134. Kiezspaziergang am 9.2.2013

Vom Fehrbelliner Platz im Rundgang zur Kommunalen Galerie

Start am Rathaus Wilmersdorf, 9.2.2013, Foto: KHMM

Start am Rathaus Wilmersdorf, 9.2.2013, Foto: KHMM

Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann

Treffpunkt: Fehrbelliner Platz vor dem Rathaus Wilmersdorf
ca. 1,6 km

Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 134. Kiezspaziergang.

Kartenskizze vom 134. Kiezspaziergang am 9.2.2013

Diesmal mussten wir unsere Pläne ein wenig ändern. Das Dienstleistungszentrum für Informationstechnologie und Telekommunikation der Berliner Verwaltung, kurz ITDZ, können wir heute nicht besuchen. Wir wollen das aber im April nachholen. Dann wird uns auch der Chef persönlich sein ITDZ vorstellen. Heute werden wir eine kleine Runde machen und auf engstem Raum auf drei grundverschiedene Weltreligionen stoßen. Wir kommen an der evangelisch-lutherischen dänischen Christianskirken, an der islamischen Berliner Moschee und an der Russisch-Orthodoxen Christi-Auferstehungskathedrale vorbei.
Letztere werden wir auch besichtigen können. Außerdem wollen wir den Friedhof Wilmersdorf besuchen, wo unter anderem der Komponist des “Schwarzwaldmädel”, Leon Jessel, der Charlottenburger Architekt Heinrich Seeling und die Pädagogin Hildegard Wegscheider begraben sind. Zum Schluss werden wir uns in der Kommunalen Galerie Berlin nicht nur aufwärmen können, sondern unter anderem auch eine Ausstellung mit den neuen Werken der Artothek besichtigen können.
Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen den Treffpunkt für den nächsten Kiezspaziergang mitteilen – wie immer am zweiten Samstag des Monats, also am 9. März ab 14.00 Uhr, und zwar nur eine U-Bahnstation von hier, auf dem Hohenzollernplatz. Weil ich verhindert bin, wird dann Jugendstadträtin Elfi Jantzen die Leitung übernehmen, und wie immer im März wird es am Tag nach dem Internationalen Tag der Frau vor allem um Frauen gehen.
Zu Beginn werden Sie unser Mädchenzentrum D3 in der Düsseldorfer Straße 3 besichtigen und dann die Adressen von so unterschiedlichen Frauen kennenlernen wie Annedore Leber, Lilian Harvey, Yva und Adele Sandrock. Außerdem werden Sie die neu entstandene Wohnsiedlung “Rosengärten” an der Württembergischen Straße begutachten können. Treffpunkt also am 9. März, 14.00 Uhr auf dem Hohenzollernplatz, vor der Kirche am Hohenzollernplatz.

Fehrbelliner Platz, 9.2.2013, Foto: KHMM

Fehrbelliner Platz, 9.2.2013, Foto: KHMM

Fehrbelliner Platz
1892 wurde der Platz an der Kreuzung von Hohenzollerndamm und Brandenburgischer Straße nach der brandenburgischen Stadt Fehrbellin benannt, wo 1675 eine entscheidende Schlacht geschlagen wurde, in der die Brandenburger gegen die Schweden siegten. Die Entwicklung des Fehrbelliner Platzes aber begann erst 1913, als hier der U-Bahnhof eröffnet wurde. Das Gelände ringsherum war noch unbebaut.
Nur Laubenkolonien und ein großer Sportplatz befanden sich hier. 1920-25 wurde der Preußenpark angelegt, und die Randbebauung des Platzes begann 1923 mit dem ersten Verwaltungsgebäude der Reichsversicherungsanstalt für Angestellte an der Ruhrstr. 1-2, 1930 wurde es erweitert um den Bau an der Ruhrstr. 3. Alle anderen großen Verwaltungsgebäude am Platz wurden in den 30er Jahren gebaut. Vor allem der Fassadenschmuck zeigt teilweise noch die Vorlieben der nationalsozialistischen Bauherren.

Fehrbelliner Pl. 1: Landesverwaltungsamt
Das Haus am Fehrbelliner Platz 1, Ecke Württembergische Straße wurde 1936 als Karstadt-Kontorhaus gebaut. 1963 zog das neu geschaffene Landesverwaltungsamt ein und ist bis heute an diesem Standort geblieben.
1954/55 bauten Werry Roth und Richard von Schuberth im Anschluss an dieses Gebäude an der Württembergischen Straße das Hochhaus für den Bausenat, der bis heute hier residiert, allerdings jetzt unter dem Namen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt.

