Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen
Treffpunkt: U-Bahn-Ausgang Ernst-Reuterplatz an der Hardenbergstraße Ecke Schillerstraße
Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 116. Kiezspaziergang. Gleich zu Beginn werden wir das Renaissance-Theater besuchen, danach zum Steinplatz gehen und von dort über den Savignyplatz zum Breitscheidplatz. Denn ein Highlight in diesem Kudamm-Jubiläumsjahr ist das Sommerfest der AG City bis morgen auf dem Breitscheidplatz. Dazu wurden einige Partnerboulevards eingeladen. Und das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen.
Außerdem ist heute der 50. Jahrestag des Mauerbaues. Charlottenburg und Wilmersdorf hatten zwar keine direkte Berührung mit der Mauer, aber am Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus auf dem Steinplatz erinnern wir an diesem Tag traditionell mit einer Kranzniederlegung an den Mauerbau. Diese Gedenkstätte wollen wir deshalb heute besuchen.
Bevor wir beginnen möchte ich Ihnen den Treffpunkt für den nächsten Kiezspaziergang mitteilen. Es wird der letzte Kiezspaziergang vor der Berliner Wahl sein, und es wird mein letzter Kiezspaziergang sein. Im Oktober wird meine Kollegin, Sozialstadträtin Martina Schmiedhofer, den Kiezspaziergang übernehmen, denn im Oktober werden die jetzigen Bezirksamtsmitglieder noch im Amt sein. Ob die Tradition der Kiezspaziergänge auch vom neuen Bezirksamt weitergeführt wird, das wird der neue Bezirksbürgermeister oder die neue Bezirksbürgermeisterin entscheiden.
Am Sonnabend, dem 10. September, um 14.00 Uhr werde ich also zum letzten Mal einen Kiezspaziergang durchführen. Wir starten auf dem Theodor-Heuss-Platz und werden durch Westend spazieren. Unser Ziel wird das Seifenkistenrennen auf dem Kaiserdamm sein, das an diesem Wochenende von der Interessengemeinschaft der Einzelhändler am Kaiserdamm veranstaltet wird. Sie hat 2006 mit dieser liebenswerten Tradition wieder begonnen, und in diesem Jahr finden hier sogar die 63. Deutsche Meisterschaft und die 13. Europameisterschaft im Seifenkistenrennen statt.
Ernst-Reuter-Platz
Der Ernst-Reuter-Platz ist historisch und modern zugleich. Wohl nirgends sonst in Berlin ist so sehr die Nachkriegszeit präsent wie hier. Schon der Name “Ernst-Reuter-Platz”, und natürlich auch die Straße des 17. Juni erinnern an die Nachkriegszeit und an die 1950er Jahre. Bis 1953 hieß dieser Platz “Am Knie”. Schriftlich ist diese Bezeichnung erstmals auf einem Berliner Stadtplan von 1901 aufgetaucht, aber vermutlich nannte man diesen Platz schon lange vorher so.
Die Hauptverbindung vom Berliner Stadtschloss zum Schloss Charlottenburg über die Charlottenburger Chaussee, heute Straße des 17. Juni, und die Berliner Straße, heute Otto-Suhr-Allee, macht hier einen Knick, bildet also ein Knie. Ein weiteres Knie kam dann durch den Straßenzug Hardenbergstraße – Bismarckstraße hinzu.
Umbenannt wurde der Platz am 1. Oktober 1953, zwei Tage nach dem Tod des ersten Regierenden Bürgermeisters von West-Berlin. Dieser Platz hat sein Gesicht nach dem Zweiten Weltkrieg so radikal verändert wie kaum ein anderer. Nur sehr wenig erinnert noch an die Bebauung vor dem Krieg.
Der Ernst-Reuter-Platz selbst wurde nach Planungen des Architekten Bernhard Hermkes Ende der 50er Jahre angelegt und ist ein typisches Beispiel für die städtebaulichen Vorstellungen von der autogerechten Stadt, wie sie von den 50er bis zu den 70er Jahren vorherrschte. Der Platz wurde mit 180 Metern Durchmesser zum größten Rundplatz Berlins. Zuletzt wurde 1960 die Mittelinsel mit Wasserspielen und Hauptfontäne durch Werner Düttmann gestaltet. Zur Mittelinsel führt ein Fußgängertunnel.
Um den Platz herum entstanden seit 1954 nach dem städtebaulichen Entwurf Bernhard Hermkes innerhalb von 20 Jahren Hochhäuser mit Verwaltungseinrichtungen von Telefunken, Osram, IBM und anderen Firmen und Hochschulgebäude der Technischen Universität, die später auch das Telefunken-Hochhaus bezogen hat. Alle Gebäude stehen unter Denkmalschutz.
