204. Kiezspaziergang am 8.12.18 mit Bezirksbürgermeister Naumann

Vom Joachimsthaler Platz bis zum Bikini-Haus

Treffpunkt: Joachimsthaler Platz
Länge : ca. 600 m

Herzlich willkommen zu unserem 204. Kiezspaziergang, der uns durch das Herz der City-West führt. Wir gehen über den Ku’damm zur Gedenkhalle der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, wo uns Pfarrer Germer empfangen wird, und von dort aus über den Weihnachtsmarkt zum Mahnmal für die Opfer des Attentats vom 19.12.2016. Der fulminante Abschluss unseres heutigen Spaziergangs wird eine Führung durch das Bikini-Haus sein.

Doch bevor wir beginnen, möchte ich Ihnen Zeit- und Treffpunkt des Januarspaziergangs mitteilen, den meine Bezirksamtskollegin Heike Schmitt-Schmelz mit Ihnen gehen wird, da ich zu Gesprächen in unsere Partnergemeinde Lewisham reisen werde. Er beginnt am Samstag, den 12.1.2019, um 14 Uhr am U-Bahnhof Blissestraße, an der südwestlichen Ecke Berliner / Blissestraße. Von dort geht es über die Mannheimer Straße 27, wo Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg vor 100 Jahren verhaftet wurden, über die Wilhelmsaue zur Auenkirche, wo Sie Pfarrerin Westerhoff empfangen wird.

Joachimsthaler Platz

Station 1: Joachimsthaler Platz

Station 1.1: Joachimsthaler Platz

Der Joachimsthaler Platz ist ein Denkmal-Ensemble und wurde 1936 nach dem ehemaligen Joachimsthalschen Gymnasium benannt, das von 1880 bis 1912 in der Bundesallee 1-12 residierte. Es wurde 1607 in dem im Barnim liegenden Joachimsthal 1607 als Fürstenschule für begabte Jungen gegründet.

Der Joachimsthaler Platz wurde gleichzeitig mit dem Bau des Allianz-Verwaltungsgebäudes 1953 bis 1955 von den Architekten Werner Klenke, Werner Düttmann und Bruno Grimmek mit Verkehrskanzel, Telefonzellen, Kiosk und U-Bahn-Zugang angelegt. Damals wurde auch noch ein Parkplatz eingerichtet, wie es der Idee der autogerechten Stadt entsprach. Die Verkehrskanzel sollte an die berühmte Ampel am Potsdamer Platz von 1925 erinnern, die dort als Replik wieder errichtet ist. Sie wurde aber nur von 1955 bis 1959 genutzt: Jeden Morgen stieg ein Verkehrspolizist in die Kanzel und bediente die Ampeln der Kreuzung. Wegen der starken Verkehrszunahme war die Verkehrsregelung nach 1959 von Hand nicht mehr möglich.

2000/01 wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ein Wettbewerb zur Neugestaltung des Platzes ausgeschrieben. 2002 wurde der Platz nach den Plänen des Zürcher Landschaftsarchitekten Guido Hager umgestaltet. Dabei fiel der Parkplatz weg, stattdessen wurde eine Freifläche mit Bodenplatten und einem Raster aus farbigen Kunststoffstreifen geschaffen. Am 19.12.2003 wurde die 27 m hohe Skulptur Pendelobelisk von Karl Schlamminger eingeweiht. Der Obelisk befindet sich auf einer Kugel mit 3 m Durchmesser. Der Pendelobelisk lässt sich mit vereinten Kräften in Bewegung versetzen. Der 1935 in Deutschland geborene Künstler Karl Schlamminger hat in Istanbul und Teheran gelehrt. Seit 1979 lebt er in München. Skulpturen von Schlamminger gibt es weltweit in vielen Städten, darunter in Athen, Lissabon, London, Teheran, Riad, Salt Lake City, Leipzig und München. Der Pendelobelisk stellt nach Auskunft des Künstlers einen Widerspruch in sich dar,

denn [ich zitiere] seitdem Obelisken in den Himmel blicken, sind sie starr und unbewegt. Ein Pendel hingegen ist nach seiner Bewegung definiert.

Die Skulptur wurde dem Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf von dem Bauunternehmer Thomas Grothe gestiftet. Er und sein Vater Hans Grothe sind Bauherren einiger Großprojekte in der City-West, darunter das neue Ku’damm-Eck und das Sofitel an der Ecke Augsburger Straße.