Fehrbelliner Pl. 2: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
Das Haus am Fehrbelliner Platz 2 zwischen Hohenzollerndamm und Brandenburgischer Straße wurde 1939 von Otto Firle für die Nordstern-Versicherung gebaut, 1939-45 war hier außerdem die Reichsstelle für Milch- und Fettwirtschaft untergebracht, in der Nachkriegszeit die Senatsverwaltung für Inneres. Nach deren Umzug in die Klosterstraße in Mitte übernahm die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt das Gebäude.

Fehrbelliner Pl. 3: Bundesarchiv
Das Haus am Fehrbelliner Platz 3 zwischen Brandenburgischer Straße und Barstraße wurde 1938 von der Reichsbaudirektion als Reichsgetreidestelle errichtet, in der Nachkriegszeit wurden verschiedene Bundesinstitutionen darin untergebracht, zum Beispiel das Gesamtdeutsche Institut. Heute befindet sich darin ein Teil des Bundesarchivs und das Hauptzollamt für Prüfungen.

Fehrbelliner Pl. 4: Rathaus Wilmersdorf
Dieses Haus am Fehrbelliner Platz Nr.4 zwischen Barstraße und Hohenzollerndamm wurde nicht als Rathaus gebaut. Das können Sie schon daran erkennen, dass es keinen Turm hat. Wilmersdorf war in der Nachkriegszeit einer der wenigen Bezirke Berlins ohne Rathausturm.
Das Haus wurde 1940 als letztes großes Verwaltungsgebäude von der Deutschen Arbeitsfront (DAF) in Auftrag gegeben und mitten im Zweiten Weltkrieg 1941-43 von A. Remmelmann gebaut. Es sollte die DAF-Zentrale nebenan am Hohenzollerndamm 177 ergänzen. Als es fertig war, zog aber nicht die DAF ein, sondern das Haus wurde als Dienstgebäude für das Oberkommando des Heeres requiriert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es 1945 von den Briten beschlagnahmt und als Hauptquartier eingerichtet. Damals war es als “Lancaster House” bekannt. 1954 zog hier das Rathaus Wilmersdorf ein, die Briten bezogen ihr neues Hauptquartier beim Olympiastadion.
Seit der Bezirksfusion von Charlottenburg und Wilmersdorf im Jahr 2001 residieren hier die Bezirksverordnetenversammlung und verschiedene Abteilungen des Bezirksamtes.
Derzeit die Abteilungen Jugend, Familie, Schule, Sport und Umwelt, Soziales und Gesundheit und Stadtentwicklung und Ordnungsangelegenheiten.
Sicher haben Sie in der Zeitung gelesen, dass wir uns das Rathaus Wilmersdorf als bezirkliches Verwaltungsgebäude nicht mehr leisten können. Vor einem Jahr mussten wir eine Reihe von schmerzlichen Entscheidungen fällten, um den bezirklichen Haushalt in Ordnung zu bringen, darunter auch die Aufgabe des Rathauses Wilmersdorf. Wir werden es im nächsten Jahr abgeben, um die hohen Immobilienkosten einzusparen. Voraussichtlich wird eine andere Berliner Verwaltung einziehen. Bereits im April dieses Jahres wird die Bezirksverordnetenversammlung in das Rathaus Charlottenburg umziehen, die Jugendabteilung und die Sozialabteilung werden im Lauf des Jahres folgen. Wir werden im Rathaus Charlottenburg enger zusammenrücken müssen.

Deutsche Rentenversicherung Bund, 9.2.2013, Foto: KHMM

Deutsche Rentenversicherung Bund, 9.2.2013, Foto: KHMM

Fehrbelliner Pl. 5: DRV Bund
Am 7.8.1953 wurde die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als personell stärkste Bundesbehörde mit Sitz in Berlin eröffnet. Natürlich war das ein Politikum und ein wichtiges Zeichen für die Zugehörigkeit West-Berlins zur Bundesrepublik Deutschland. In den folgenden Jahren vergrößerte sich die BfA mit einer Reihe von Neubauten am Fehrbelliner Platz und in seiner Umgebung. Das Hauptgebäude hier am Fehrbelliner Platz 5 wurde 1970-73 von Jan und Rolf Rave gebaut. Inzwischen trägt er nicht mehr das BfA-Logo, sondern das neue Logo der Deutschen Rentenversicherung Bund, so der neue Name der früheren Bundesanstalt für Angestellte.
Wie Sie sehen können, wird das Gebäude zur Zeit grundlegend saniert.

