126. Kiezspaziergang am 9.6.2012

Vom U-Bahnhof Ruhleben zum Glockenturm

Bezirksstadtrat Klaus-Dieter Gröhler
Treffpunkt: U-Bahn-Ausgang Ruhleben, Richtung Siedlung Ruhleben am Hempelsteig.
ca. 2,7 km

Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 126. Kiezspaziergang. Mein Name ist Klaus-Dieter Gröhler, ich bin Stellvertretender Bezirksbürgermeister und Bezirksstadtrat für Bürgerdienste, Weiterbildung, Kultur, Hochbau und Immobilien. Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann muss sich heute auf dem SPD-Parteitag um die Wahl des Parteivorsitzenden kümmern. Da ich einer anderen Partei angehöre, darf ich Sie beim Kiezspaziergang führen.

Kartenskizze

Kartenskizze

Ich habe mich entschlossen, die Route kurzfristig zu ändern, weil ich Ihnen die Anstrengungen der Murellenberge und der Murellenschlucht heute nicht zumuten möchte. Außerdem habe ich gestern abend festgestellt, dass entlang der Fließwiese Ruhleben die Mückenplage ziemlich unangenehm ist. Deshalb werde ich heute mit Ihnen durch das Olympiagelände gehen. Zum Abschluss werden wir wie geplant unsere neue Eissporthalle an der Glockenturmstraße besuchen. Und wer danach unseren Bezirk einmal insgesamt von oben besichtigen will, der kann dies dann vom Glockenturm am Olympiastadion aus tun. Die Fahrt mit dem Expressaufzug einschließlich Besichtigung der historischen Ausstellung in der Halle am Glockenturm wird zum Sondertarif von 3 Euro statt regulär 7 Euro möglich sein. Wir werden also unser Ziel nicht wie geplant auf dem westlichen Weg durch die Naturschutzgebiete erreichen, sondern auf der östlichen Seite durch das Olympiagelände.
Bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen den Treffpunkt für den nächsten Kiezspaziergang mitteilen. Wie immer wird er wieder am zweiten Samstag des Monats stattfinden, also am 14. Juli ab 14.00 Uhr. Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann lädt sie ein zu einer Wanderung über den Havelhöhenweg. Es wird entlang der Havel über die Halbinsel Schildhorn bis zum Grunewaldturm gehen
Der Treffpunkt ist am Samstag, dem 14. Juli, um 14.00 Uhr auf dem Bahnsteig des S-Bahnhofs Pichelsberg. Alle Informationen finden Sie im Internet unter www.kiezspaziergaenge.de.

U-Bahnhof Ruhleben, 16.5.2012, Foto: KHMM

U-Bahnhof Ruhleben, 16.5.2012, Foto: KHMM

U-Bahnhof Ruhleben
Das Bahnhofsgebäude des U-Bahnhofs Ruhleben wurde 1929 von Alfred Grenander gebaut. Der 1863 in Schweden geborene Architekt studierte Architektur in Stockholm und von 1885 bis 1888 an der Technischen Hochschule Charlottenburg, der heutigen TU Berlin. Danach arbeitete er seit 1890 in Paul Wallots Reichstagsbauatelier. Von 1900 bis 1931 baute er für die Berliner Hoch- und Untergrundbahn-Gesellschaft, die heutige BVG, zahlreiche Bahnhöfe. Daneben hat er auch die Schwedische Kirche an der Landhausstraße in Wilmersdorf und andere Bauten entworfen. Er starb 1931 in Berlin-Wilmersdorf, Prager Str. 36.
Der U-Bahnhof Ruhleben ist einer der modernsten Bauten des Architekten, sachlich-nüchtern, auf jedes überflüssige Detail verzichtend. Verglichen mit dem U-Bahnhof Wittenbergplatz, den auch Grenander entworfen hat, erkennt man die Veränderung der Architektur innerhalb der ersten 30 Jahre des 20. Jahrhunderts.
Der U-Bahnhof ist Endbahnhof der Stammbahn, die von 1896 bis 1929 gebaut wurde. Sie verkehrte zwischen Warschauer Brücke und Ruhleben. In Charlottenburg wurde sie in drei Teilabschnitten erbaut und führte zunächst auf Charlottenburger Gebiet auf Beschluss der Stadtverordneten als Kellerbahn vom Bahnhof Zoo bis zum Ernst-Reuter-Platz, damals Am Knie, wurde dann bis zum ehemaligen Deutschen Stadion, dem heutigen Olympiastadion und schließlich bis Ruhleben erweitert. Eine seit den 1920er-Jahren geplante Streckenverlängerung der U2 über Rathaus Spandau nach Hakenfelde bzw. später zum Falkenhagener Feld wurde zugunsten der U-Bahnlinie 7 zurückgestellt.
Die Gleise des Sackbahnhofs enden am Bahnsteig. Im Jahr 1946 kam es zu einem Unfall, als ein Zug über das Bahnsteigende hinausfuhr und erst auf der steil abfallenden Böschung zum Stendelweg zum Stehen kam.
In den letzten Jahren wurde der U-Bahnhof denkmalgerecht saniert.

