein Jugendclub mit Eltern Oase und ein Stadtteilbüro.
Die Stadtbibliothek Halemweg war die erste Bibliotheksneugründung in Charlottenburg nach dem Krieg. Sie wurde am 18. November 1962 eröffnet und versorgt seitdem die Bevölkerung im Norden des Bezirks mit Büchern und anderen Medien. 1977 bezog sie Räume im Gebäude der Anna-Freud-Oberschule, jetzt ist sie Teil des Stadtteilzentrums.

Halemweg 22: Anna-Freud-Oberschule
Hier befinden sich eine Reihe von Bildungseinrichtungen des Bezirks: Die Anna-Freud-Oberschule am Halemweg 22 wurde 1977 gegründet. Sie ist eine staatliche Fachschule für Sozialwesen mit gymnasialer Oberstufe. Rund 900 Schülerinnen und Schüler werden hier unterrichtet und auf ihre Tätigkeit im Sozialwesen vorbereitet.

Halemweg 24: Poelchau-Oberschule
Gleich daneben, im selben Schulkomplex, am Halemweg 24 wurde 1973 die Poelchau-Gesamtschule eröffnet. Sie wurde nach dem Theologen und Widerstandskämpfer Harald Poelchau benannt, der von 1903 bis – 1972 lebte.
Sie ist Berlins vierte Sportoberschule mit gymnasialer Oberstufe. Die Schule arbeitet unter anderem mit Hertha BSC zusammen und ist sehr engagiert.
In sportlichen Wettkämpfen hat sie immer wieder große Erfolge zu verzeichnen, etwa bei “Jugend trainiert für Olympia”. Im Fußball gibt es sowohl eine erfolgreiche Mädchenmannschaft als auch eine erfolgreiche Jungenmannschaft.
Auch die Ruderer, die Tennisspieler und die Leichtathleten hatten schon große Erfolge. In diesem Jahr wurden die Fußballjungen der Poelchau-Oberschule bei der Schul-Weltmeisterschaft in Chile Weltmeister, und kurz danach schafften die Tennis-Mädchen bei der Schul-Weltmeisterschaft in Warschau ebenfalls den Schul-Weltmeistertitel.
2006 erhielt die Schule vom Deutschen Olympischen Sportbund das Prädikat “Eliteschule des Sports” und 2008 vom Deutschen Fußball-Bund DFB das Prädikat “Eliteschule des Fußballs”. Damit verbunden ist eine finanzielle Unterstützung von 30.000 EUR für Material, Koordination und Trainer des DFB.
2010 übernahm die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft die Trägerschaft für die Poelchau-Schule. Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ist seither nicht mehr für die Schule zuständig.
Die Poelchau-Oberschule leidet unter der Asbestbelastung ihres Schulgebäudes. Ein Umzug der Schule auf das Gelände des Olympiaparks in das ehemalige Haus des Deutschen Sports ist seit Jahren geplant.

Toeplerstraße
Die Toeplerstraße wurde bereits 1937 benannt nach dem Physiker August Joseph Ignatz Toepler. Er wurde 1836 in Brühl bei Bonn geboren und starb 1912 in Dresden. Er war Professor in Riga, Graz und Dresden, konstruierte eine Quecksilberluftpumpe und eine magnetische Waage.

Sühne-Christi-Kirche, 29.05.2013, Foto: KHMM

Sühne-Christi-Kirche, 29.05.2013, Foto: KHMM

Toeplerstraße 1: Sühne-Christi-Kirche
An der Ecke Halemweg und Toeplerstraße baute Hansrudolf Plarre 1962 bis 64 die evangelische Sühne-Christi-Kirche. Es ist ein hexagonaler, also sechseckiger Saalbau mit dreieckigen Anbauten für den Eingang und die Sakristei. Daneben steht ein freistehender Glockenturm. Es ist das Haus der Kirchengemeinde Charlottenburg-Nord.
Das Mahnmal zum Gedenken an Schreckensorte der menschlichen Geschichte wurde 1964 von Florian Breuer geschaffen.
Ich danke Pfarrer Maillard herzlich dafür, dass er uns seine Kirche persönlich vorstellt – und dass obwohl er ein wenig enttäuscht darüber ist, dass wir heute die evangelische Gedenkkirche Plötzensee nicht besucht haben, für die er ebenfalls zuständig ist. Aber dazu wird er uns sicher gleich mehr sagen.