U-Bahnhof
In den 1960er Jahren wurde der U-Bahnhof zum Kreuzungsbahnhof der U-Bahnlinien 1 und 7 umgebaut. 1967-72 baute Rainer Gerhard Rümmler den neuen Eingangspavillon mit der knallroten Keramikfliesenverkleidung im Kontrast zu den Verwaltungsgebäuden ringsum. Der gesamte Bahnhof wurde 1999 saniert. Vor allem die unterirdische Ebene wurde komplett umgebaut und mit einem Einkaufszentrum ausgestattet.
Die Sieben Schwaben von dem Bildhauer Hans-Georg Damm wurden 1978 auf dem Mittelstreifen des Hohenzollerndamms aufgestellt.

Julius-Morgenroth-Platz, 9.2.2013, Foto: KHMM

Julius-Morgenroth-Platz, 9.2.2013, Foto: KHMM

Hohenzollerndamm 174-177: Verwaltungsgebäude am JuliusMorgenroth-Platz
Das Verwaltungsgebäude neben dem Rathaus Wilmersdorf wurde 1930-35 von Emil Fahrenkamp im Stil der Neuen Sachlichkeit als Haus des Deutschen Versicherungskonzerns gebaut. Nach der Fertigstellung 1935 wurde es von der Deutschen Arbeitsfront (DAF) übernommen. Die geschwungene Front lässt erkennen, dass der Fehrbelliner Platz ursprünglich als sehr viel größere kreisförmige Anlage geplant war.
Viele kennen das Gebäude noch als “Riverboat”-Haus, weil hier im obersten Geschoss bis in die 70er Jahre eine stadtbekannte Diskothek gleichen Namens untergebracht war. 1974 wurde hier die Kommunale Galerie eröffnet, die wir am Ende unseres Spazierganges besuchen wollen. 1994 kam das Theater Coupé dazu, das vor allem von freien Gruppen für Aufführungen genutzt wird.
2003 wurde das Bürgeramt eröffnet. Im obersten Stockwerk befindet sich das PC-Center der Volkshochschule City West.
Außerdem gibt es in den ehemaligen Räumen der Diskothek Riverboat neun Künstlerateliers. 1995/6 wurden die Räume aus Mitteln des Ateliersofortprogramms zu Ateliers umgebaut, die über den Atelierbeirat der Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten vergeben wurden. 2005/6 hat die Künstlervereinigung kulturplus e.V. die Räume übernommen.
Der Platz vor dem Haus wurde 1996 nach dem jüdischen Arzt und Bakteriologen Julius Morgenroth benannt, weil 1938 die Morgenrothstraße in Grunewald von den Nationalsozialisten in Dünkelbergsteig umbenannt worden war und eine Rückbenennung dort nicht möglich war. Schließlich wurde als Kompromiss dieser Platz nach Julius Morgenroth benannt. Auf dem Platz werden von der Kommunalen Galerie Skulpturen ausgestellt.
Die überlebensgroße Figur des kroatischen Dichters, Philosophen und Humanisten Marko Marulic wurde dem Bezirk von der kroatischen Partnerstadt Split zum 30jährigen Bestehen der Partnerschaft im Jahr 2000 geschenkt. Marulic lebte von 1450 bis 1524 in Split und gilt als einer der bedeutendsten Intellektuellen der europäischen Renaissance. Die Statue besteht aus einer Bronzelegierung.

Hohenzollerndamm 33
Bereits 1928 wurde in Wilmersdorf eine Russisch-Orthodoxe Kathedrale gebaut, damals am Hohenzollerndamm 33, dort, wo später das Dom-Hotel einzog, vor einigen Jahren das Hotel und Restaurant 12 Apostel und seither verschiedene Hotels und Restaurants.

Brienner Straße
Die Straße wurde 1892 nach Brienne-le-Chateau benannt, und auch hier geht es um die Geschichte Preußens. In den Befreiungskriegen wurde bei Brienne-le-Chateau eine Schlacht gegen Frankreich geschlagen.