Ruhleben
Der Stadtteil Ruhleben hält sich nicht an die Bezirksgrenze. Er besteht aus einem südlichen Charlottenburger Teil und einem nördlichen Teil, der zu Spandau gehört. In Charlottenburg liegt die Siedlung Ruhleben, das Naturschutzgebiet Fließwiese, der Friedhof Ruhleben mit dem Krematorium, sowie das Gelände am Murellenberg.
In Spandau liegt zwischen Charlottenburger Chaussee und Spree ein Industriegebiet mit einem Klärwerk, einer der größten Müllverbrennungsanlagen Europas, die 1967 errichtet wurde.
Das Siedlungsgebiet Ruhleben ist aus einem Spandauer Vorwerk hervorgegangen. Erstmals erwähnt wird es zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges als “wüst liegendes Vorwerk”, später als “Neues Vorwerk”, 1704 findet sich erstmals die Bezeichnung Ruhleben. Es wurde 1707 von König Friedrich I. erworben und dem Amt Spandau unterstellt. Im 19. Jahrhundert entstanden die ersten militärischen Anlagen am Murellenberg mit Kasernen und Schießständen. 1920 wurde das Gelände nach Groß-Berlin eingemeindet und zwischen Spandau und Charlottenburg aufgeteilt.
Die Siedlung Ruhleben wurde in den 1920er Jahren mit ein- und zweigeschossigen Häusern, überwiegend nach den Plänen von Max Taut und Frank Hoffmann, erbaut. Max Taut ist der jüngere Bruder von Bruno Taut, der die berühmte Hufeisensiedlung in Britz und die Siedlung Onkel-Toms-Hütte in Zehlendorf entworfen hat.

Hempelsteig
Der Hempelsteig wurde 1937 nach dem Kommunalpolitiker Carl Hempel benannt. Er hat von 1833 bis 1903 gelebt und war Stadtverordneter in Charlottenburg.

Findling gegenüber dem Bahnhof Ruhleben, 16.5.2012, Foto: KHMM

Findling gegenüber dem Bahnhof Ruhleben, 16.5.2012, Foto: KHMM

Gegenüber dem U-Bahnhof liegt ein Findling, der als Naturdenkmal aus der Murellenschlucht hierher transportiert wurde.

Rominter Allee
Die Rominter Allee wurde 1927 beziehungsweise in diesem Abschnitt 1936 benannt nach der ostpreußischen Stadt Rominten in der Nähe von Königsberg, heute russisch Krasnolesje an der polnisch-russischen Grenze.

Murellenteich
Hier, am Ostrand der Siedlung wurde rund um den Murellenteich eine Parkanlage mit alten Laubbäumen angelegt. Der Murellenteich ist Teil der in der Eiszeit entstandenen Hügellandschaft im Spree-Havelgebiet, Sie entstand als Stauch- und Endmoräne des Warschau-Berliner Urstromtales.
Für den Namen “Murellen” gibt Wikipedia folgende Erklärung: “Der Namensbestandteil Murellen oder früher Morellen wird vom Brandenburgischen Namenbuch auf die Morelle, das heißt die Weichselkirsche zurückgeführt. Auch in einem Lexikon zu Berlins Straßennamen findet sich unter Murellenweg, der von der Fließwiese Ruhleben in die Siedlung Ruhleben führt, der Eintrag: „Murellen, verwilderte Kirschen, die den Murellenbergen ihren Namen gaben.“ Eine Ableitung aus Moräne (v. frz.: moraine = ‚Geröll‘), die auf die geologische Struktur des Gebiets abhebt, lässt sich nicht verifizieren.” Soweit die Erklärung im Internetlexikon Wikipedia.

