Bezirksbürgermeisterin Monika Thiemen
Treffpunkt: Bahnhof Zoo unter der großen Uhr an der Ecke Hardenbergstraße
Sehr geehrte Damen und Herren!
Herzlich willkommen zu unserem 81. Kiezspaziergang.
In der Wilmersdorfer Straße wird heute von 12.00 bis 19.00 Uhr zum zweiten Mal ein Bankett für Millionen veranstaltet. An einer riesigen Tafel in der Fußgängerzone im Freien gibt es Suppe, und der Erlös kommt Straßenkindern in Lateinamerika zu Gute. Da ich dafür die Schirmherrschaft übernommen habe und gegen 17.00 Uhr ein Grußwort sprechen soll, möchte ich Sie gerne dorthin führen, und wer Lust und Zeit hat, der kann sich dann dort am Bankett für Millionen beteiligen. Jetzt aber möchte ich mit Ihnen unter anderem die S-Bahn-Bögen erkunden und schauen, was es neues gibt in der City West zwischen Kantstraße und Kurfürstendamm.
Zuvor will ich Ihnen aber wie gewohnt mitteilen, wo der nächste Treffpunkt ist. In diesem Jahr feiert das Corbusierhaus an der Flatowallee beim Olympiastadion sein 50jähriges Bestehen. Die Wohnungseigentümergemeinschaft und der Förderverein Corbusierhaus Berlin e.V. haben ein umfangreiches Jubiläumsprogramm zusammengestellt, das gestern begonnen hat und einen Monat dauert. Es gibt dort Ausstellungen, Führungen, Vorträge, Podiumsdiskussionen und ein Fest mit Live-Musik heute Abend von 19.00 bis 22.00 Uhr.
Auch unser Oktoberspaziergang wird sich mit dem Corbusierhaus beschäftigen. Wir wurden von der Eigentümergemeinschaft eingeladen, ihr Haus zu besuchen. Da ich am 11. Oktober zu einer Partnerschaftskonferenz in Odessa sein werde, wird mein Stellvertreter, Baustadtrat Klaus-Dieter Gröhler diesen Kiezspaziergang übernehmen. Treffpunkt wird am Sonnabend, dem 11. Oktober, um 14.00 Uhr am U-Bahnhof Ruhleben sein, und Herr Gröhler wird mit Ihnen über das Olympiagelände zum Corbusierhaus gehen. Ich bin sicher, dass es wieder ein besonders interessanter Kiezspaziergang werden wird.
Bahnhof Zoo
Der Bahnhof Zoo ist ein wichtiges Aushängeschild für Berlin. Viele Menschen gewinnen hier den ersten Eindruck von Berlin und insbesondere von der City-West. Leider ist dieser Eindruck seit vielen Jahren nicht der beste. Aber in diesem Jahr stehen alle Zeichen auf Zukunft. Es tut sich etwas, und in den nächsten Jahren wird sich noch mehr tun.
Der Bahnhof selbst wurde 1878-82 von Ernst Dircksen gebaut und zunächst für den Stadtbahnverkehr, aber bereits nach zwei Jahren 1884 auch für den Fernverkehr geöffnet. Kurz danach wurde der Ausbau des Kurfürstendammes beendet, und schnell wurde der Bahnhof Zoo zu einer Art Hauptbahnhof für die neue City im Berliner Westen. Wenn wir also heute dafür eintreten, dass am Bahnhof Zoo wieder Fernzüge halten, dann hat das nichts mit West-Berlin-Nostalgie zu tun, sondern wir beziehen uns auf eine 122jährige Tradition des Fernbahnhofs Zoo.
Ich bin sicher, dass die Schließung des Fernbahnhofs seit dem 28. Mai 2006 nur eine Episode in dieser langen Geschichte des Bahnhofs bleiben wird.
Nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg wurden 1954-57 die Fernbahnhalle und die niedrigere S-Bahn-Halle verglast und ein terrassenförmiger Restaurantvorbau errichtet. 1985-89 erfolgte eine aufwändige Restaurierung. Während der Teilung der Stadt war die Deutsche Reichsbahn zuständig für den Bahnhof Zoo, und er war lange Zeit der einzige Fernbahnhof und damit wiederum der eigentliche Hauptbahnhof West-Berlins.
Der Bahnhof Zoo wurde durch das Buch von Christiane F., das später verfilmt wurde, auch zum Synonym für die Schattenseiten der Großstadt, für die Drogen- und Obdachlosenszene, aber auch durch das Musical “Linie 1” des Grips-Theaters zum Symbol für die Sehnsüchte vieler Jugendlicher nach den Freiheiten und Entfaltungsmöglichkeiten der Großstadt.
1994 fusionierten die Deutsche Reichsbahn und die Deutsche Bundesbahn zur Deutschen Bahn AG, die 1995 den Servicebetrieb neu ordnete und damit auch den Bahnhof Zoo im Inneren völlig umgestaltete. Gegen den Widerstand von Künstlern und Intellektuellen aus dem Ost- und Westteil der Stadt wurde dabei auch die legendäre Heinrich-Heine-Buchhandlung geschlossen.
Der Bahnhof Zoo ist der bedeutendste Bahnhof in der westlichen City und der größte Nahverkehrsknotenpunkt Berlins. Hier treffen Fern-, S- und U-Bahn und viele Buslinien zusammen. Es gibt durchschnittlich je 200 an- und abfahrende Regional-Züge, 600 Halte der S-Bahnen und mehr als 100.000 Reisende insgesamt. Dazu kamen bis zum 28. Mai 2006 rund 20.000 Fernreisende täglich.
