Mit dem “Rheinischen Viertel” entstand in Berlin vor dem Ersten Weltkrieg die größte einheitliche Mietshausbebauung. Die Terraingesellschaft (Berlinische Bodengesellschaft unter Haberland) legte Bebauungsplanung und Gestaltung des Großteils der Häuser in die Hand eines Architekten: Paul Jatzow. Jatzow hatte die auf Rendite bedachten Vorstellungen des Bauträgers in ein ansprechendes Gesamtbild zu übersetzen. Den Charakter der Straßen gestaltete er einhheitlich, die einzelnen Details vielansichtig und mannigfaltig. Außer an den Ecken, an die er Kopfbauten setzte, wurde der Raum zwischen den Hausfronten bis auf 44 m verbreitert. Dies war durch die Änderung der Baupolizeiordnung von 1887 und die Aufhebung der Bauwiche möglich geworden. Vor den Häusern liegen nicht die üblichen eingezäunten Vorgärten,sondern zehn Meter tiefe, leicht ansteigende Grünflächen, die sogenannten Gartenterrassen.
Jatzow versuchte, Stilelemente des englischen Landhausbaus auf die vier- bis fünfgeschossige Wohnbebauung zu übertragen. Fachwerk, vielgestaltige Dachformen, verschieferte Erker, Rosenspaliere und Sprossenfenster zielten auf die Interpretation des Landhauses ab. Durch die Verwendung typischer Materialien wie Biberschwanzziegel und dunkelgelb eingefärbten Putz wurde dieser Eindruck verstärkt. Der Krieg unterbrach die Entwicklung des Stadtteils, vielfach sind die durch die Seitenflügel gebildeten Höfe offen geblieben. Den Mittelpunkt des Viertels bildet der Rüdesheimer Platz, an dessen Eingang Carl Cauer 1911 eine monumentale Brunnenanlage schuf. Etwas abgesenkt lagen ein weites Rosenfeld, eine Spielfläche und für die Älteren ein Bereich zur Erholung. Trotz einer Größe von 17000 qm und sechs einmündenden Straßen ist der Platz aufgrund der maßstäblichen Randbebauung in seiner Geschlossenheit erfahrbar.
Vgl. auch den Artikel von M. Roeder zur Spessartstraße im Kiezer Weblog vom Klausenerplatz