Hanns-Braun-Straße
Die Hanns-Braun-Straße wurde 1936 benannt nach dem Sportler Hanns Braun. Er wurde 1886 in München geboren, stellte 1909 einen Weltrekord im 1.000-Meter-Lauf auf. Er hielt 13 deutsche Rekorde und nahm an den Olympischen Spielen 1908 in London und 1912 in Stockholm teil und gewann dabei Bronze- und Silbermedaillen. Der damals erfolgreichste deutsche Leichtathlet starb beim Absturz seines Kampfflugzeuges am Ende des Ersten Weltkrieges am 9.10.1918 in Frankreich.

Olympiaparkgelände
Zunächst wurde auf dem Gelände eine Pferderennbahn angelegt. Seit 1909 wurde es nach Plänen von Otto March für die 1916 geplanten Olympischen Spiele bebaut. Am 8.6.1913 wurde das “Deutsche Stadion” als damals größtes Sportstadion der Welt in der Mulde der Grunewaldrennbahn eröffnet. Die Olympischen Spiele 1916 wurden aber wegen des Ersten Weltkriegs abgesagt.
Seit 1926 wurde auf dem nördlich an das Stadion angrenzenden Terrain nach Entwürfen von Werner March das Deutsche Sportforum gebaut.
Seit 1931 wurde es im Hinblick auf die XI. Olympischen Spiele neu konzipiert, zwischen 1934 und 1936 wieder abgerissen und als Reichssportfeld wieder unter der Bauleitung von Werner March neu aufgebaut. 1936 wurden im Stadion und auf dem gesamten Gelände die XI. Olympischen Spiele veranstaltet, die bekanntlich von den Nationalsozialisten sehr erfolgreich für ihre Propagandazwecke genutzt wurden.
Im Zweiten Weltkrieg diente das Gelände als Flakstellung. Von 1945 bis 1994 stand es unter Verwaltung der Britischen Streitkräfte, die hier seit 1952 ihr Hauptquartier einrichteten. 1963 wurden das Olympiastadion und das Schwimmstadion in die Verwaltung des Landes Berlin überführt. Nach dem Fall der Mauer wurden im Zuge der Aufgabe alliierter Rechte sämtliche Bauten des Olympiageländes an den Bund übergeben. 1994 verließen die Briten das Olympiagelände. 2001 übertrug der Bund seine Rechte auf das Land Berlin.
2006 wurde in dem Gebäude unter dem Glockenturm das Dokumentationszentrum Geschichtsort Olympiagelände 1909-1936-2006 eröffnet und im gleichen Jahr der Lehrpfad mit 45 zweisprachigen Informationstafeln zur Geschichte des Olympiageländes.
Seit dem 1.9.2006 ist der Olympiapark Berlin – Geschichtspfad Teil II zur historischen Kommentierung des Olympiageländes öffentlich zugänglich. Zuständig dafür ist die Senatsverwaltung für Inneres und Sport – Olympiapark Berlin.

Körnerplatz
Der deutsche Dichter und Dramatiker Theodor Körner lebte von 1791 bis 1813. Bereits im Alter von 21 Jahren starb er als „Sänger und Held“ im Lützowschen Freikorps, in dem er gemeinsam mit Friedrich Friesen und Turnvater Friedrich Ludwig Jahn gegen die napoleonische Fremdherrschaft kämpfte. Er wurde zur patriotischen Identifikationsfigur.

Gutsmuthsweg
Der Weg wurde 1936 nach dem Pädagogen Johann Christoph Friedrich Guts Muths benannt, der 1759 in Quedlinburg geboren wurde und 1839 in Ibenhain starb. Er ließ am Ende des 18. Jahrhunderts als Lehrer an einer Erziehungsanstalt in Schnepfenthal in Thüringen den ersten Sportplatz in Deutschland anlegen. Er schuf ein System des Schulturnens und veröffentlichte 1793 das Buch “Gymnastik für die Jugend”.

