Bleibtreustr. 15: Gedenktafel für Tilla Durieux
Die Gedenktafel für Tilla Durieux wurde am 30.10.1987 enthüllt:
“Hier lebte von 1966 bis 1971
TILLA DURIEUX
18.8.1880-21.2.1971
Große deutsche Schauspielerin.
Ab 1903 an den Reinhardt-Bühnen in Berlin.
Emigration 1933, Rückkehr nach Berlin 1952”
Tilla Durieux bezeichnete sich selbst als “Fanatikerin des Theaters”. Aufgewachsen war sie in Wien, wo sie 1880 mit dem Namen Ottilie Godeffroy als einzige Tochter eines hugenottischen Chemieprofessors und seiner Frau geboren wurde.
Nach dem frühen Tod des Vaters besuchte sie 1898 eine Theaterschule – gegen den Willen der Mutter, die eine Laufbahn als Pianistin für standesgemäßer und schicklicher hielt.
Auf Wunsch der Mutter legte sie sich deshalb das Pseudonym Tilla Durieux zu. Nach Engagements in der Provinz wurde sie 1903 bei Max Reinhardt in Berlin verpflichtet. Das war damals der Gipfelpunkt jeder Theaterkarriere. Sie wurde zur gefeierten Schauspielerin, vor allem auf Berliner Bühnen. In zweiter Ehe seit 1910 mit dem einflussreichen Kunsthändler und Verleger Paul Cassirer verheiratet, war ihr Haus im Tiergartenviertel Treffpunkt für alle prominenten Kunstschaffenden, und vielen von ihnen, darunter Liebermann, Corinth und Slevogt, saß sie selbst Modell.
Von 1926 bis 1928 war sie Dozentin für Schauspiel an der Hochschule für Musik in der Hardenbergstraße, und 1927 beteiligte sie sich finanziell und künstlerisch an Erwin Piscators Theater am Nollendorfplatz. Mit ihrem dritten Ehemann, dem jüdischen Großindustriellen Ludwig Katzenellenbogen floh sie am 31. März 1933 via Prag über die Schweiz nach Jugoslawien.
Erfolglos bemühte sich das Ehepaar um ein Visum für die USA. Nach der Besetzung Jugoslawiens durch die deutsche Wehrmacht 1941 wurde Katzenellenbogen verhaftet und deportiert; Tilla Durieux tauchte unter und schloss sich der kroatischen Widerstandsbewegung an. Als Näherin an einem Puppentheater hielt sie sich nach dem Krieg über Wasser. Ihre Eindrücke beschrieb sie 1945 in dem Stück Zagreb, das 1946 in der Schweiz uraufgeführt wurde. Nach 19 Jahren in der Emigration kehrte Tilla Durieux erstmals 1952 wieder nach Berlin zurück. Hier gelang ihr ein Come back, und so stand sie erneut bis ins hohe Alter auf der Bühne und wirkte auch in über 30 Filmen mit. Von 1955 bis 1966 lebte sie in der Bleibtreustraße 24, danach bis zu ihrem Tod 1971 hier in der Bleibtreustraße 15.
Sie erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter das Große Bundesverdienstkreuz. Sie wurde auf dem Friedhof in der Charlottenburger Heerstraße beerdigt.
Gedenktafel für Alfred Flechtheim
Die Gedenktafel für Alfred Flechtheim wurde 2003 enthüllt:
“In diesem Hause lebte von 1923 bis 1933
Alfred Flechtheim
1.4.1878 – 9.3.1937
Kunsthändler, Verleger
und Förderer der modernen Kunst
Gründer und Herausgeber der Zeitschrift
“Der Querschnitt”
1933 mußte Alfred Flechtheim emigrieren
Er starb im Londoner Exil”
Flechtheim kam 1921 aus Düsseldorf nach Berlin, wo er viele Ausstellungen veranstaltete und zwei Kunstzeitschriften gründete: 1921 “Der Querschnitt” und 1931 Omnibus. Seine Soiréen, Ausstellungseröffnungen und Bälle im Berlin der Zwanziger Jahre waren legendär und galten als gesellschaftliche Ereignisse.