Dänische Kirche, 9.2.2013, Foto: KHMM

Dänische Kirche, 9.2.2013, Foto: KHMM

Brienner Str. 12: Dänische Christianskirken
Dieses Haus der Dänischen Christianskirken wurde 1967 eingeweiht. 1928 war die erste dänische Kirche in Berlin in der damaligen Königgrätzer Straße, der heutigen Stresemannstraße, am Anhalter Bahnhof gebaut worden. Während des Nationalsozialismus war sie Sammelpunkt für viele Pfarrer der Bekennenden Kirche. 1965 musste die Gemeinde ihr Grundstück an die Deutsche Bundespost verkaufen und baute hier ihre neue Kirche.
Auf diesem Grundstück standen damals noch die Ruinen eines Altersheims der schwedischen Victoriagemeinde.
1970 stiftete der Verleger Axel Springer die Orgel zum Gedenken an den dänischen Pastor und Dichter Kaj Munk, der 1944 von der Gestapo in Dänemark ermordet wurde.
Leider können wir die Kirche heute nicht besichtigen, weil die Pfarrerin sich derzeit in Dänemark befindet, aber ich bin sicher, dass wir das bald nachholen können.

Berliner Moschee, 9.2.2013, Foto: KHMM

Berliner Moschee, 9.2.2013, Foto: KHMM

Brienner Str. 8: Berliner Moschee
Die Berliner Moschee wurde 1924-28 von K.A. Herrmann für die “Ahmadiyya Anjuman” gebaut, eine Religionsgemeinschaft mit Sitz in Lahore im heutigen Pakistan. Architektonisches Vorbild waren indische Grabkapellen im sogenannten “Mogulstil”. Das Nebenhaus ist das Wohnhaus für den Imam. Zwei symmetrisch angeordnete Minarette sind über Blendmauern verbunden. Einweihung war am 23.3.1928. Gepredigt wurde hier auf Deutsch. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Moschee weitgehend zerstört, danach mit Hilfe der Alliierten wiederaufgebaut.
Der Name der Gemeinde, “Ahmadiyya Anjuman”, bedeutet so viel wie “Gemeinschaft zur Verbreitung islamischen Wissens”. Diese Moschee ist das einzige Gotteshaus dieser Gemeinde in Deutschland. In Berlin hat sie allerdings nur sehr wenige Gemeindemitglieder.
Sie können die finanziellen Mittel zur Unterhaltung des Gebäudes nicht aufbringen und werden deshalb vom Landesdenkmalamt unterstützt.
In ihrem Schaukasten distanziert sich die Gemeinde mit einem “Hinweis an unsere Besucher” von der Gemeinde “Ahmadiyya Muslim Jamaat”, die in Berlin Heinersdorf ihr Khadija-Moschee errichtet hat. Diese Gemeinde hier in der Brienner Straße betont, dass sie auf dem Boden des Grundgesetzes steht.
Die Moschee wird von der Ahmadiyya-Anjuman-Gemeinde für ihre Veranstaltungen genutzt, insbesondere für das Freitagsgebet, das immer freitags um 13.15 Uhr stattfindet. Diese Gottesdienste sind öffentlich. Jeder Interessierte hat Zutritt, wenn er vor Betreten des Innenraums seine Schuhe auszieht. Die Gemeinde hat sich im letzten Jahr auch an der Langen Nacht der Religionen, am Tag des offenen Denkmals und am Tag der offenen Moschee beteiligt und Führungen in englischer Sprache angeboten.
Derzeit ist Herr Ahmad Saadat für die Moschee zuständig. Er spricht nicht deutsch, kann uns aber auf englisch ein paar Worte über seine Moschee sagen. Er hat uns herzlich eingeladen, aber wir sind zu viele für einen Besuch. Wenn Sie interessiert sind, dann können Sie das im kleineren Kreis jederzeit nachholen.

Berliner Straße
Die Berliner Straße ist eine der vielen Berliner Straßen in Berlin. Kaum eine andere Stadt dürfte so viele Straßen nach sich selbst benannt haben wie Berlin. Das erklärt sich daraus, dass die Straßen benannt wurden, als die jeweiligen Orte noch selbständig waren und außerhalb von Berlin lagen. Die jeweilige Hauptverkehrsstraße, die nach Berlin führte, wurde dann nach Berlin benannt, so wie 1888 diese Straße der damaligen Gemeinde Wilmersdorf.

Friedhof Wilmersdorf, 9.2.2013, Foto: KHMM

Friedhof Wilmersdorf, 9.2.2013, Foto: KHMM

Berliner Str. 81-103: Friedhof Wilmersdorf
Der Friedhof Wilmersdorf wurde 1886 als neuer Wilmersdorfer Gemeindefriedhof am Rand der damaligen Gemeinde angelegt. Hier sind einige der bekannten Wilmersdorfer Bauernfamilien begraben, darunter die Stifter des Blissestifts, Georg Christian und Amalie Auguste Blisse. Es gibt 20 Ehrengräber, und viele weitere Gräber von bedeutenden Persönlichkeiten. Einige wenige davon werden wir uns anschauen.