Jahnplatz mit dem Haus des Deutschen Sports
Friedrich Ludwig Jahn lebte von 1778 bis 1852. Als Initiator der deutschen Turnbewegung wurde er auch Turnvater Jahn genannt. Die Turnbewegung war unter anderem mit der Zielsetzung entstanden, die Jugend auf den Kampf gegen die napoleonische Besetzung und für die Rettung Preußens und Deutschlands vorzubereiten. Den ersten Turnplatz schuf Jahn 1811 auf der Berliner Hasenheide.
Tafeltext:
Schwimmhaus im Norden, Turnhaus im Süden und das zentrale Haus des Deutschen Sports umschließen den Jahnplatz. Die Gestaltung der Gesamtanlage folgte dem Entwurf von 1926, auch wenn bis zur Fertigstellung zehn Jahre vergingen.
Die Hofanlage entspricht Werner Marchs Absicht, im Bereich des Sportforums “mehr nach innen gerichtete Bezirke zu schaffen, die ein Gefühl von Sammlung und Gemeinschaft vermitteln”.
Mit der hohen Pfeilerhalle, dem großzügigen Schwimmbecken und dem Skulpturenprogramm sollte der Jahnplatz einen feierlichen Rahmen bilden für Sport- und Festveranstaltungen.
Die Stufen der Freitreppe und die offenen Balkone über dem ringsumlaufenden Pfeilergang sollten “nach Art eines mittelalterlichen Turnierhofes” Platz für Zuschauer bieten.
Die Anordnung der Bronzeplastiken unterstreicht die axiale Ausrichtung der gesamten Anlage. Nur der “Ruhende Athlet” von Georg Kolbe weicht von der symmetrischen Aufstellung ab. Adolf Strübes Figuren “Stier” und “Kuh”, motivgeschichtlich Sinnbilder für Stärke und Fruchtbarkeit, bilden den westlichen Abschluss des Platzes.

Friedrich-Friesen-Allee
Die Friedrich-Friesen-Allee wurde 1936 nach dem Mitbegründer der deutschen Turn- und Sportbewegung Karl Friedrich Friesen benannt. Er wurde 1784 in Magedeburg geboren und kam nach dem Schulbesuch nach Berlin. Gemeinsam mit “Turnvater” Friedrich Ludwig Jahn legte er 1810 den ersten öffentlichen Turnplatz in der Hasenheide an. Er starb 1814 im Befreiungskrieg im Ardennenwald in Frankreich.

Gebhardt-Platz
Der deutsche Naturwissenschaftler Willibald Gebhardt lebte von 1861 bis 1921. Er war der Begründer der Olympischen Bewegung in Deutschland wurde bekannt als Förderer der modernen Olympischen Spiele.

August-Bier-Platz
August Bier war 1920 der erste Leiter der Hochschule für Leibesübungen in Berlin.

Hueppeplatz
Der deutsche Bakteriologe, Hygieniker und Hochschullehrer Ferdinand Hueppe lebte von 1852 bis 1938. Von 1900 bis 1904 war er der erste Präsident des Deutschen Fußball-Bundes.

Georgiiplatz
Theodor Georgii wurde 1826 in Esslingen am Neckar geboren und starb 1892 in Wilhelmsdorf. Er war einer der wichtigsten Protagonisten der deutschen Turnbewegung.

Dienstvilla des “Reichssportführers”
Tafeltext:
Anstelle des offenen “Tanzrings” für den Frauenbereich wurde 1937 die Dienstvilla des “Reichssportführers” Hans von Tschammer und Osten erbaut. Die Pfeilerhalle bildet räumlich den Endpunkt der Sichtachse und architektonisch den Gegenpart zum Portikus am Haus des Deutschen Sports. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Villa – bis zum Abzug der britischen Alliierten 1994 – als Gästehaus und Offiziersmesse genutzt.
Der “Reichssportführer” war Präsident der Reichsakademie für Leibesübungen, Leiter des Reichssportamtes beim Innenministerium und Führer des Deutschen Reichsbundes für Leibesübungen. Erster Amtsinhaber war Hand von Tschammer und Osten.
Der zuvor in der Sportwelt unbekannte SA-Führer betrieb als oberster Sportfunktionär des Dritten Reichs die Entmachtung der Vereine und Verbände und brachte sie unter die Kontrolle der NSDAP.
Im Garten der Villa steht eine Skulptur, oft “Falkner” genannt. Der adlergleich dargestellte Falke ist bezwungen von einem Jäger mit “nordischer” Physiognomie. Der Dolch des Falkners in Form des römischen Kurzschwerts war das Standessymbol der SS. Auch von Tschammer und Osten trug einen solchen Dolch.