Am heutigen Standort des Allianz-Hochhauses befand sich bis 1937 die legendäre Kakadu-Bar. Um 1919 oder kurz zuvor gegründet, wurde sie in der Weimarer Republik ein bedeutender Treffpunkt von Künstlern, Stars und Wirtschaftsführern, aber auch von Prostituierten und ihrer Klientel. 1928 wurde die Bar umgebaut. Regie führten die Architekten Oskar Kaufmann und Richard Wolffenstein, die künstlerische Gestaltung übernahm Max Ackermann. Nach dem Umbau hatte die Kakadu-Bar mehr als 400 m² und angeblich den längsten Tresen Berlins. Ihren guten Ruf konnte sie lange kultivieren, aber es gab auch Beschwerden. So beklagt sich ein Nachbar über den Lärm [ich zitiere] durch die Jazzkapelle unter Schreien und Johlen betrunkener Gäste verursachten Radau, der bis 3 Uhr nachts, mitunter auch länger andauert.

1938 wurde an dieser Stelle die Konditorei Thier angesiedelt, die wegen erster Arbeiten für die neue Hauptstadt „Germania“ aus Tiergarten wegziehen musste. 1943 wurde das Gebäude beschlagnahmt und in eine Unterkunft für den Reichsarbeitsdienst umfunktioniert. Bomben zerstörten es später so stark, dass es abgerissen wurde.

An seiner Stelle entstand von 1953 bis 1955 das von den Architekten Alfred Gunzenhauser und Paul Schwebes geplante Ensemble für den Allianz-Versicherungskonzern. Es besteht aus einem 14-geschossigem Hochhaus und einem 6-geschossigen Gebäude, das in einen etwas höheren, schmalen Kopfbau am Kurfürstendamm mündet, und wenn Sie sich die großen Fenster am Ende dieses Kopfbaus betrachten, dann werden Sie feststellen, dass die Verkehrskanzel sich architektonisch darauf bezieht.

Station 1.2: Kudamm-Eck

Da, wo heute das Kudamm-Eck steht, betrieb der Kaufmann Max Loewinsohn in einem Wohnhaus der Gründerzeit von 1913 an sein Modehaus Maison Paris. Im Dachgeschoss mit Dachterrasse wohnte Fritz Grünfeld mit seiner Frau und den drei Kindern. Grünfeld gab 1928 Otto Firle den Auftrag, das Haus zu einer Filiale des Wäschehauses Grünfeld umzubauen, einem der renommiertesten Kaufhäuser Berlins in den 20er-Jahren. Während man im Stammhaus in der Leipziger Straße auf Tradition setzte, wurde hier am Kurfürstendamm die Moderne inszeniert, mit einer gläsernen Schaufensterfront und einem gläsernen Fahrstuhl, beides damals absolute Neuheiten. Hier kaufte die Prominenz aus Film, Theater, Kunst und Mode und ausländische Touristen. Die “Grünfeld-Ecke” wurde schnell zum Begriff in Berlin.

Fritz Grünfeld hat in seinen Erinnerungen beschrieben, wie er das Problem löste, als er im Jahr der Olympiade 1936 aufgefordert wurde, das Haus zu beflaggen [ich zitiere]:

Ein unbeflaggtes Haus an dieser prominenten Ecke hätte das ‘Anderssein’ des jüdischen Unternehmens zu deutlich gemacht. Andererseits konnten wir auch nicht die Hakenkreuzfahne hissen. So kam ich auf den Gedanken, die ganze attraktive Fassade mit Wimpeln wie bei einer Regatta ausschmücken zu lassen – und zwar abwechselnd in den zwei Farben ‘Wäsche-Weiß’ und ‘Grünfeld-Blau’. Das waren auch die Farben der zionistischen Bewegung. Sehr festlich wirkte der Anblick auf die Besucher der Olympiade zu Berlin.

