In Litzmannstadt wurde ihr in der Alexanderhofstr. 9, in der Unterkunft 7a (direkt an der Ghettomauer in der Nähe des Gestapogefängnisses) ein Platz in einer 60 m² großen Wohnung zugewiesen, in welcher bereits zahlreiche andere Juden (überwiegend aus Polen) einquartiert waren.
Ein Zeitzeuge aus Mönchengladbach berichtete:
bq. Man schlief mit 80 Personen in einem Raum, wie die Sardinen zusammengepfercht auf dem Boden liegend in Kleidern …
Zu Friedas Überraschung wurde ihr jüngerer lediger Bruder Karl Heinrich, der in Köln lebte, mit dem IV. Transport aus dem Rheinland, der am 30. Oktober 1941 von Köln abging, ebenfalls nach Lodz deportiert. Der Judenrat in Lodz wies ihm einen Platz in derselben Unterkunft Alexanderhof 9/7a zu.
Nach sechsmonatigem Ghetto-Aufenthalt, der von Hunger und Krankheit bestimmt war, fiel Frieda Raphaelson unter die sogenannte „Aussiedlungsaktion“. Dafür hatte der Ältestenrat der Juden die Deportation zu organisieren und die betroffenen Personen auszuwählen. Anfang Mai wurde Frieda bekannt gegeben, dass sie am 8. Mai 1942 mit weiteren 1000 Ghetto-Juden mit unbekanntem Ziel „ausgesiedelt“ werde. Frieda hatte sich mit den anderen Leidensgenossen jeweils mit 15 kg Gepäck zum Bahnhof Radogoszcz (Radegast) am nördlichen Rand des Ghettos zur Verladung zu begeben. Sie hat sich vermutlich noch von ihrem Bruder Karl Heinrich verabschieden können, der wenig später – am 29. Juni 1942 – im Ghettohospital Lodz – angeblich – an Darmkatarrh verstarb.
Für ihn liegt ein Stolperstein in Köln.
Am Morgen des 9. Mai 1942 wurden jeweils ca. 60 Personen mit Peitschenhieben in einen geschlossen Kastenwagen, ähnlich einem Möbelwagen, getrieben. Nachdem die Türen an dem LKW-Kasten geschlossen waren, leitete man mit einem Schlauch die LKW-Abgase in das dunkle Innere. Nach ca. 10 Minuten waren die armen Opfer erstickt. Der LKW fuhr langsam in ein ca. 4 km entferntes sogenanntes „Waldlager“ bei Chelmno / Kulmhof, wo bereits Massengräber ausgehoben waren. Die Toten wurden von einem jüdischen Sonderkommando, das häufig ausgetauscht und anschließend ebenfalls getötet wurde, verscharrt.
So muss das Ende von Frieda Raphaelson gewesen sein.
Der Französische Regisseur und Produzent Claude Lanzmann hat nach langen Recherchen 1985 in einem 10 stündigen Dokumentarfilm Zeitzeugen aus Kulmhof befragt und die Aussagen dokumentiert.
Recherche und Text: Armin Schuster