Annaheim
Tafeltext:
Das Annaheim wurde 1927-28 von Werner March als Wohnhaus für die Studentinnen der Deutschen Hochschule für Leibesübungen erbaut und nach der Frau des Berliner Oberbürgermeisters Böß benannt.
Das Haus mit zwei unterschiedlich hohen Flügeln für Schlaf- und Aufenthaltsräume bot fünfzig Bewohnerinnen Platz. Es lag unmittelbar am nördlichen Rand des Sportforums. Hier bricht das Gelände steil zur eiszeitlichen Murellenschlucht ab. Von der Terrasse des Hauses bot sich eine unerwartete Fernsicht auf die umliegende Landschaft. Ein Brunnen mit einer Amor-Figur von Hugo Lederer (1871-1940) schmückte den südlich gelegenen Garten, den einzelne hohe Kiefern als ehemaliges Waldstück auszeichnen.
Das umgebende Areal war bereits 1925 in der Vorplanung des Architekten Johannes Seiffert als “Frauenbezirk” des Sportforums ausgewiesen. Dazu gehörten neben dem Wohnheim besondere Übungsplätze wie der “Frauenplatz” und der Tanzring, auf denen “eine der weiblichen Eigenart angepasste Form der Leibesübungen” stattfinden sollte.
Heute residiert im Annaheim die Verwaltung des Olympiaparkgeländes, eine Außenstelle der Senatsverwaltung für Inneres und Sport.

Glockenturmstraße
Die Straße wurde 1936 nach dem gerade fertig gestellten Glockenturm benannt, zu dem die Straße direkt hinführt.

Glockenturmstr. 18: Erdgaslager
An der Glockenturmstraße 18 wurde 1992 in 800 m Tiefe eines der größten europäischen unterirdischen Erdgaslager mit einem Fassungsvermögen von bis zu 1,1 Milliarden Kubikmeter in Betrieb genommen. Das dort gelagerte Erdgas reicht aus für die Versorgung der Berliner Haushalte für ein Jahr. Anfang 2008 führte die GASAG eine Messkampagne durch, um die zulässige Gesamtkapazität von 1,1 Milliarden Kubikmeter voll ausnutzen zu können. Bis dahin waren nur 750 Millionen Kubikmeter Gas eingelagert.

Eissporthalle, 16.5.2012, Foto: KHMM

Eissporthalle, 16.5.2012, Foto: KHMM

Glockenturmstr. 14: Eissporthalle
Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf hat hier von 2010 bis 2012 in eigener Regie eine neue Eissporthalle gebaut, als Ersatz für die frühere Eissporthalle, die 1973 an der Jafféstraße in unmittelbarer Nachbarschaft zur Deutschlandhalle errichtet worden war. Als Heimstatt der “Capitals” wurde sie überwiegend als Austragungsort für Meisterschaftsspiele im Eishockey genutzt, außerdem als leistungssportliche Trainingsstätte des Landessportbundes und als öffentliche Kunsteislaufbahn und Eislaufdisko. Nach jahrelangen Diskussionen wurde die Eissporthalle im April/Mai 2001 im Zuge der Südausbaus des Messegeländes abgerissen.

Blick vom Glockenturm auf die Eissporthalle, 16.5.2012, Foto: KHMM

Blick vom Glockenturm auf die Eissporthalle, 16.5.2012, Foto: KHMM

Ersatzweise wurde die benachbarte Deutschlandhalle provisorisch für den Eissport umgebaut. Am 26.4.2009 fand mit einem Eishockey-Juniorenturnier der Eisbären die letzte Veranstaltung in der Deutschlandhalle statt. Danach wurde sie geschlossen und inzwischen abgerissen.
Mit dem Neubau der Eissporthalle haben wir ein besonderes ökologisches Konzept verwirklicht. Unter anderem produziert auf dem Dach ein Photovoltaikkraftwerk fast 300.000 KWh sauberen Solarstrom pro Jahr.
Der Schriftzug über dem Eingang wurde als Kunst am Bau von der Künstlerin Erika Klagge gestaltet.
Am 2. März 2012 haben wir die neue Eissporthalle feierlich eröffnet und am 3. März für den Eissport freigegeben. Seit dem 14. Mai steht die überdachte Außenfläche bis voraussichtlich 29. Juni zur allgemeinen Nutzung für den Inline- und Rollschuhsport zur Verfügung.