Hardenbergplatz
Der Hardenbergplatz wurde 1887 benannt wie die Hardenbergstraße nach dem preußischen Staatskanzler Karl August, Freiherr, Graf, Fürst von Hardenberg (1750-1822).
Der Platz wurde zur 750-Jahr-Feier Berlins1987 umgestaltet und mit so genannten Torhäuschen bebaut, in denen ein BVG-Schalter und Verkaufsstellen untergebracht sind. Für eine damals geplante Tiefgarage hat sich kein Finanzier gefunden.
Zoofenster
Das so genannte Zoofenster gegenüber dem Bahnhof war 12 Jahre lang eine Baulücke und hat lange dafür gesorgt, dass Berlin-Besucher nicht gerade den besten Eindruck von der Stadt bekommen, wenn sie hier aussteigen.
In den letzten vier Jahren hatten wir durch eine Vereinbarung mit der Firma Megaposter immerhin eine ansprechende optische Verkleidung bekommen, die durch Werbung finanziert wurde. Vor mehr als zwölf Jahren wurde hier gegen die Auffassung des Bezirks ein Hochhausbau durch den Getränkekonzern Brau und Brunnen geplant, ursprünglich nach Plänen des britischen Architekten Richard Rogers, abgelöst von einem Entwurf des Frankfurter Architekten Christoph Mäckler. 1995 wurden die alten Gebäude abgerissen, mit Ausnahme des damaligen Teppich-Kibek-Hauses, wegen dessen Beschädigung es zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kam. Der erste Spatenstich folgte 1999, und dann passierte fast 10 Jahre lang nichts außer hin und wieder einem Eigentümerwechsel.
Immer wieder wurde der Bau eines Luxushotels angekündigt, aber viele Pläne zerschlugen sich wieder, weil vorgesehene Betreiber wie Hilton absprangen. Im November 2007 erwarb ein Investor aus Dubai das Grundstück, und Anfang Juli dieses Jahres war Baubeginn.
Schimmelpfeng-Haus
Das Schimmelpfeng-Haus hinter dem Zoofenster wurde 1957-60 von Gustav Sobotka und Franz Heinrich Müller gebaut. Es schließt die Kantstraße wie ein Riegel gegenüber der Gedächtniskirche ab. Das Geschäftshaus hat 9 Etagen. Gemäß den Planungen der Eigentümer, der Frankfurter Casia Immobilien-Management GmbH, wurde 2004 der Abriss zugunsten eines 120 Meter hohen Hochhausbaues mit 33 Geschossen unter dem Namen FOCUS beschlossen. Die bisherige Überbauung der Kantstraße soll aufgegeben und die Sichtachse zum Breitscheidplatz wieder freigelegt werden. Allerdings wurde die Hochhausplanung kritisiert, unter anderem wegen einer möglichen Verschattung der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Inzwischen setzten sich Denkmalschützer für den Erhalt des Schimmelpfeng-Hauses ein. Der Bau sei von hoher Qualität und vereine wichtige Traditionen wie den Bauhaus-Stil und den Rationalismus.
Hutmacher Haus / DOB-Hochaus
Das Hochhaus gegenüber dem Bahnhofsgebäude auf der anderen Seite des Hardenbergplatzes entstand 1955-57 nach Plänen der Architekten Paul Schwebes und Hans Schoszberger mit Büro- und Ausstellungsflächen für die Damenoberbekleidungsindustrie (DOB). Das Haus ist Teil des so genannten Zentrums am Zoo oder Zoobogens, der den Zoologischen Garten als südliche Randbebauung abschließt. Dazu gehören der Zoo-Palast das Bikini-Haus gegenüber der Gedächtniskirche.
Aussichtsrad
Im August 2006 kaufte die Great Berlin Wheel GmbH für 13 Mio EUR das Wirtschaftshof-Gelände des Zoologischen Gartens, um darauf das größte Aussichtsrad der Welt zu errichten. Am 14.12.2006 wurde das bis dahin konkurrierende Riesenrad-Projekt der Anschutz Entertainment Group in Friedrichshain-Kreuzberg abgesagt. Das Aussichtsrad am Zoo soll mit 185 Metern doppelt so hoch wie das Europa-Center werden. Das Rad soll einen Durchmesser von 175 Metern haben und 36 Gondeln für je 40 Personen tragen. Eine 35-Minuten-Runde soll voraussichtlich 11.- EUR kosten. Zu dem Projekt gehört auch ein vierstöckiges Parkhaus. Insgesamt sind für den Bau 120 Mio EUR veranschlagt. Mit rund 2 Mio Besuchern jährlich wird gerechnet, das entspricht rund 20.000 täglich.
Das Aussichtsrad-Gelände liegt wie der Zoologische Garten auf einem Gebiet des Bezirks Mitte im Ortsteil Tiergarten, das unmittelbar an den Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf angrenzt.
Deshalb wurde das Bebauungplanverfahren von beiden Bezirken gemeinsam betrieben. Im Juli 2007 billigte der Senat das Verkehrskonzept, wonach die Mehrzahl der Besucher mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen soll. Am 22.10.2007 wurde vom Bezirksamt Mitte die Baugenehmigung erteilt. Am 3.12.2007 war der erste Spatenstich mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, Zoodirektor Dr. Bernhard Blaszkiewitz und Great-Berlin-Wheel-GmbH-Geschäftsführer Michael Waiser. Die Eröffnung ist für den Herbst 2009 geplant. Von dem Touristenmagnet erwarten wir neue belebende Impulse für die City West – und vielleicht in der Folge auch wieder die Öffnung des Fernbahnhofs Zoo.