Stolpersteine Katharinenstraße 20

Hauseingang Katharinenstraße 20

Diese Stolpersteine wurden am 10.05.2019 verlegt.

Stolperstein Salomon Feldmann

HIER WOHNTE
SALOMON FELDMANN
JG. 1894
FLUCHT 1935 DÄNEMARK
VON GESTAPO
VERHAFTET 1943
SACHSENHAUSEN
1944 THERESIENSTADT
BEFREIT 15.4.1945
„AKTION WEISSE BUSSE“

Salomon Feldmann wurde am 20.Januar 1894 in Janow bei Brestlitovsk geboren.
In den Wirren nach dem ersten Weltkrieg und der Revolution in Russland kam er im Jahr 1918 nach Berlin.
Er arbeitete in einer Seifenfabrik, wurde als Seifenmeister ausgebildet und leitete später die Firma.
1925 lernte er Clara Birgeniok, geb am 14.Mai 1904 in Thegine, Moldawien, kennen und heiratete sie zwei Jahre später.

Durch geschäftliche und private Verbindungen konnte die Familie 1935, als die Nationalsozialisten begannen, das Leben und Arbeiten für Juden in Deutschland fast unmöglich zu machen, nach Dänemark emigrieren. Sie galten als Staatenlose und mussten ihr Hab und Gut, auch die Seifenfabrik weit unter Wert verkaufen.
In Kopenhagen gelang es Salomon, ein neues Leben aufzubauen und schließlich auch das Geschäft erfolgreich zu etablieren.

Doch als Anfang April 1940 Dänemark von der deutschen Wehrmacht besetzt wurde, begannen auch dort bald Restriktionen und Bedrängnisse. 1943 sollten 7000 dänische Juden nach Deutschland deportiert werden, aber es gelang, die meisten von ihnen mit Fischerbooten nach Schweden zu bringen. Viele von denen, die es nicht mehr nach Schweden schafften, wurden von Dorfbewohnern entlang der Küste in ihren Häusern versteckt. Etwa 80 von ihnen, darunter auch Salomon und Klara Feldmann, konnten sich auf dem Dachboden der Gillelejes Kirche verbergen, bis sie doch denunziert wurden. Von der Gestapo verhaftet, aller Besitz konfisziert und alle Wertgegenstände abgenommen , brachte man sie erst in das dänische Polizeigefängnis Horserod, dann nach Sachsenhausen und über das Sammellager Große Hamburger Straße in Berlin Mitte in das Konzentrationslager Ravensbrück. Das Ehepaar Feldmann musste dort unter schlimmsten Bedingungen Zwangsarbeit leisten. Später, 1944, deportierte sie der Zug nach Theresienstadt. Dort mussten sie vom 29. Januar 1944 bis 13. April 1945 – wie alle Inhaftierten – elendig leben.
Am 15. April 1945, wenige Wochen vor Ende des Krieges, konnte das schwedische Rote Kreuz für 15000 skandinavische Häftlinge in den Konzentrationslagern Hilfe organisieren. Vor der Aktion gab es Gespräche zwischen den NS Verantwortlichen und dem schwedischen Grafen Bernadotte mit dem Ziel, die über 400 skandinavischen Juden aus dem KZ Theresienstadt mit weiß gestrichenen Bussen ausreisen zu lassen. Salomon Feldmann musste noch das Durchgangslager Strennäss bei Stockholm durchlaufen, bevor er und seine Frau nach Dänemark entlassen wurden. Dort konnten sie sich noch zum dritten Mal ein neues Leben aufbauen.

Stolperstein Klara Feldmann

HIER WOHNTE
KLARA FELDMANN
GEB. BIRGENIOK
JG. 1904
FLUCHT 1935 DÄNEMARK
VON GESTAPO
VERHAFTET 1943
RAVENSBRÜCK
1944 THERESIENSTADT
BEFREIT 15.4.1945
„AKTION WEISSE BUSSE“