Halemweg 34
Am Halemweg 34 wurde 1961 die Erwin-von-Witzleben-Grundschule mit etwa 340 Schülerinnen und Schülern eröffnet. Im Vorgarten stehen zwei Störche.
Auch diese Schule bietet einen sportbetonten Zug an. Französisch ist dort Erste Fremdsprache. 2001 wurde hier am Schuleingang eine Gedenktafel enthüllt:
“Diese Schule wurde 1961 eröffnet und benannt nach
Erwin von Witzleben 4.12.1881 – 8.8.1944
Generalfeldmarschall
seit 1934 in Opposition zu den Nationalsozialisten, plant 1938 zur Verhinderung eines Krieges die Absetzung Hitlers
1942 aus dem aktiven Militärdienst entlassen
in den Plänen des Widerstands für den 20. Juli 1944
vorgesehen als Oberbefehlshaber der Wehrmacht
nach dem gescheiterten Attentat verhaftet
am 8.August 1944 in Berlin Plötzensee hingerichtet”
Heckerdamm

Heinickeweg
Die Straße wurde 1955 nach dem Pädagogen Samuel Heinicke benannt. Er lebte von 1727 bis 1790 und gründete 1778 in Leipzig die erste Taubstummenlehranstalt Deutschlands. Er schuf die Grundlagen für den modernen Gehörlosen-Unterricht.

Heinickeweg 15: Ehem. Altenheim Birkholz
Hier befand sich das Alten und Pflegeheim MM Birkholz, benannt nach dem Sozialgerontologen Martin Michael Birkholz. Hier sollen nach einer Grundsanierung Wohnungen entstehen. Die Gesamtanlage stammt aus dem Ende der 1930er Jahre. Sie geht auf den Gesamtentwurf von Hitlers Lieblingsarchitekten Albert Speer für Charlottenburg-Nord zurück und ist das einzig erhaltene Beispiel für dessen Vorstellungen von Charlottenburg-Nord.

Heinickeweg 1: Seniorenwohnhaus Jungfernheide
Hier befinden sich das Seniorenwohnhaus Jungfernheide und das Vivantes Wohnpflegezentrum Charlottenburg Heimstatt Jungfernheide. Mitten in der hufeisenförmigen Anlage befindet sich ein schöner großer Park. Die Heimstatt Jungfernheide wurde von 1988 bis 1993 altengerecht modernisiert. Sie bietet mit dieser einladenden Gartenanlage in unmittelbarer Nähe zum Volkspark Jungfernheide ein attraktives Umfeld. Ganz neu angelegt wurde ein Biotop an der Stelle eines ehemaligen Swimmingpools.
In der Heimstadt Jungfernheide von Vivantes gibt es 135 Pflegewohnplätze aller Pflegestufen. In drei Wohnbereichen stehen 123 Einzelzimmer und 6 Zweibettzimmer zur Verfügung. Sämtliche Etagen, die Zimmer und der Garten sind auch für Rollstuhlfahrer bequem und sicher und mit einem Fahrstuhl erreichbar.
Die einzelnen Wohnbereiche sind farblich so abgestimmt, dass die Wiedererkennung und somit auch die Orientierung leichter fallen. Für die gemeinsamen Mahlzeiten, Veranstaltungen und Feste stehen ein geräumiger Speisesaal sowie kleinere Gemeinschaftsräume zur Verfügung. Die Zimmer haben zum größten Teil einen Balkon.
Ich freue mich sehr, dass Vivantes uns eingeladen hat, und danke Herrn Schulze, dass er sich Zeit für uns nimmt und uns sein Wohnpflegezentrum vorstellt.