Horst-Korber-Sportzentrum 16.5.2012, Foto: KHMM

Horst-Korber-Sportzentrum 16.5.2012, Foto: KHMM

Glockenturmstr. 3-5: Horst-Korber-Sportzentrum
Das Horst-Korber-Sportzentrum wurde 1987-90 nach Plänen des Architekten Christoph Langhof errichtet. Langhof hat zuletzt auch den Atlas-Tower geplant, der an Stelle des früheren Schimmelpfeng-Hauses an der Einmündung der Kantstraße in den Breitscheidplatz errichtet werden soll.
Horst Korber war Präsident des Landessportbundes Berlin und Senator für Familie, Jugend und Sport. Das Zentrum ist eine Sporteinrichtung des Landessportbundes Berlin e.V., es beinhaltet eine 88m lange, 48m breite und 14m hohe Großsporthalle mit 3.500 Sitzplätzen und ein Sporthotel mit 34 Einzelzimmern. Es ist ein Landesleistungszentrum für die Sportarten Handball, Hockey, Volleyball und Leichtathletik.

Denkzeichen am Murellenberg, 16.5.2012, Foto: KHMM

Denkzeichen am Murellenberg, 16.5.2012, Foto: KHMM

Denkzeichen am Murellenberg
Um 1840 entstanden erste militärische Anlagen am Murellenberg mit Kasernen und Schießständen. Später missbrauchten die Nationalsozialisten die Murellenschlucht als Hinrichtungsstätte für Deserteure und so genannte Wehrkraftzersetzer. Daran erinnert seit 2002 das Denkzeichen zur Erinnerung an die Ermordeten der NS-Militärjustiz am Murellenberg.
Das Gelände war lange Zeit militärisches Sperrgebiet und wurde bis 1990 von den Briten genutzt, danach von der Berliner Polizei. Seit 1993 steht das Gebiet unter Naturschutz.
Trotz teilweise massiver Eingriffe in die Landschaft durch die militärischen Anlagen wie Schießschutzwälle, Kugelfänge und Zaunanlagen konnten sich relativ ungestört Biotopqualitäten entwickeln. In der mit seltenen Pflanzen bewachsenen Schlucht wurden 97 verschiedene fliegende Insekten registriert, von denen 57 selten oder gefährdet sind.
Der Verkehrsspiegel, den Sie hier sehen, ist der erste des “Denkzeichens zur Erinnerung an die Ermordeten der NS-Militärjustiz am Murellenberg” von der Berliner Künstlerin Patricia Pisani, das 2002 eingeweiht wurde. Insgesamt 104 Verkehrsspiegel wurden entlang des Waldweges von hier bis zu dem Platz in der Nähe des Erschießungsortes hinter der Waldbühne aufgestellt. Der authentische Ort ist nicht exakt bekannt. Auf 16 Spiegeln informieren eingravierte Texte über das Geschehen. Die Künstlerin erklärte ihre Installation so: “Wie Verkehrsspiegel auf Gefahrenstellen im Straßenverkehr hinweisen, sollen sie auch hier eine spezifische Situation vor Augen führen, die außerhalb des Gesichtsfeldes liegt und auf diese Weise virtuell auf die verdrängten Verbrechen der NS-Justiz verweisen.”
Ein Spiegel steht vor dem ehemaligen Reichskriegsgericht an der Witzlebenstraße, dem späteren Kammergericht und Sitz des Strafsenats des Bundesgerichtshofs, wo einige Terroristenprozesse stattfanden. Das Haus wurde inzwischen zum Wohngebäude umgebaut. Der Spiegel dort verweist auf die Geschehnisse im Gebäude und auf dieses Denkzeichen am Murellenberg.
Unter den Nationalsozialisten wurde die “Wehrmachtshinrichtungsstätte” errichtet: Am Hang des Murellenberges wurden zwischen dem 12. August 1944 und dem 14. April 1945 Deserteure, Wehrdienstverweigerer und Befehlsverweigerer unterschiedlicher Dienstgrade standrechtlich erschossen. Die meisten Erschießungen gingen auf Urteile des Reichskriegsgerichtes zurück. Die genaue Zahl ist nicht bekannt. Etwa 230 wurden bisher namentlich ermittelt. Viele der Exekutierten wurden im Spandauer Fort Hahneberg beerdigt.
Erst 1998 hob der Deutsche Bundestag per Gesetz die rechtsstaatswidrigen Entscheidungen der “NS-Terrorjustiz” auf und sprach den Opfern “Achtung und Mitgefühl” aus.
Eine Initiative der evangelischen Kreissynode und einzelner Bürger bemühte sich seit 1994, später unterstützt von der Bezirksverordnetenversammlung, um die Errichtung einer Erinnungsstätte. Im Herbst 2000 lobte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einen Wettbewerb für ein Mahnmal aus. Im März 2001 entschied sich die Jury einstimmig für den Entwurf der Berliner Künstlerin Patricia Pisani.