Klara Feldmann geborene Birgeniok wurde am 14. Mai 1904 in Thegine, Moldawien geboren.
Sie kam nach dem Ende des Ersten Weltkrieges nach Berlin, lernte dort 1925 den Seifenmeister Salomon Feldmann kennen und beide heirateten im Jahre 1927. Klara hatte ein gut gehendes russisches Restaurant in Berlin etabliert. Als es für Juden nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland mit der Ausübung des Berufes und auch der privaten Existenz immer schwieriger wurde, floh das Ehepaar nach Dänemark und baute sich dort ein neues Leben auf. Doch mit der Besetzung Dänemarks durch die deutsche Wehrmacht, kamen sie auch dort nicht zur Ruhe.
Klara wurde im Jahr 1943 mit ihrem Mann über Sachsenhausen, Ravensbrück – das Frauen- Konzentrationslager vor den Toren Berlins -, verschleppt.
Im Jahr 1944 wurden sie von dort nach Theresienstadt deportiert und musste dort unter schlimmsten Bedingungen ihr Leben fristen.
Erst kurz vor Ende des Krieges, im April 1945 konnte sie mit anderen skandinavischen Juden durch die Aktion „Weiße Busse“ des schwedischen Roten Kreuzes und durch die Vermittlung des Grafen Bernadotte wieder nach Skandinavien gebracht und gerettet werden. Das nächste Durchgangslager, dass das Ehepaar durchlaufen musste, war Strengnäss bei Stockholm, von wo sie dann wieder in die Städte zurückkehren konnten, von wo sie verschleppt worden waren.

Theresienstadt Essensbezugsscheine neu

Sie hatten keine leiblichen Kinder, aber adoptierten den Waisen Marek Leon, geboren 1936 in Piotrokow Tribunalski, der mit seinen Eltern die Schrecken der Konzentrationslager durchlief. Er wurde als vier Jahre älter ausgegeben, damit er arbeitsfähig galt und nicht gleich mit seiner Mutter auf dem „Umschlagplatz“ für den Tod aussortiert wurde. Er musste mit seinem Vater in verschiedenen Lagern Zwangsarbeit leisten und verlor seinen Vater Samuel Fajner in Dachau durch Krankheit. Man deportierte ihn nach Bergen Belsen, wo er am 15.April 1945 die Befreiung durch die Briten erlebte. Als „Displaced Person“, Personen, die keinen Ort hatten, wo sie nach der Befreiung hätten hingehen können, wurde er mit anderen Kindern nach Südschweden geschickt. Dort traf das Ehepaar Feldmann auf ihn und er wurde adoptiert.
Das Ehepaar lebte hernach mit dem wie sie leidgeprüften Kind Motek und Enkelkindern in Dänemark, Salomon starb 1973, Klara 1979.

Quellen: private Informationen des Enkels Viktor Feldmann, Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten Berlin, Zusammenstellung Stolpersteininitiative Charlottenburg-Wilmersdorf

Stolperstein Dr. Arthur Hans Selberg

HIER WOHNTE
DR. ARTHUR HANS
SELBERG
JG. 1899
DEPORTIERT 29.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Hans Arthur Selberg

Hans Selberg wurde am 24. November 1899 in Offenbach am Main als Sohn des Kaufmanns Willy Selberg geboren. Nach dem Umzug nach München besuchte Hans Selberg vom Schuljahr 1910/11 bis 1912/13 das Maximiliansgymnasium und anschließend vom Schuljahr 1913/14 bis 1916/17 das Realgymnasium in München. Am 1. August 1917 wurde er zum Heeresdienst in das 1. Bayerische Feldartillerie-Regiment eingezogen und nahm 1918 an den Kämpfen an der Westfront beim 8. Aktiven Bayerischen Feldartillerie-Regiment teil. Nach Ende des Ersten Weltkriegs besuchte Hans Selberg vom 15. Januar 1919 bis 15. Juli 1919 den Kriegsteilnehmer-Sonderkurs des Neuen Realgymnasiums in München und verließ dieses am 15. Juli 1919 mit dem Reifezeugnis.

Anschließend studierte er ab dem Wintersemester 1919/20 bis zum Sommersemester 1924 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München Chemie und legte am dortigen Laboratorium für angewandte Chemie am 23. Februar 1922 das anorganische und am 15. Januar 1924 das organische Verbandexamen ab. Danach arbeitete Hans Selberg von Januar bis Dezember 1924 an seiner Doktorarbeit, deren Titel lautete: „Über Diaminotriphenylmethan“. In seinem Lebenslauf teilt Selberg mit, dass die Doktorarbeit auf Veranlassung eines Dr. H. Weil in München entstand und in dessen Laboratorium ausgeführt wurde.