Im Jahr darauf, 1937, wurde das 75-jährige Firmenjubiläum in großem Rahmen begangen. Unmittelbar nach diesem Erfolgs-Jubiläum begann die Hetzkampagne der Nazis gegen die Firma. Das Personal wurde unter Druck gesetzt, Grünfeld zu verlassen. Die Presse druckte keine Anzeigen mehr, Lieferanten boykottierten das Unternehmen und die Banken sperrten die Kredite. Die Firma war nicht mehr zu halten. Die Grünfelds mussten einen Käufer suchen. Walther Kühl, Inhaber der Berliner Einzelhandelsfirma Max Kühl, kaufte das Unternehmen weit unter Wert, ein klarer Fall von „Arisierung“! Und selbst dieser Verkaufserlös wurde der Familie Grünfeld von den deutschen Behörden wieder abgenommen, bevor sie – gerade noch rechtzeitig – nach Palästina auswandern konnte. Am 15. Oktober 1938 meldete Die Textil-Zeitung: “Grünfeld in arischem Besitz!” Das Haus Grünfeld wurde zunächst von Kühl weitergeführt, im Krieg beschlagnahmt und als Heereskleiderkasse zur Lagerung und Ausgabe von Uniformen benutzt. In den letzten Kriegstagen im April 1945 wurde das Gebäude von SS-Leuten angezündet, wahrscheinlich um zu verhindern, dass der Feind in den Besitz der Uniformen gelangte. Max Kühl führte das Wäschekaufhaus in der Nachkriegszeit am Kurfürstendamm / Ecke Fasanenstraße weiter. Die Ruine des Wäschehauses Grünfeld wurde noch bis in die 1960er-Jahre als dreistöckiger Behelfsbau genutzt und dann abgerissen.

1969 bis 1972 errichtete der Senatsbaudirektor Werner Düttmann das Kudamm-Eck. Es wurde schon bald nach seiner Fertigstellung als „überdimensionierter Schandfleck“ empfunden. In dem verwinkelten Gebäude konnte sich kein Nutzer auf Dauer erfolgreich behaupten, und viele wünschten sich schon in den 80er-Jahren einen möglichst baldigen Abriss. Dazu kam es schließlich 1998. In den folgenden drei Jahren bis 2001 bauten die Architekten Gerkan, Mark und Partner (gmp) das heutige runde Kudamm-Eck. Entstanden ist ein 10-geschossiges, 45 m hohes Geschäftshaus mit einer 70 m² großen elektronischen Werbewand. Oben an der Fassade wurde ein Skulpturenensemble von Markus Lüpertz aufgestellt: Das Urteil des Paris. Die drei Göttinnen sind an der Ecke Kurfürstendamm zu erkennen. Paris hält sich etwas im Hintergrund an der Einmündung der Augsburger Straße in die Joachimsthaler. Falls Sie sich nicht mehr genau an diese Episode aus der griechischen Mythologie erinnern: Alle Götter waren zur Hochzeit des Peleus und der Thetis eingeladen, außer Eris, die Göttin der Zwietracht. Natürlich rächte sie sich, indem sie Zwietracht säte. Sie warf einen goldenen Apfel mit der Aufschrift „Für die Schönste“ unter die Hochzeitsgesellschaft. So kam es zum Streit zwischen Aphrodite, Pallas Athene und Hera. Daher stammt übrigens der Ausdruck “Zankapfel”. Der kluge Zeus wusste, dass mit einer Entscheidung in dieser Frage nichts zu gewinnen war. Er forderte den jungen Paris, den Sohn des trojanischen Königs Priamos auf, den Schiedsrichter zu spielen. Jede der Göttinnen versuchte, ihn zu bestechen. Hera versprach ihm die Herrschaft über die Welt, Athene Weisheit und Aphrodite die Liebe der schönsten Frau der Welt. Paris entschied sich für Aphrodite. Die schönste Frau der Welt war allerdings Helena, und sie war bereits mit Menelaos, dem König von Sparta, verheiratet. Der Raub der Helena zur Erfüllung des Versprechens der Aphrodite war schließlich der Auslöser des Trojanischen Krieges.

Station 1.3: Neues Kranzler Eck

Unter der Bezeichnung Neues Kranzler Eck errichtete von 1998 bis 2000 der Architekt Helmut Jahn auf dem 20.000 Quadratmeter großen sogenannten Victoria-Arial einen neuen Baukomplex. Hauptgebäude ist ein 16-geschossiger, 60 Meter hoher verglaster Baukörper mit einer Passage von der Kantstraße zum Kurfürstendamm. Den markanten Blickfang bildet eine spitz zulaufende 54 m hohe Kante mit der Lichtinstallation Lichtburg von Yann Kersalé.

Am 27. Dezember 2000 erfolgte die Wiedereröffnung des Café Kranzler unter altem Namen, ausschließlich im Bereich der Rotunde tagsüber als Café, abends als Bar. Ende 2015 wurde es allerdings wieder geschlossen. Ein Jahr später wurde das neue Café Kranzler wiedereröffnet und wird nun als Filiale der Berliner Kaffeerösterei The Barn betrieben. Da das Gebäude nach wie vor unter Denkmalschutz steht, hat sich äußerlich kaum etwas verändert. Die Innenräume wurden jedoch komplett erneuert.