Murellenschlucht
Die Bedeutung dieses Hanges insbesondere für die Wildbienenfauna war einer der wesentlichen Gründe, das Gebiet unter Naturschutz zu stellen.
Die Ausrichtung dieses Hanges nach Süden und die damit zusammenhängende starke Sonneneinstrahlung, der sandige Boden sowie die lockere Krautschicht mit vielen vegetationsfreien Stellen bilden ideale Bedingen für die Hautflügler, die ihre Nester im Boden anlegen und auf derart trocken-warme Standorte angewiesen sind.
Nach der Bundesartenschutzverordnung gelten alle Wildbienen als gefährdet und stehen deshalb unter besonderem Schutz. An diesem Standort wurden bei einer Untersuchung in den Jahren 1991/92 mehr als 100 Arten nachgewiesen.
Das gesamte Gelände ist ca. 60 ha groß und erst seit Ende 2007 für die Öffentlichkeit zum größten Teil betretbar. Die Polizei hatte sich auf Drängen des Bezirks hin bereit erklärt, den Schanzenwald an die Forstverwaltung zu übertragen. Für das gesamte Gelände wurde ein Landschaftsplan ausgearbeitet und danach eine behutsame Durchwegung dieses landschaftlich sehr interessanten Geländes eingerichtet, um den Bereich für eine sanfte Erholungsnutzung zu erschließen. Finanziert wurde dieses Projekt übrigens aus Mitteln für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen der Deutschen Bahn.
Auf den trockenen und nährstoffarmen Böden des Murellenberges und des Übungsgeländes dominiert der für Berlin so typische Kiefern-Eichenwald. Kiefern-Eichenwälder gehören laut Berliner Naturschutzgesetz zu den besonders geschützten Biotopen. Unter den Eichen und Kiefern gibt es einige Exemplare, die rund 300 Jahre alt sind. Durch umgestürzte Bäume ergibt sich ein urwaldartiger Eindruck. Damit unterscheidet sich dieser Bereich deutlich von den Baumbeständen des Grunewaldes, die überwiegend aufgeforstet wurden. Die Vielfalt der Lebensräume für die einheimische Tierwelt ist dort deutlich geringer und entsprechend auch die Artenzahl. Altholzbestände sind vor allem für baumbewohnende Fledermausarten, höhlenbrütende Vögel und holzbewohnende Insekten von großer Bedeutung. Vor allem die Fledermausbestände sind gefährdet.
Seit der Öffnung am 28.11.2007 ist dieses Gebiet nach rund 150 Jahren militärischer Nutzung wieder öffentlich zugänglich. Trotz teilweise massiver Eingriffe in die Landschaft durch die militärischen Anlagen wie Schießschutzwälle, Kugelfänge und Zaunanlagen konnten sich relativ ungestört Biotopqualitäten entwickeln. Ingesamt wurden ca. 25 ha militärischen Übungsbereiches umgestaltet, ca. 8.300 qm Fläche entsiegelt, 2,6 km Zäune und rund 20.800 t Abfälle und Abbruch entfernt, davon 6.500 t gefährliche Abfälle.
Nach 1948 wurde die Südböschung und Teile der Schlucht mit Trümmerschutt verfüllt. Die neue Eissporthalle sowie die Gebäude eines Erdgasspeichers stehen auf dieser Aufschüttung.