A1: Ehrengrab Heinrich Seeling
gemeinsam mit Theodora Seeling
Heinrich Seeling wurde 1852 in Zeulenroda in Thüringen geboren und war von 1907 bis 1921 Stadtbaurat in Charlottenburg. Er errichtete unter anderem 1912 das Deutsche Opernhaus, das im Krieg zerstört wurde und an dessen Stelle danach die Deutsche Oper gebaut wurde. Erhalten geblieben ist das heutige Schiller-Gymnasium an der Schillerstraße und der 1916 fertig gestellte Erweiterungsbau des Rathauses Charlottenburg, in dem heute die Stadtbibliothek untergebracht ist. An vielen Brückenbauten in Charlottenburg war er maßgeblich beteiligt. Er wurde als “Stadtältester von Berlin” geehrt und starb 1932 in Berlin. Auf seinem Grabstein ist unter seinem Namen ein Freimaurer-Signet aus Zirkel und Dreieck angebracht.
1950 wurde die Seelingstraße in Charlottenburg von der Sophie-Charlotten-Straße zur Schloßstraße nach ihm benannt.

Familie Schramm
Gleich hinter dem Grab von Heinrich Seeling sehen Sie die monumentale Grabarchitektur der Familie Schramm. Die Schramms waren eine alteingesessene Wilmersdorfer Bauernfamlie. Wie die Blisses und andere Bauern konnten die Schramms am Ende des 19. Jahrhunderts ihre bis dahin landwirtschaftlich genutzten Grundstücke teuer an Investoren verkaufen, die darauf Mietshäuser errichteten. Otto Schramm eröffnete um 1880 am Ufer des damaligen Wilmersdorfer Sees das Seebad Wilmersdorf und wenig später Schramms Biergarten. 1895 wurde die Seestraße umbenannt nach Otto Schramms Tochter Hildegard.

D5b: Ehrengrab Margarete von Witzleben
Die am 22.2.1853 in Dresden als Tochter eines adligen Rittergutsbesitzers geborene Freifrau Margarethe von Witzleben organisierte 1901 den ersten Gottesdienst für Schwerhörige und Ertaubte und gab damit den Anstoß für die Schwerhörigenbewegung in Deutschland und weltweit. In ihrem 13. Lebensjahr war bei ihr eine schleichende Abnahme des Hörvermögens diagnostiziert worden, und als selbst Betroffene gründete sie mit der Hephata-Gemeinde die erste Schwerhörigen- und Ertaubten-Selbsthilfe-Gruppe – zu einer Zeit, als Behinderten-Selbsthilfe keineswegs selbstverständlich war.
Das Wort “Hephata” ist auf dem Grabkreuz zu lesen. Es geht zurück auf ein aramäisches Wort und bedeutet “Tue dich auf”. Im Neuen Testament wird Jesus mit diesem Wort zitiert, mit dem er einen Mann heilte, der taub und stumm war.
In Eingaben an den Berliner Magistrat, Zeitungsaufrufen und in der von ihr 1905 gegründeten “Hephata”-Zeitschrift trat Margarethe von Witzleben für arbeitslose Schwerhörige ein und warb für ein Gymnasium für Schwerhörige. 1914 schlossen sich 6 Vereine und 20 Gemeinden in Deutschland zum Hephata-Bund zusammen. Margarethe von Witzleben zog 1911 von der Tieckstr. 17 in eine Hinterhauswohnung in der Fasanenstraße 49, wo sie am 1.2.1917 starb.
1937 erhielt das Haus Sophie-Charlotten-Str. 23a, das der Reichsverband der Schwerhörigen 1932 gekauft hatte, den Namen “Margarethe-von-Witzleben-Haus”. Es ist bis heute der Sitz des Schwerhörigen-Vereins Berlin e.V.. Eine Gedenktafel erinnert dort an die Gründerin der deutschen Schwerhörigenbewegung. 1995 erklärte der Berliner Senat dieses Grab zur Ehrengrabstätte. 1997 erhielt die Schule für Schwerhörige in Berlin-Friedrichshain den Namen “Margarethe-von-Witzleben-Schule”.

D16: Ehrengrab Günther Abendroth
gemeinsam mit Friedel Abendroth
Der 1920 in Berlin geborene Günther Abendroth studierte an der TU Berlin Chemie. Nach dem Zweiten Weltkrieg trat er der IG Chemie und der SPD bei. Von 1948 bis 1958 war er Bezirksverordneter in Wilmersdorf. Anschließend wurde er Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. Von 1963 bis 1975 war Abendroth Bezirksbürgermeister von Kreuzberg. Seit 1961 war er Vorsitzender der „Freien Volksbühne“ Berlin. 1989 erhielt Abendroth das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, ein Jahr später wurde er als Stadtältester von Berlin geehrt. Er starb 1993.