Kurfürstendamm 237 vor H&M

Station 2: Kurfürstendamm 237 / vor H&M

Station 2.1: Kurfürstendamm / Geschichte

Der Kurfürstendamm ist 3,5 km lang. Das Gelände hier war früher sehr sumpfig, durch diesen Sumpf führte der direkte Weg vom Berliner Stadtschloss zum Jagdschloss Grunewald. Deshalb veranlasste Kurfürst Joachim II. Hektor die Anlage eines Knüppeldamms. Der Weg ist erstmals auf einer Karte von 1685 eingezeichnet. Der Name “Churfürstendamm” ist auf Karten seit 1767 überliefert. Die erste Idee zum Ausbau eines Teilstückes des kurfürstlichen Reitweges zu einer 30 m breiten Prachtstraße stammte 1870 von dem Städtegründer und -planer Johann Anton Wilhelm von Carstenn-Lichterfelde.

Auf Initiative Bismarcks wurde am 2.6.1875 per Kabinettsorder die Anlage des Boulevards nach dem Vorbild der Pariser Champs Élysées beschlossen und die Straßenbreite auf 53 m festgelegt: 2×7,50 m Vorgarten, 2×4 m Bürgersteig, 2×10 m Fahrbahn, 5 m Reitweg und 5 m Mittelpromenade. Bis heute ist es bei der Straßenbreite von 53 m geblieben, die sich heute etwas anders aufteilen, nämlich in 2×13 m Gehweg, 2×9 m Fahrbahn und 9 m Mittelstreifen. Seit 1883 erfolgte dann der Ausbau zum Boulevard durch die Kurfürstendamm-Gesellschaft, die dafür vom Fiskus ein 234 ha großes Gelände im Grunewald erhielt und dort die Villenkolonie Grunewald errichtete. Mit der Eröffnung der Dampfstraßenbahn vom Bahnhof Zoo nach Grunewald am 5.5.1886 beginnt die Geschichte des Kurfürstendammes als Boulevard und damit die Geschichte der City West.

Station 2.2: Kurfürstendamm 234

Wir sind gerade an dem Modegeschäft and other stories vorbeigegangen. In dem Haus befand sich früher das legendäre Café Schilling. Es wurde von 1900 bis 1901 im Auftrag von Elise Giese von den Architekten Zaar und Vahl gebaut. 1975 übernahm der Feinkostproduzent Heinz Pfennig das Café und machte daraus ein Café Möhring. 1993 musste es schließen und den Platz für die Modekette H& M freimachen, die inzwischen, wie wir sehen, ein paar Häuser weiter gezogen ist. Die Originaldecken und -wände sind in dem Laden noch gut zu sehen.

Station 2.3: Kurfürstendamm 236

Zwei Häuser weiter steht das Marmorhaus. Der Name kommt von der 22 m hohen Fassade aus weißem schlesischem Marmor. Das Marmorhaus wurde 1912/13 als Geschäftshaus mit Lichtspieltheater erbaut. Künstlerischer Bauleiter war Hugó Pál, Architekten waren Scheibner und Eisenberg. Die expressionistischen Wand- und Deckenmalereien im Foyer und Zuschauerraum waren von César Klein, der auch den Entwurf für die farbige Glasdecke im Foyer gestaltete. Sie bestand aus Blätter- und Fächermotiven. Das Walmdach war ursprünglich verglast.

Das Kino mit einem Balkon wurde im Frühjahr 1913 mit der Premiere des Films Das goldene Bett von Walter Schmidthässler eröffnet und 1919 war Welturaufführung von Das Kabinett des Dr. Caligari.

Nach dem Ersten Weltkrieg änderte sich der architektonische Geschmack, so dass es 1927 von Franz Schroedter und 1928 von Gustav Neustein umgebaut wurde. Die Formen wurden sachlicher und einfacher. Während des Zweiten Weltkrieges lief der Kinobetrieb weiter. Noch am 22. Januar 1945 fand hier die Premiere des Filmes Solistin Anna statt. 1948/49 setzte Günter Heidecke das nur wenig beschädigte Kino wieder instand und bei der Renovierung im Jahre 1950 wurde der Eingangsbereich neu gestaltet. In den 50er-Jahren löste der Zoo-Palast das Marmorhaus als Premierenkino ab. Ab 1972 wurden Schachtelkinos eingebaut, zwei im 3. Obergeschoss und eines im Keller. Architekt war Wolfgang Rasper. Nun hatte das Haus vier Kinosäle mit insgesamt 960 Plätzen. In den 1980er-Jahren erwarb sich das Haus einen legendären Ruf durch die regelmäßig stattfindenden Langen Filmnächte. Zum Preis von einem konnte man die ganze Nacht durch hintereinander Filme schauen. Bei der Renovierung 1997 wurden die Schachtelkinos wieder entfernt. Doch drei Jahre später wurde das Marmorhaus leider endgültig geschlossen.