Das Haus hier am Ernst-Reuter-Platz Nr.2 wurde 1960/61 von Rolf Gutbrod und Hermann Kiess für IBM erbaut. Heute gibt es hier unter anderem Geschäftsräume der Firma Hochtief.
Das 22stöckige, 80 Meter hohe Haus am Ernst-Reuter-Platz Nr.7 wurde 1958-60 von Paul Schwebes und Hans Schoszberger als erstes Berliner Gebäude mit mehr als 20 Stockwerken gebaut. Bekannt wurde es als Telefunken-Hochhaus bzw. als “Haus der Elektrizität”. Am 25. August 1967 startete in diesem Haus der damalige Vizekanzler Willy Brandt anlässlich der Internationalen Funkausstellung das Farbfernsehen. Später wurde das Haus von der Technischen Universität Berlin übernommen. Inzwischen betreibt sie hier gemeinsam mit der Deutschen Telekom eine Forschungseinrichtung.
Das 9stöckige Bürohaus am Ernst-Reuter-Platz Nr. 8 wurde 1956/57 von Bernhard Hermkes für die Verwaltung der Osram GmbH errichtet. Heute leuchtet der Schriftzug Teles vom Dach. Für die Rasterfassade in den Farben rot und weiß wurden Stahlbetonstützen mit kleinformatigen Travertinplatten verwendet. In dem Gebäude befand sich einst Osrams “Lichtmuseum”, in dem die Entwicklungsgeschichte der elektrischen Glühlampe dokumentiert wurde. Später bezog die Eternit Hauptverwaltung das Gebäude. Seit 2009 hat die Teles Group hier ihren Sitz. Sie wurde 1983 von Prof. Sigram Schindler in enger Cooperation mit der TU Berlin als Teles GmbH gegründet.
Schindler war an der TU bis 1998 Professor für Telekommunikation. 1997 wählte ihn das Manager Magazin zum High-Tech-Manager des Jahres. Die Firma Teles ist heute ein deutscher Konzern, der Infrastruktur-Systeme für Telekommunikationsnetze entwickelt und Internet-Dienste vermarktet. Man könnte sagen: Teles sorgt dafür, dass wir im Internet surfen können. Dazu passt die Firma Gravis, die als Deutschlands größter Apple-Händler seit Anfang 2007 in dem zweistöckigen Nebengebäude ihr Berliner Hauptgeschäft betreibt, den sogenannten Apple-Flagship-Store.
Das Büro- und Geschäftshaus der Firma Pepper daneben am Ernst-Reuter-Platz 9-10 wurde 1963 von Sobotka & Müller gebaut. Darin ist seit 2002 die SRH Hochschule Berlin untergebracht, eine private, staatlich anerkannte Fachhochschule. Hier werden staatlich anerkannte Bachelor-Studiengänge der Fachrichtungen “Wirtschaft – Business Administration” und “Informations- und Kommunikationsmanagement” angeboten, die jeweils nach drei Jahren mit einem Bachelor of Arts (B.A.) abschließen. Der Wirtschaftsstudiengang kann sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache, der Masterstudiengang nur in englischer Sprache studiert werden.
Das Architekturgebäude der Technischen Universität wurde 1963-68 von Bernhard Hermkes gebaut, der dazugehörige Flachbau von Hans Scharoun. Davor wurde 1963 die Skulptur “Flamme” von Bernhard Heiliger aufgestellt. Sie ist dem Andenken Ernst Reuters gewidmet. Das Gebäude wurde von 1991 bis 93 asbestsaniert, und die Fassade wurde vollständig erneuert.
Gegenüber, zwischen Hardenbergstraße und Straße des 17. Juni wurde das Hochhaus für Bergbau und Hüttenwesen der TU-Berlin 1954-59 von Willy Kreuer als 10-geschossiger Rasterbau mit blauer Glasfassade errichtet, mit niedrigen Anbauten daneben. Das Gebäude wurde zum Vorbild für spätere Institutsbauten in Deutschland. Es wurde in den letzten Jahren umfassend und denkmalgerecht saniert. Hinter der Bushaltestelle steht die Skulptur “Kristalline Form – Wachsende Flügel” von Karl Hartung.
Die Technische Universität kam vor rund 130 Jahren nach Charlottenburg. Gemeinsam mit der Universität der Künste hat sie Charlottenburg zur Universitätsstadt gemacht und den heutigen Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf zum bedeutenden Berliner Wissenschaftsstandort