C2: Ehrengrab Dr. Otto Hauser
Der 1874 in der Schweiz geborene Archäologe Otto Hauser organisierte eine Reihe von Grabungen in Frankreich, wo er wertvolle Funde machte, die er teilweise nach Deutschland verkaufte, um weitere Grabungen finanzieren zu können. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er in Frankreich als deutscher Spion verdächtigt. Er floh nach Deutschland, wo er mit populärwissenschaftlichen Vorträgen und Büchern bekannt wurde. Seit 1929 lebte er bis zu seinem Tod 1932 in Berlin.
Die Inschrift auf seinem Grabstein lautet:
„Mein Leben gab ich der deutschen Wissenschaft. Anerkennung fand ich keine. Aber das Bewusstsein, Gutes geschafft und gewollt zu haben. 1874–1932“

Grab von Leon Jessel, 9.2.2013, Foto: KHMM

Grab von Leon Jessel, 9.2.2013, Foto: KHMM

C8: Ehrengrab Leon Jessel
Der 1871 in Stettin geborene Léon Jessel lebte von 1928 bis 1941 in Wilmersdorf in der Düsseldorfer Straße 47, wo eine Gedenktafel an ihn erinnert. Sein Hauptwerk ‘Schwarzwaldmädel’ ist bis heute eine der populärsten deutschen Operetten. Die Tantiemen aus den Aufführungen kommen dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf zugute, denn die Witwe gründete die Léon-Jessel-Stiftung und übertrug sie dem Bezirk Wilmersdorf. Bis heute werden aus der Stiftung vor allem bedürftige Familien unterstützt. Léon Jessel wurde als Jude von den Nationalsozialisten verfolgt. Er starb am 4. Januar 1942 im Jüdischen Krankenhaus an den Folgen nationalsozialistischer Haft. Am 13.6.1986 wurde der Platz an der Wegenerstraße Ecke Fechnerstraße nach Léon Jessel benannt.
Der Berliner Musikwissenschaftler Albrecht Dümling veröffentlichte 1992 mit Unterstützung der Léon-Jessel-Stiftung des Bezirksamtes Wilmersdorf eine Biografie unter dem Titel “Verweigerte Heimat. Léon Jessel (1871-1942), Komponist des ‘Schwarzwaldmädel’”. Ende letzten Jahres erschien eine überarbeitete Neuauflage, die ebenfalls von der Leon-Jessel-Stiftung unterstützt wurde. Im Buchhandel ist das Buch für 19,80 Euro erhältlich.
Albrecht Dümling hat Leben und Werk von Leon Jessel auf beeindruckende Weise als Beispiel für die zerstörte Vielfalt dargestellt, an die wir uns in diesem Berliner Themenjahr 2013 in besonderer Weise erinnern, 80 Jahre nach Hitlers Machtübernahme und 75 Jahre nach der Pogromnacht des 9. November.
Leon Jessel war bereits 1894 aus der jüdischen Gemeinde ausgetreten und zum christlichen Glauben übergetreten. Er war ein glühender Patriot, und seine Operette “Schwarzwaldmädel” ist nicht zuletzt auch Ausdruck seiner großen Heimatliebe. Mit seinen deutschnationalen Ansichten stand er den Nationalsozialisten anfangs wohlwollend gegenüber und beantragte sogar die Aufnahme in Alfred Rosenbergs “Kampfbund für deutsche Kultur”, wurde aber als “Volljude” abgewiesen. Viele Nationalsozialisten schätzten seine Musik, und das “Schwarzwaldmädel” stand bis 1937 in Nürnberg auf dem Spielplan. Danach durften seine Werke nicht mehr aufgeführt werden. Nachdem ein privater Brief von ihm abgefangen worden war, in dem er seine verzweifelte Lage geschildert hatte, wurde der siebzigjährige Léon Jessel Ende 1941 zur Gestapo-Leitstelle in Berlin-Mitte vorgeladen, dort inhaftiert und schwer misshandelt. Am 4. Januar 1942 starb er im Jüdischen Krankenhaus Berlin.