In den unteren Etagen befindet sich nun eine Filiale der Modekette Zara, einer Marke der spanischen Firma Inditex, die mit mehr als 6000 Filialen in über 80 Ländern zu einem der größten Textilunternehmen der Welt gehört. Gestern wurde bekannt, dass Zara diese Filiale aufgeben wird. Stattdessen wird eine Filiale der japanischen Lifestyle-Kette MUJI hier einziehen.

Station 2.4: Kurfürstendamm 12-13

1894 bis 1896 wurde das von dem Architekten Franz Schwechten entworfene Romanische Haus gebaut. Es stand neben der Baustelle schräg gegenüber. 1924 bis 1925 planten die beiden Architekten Ernst Lessing und Max Bremer dann den Gloria-Palast im Romanischen Haus. Die romanische Fassade des Gebäudes stand bereits unter Denkmalschutz und musste erhalten bleiben. Deshalb wurde das Gebäude nicht neu errichtet, sondern das vorhandene entkernt und komplett umgebaut, wobei auch der Innenhof überbaut wurde. Im ersten bis dritten Geschoss über dem Café Trump entstand das Kino. Es hatte sieben Treppenhäuser und drei Aufzüge. Es gab einen verspiegelten Wintergarten, Konversations- und Schreibzimmer, Wandelgänge mit Garderoben und Buffets, Kristalllüster, Marmorstufen, seidenbespannte Wände etc. Der Kinosaal selbst hatte einen nahezu quadratischen Grundriss und bot Platz für 1200 Zuschauer und Zuschauerinnen. Der Gloria-Palast wurde 1926 eröffnet. Am 1. April wurde der Blaue Engel mit Marlene Dietrich uraufgeführt.

Bei den Bombenangriffen auf Charlottenburg im November 1943 wurde das Kino zerstört. 1953 wurde neben dem alten Grundstück auf dem Grundstück des heutigen Kurfürstendamm 12-13 ein neuer Gloria-Palast errichtet. Architekten des fünfgeschossigen Stahlbetonskelettbau waren Siegfried Fehr und Gerhard Jäckel. Hier fand einige Jahre lang auch die Berlinale statt. Im Jahr 1971 wurde der Saal umgebaut. Ein Jahr später kam ein kleiner Saal, die Gloriette, im Untergeschoss hinzu. Im Jahr 1986 wurden beide Säle im Zuge des Neubaus der Gloria-Passage komplett neu gebaut. Am 15. August 1998 wurde auch dieses Kino geschlossen.

Von dem ehemaligen Kino waren zuletzt leider nur noch das unter Denkmalschutz stehende und restaurierte Foyer mit dem Kassenhäuschen und der Wendeltreppe sowie die ebenfalls denkmalgeschützte Leuchtreklame an der Fassade erhalten. 2006 wurde das Haus für 85 Mio. € an einen privaten Investor verkauft, der dort Einzelhandel und Gastronomie unterbrachte. 2015/2016 legte der neue Eigentümer ein Gutachten mit dem Ergebnis vor, dass die Fassade der 1950er-Jahre nicht mehr standfest sei, und stellte daraufhin einen Antrag auf (Teil-)Abriss und Um- bzw. Neubau. Dieser wurde Anfang 2017 mit der Begründung bewilligt, dass die „denkmalbestimmende Substanz“ des Kinos bei der notwendigen Sanierung nicht erhalten werden könne. Nun entstehen hier zwei fünfgeschossige Büro- und Geschäftshäuser mit dem Namen Gloria Berlin. Die Pläne wurden von dem Architekturbüro Ortner & Ortner erarbeitet. Die unteren Etagen sind für Geschäfte vorgesehen, in die oberen, ab dem dritten Obergeschoss, sollen Büros einziehen. Das Dach wird begrünt und zugänglich sein. Der Gründerzeitbau links davon, ein Beispiel für einen der Prachtbauten am Kudamm, wird nach den Planungen von Petra und Paul Kahlfeldt denkmalgerecht saniert. Insgesamt sind Investitionen von € 100 Mio. vorgesehen. Die Fertigstellung ist für 2020 geplant.

