Diese Stolpersteine wurden am 23.10.2019 verlegt und von Roland Pachali gespendet.
Stolpersteine Sächsische Straße 10-11
Bild: Auszug aus dem Polizeiverhör vom 24. August 1942 Bundesarchiv, NJ 1642
Tatsächlich – so zeigen es ihre Einlassungen während des Prozesses – hatte sie Herbert Baum und seine Frau Marianne 1940 während der Zwangsarbeit kennengelernt und sich privat mit ihnen befreundet. Sie wurde mehrfach von den Baums eingeladen und traf dort auch mit antifaschistisch engagierten Menschen zusammen. Sie selbst scheint aber weitgehend unpolitisch gewesen zu sein. Aufgrund ihrer Schwangerschaft, der Geburt des Sohnes Uri und ihrer Versetzung in eine andere Abteilung bei Siemens-Schuckert war der Kontakt zu den Baums mehr oder weniger verloren gegangen.
Obwohl sie nach eigenem Bekunden „nicht so für Gewaltsachen“ war, verurteilte der Volksgerichtshof Edith Fraenkel am 10. Dezember 1942 zu fünf Jahren Zuchthaus wegen „Nichtanzeige eines Vorhabens des Hochverrats“. (Versuchter Brandanschlag am 18. Mai 1942 von Mitgliedern der Gruppen um Herbert Baum auf die antisowjetische Propaganda-Ausstellung „Das Sowjetparadies“ im Berliner Lustgarten). Zwei Tage nach ihrer Verurteilung wurde sie für wenige Tage ins Frauengefängnis Barnimstraße verlegt und am 8.1.1943 in das Frauenzuchthaus Cottbus eingeliefert.
Am 12. Oktober 43 wurde Edith Fraenkel an die Gestapo übergeben, da die Justiz seit dem 1. Juli desJahres für Juden nicht mehr zuständig war. Sie wurde in das als „Sammellager“ missbrauchte jüdische Altersheim in der Großen Hamburger Straße in Berlin verbracht. Von dort wurde Edith Frankel am 15. Oktober 1943 mit dem sogenannten „97. Alterstransport“ nach Theresienstadt deportiert und am 16. Oktober 1944 weiter nach Auschwitz verschleppt. Dort wurde sie ermordet. Ihr genaues Todesdatum ist unbekannt.
Ediths Vater Leo Fraenkel war nach der Scheidung von Ediths Mutter Olga mit seiner neuen Partnerin Käte im Oktober 1940 in die USA geflohen. Ihre Mutter Olga Fraenkel wurde am 14. Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Orte in Berlin, an denen an Edith Fraenkel namentlich erinnert wird:
Gedenkstein für die Herbert-Baum-Gruppen auf dem Jüdischen Friedhof in Weissensee seit 1951
Gedenkstein für die Herbert-Baum-Gruppen im Berliner Lustgarten seit 1981. Ort des Brandanschlags im Jahr 1942 auf die nationalsozialistische Propaganda-Ausstellung „Das Sowjetparadies“.
Gedenkstein für die bekannten ehemaligen jüdischen SchülerInnen der 1. Rudolf Steiner Schule Berlin auf dem Schulgelände der Rudolf Steiner Schule Berlin- Dahlem seit 2015.
Biographische Zusammenstellung: Roland Pachali, basierend auf: Regina Scheer: „ Im Schatten der Sterne“, Aufbau-Verlag 2004, ISBN 3-351-02581-5,
ergänzt durch Stolperstein-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf
Das Video von Mathilde Mélois über die Stolpersteinverlegung finden Sie unter: https://youtu.be/DM8qf0AoqPk
Bild: Landesarchiv Bauakte des Hauses
Um ihren und den Lebensunterhalt ihrer Tochter zu sichern, führte Olga Fraenkel in ihrer Wohnung einen entgeltlichen Mittagstisch für ältere jüdische Damen. Mit den Jahren verschlechterte sich die Versorgungslage insbesondere für Juden deutlich. Harry Cühn, der spätere Verlobte ihrer Tochter Edith, konnte jedoch bei der Beschaffung von Lebensmitteln behilflich sein. Aus seiner Erinnerung beschrieb er Olga Fraenkel sehr viel später als „klein, mit dunklem lockigen Schopf, jüdisch aussehend und recht laut“.
Der Mittagstisch für die täglich 8-10 Tischdamen konnte bis in die ersten Kriegsjahre aufrechterhalten werden. Zu den Tischgästen zählte jahrelang auch Doris Tucholsky, Mutter des 1935 verstorbenen Kurt Tucholsky.
Im März 1942 musste Olga Fraenkel mit ihrer Tochter die Wohnung in der Sächsischen Straße verlassen. Beide wurden zwangsweise in ein sog. „Judenhaus“ in der Pfalzburger Straße 86 eingewiesen.
Nachdem Edith am 8. Juli 1942 verhaftet worden war, hat Olga Fraenkel ihre Tochter am 8.Oktober 1942 noch ein letztes Mal im Gerichtsgefängnis in der Kantstraße sehen dürfen. Am 14. Dezember 1942 wurde Olga Fraenkel deportiert – mit dem sogenannten „25. Osttransport“ nach Auschwitz. Ihr Todesdatum ist unbekannt.
Biographische Zusammenstellung: Roland Pachali
Anl.: Vortrag von Frau Schuster über Olga Fraenkel