C7: Ehrengrab Hildegard Wegscheider
Hildegard Wegscheider machte 1894 als erste Frau in Preußen Abitur und 1898 ebenfalls als erste Frau den Doktor der Philosophie. Sie legte das Staatsexamen für Gymnasiallehrer ab und gründete 1900 die erste private Schule mit gymnasialem Unterricht für Mädchen in Charlottenburg. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde sie Oberschulrätin in Berlin und von 1919 bis 1933 preußische Landtagsabgeordnete der SPD. 1933 wurde sie von den Nationalsozialisten aus allen Ämtern entlassen. Sie musste ihren Lebensunterhalt mit Privatunterricht verdienen. An ihrem 75. Geburtstag, am 2. September 1946 wurde das Gymnasium in der Lassenstraße in Grunewald nach ihr benannt. 1953 starb sie im Alter von 81 Jahren.

C11: Will Meisel
Gemeinsam mit Elisabeth Meisel und Else Pieper
Will Meisel wurde 1897 in Berlin-Neukölln, im damaligen Rixdorf geboren. Er wurde zunächst Tänzer an der Königlichen Hofoper und an der Staatsoper Berlin. 1926 wurde er Verleger und gründete die Edition Meisel & Co., in der er vor allem eigene Musiktitel veröffentlichte. Am 1. Mai 1933 wurde er Mitglied der NSDAP. Während der Zeit des Nationalsozialismus schrieb er vor allem populäre Filmmusik und Operetten.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde er als Verleger und Komponist “unabkömmlich” (uk) gestellt, musste also nicht als Soldat in den Krieg.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs blieb Meisel in Berlin und wurde auch als Filmproduzent tätig. Er wurde mit dem Paul-Lincke-Ring und dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Will Meisel schrieb die Musik zu 44 Tonfilmen, 8 Operetten sowie unzählige Evergreens und Lieder, darunter vielleicht sein bekanntestes “Berlin bleibt doch Berlin”. Seine Operetten Königin einer Nacht und Die Frau im Spiegel wurden verfilmt.
1988 wurde an dem Haus Wittelsbacherstraße 18, wo er seit 1934 lebte und arbeitete, eine Berliner Gedenktafel für Will Meisel enthüllt. Der damals noch ziemlich unbekannte Musikstudent Max Rabe sang dazu, begleitet vom Palast Orchester, Lieder von Will Meisel. In dem Haus befindet sich auch heute noch die Geschäftsstelle der Meisel Musikverlage.
Seit 2008 erinnert in Neukölln an dem Haus Jonasstraße 22, wo er lange gelebt hat, eine zweite Gedenktafel an ihn.

D7: Ehrengrab Eugen Schiffer
Eugen Schiffer wurde 1860 in Breslau als Sohn einer zum Protestantismus übergetretenen jüdischen Familie geboren. Im Kaiserreich war er im Vorstand der Nationalliberalen Partei. In der Weimarer Republik war er zeitweise Justizminister. 1945 rief er in der sowjetischen Besatzungszone zur Gründung einer liberaldemokratischen Partei auf. 1950 siedelte er im Alter von 90 Jahren nach West-Berlin über und trat in die FDP ein. 1954 starb er im Alter von 94 Jahren.

D7: Ehrengrab der Bundeswehr Markus Matthes
28.5.1977 gefallen in Afghanistan 25.5.2011. Markus Matthes war ein deutscher Offizier und Träger des Ehrenkreuzes der Bundeswehr. Er hatte als Kommandierender einer deutschen ISAF-Einheit am 3. Mai 2011 in Nordafghanistan einen Angriff von Taliban-Rebellen abgewehrt und war dabei selbst verwundet worden. Am 25. Mai 2011 geriet sein Gefechtsfahrzeug in eine Sprengfalle. Markus Matthes starb an den Verletzungen. Sein Freund, der Weltmeister im Diskuswerfen, Robert Harting, widmete ihm seine in Südkorea am 30. August 2011 erkämpfte Goldmedaille.

D10: Ehrengrab Rolf Schwedler
Der 1914 in Berlin geborene Rolf Schwedler war von 1955 bis 1972 Senator für Bau- und Wohnungswesen und damit dienstältester Senator in der Berliner Geschichte. Er war zuständig für den Wiederaufbau Berlins. Allerdings wurde ihm auch angelastet, dass in seiner Amtszeit in West-Berlin mehr Gebäude abgerissen wurden als im Zweiten Weltkrieg zerstört worden waren.