Blick vom Glockenturm auf die Waldbühne, 16.5.2012, Foto: KHMM

Blick vom Glockenturm auf die Waldbühne, 16.5.2012, Foto: KHMM

Waldbühne
Auf dem Areal des ehemaligen Reichssportfeldes errichtete Werner March nach Plänen von Conrad Heidenreich 1934-36 die Waldbühne in einem 30 m tiefen Kessel der Murellenschlucht. Er nutzte dabei geschickt die vorhandene Geländeform. Gemäß der nationalsozialistischen Konzeption als kultische und nationale “Weihestätte” wurde sie im Stil eines griechischen Theaters für 20.000 Zuschauer errichtet. Sie wurde am 2.8.1936 eröffnet als “Dietrich-Eckart-Bühne”, benannt nach einem antisemitischen nationalsozialistischen Schriftsteller.
Während der Olympischen Spiele fanden hier Wettbewerbe im Boxen und Geräteturnen statt.
Nach dem Krieg wurde die kriegsbeschädigte Waldbühne zunächst vor allem für Boxveranstaltungen genutzt. Legendär waren der Boxkampf von Max Schmeling 1948 und die Trauerfeier für Kurt Schumacher 1952.
1961 wurde der Bühnenbereich wieder hergestellt, und die Waldbühne entwickelte sich zu einem beliebten kulturellen Veranstaltungsort – auch für Freiluftvorführungen innerhalb der Berlinale, die ja in früheren Jahren regulär im Juni stattfand. Besonders beliebt waren dabei die Publikumsentscheide.
1965 wurden große Teile der Sitzreihen bei Tumulten nach einem Rolling-Stones-Konzert zerstört. Danach gab es nur noch vereinzelte Veranstaltungen. 1980 trat Bob Marley in einem sensationellen Konzert auf.
Dann pachtete der Konzertveranstalter Peter Schwenkow die Waldbühne.
1982 wurde die Zeltdachkonstruktion über der Bühne errichtet. Seither gibt es jedes Jahr eine Reihe von Open-Air-Veranstaltungen mit Rock-, Pop- und Klassikkonzerten, sowie Kinovorstellungen.
Am 30.6.1984 traten erstmals die Berliner Philharmoniker in der Waldbühne auf – unter der Leitung von Reinhard Peters. Das Experiment mit der Freiluft-Klassik wurde zum Publikumsrenner: Das jährliche Konzert zum Abschluss der Saison der Berliner Philharmoniker in der ausverkauften Waldbühne ist inzwischen ein Highlight des Berliner Veranstaltungskalenders.
Nach einer Ausschreibung des Berliner Senats für den neuen Pachtvertrag ab 2009 wurde der Zuschlag an den Veranstalter CTS Eventim gegeben.

Glockenturm, 16.5.2012, Foto: KHMM

Glockenturm, 16.5.2012, Foto: KHMM

Glockenturm
Der Glockenturm wurde 1934-36 gemeinsam mit dem Olympiastadion errichtet, wobei sich zwischen dem Glockenturm und dem Olympiastadion das Maifeld erstreckt. Nach schweren Kriegsschäden sprengten britische Pioniere den Turm am 15.2.1947 und vergruben die Olympiaglocke auf dem Vorplatz. Die Glocke wurde am 16.12.1956 wieder ausgegraben und vor dem Stadion aufgestellt.
Der Glockenturm wurde 1961-62 nach den Plänen des Architekten Werner March neu errichtet. Am 23.12.1961 wurde die neue Glocke eingebaut. Der 77,17 m hohe Turm bietet eine prächtige Sicht über das Olympiagelände, den Grunewald mit dem Teufelsberg, Charlottenburg und Spandau. Zur Fußballweltmeisterschaft 2006 wurde der Turm einschließlich der Glocke für 7 Millionen Euro saniert. Die Glocke darf allerdings nicht geläutet werden, da sie den Turm in so starke Schwingungen versetzt, dass diese den gläsernen Aufzug zur Aussichtsplattform gefährden könnten.
In der Halle unter dem Glockenturm wurde im Mai 2006 ein Dokumentationszentrum zum Geschichtsort Olympiagelände eröffnet. Die Ausstellung ist sehr empfehlenswert, und wer möchte, kann sie jetzt noch besichtigen, und natürlich lohnt sich auch immer eine Fahrt auf den Glockenturm.
Über die Passenheimer Straße und die Schirwindter Allee erreichen Sie in wenigen Minuten den S-Bahnhof Pichelsberg.