Station 2.5: Upper West

Das Upper West wurde von dem Architekten Christoph Langhof entworfen. Es ist 119 Meter hoch und hat 33 Stockwerke. Die ersten Pläne für das Hochhaus hatte Langhof bereits 1994 entwickelt. Nach dem Abriss des Querriegels Schimmelpfeng-Haus im Februar 2013 konnte mit dem Bau begonnen werden. 2017 war das Hochhaus dann fertig. Es besteht aus einem sogenannten Riegelgebäude mit einer Höhe von 34 m und zwei parallelen, aber nicht symmetrischen Türmen. Durch die Krümmung der Fassaden sind verschiedene Grundrisse und gebogene Fenster möglich, die eine große Variation ermöglichen. In der zehnten Etage gibt es eine Terrasse. Die Gesamtnutzfläche beträgt 53.000 m². In den unteren Etagen ist Einzelhandel eingezogen. Die 19 Stockwerke darüber werden von der Hotelkette Motel One mit 582 Zimmern belegt. Darüber sind dann Büros untergebracht. Im 33. Stock gibt es die Sky-Bar One Lounge.

Station 2.6: Zoofenster

Dahinter sehen Sie das Luxushotel Waldorf-Astoria. Es ist 118 m hoch und hat auf 32 Etagen 232 Zimmer und Suiten, einen Ballsaal und das Restaurant Roca. Dank einem im Badezimmerspiegel eingebauten Bildschirm kann man dort sogar beim Zähneputzen fernsehen oder im Internet surfen oder unsere Kiezspaziergänge nachlesen können. Der Panoramablick, den man vom oberen verglasten Turmbereich hat, ist Namensgeber für den Namen ZOOFENSTER. Entworfen wurde das Hochhaus von dem Frankfurter Architekten Christoph Mäckler.

Wir gehen nun vor bis zur nächsten Ampel. Nach Überquerung der Straße wenden wir uns nach rechts und dann nach links und treffen uns in der Gedächtniskirche wieder.

Gedenkhalle der Gedaechtniskirche

Station 3: Gedenkhalle der Gedächtniskirche

Die Gedenkhalle der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche befindet sich unter dem neoromanischen Turm der alten, im Krieg zerstörten Gedächtniskirche. Die Gedächtniskirche wurde von dem Kölner Architekten Franz Schwechten, der auch den Gloria-Palast geplant hatte, entworfen. Es gibt zahlreiche Zitate, die auf die romanischen Kirchen in Köln verweisen. Beim Bau nahm das Kaiserpaar Wilhelm II. und Auguste Viktoria des Öfteren Einfluss, obwohl die Krone sich kaum an den Kosten beteiligte. Der Grundstein wurde am 22.3.1891 gelegt, dem Geburtstag des Namensgebers Wilhelm I. Am 1.9.1895, dem Vorabend des damaligen Sedantages zur Erinnerung an den deutschen Sieg im deutsch-französischen Krieg von 1870/71, wurde die Kirche eingeweiht.

Auch der Bildzyklus auf den Reliefs von Adolf Brütt zeigt neben der Darstellung einiger Szenen aus dem Leben Wilhelm I. Szenen aus den Befreiungskriegen und dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71. Die fünf Glocken im Turm der alten Gedächtniskirche stammten aus erbeuteten, eingeschmolzenen Bronzegeschützen aus demselben Krieg.

Ihr Läuten waren so beeindruckend, dass bei einer Festveranstaltung die Wölfe des Zoologischen Gartens unruhig wurden und heulten, wie Fedor von Zoblitz in seiner Chronik der Gesellschaft unter dem letzten Kaiserreich (1922) beschreibt [ich zitiere]:

Lang hallendes Geheul, das Kläffen der Köter und das heisere Bellen der Wölfe mischte sich in den Friedengruß der Glocken und akkompagnierte den Jubel des Publikums. Das aber stand nicht auf dem Programm. Ein Polizeioffizier zu Pferde jagte wie rasend nach dem Zoologischen Garten; ein paar Wachtmeister stürmten hinein, um den heulenden Bestien kraft ihres Amtes und ihrer Autorität das Singen zu verbieten – aber die rebellischen Tiere hatten wenig Respekt vor den blauen Uniformen: sie heulten, kläfften und bellten unentwegt weiter.