Nachdem seine letzten Ausstellungen und Versteigerungen in Düsseldorf im März 1933 von NSDAP-Anhängern gestört und verhindert worden waren, Hetzartikel gegen ihn in der nationalsozialistischen Presse erschienen flüchtete Flechtheim bereits Ende Mai 1933 über die Schweiz zunächst nach Paris, später nach London.
Sein Kunsthandlungsunternehmen wurde ab Ende 1933 liquidiert, der galerieeigene Bestand an Kunstwerken dabei unter Wert verkauft, und auch Flechtheims private Sammlung, die er zum Teil ins Ausland schaffen konnte, wurde aufgrund von Flucht, Emigration und wirtschaftlicher Not bis zu seinem Tod weitestgehend aufgelöst, gelangte unter ungeklärten Umständen in fremden Besitz oder wurde nach dem Freitod von Flechtheims Witwe Betti am 15. November 1941 in Berlin von der Gestapo beschlagnahmt.
Nach gescheiterten Versuchen, im Exil als Kunsthändler nochmals Fuß zu fassen, starb Alfred Flechtheim an den Folgen einer krankheitsbedingten Notoperation am 9. März 1937 in London.
In seiner Geburtsstadt Münster wurde ihm der Alfred-Flechtheim-Platz gewidmet.
Der Spiegel berichtete im Juni dieses Jahres: Der legendäre Galerist Alfred Flechtheim verlor in der Nazi-Zeit Dutzende kostbare Bilder. Seine Erben kämpfen seit Jahren um die Rückgabe zahlreicher Gemälde, die heute in den besten Museen Deutschlands hängen.
Bleibtreustr 43: Joan-Miró-Grundschule
Die Joan-Miro-Grundschule ist eine Staatliche Europa-Schule Berlin für Spanisch. Das Schulgebäude wurde 1899-1900 von Paul Bratring für die damalige 19. und 20. Gemeindeschule Charlottenburg gebaut. Das viergeschossige Haus ist in den Formen des Akademischen Historismus gestaltet. Vorgelagert ist eine zweigeschossige Turnhalle.
Später wurde hier das Kaiser-Friedrich-Gymnasium eingerichtet, das Walter Benjamin seit 1902 besucht hat. In seinem Buch “Berliner Kindheit um neunzehnhundert” hat er die Schule beschrieben: “Der ganze Bau, der da hart am Stadtbahngelände aufsteigt, ist von altjüngferlicher, trauriger Sprödigkeit. Mehr noch als den Erlebnissen, die ich in seinem Innern hatte, ist es wahrscheinlich diesem Äußern zuzuschreiben, dass ich keine heitere Erinnerung an ihn bewahre.”
Der brillante Kulturkritiker Walter Benjamin stammte aus einem wohlhabenden jüdischen Elternhaus. Mit seiner Familie folgte er dem für das wohlhabende Berliner Bürgertum um die Jahrhundertwende typischen Zug nach Westen. Die Familie lebte bis 1895 am Magdeburger Platz im Berliner Zentrum, zog dann in die Kurfürstenstraße im sogenannten Alten Westen, weiter an den Nettelbeckplatz, dann von 1902 bis 1912 in die Carmerstraße in Charlottenburg und schließlich in die Delbrückstraße 23 in der Villenkolonie Grunewald. Walter Benjamin bezog in der Wilmersdorfer Prinzregentenstraße 1930 im Alter von 38 Jahren seine erste eigene Wohnung, in der er allerdings nur 3 Jahre bleiben konnte. Dort, an dem Haus Prinzregentenstraße 66 erinnert seit 1989 eine Gedenktafel an ihn.
1933 floh er nach Frankreich. 1940 wählte er den Freitod, weil er auf der Flucht über die Pyrenäen an der französisch-spanischen Grenze die Auslieferung an die Gestapo fürchtete.