Heilmannring
Der Heilmannring wurde 1957 nach dem Politiker und Widerstandskämpfer Ernst Heilmann benannt. Er wurde 1881 als Sohn eines jüdischen Kaufmanns in Berlin geboren und starb 1940 in Buchenwald. 1898 trat er in die SPD ein. 1903 schloss er sein Studium der Staats- und Rechtswissenschaften mit dem Referendarexamen ab, wurde aber als Jude nicht in den Staatsdienst übernommen. Er arbeitete von 1909 bis 1917 als Chefredakteur der “Volksstimme” Chemnitz und von 1919 bis 1933 als Redakteur des “Vorwärts”. 1919/20 war er Mitglied der Stadtverordnetenversammlung Charlottenburg, 1919 bis 1933 Mitglied des Preußischen Landtages und 1928 bis 1933 Reichstagsabgeordneter. Im Juni 1933 wurde Heilmann in Berlin festgenommen und im berüchtigten Columbia-Haus in Tempelhof inhaftiert, danach im Zuchthaus Plötzensee und in den Konzentrationslagern Oranienburg, Esterwegen, Dachau und schließlich Buchenwald.
Siemensstadt
Am 7.7.2008 erklärt die UNESCO-Vollversammlung Siemensstadt neben 5 weiteren Berliner Großsiedlungen der 1920er Jahre zum Weltkulturerbe. Die Siedlung Siemensstadt verbindet man mehr mit Spandau als mit Charlottenburg. Aber wir befinden uns jetzt in dem Teil der Siedlung Siemensstadt, der zu Charlottenburg-Nord gehört.
Die Großsiedlung Siemensstadt wurde 1929-31 unter der Gesamtplanung von Hans Scharoun errichtetet. Der Charlottenburger Teil gilt als beispielhaft für den fortschrittlichen Wohnungsbau der 1920er Jahre mit den aufgelockerten, von Freiräumen und Grünstreifen umgeben, meist fünfstöckigen Wohnzeilen. Mittelpunkt der Siedlung im Charlottenburger Teil ist der Goebelplatz, den wir gleich erreichen werden. Manche bezeichnen diesen Teil von Siemensstadt als ein bewohntes Open-Air-Museum der modernen Architektur.
Sie ist mit fast 1.400 Wohneinheiten ein Paradebeispiel für den Stil des Neuen Bauens in der Weimarer Republik.
Siemensstadt war die wichtigste architektonische Leistung und das Vorzeigeprojekt der Architekten-Vereinigung “Der Ring”, die1926 in Berlin gegründet wurde. “Der Ring” war ein Zusammenschluss junger Architekten, der sich zum Ziel setzte, das “Neue Bauen” zu fördern. Er bezog Position gegen den Historismus in der Architektur. Neben neuen architektonischen Ausdrucksformen suchten die Mitglieder des Rings auch nach neuen Bautechniken. Im Unterschied zu anderen Vereinigungen dieser Zeit gab es jedoch kein ausformuliertes Programm. Die treibende Kraft hinter der Gründung des Rings waren Hugo Häring und Ludwig Mies van der Rohe, die sich zu dieser Zeit ein Büro in Berlin teilten. Hugo Häring wurde von der Gruppe zu ihrem Sekretär gewählt. Die Mitglieder vertraten mitunter sehr unterschiedliche Haltungen.
Das wird insbesondere hier in Siemensstadt deutlich, wo auf engstem Raum unterschiedliche Wege der modernen Architektur der 20er Jahre zu besichtigen sind. Beim Bau der Siemensstadt von 1929 bis 1931 waren sechs Mitglieder des Rings beteiligt: Otto Bartning, Fred Forbat, Walter Gropius, Hugo Häring, Paul Rudolf Henning und Hans Scharoun. Die Freiflächen gestaltete Leberecht Migge. Die Gesamtleitung lag bei Hans Scharoun. Nach der Architektengruppe wurde Siemensstadt auch “Ringsiedlung” genannt.
Die Straßen und Plätze wurden nach Technikern, Erfindern und Physikern benannt, auf deren Entdeckungen der Erfolg der Siemens AG beruhte.
Markant für die Siedlung sind einige an Schiffsarchitektur erinnernden Bauformen. In der Siedlung Siemensstadt sind die überwiegend vier- bis fünfgeschossigen Wohnzeilen mit Flachdach weitgehend nach Süden ausgerichtet und werden durch breite Grünanlagen getrennt.
Licht, Luft und Sonne gab es dadurch für jede Wohnung, die alle über Bad und Innentoilette, Zentralheizung und Warmwasserversorgung, und einen Balkon oder eine Loggia verfügen. Heizung und Warmwasser wurden durch ein siedlungseigenes zentrales Heizwerk geliefert, das erste seiner Art im damaligen Berlin. Die einzelnen Wohnungen brauchten also keine eigenen Heizanlagen. Daher auch der Beiname »Rauchlose Stadt«.
Die Bauten gehören heute der GSW und der Deutschen Wohnen AG. Die GSW hat gemeinsam mit dem Landesdenkmalamt 2004 zum 75. Geburtstag der Siedlung zehn Wegweiser mit vielen Informationen zu den Gebäuden und ihren Architekten aufgestellt. So ist ein Spaziergang durch die Siedlung auch ohne Kiezführer informativ. Die Deutsche Wohnen AG hat eine Infostation mit Café an der Goebelstraße 2 (Ecke Geißlerpfad) eingegerichtet. Sie wird von “Ticket B – Stadtführungen von Architekten“ und ist sonntags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Spezielle Führungen können hier vereinbart werden.
Heilmannring 60
Hier ist auf einer großen refliefartigen Bronzetafel auf einer Betonplatte ein Überblicksplan von Siemensstadt zu sehen. Dahinter steht die Infotafel Nr.10:
“Hans Scharoun Atelier und Wohngehöfte”
Wir werden jetzt nur noch einen kleinen Teil der Siedlung sehen können, aber man kann sie jederzeit anhand der 10 Informationstafeln selbst erkunden.
Goebelstraße 11-113: Langer Jammer
Eines der bekanntesten und größten Bauwerke der Siedlung ist der »Lange Jammer« von Otto Bartning mit seiner monotonen, scheinbar endlos, nämlich 500 Meter langen, gekrümmten Vorderfront. Die Wohnungen mit durchschnittlich 54 m² Fläche sind für die damaligen Verhältnisse großzügig mit Bad, WC und Heizung ausgestattet. Die 1929 bis 1930 gebaute Anlage galt als modern und wegweisend.
Goebelstraße 1-9: Scharoun-Haus
Der expressionistische Bau mit pinkfarbenen den Balkonen und Bullaugen stammt von Hans Scharoun. Im Zweiten Weltkrieg wurde der östliche Abschluss des “Langen Jammers”, den Otto Bartning 1929 gebaut hat, hier am Goebelplatz stark zerstört. Hans Scharoun ließ die Bauruine abreißen und schuf Ende der 50er Jahre dieses Laubenganghaus als neuen Abschluss des “Langen Jammers” – ganz im Stil des Neuen Bauens, und doch als eigenwilligen, auch farblichen neuen Akzent.