Anfang 1943 wurden vier der Glocken abgenommen und für Kriegszwecke eingeschmolzen. Lediglich die kleinste Glocke verblieb der Gemeinde. Bei der Zerstörung der Kirche im November 1943 wurde diese Glocke schwer beschädigt und 1949 an die Glockengießerei Schilling in Apolda/Thüringen geliefert, wo sie einst gegossen worden war.

Zur 750-Jahr-Feier Berlins, 1987, wurde die ehemalige Eingangshalle zu einem Raum zum Gedenken an die Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg umgestaltet. Eines der zentralen Exponate ist hier das Nagelkreuz von Coventry als Zeichen der Versöhnung. Die Wehrmacht flog am 14.11.1940 Luftangriffe auf die englische Stadt Coventry, die dabei stark zerstört wurde. 550 Menschen kamen dabei ums Leben. Dieser Angriff wurde unter dem Namen Mondscheinsonate geflogen. Die Mondscheinsonate ist eines der schönsten Stücke von Beethoven: Was für ein Zynismus der Militärs! Die St.-Michael’s Kathedrale in Coventry wurde bei dem Angriff völlig zerstört. Der damalige Dompropst Richard Howard ließ bei den Aufräumarbeiten drei große Zimmermannsnägel aus dem Dachstuhl der zerstörten Kathedrale zu einem Kreuz zusammensetzen. Er ließ außerdem aus zwei verkohlten Holzbalken ein großes Kreuz zusammensetzen. Während das Holzkreuz in der Ruine der alten Kathedrale blieb, steht das originale Nagelkreuz heute auf dem Altar der benachbarten, 1962 geweihten neuen Kathedrale. Es gilt als Zeichen der Versöhnung und des Friedens. Der Gedanke einer Gemeinschaft von Nagelkreuzzentren wurde von Bill Williams, Dompropst in Coventry von 1958 bis 1981, entwickelt. Weltweit haben sich daraus bisher über 200 ökumenische Glaubensgemeinschaften als Nagelkreuzgemeinschaft gebildet. Als äußeres Zeichen der Verbundenheit erhält jedes Nagelkreuzzentrum ein Kreuz aus drei Nägeln von Coventry, das dem originalen Kreuz nachgebildet ist. Die Grundsätze der Gemeinschaft sind: Heilen der Wunden aus der Geschichte, mit Unterschieden leben lernen und Aufbau einer Friedenskultur.

Dies ist nun der Augenblick, an dem ich Pfarrer Germer das Mikrofon übergeben möchte.

Vielen Dank, Herr Pfarrer!

Wenn Sie wollen, können Sie nach dem Kiezspaziergang und einem Besuch des Weihnachtsmarktes noch in die neue Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche gehen. Dort singt heute Abend um 18 Uhr der Bach-Chor.

Bevor wir nun die Gedenkhalle der Gedächtniskirche verlassen, möchte ich daran erinnern, dass am Montag vor 70 Jahren die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Palais de Chaillot in Paris verkündet wurde. Mit Übersetzungen in mehr als 460 Sprachen ist sie einer der meistübersetzten Texte der Welt.

Die Menschenrechtserklärung besteht aus 30 Artikeln. Schon die Präambel erklärt als grundsätzliche Absicht „Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt“ und den Glauben an die grundlegenden Menschenrechte. Diese sind in 30 Artikeln geregelt. Der wichtigste ist sicher Artikel 1, der beginnt mit Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Artikel 2 verbietet jegliche Diskriminierung aufgrund von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand. In Artikel 3 wird das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person festgeschrieben und in weiteren wird Sklaverei, Menschenhandel und Folter verboten.

Diese Erklärung ist heutzutage wichtiger denn je, denn nun sind wieder Männer an der Macht, die nicht nur heimlich, sondern ganz offen diese Freiheiten und Rechte für alle ablehnen, ob sie nun Orbán, Bolsonaro oder Erdoǧan heißen.