Krematorium, 9.2.2013, Foto: KHMM

Krematorium, 9.2.2013, Foto: KHMM

Krematorium und Kolumbarium
Das Krematorium wurde 1919-22 von Herrnring und Bettenstedt als klassizistischer Kuppelbau mit einer Urnenhalle, dem sogenannten Kolumbarium, auf dem Gelände des Friedhofs Wilmersdorf errichtet. Die Kuppel kaschiert den Schornstein, der sich spiralförmig an ihrer Innenseite entlang windet. Über dem Eingang ist der lateinische Satz zu lesen: “Vigilate quia nescitis diem neque horam“, auf deutsch: „Darum wachet! Denn ihr wisst weder Tag noch Stunde.“
Nach der Renovierung wurde das Krematorium am 27.7.1966 wiedereröffnet, 1990 aber für Verbrennungen geschlossen, die Trauerhalle ist nach wie vor in Benutzung.
Die Trauerfigur links neben dem Eingang stammt von dem Bildhauer Eberhard Encke.

E3: Ehrengrab Fedor von Zobeltitz im Kolumbarium
1925 wurde mit dem Bau mehrerer Kolumbarien im Anschluss an das Krematorium begonnen. Die Urnenhallen umschließen einen Gartenhof in maurisch-gotischem Stil, der an einen klösterlichen Kreuzgang erinnert.
Der 1857 auf dem Gut Spiegelberg im heutigen Polen geborene Fedor von Zobeltitz entstammte dem alten sächsischen Adelsgeschlecht Zobeltitz. Er wurde bekannt als Schriftsteller und Journalist. Er war seit 1888 Chefredakteur der Illustrierten Frauenzeitung und schrieb heitere Romane und Dramen. Kurz vor seinem Tod 1934 schrieb er seine Autobiografie unter dem Titel “Ich hab so gern gelebt”.

In der Russisch-Orthodoxen Kathedrale, 9.2.2013, Foto: KHMM

In der Russisch-Orthodoxen Kathedrale, 9.2.2013, Foto: KHMM

Hoffmann-von-Fallersleben-Pl: Russisch-Orthodoxe Kirche
Im Hintergrund ist das 23 Stockwerke hohe, aluminiumverkleidete Gebäude der Deutschen Rentenversicherung Bund zu sehen. Es wurde 1974-77 von Hans Schaefers und Hans-Jürgen Löffler am Hohenzollerndamm 47 errichtet.
1936-38 wurde die Russisch-Orthodoxe Christi-Auferstehungs-Kathedrale anstelle der abgerissenen Kirche am Hohenzollerndamm 33 von der Preußischen Bau- und Finanzdirektion durch Karl Schellberg als dreischiffige Basilika im russisch-byzantinischen Stil mit Dachkuppel, runder Laterne und Zwiebelhaube, sowie vier kleinen Zwiebeltürmchen erbaut und am 13. Mai 1938 eingeweiht. Der Bilderschmuck stammt aus dem Vorgängerbau, ursprünglich aus einer alten Kirche bei Warschau.
Anfang 2011 erwarb die Russisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats das Grundstück, für das sie bis dahin einen Erbbaupachtvertrat hatte.
Ich freue mich sehr, dass wir die Kirche besichtigen dürfen. Priester Divakov konnte zwar nicht selbst kommen, aber Diakon Popov-Ehrlich ist so freundlich, uns die Kirche zu öffnen.

Hohenzollerndamm 35-36: Apartmenthaus von Scharoun
Das Apartmenthaus am Hohenzollerndamm 35-36 wurde 1929-1930 von Hans Scharoun errichtet.
Der 1893 in Bremen geborene Architekt war von 1929 bis 1934 am Bau der Siedlung Siemensstadt in Spandau und Charlottenburg-Nord beteiligt und von 1955 bis 1960 verantwortlich für die Wohnsiedlung Charlottenburg-Nord. 1957-1963 baute er die Philharmonie und seit 1967 den Neubau der Staatsbibliothek, der nach seinem Tod 1972 von Edgar Wisniewski fertig gestellt wurde.

In der Kommunalen Galerie Berlin, 9.2.2013, Foto: KHMM

In der Kommunalen Galerie Berlin, 9.2.2013, Foto: KHMM

Hohenzollerndamm 176: Kommunale Galerie Berlin
Die Kommunale Galerie Berlin wurde 1974 in dem Verwaltungsgebäude eröffnet, das 1930-35 als Haus des Deutschen Versicherungskonzerns von Emil Fahrenkamp im Stil der neuen Sachlichkeit entworfen und gebaut wurde.
Die Kommunale Galerie ist sonnabends nicht geöffnet, aber die Kunstamtsleiterin Elke von der Lieth ist heute extra aus Potsdam gekommen, um uns die Galerie und die aktuelle Ausstellung mit Neuanschaffungen der Artothek vorzustellen. Herzlichen Dank dafür!