Nach Fertigstellung der Doktorarbeit stellte Hans Selberg am 10. Februar 1925 einen Antrag an die Philosophische Fakultät der Universität Gießen auf Zulassung zur Promotion. Als Hauptfach für das Promotionsverfahren wählte er Chemie, als Nebenfächer Physikalische Chemie und Physik. Referent des Promotionsverfahrens war der Gießener ordentliche Professor für Chemie, Karl Josef Elbs. Die mündliche Prüfung bestand Selberg am 28. Februar 1925 mit der Note „Gut“. Nach Ablieferung der erforderlichen Pflichtexemplare der Dissertation erhielt Hans Selberg am 16. Juli 1925 das Doktordiplom ausgestellt.

Hans Arthur Selberg fand bei der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft Arbeit als Privatangestellter im Institut für Chemie. Bald nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933, als das Gesetz zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ erlassen wurde, verloren alle Juden im öffentlichen und Staatsdienst- so auch Hans Selberg seine Anstellung dort. Er wurde zur Zwangsarbeit verpflichtet im Lampenwerk Ehrich und Graetz in Treptow.
Aus dieser Zeit gibt es einen Zahlungsnachweis der Firma.

Er und seine Frau Margot Selberg mussten die Katharinenstraße verlassen und zwangsweise umziehen in die Wernerstr. 7 in Wannsee. Über das Sammellager in der Großen Hamburger Straße wurden sie mit dem 27. Osttransport nach Auschwitz gebracht und dort ermordet.

(Informationen zu Hans Selberg: die Angaben aus der Promotionsakte der Universität Gießen)

Stolperstein Margot Selberg

HIER WOHNTE
MARGOT SELBERG
GEB. WRESCHNER
JG.1905
DEPORTIERT 29.1.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET 10.2.1943

Margot Selberg wurde am 8.4. 1905 in Berlin geboren. Ihre Eltern waren Leo Wreschner und Margarete Wreschner geb. Josephson. Sie hatte noch einen Bruder Alfred Wrescher, der am 15. Juli 1901 geboren wurde.
Die Familie wohnte in der Potsdamer Str. 63, von 1925 bis 1931 war Margot mit ihrem Vater in der Schillerstr.104 gemeldet.

Bis 1933 war sie als Sekretärin bei der Kaiser-Wilhelm- Gesellschaft im Institut für Biochemie tätig.
Sie heiratete am 9. August 1930 Hans-Arthur Selberg und bekam danach laut einer Notiz zur Gehaltsliste nur noch die Hälfte des Verheiratetenwohnungsgeldes.
Mit ihrem Mann Arthur Selberg wohnte sie für kurze Zeit in der Joachim-Friedrich- Str. 49, auch ihr Vater Leo lebte dort.
Später zog das Ehepaar in die Katharinenstr. 20. Auch Margot wurde aus dem Dienst entlassen, obwohl der Abteilungsleiter „Tabakforschung“ dies noch mit einem Empfehlungsschreiben für sie und zwei andere Angestellte verhindern wollte. Dort heißt es: „Zu Gunsten von Frau Dr. Selberg führe ich an, dass sie durch ihre Arbeit ihre in bedrängten Verhältnissen lebenden Eltern zu unterstützen hat. Der unermüdliche Fleiß, die bewährte Tüchtigkeit und ungewöhnliche Arbeitswilligkeit der Damen, die seit ihrer Anstellung täglich eine fast 10stündige Dienstzeit innegehalten haben, dürfte der Generalverwaltung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft bekannt sein.“
Diese Fürsprache verhinderte die Entlassung nicht.

Ob das Ehepaar aus finanziellen oder anderen Gründen die Katharinenstraße verlassen mussten, ist nicht bekannt.
Sie mussten zwangsweise in die Wernerstr.7 umziehen und zur Untermiete bei der Familie Belgard wohnen, wo Margot auch als nicht berufstätig galt.

Am 29.1.1943 wurden sie mit dem 27. Osttransport nach Auschwitz deportiert, dort wurde sie am 10.2. ermordet.

Informationen aus dem Archiv der Max –Planck-Gesellschaft, zusammengetragen von G. Göke)