Gedenkstätte für die Opfer des Terroranschlags am 19.12.2016

Station 4: Breitscheidplatz / Gedenkstätte für die Opfer des Terroranschlags am 19.12.2016

Vor zwei Jahren, am 19. Dezember, raste Anis Amri mit einem gestohlenen LKW hier in den Weihnachtsmarkt. 12 Menschen starben, zahlreiche Menschen wurden verletzt. Es war der schwerste islamistische Terroranschlag in Deutschland. Den Opfern zu Ehren und wurde ein Gedenkort errichtet. In einem Wettbewerb zur Gestaltung des Mahnmals wurde das Designerbüro Merz-Merz ausgewählt. Der Gedenkorte besteht aus einem mit einer Llegierung aus Bronze mit Goldstaub ausgegossenen Riss. Er ist 14 m lang und soll an die Wunde erinnern, die der Anschlag hinterlassen hat. Zugleich steht das Güldene für Heilung. Zudem wurden die Namen der Toten auf die Vorderseite der Stufen der Treppe zur Gedächtniskirche gemeißelt. Hier der Wortlaut:

Zur Erinnerung an die Opfer des Terroranschlags am 19. Dezember 2016. Für ein friedliches Miteinander aller Menschen. In dieser Nacht starben: Anna und Georgiy Bagratuni, Sebastian Berlin, Nada Cizmar, Dalia Elyakim, Christoph Herrlich, Klaus Jacob, Angelika Klösters, Dorit Krebs, Fabrizia Lorenzo, Łukas Urban und Peter Völker.

Wir wollen uns nicht durch Terror und Hass spalten lassen, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller bei seiner Rede. Am 19.12. wird es um 10 Uhr eine stille Kranzniederlegung geben und am Abend versammeln wir uns um 18 Uhr zu einer Andacht in der Gedächtniskirche.

Nun gehen wir zu unserer letzten Station, dem Bikini-Haus, und zwar gehen nach links zur nächsten Ampel und überqueren die Budapester Straße. Wir gehen dann nach rechts und treffen uns wieder am östlichen Eingang des Bikini Hauses, und zwar drinnen. Neben den Rolltreppen sind 4 Tische aufgebaut, wo jeder von Ihnen sich ein Headset ausborgen kann, das Sie für die Führung durch das Haus brauchen werden.

Bikini-haus

Station 5: Bikini-Haus

An der Stelle des Bikinihauses standen früher die Capitol-Lichtspiele am Zoo. Der Gebäudekomplex war in den 1920er-Jahren von dem Architekten Hans Poelzig im Stil der Neuen Sachlichkeit gebaut worden. Bei den Luftangriffen im November 1943 wurde das Ensemble zerstört.

Das Bikinihaus ist Teil eines Bauensembles, das früher Zentrum am Zoo hieß. Es wurde von 1955 bis 1957 nach den Plänen von Paul Schwebes und Hans Schoszberger errichtet. Es besteht aus dem Hochhaus am Hardenbergplatz (auch Huthmacher-Haus oder DOB-Haus genannt), dem Zoo-Palast, dem Kleinen Hochhaus, der Parkgarage am Zoo und dem Bikini-Haus.

Der Name des Hauses stammt aus seiner Entstehungszeit. Er bezieht sich auf die ursprüngliche Nutzung als Produktionsstätte der Damen-Oberbekleidung, die in den Wiederaufbaujahren zu den wichtigsten Industriezweigen in West-Berlin gehörte. Zudem leitet sich der Spitzname vom Luftgeschoss ab, das die Verkaufsetagen (EG bis 1. OG) von den Produktionsstätten (3. bis 5. OG) trennte und dem Gebäude so, einem Bikini ähnlich, eine zweiteilige Struktur gab. Finanziert wurde der gesamte Baukomplex durch Mittel aus dem Marshall-Plan und durch den Investor Jacques Rosenstein. Das zweite, offene Bikini-Geschoss wurde um 1978 geschlossen. Dort war dann siebzehn Jahre lang die Kunsthalle Berlin untergebracht.

Das Bikinihaus firmiert heute als Bikini Berlin, und alles dazu wird Ihnen nun in einer einstündigen Führung durch das Haus erklärt. Dafür danken wir ganz herzlich der Geschäftsführerin von Bikini Berlin, Frau Antje Leinemann, die zusammen mit ihrem Team dieses Schmankerl für Sie organisiert hat.

Ehe ich mich nun von Ihnen verabschiede, da die Führungen individuell verlaufen werden, möchte ich noch einmal Zeit- und Treffpunkt des nächsten Kiezspaziergangs mit meiner Bezirksamtskollegin Heike Schmitt-Schmelz nennen. Treffpunkt ist am Samstag, den 12. Januar, um 14 Uhr am U-Bahnhof Blissestraße, und zwar an der südwestlichen Ecke Berliner / Blissestraße. Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Neue Jahr und hoffe, dass wir uns beim Februarspaziergang gesund und munter wiedersehen. Noch einmal ganz herzlichen Dank an das Team von Frau Leinemann. Tschüss und alles Gute!