Stolpersteine Witzlebenstraße 2

Hausansicht Witzlebenstraße 2

Diese Stolpersteine wurden am 22.02.2019 verlegt.

Stolperstein Betty Bibo

HIER WOHNTE
BETTY BIBO
GEB. LANDSBERG
JG. 1867
DEPORTIERT 2.9.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 8.3.1943

Der Stolperstein für Betty Bibo wurde vom Künstler Gunter Demnig verlegt und von Ulrich und Ursula Deppendorf gespendet.

Betty Bibo kam am 14. September 1867 in Breslau als Tochter von Julius Landsberg und seiner Frau Sophie geb. Fränkl zur Welt.

1891 heiratete sie in Glogau einen Herrn Bibo, über den bisher nichts Gesichertes herausgefunden werden konnte. Die Todesfallanzeige des Ghettos Theresienstadt für Betty Bibo verzeichnet sie als Witwe und Mutter eines Kindes. Möglicherweise war dieses Kind ein Sohn, Günter Bibo, der am 28. März 1892 in Glogau geboren wurde. Er war ein bekannter Librettist, von dem die Texte zu mehreren erfolgreichen Opern und Operetten stammten – vor allem aber die vermutlich erste Hörspieladaption des Schatz im Silbersee-Stoffes. Er wird auch als Autor des Jugendhörspiels “Wie Old Shatterhand und Winnetou Freunde wurden”, genannt. Günter Bibo ist nach dem 20. Mai 1944 im KZ Auschwitz verschollen.

Wann genau Betty Bibo in die Witzlebenstraße 2 zog, ist nicht bekannt. In der Volkszählung vom 17. Mai 1939 war sie an dieser Adresse mit einer eigenen Wohnung gemeldet. Von hier aus wurde sie am 2. September 1942 mit dem sogenannten „55. Alterstransport“ mit 99 weiteren Berliner Jüdinnen und Juden nach Theresienstadt deportiert. Sie war 75 Jahre alt und wurde folglich als „nicht arbeitsfähig“ eingestuft.

Todesfallanzeige Betty Bibo

Betty Bibo kam am 8. März 1943 in Theresienstadt um. Die Todesfallanzeige nennt als Todesursachen: „Alterssschwäche und Senilität“. Man weiß aber, dass mit solchen Diagnosen das Versterben der Inhaftierten durch Hunger, Kälte und unsägliche hygienische Umstände verschleiert wurde.

Recherche und Text: Ursula Deppendorf, ergänzt von Stolperstein-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf

Stolperstein Anna Zuckermann

HIER WOHNTE
ANNA ZUCKERMANN
GEB. RAWAK
JG. 1874
DEPORTIERT 28.3.1942
PIASKI
ERMORDET

Der Stolperstein für Anna Zuckermann wurde vom Künstler Gunter Demnig im Beisein von HausbewohnerInnen u. a. TeilnehmerInnen verlegt und von Familie Jürgen und Beate Simmer gespendet.

Anna Zuckermann wurde am 3. Dezember 1874 als Tochter von Theodor David Tobias Rawak (auch Rawack) und seiner Frau Jettel geb. Brie in Rawitsch in der damaligen preußischen Provinz Posen geboren. Sie hatte sieben Geschwister, Max, Bruno, Elise, Gertrud, Ludwig, Julie und Betty.

Leider ist nur wenig von ihrem Leben bekannt. Wann die Familie Rawak nach Berlin kam, ist unbekannt. Man kann vermuten, dass dies in den 1920er Jahren war, nachdem infolge des Versailler Vertrages der polnische Staat am 8. November 1918 als „Zweite Polnische Republik“ wieder hergestellt wurde. Viele der damaligen jüdischen Bewohner, die sich als Preußen fühlten, unter dem zunehmenden Antisemitismus litten und nicht polnische Staatsbürger werden wollten, emigrierten damals in den Westen.

Ebenfalls nicht bekannt ist das Datum der Eheschließung von Anna Rawak mit Max Zuckermann, welche Berufe sie hatten und wo sie als Ehepaar wohnten. Sicher ist aber, dass Anna Zuckermann spätestens ab Anfang 1939 in der Witzlebenstraße 2 mit ihrer Schwester Betty, verheiratete Krohner, zusammenwohnte.

Anna Zuckermann wurde – wie ihre Schwester – am 28. März 1942 mit dem sog. „XI. Osttransport“ zusammen mit weiteren 972 jüdischen Berlinern und Berlinerinnen in das Ghetto Piaski deportiert und trotz ihrer 67 Jahre als „arbeitsfähig“ eingestuft. Wann genau und unter welchen Umständen sie dort ums Leben kam, ist nicht überliefert.

Recherche und Text: Beate Simmer – ergänzt von Stolperstein-Initiative Charlottenburg—Wilmersdorf
Quellen: www.geni.com, Gedenkbuch des Bundesarchivs, Deportationslisten Berlin, Berliner Gedenkbuch der FU

Stolperstein Betty Krohner

HIER WOHNTE
BETTY KROHNER
GEB. RAWAK
JG. 1879
DEPORTIERT 28.3.1942
PIASKI
ERMORDET

Der Stolperstein für Betty Krohner wurde vom Künstler Gunter Demnig im Beisein von Hausbewohnern u. a. Teilnehmern verlegt und von Dr. W. Behm gespendet.

Betty Krohner wurde am 11. April 1879 als Tochter von Theodor David Rawak (andere Schreibweise Rawack) und seiner Frau Jettel geborene Brie in Rawitsch in der damaligen preußischen Provinz Posen geboren. Sie hatte sieben Geschwister: Max, Bruno, Elise, Gertrud, Ludwig, Julie und Anna.

Von ihrem Leben ist leider nur wenig bekannt. Wann die Familie Rawak nach Berlin kam, ist unbekannt. Man kann vermuten, dass dies in den 1920er Jahren war, nachdem infolge des Versailler Vertrages der polnische Staat am 8. November 1918 als „Zweite Polnische Republik“ wieder hergestellt wurde. Viele der damaligen jüdischen Bewohner, die sich als Preußen fühlten, litten unter dem zunehmenden Antisemitismus. Deshalb, und weil sie nicht polnische Staatsbürger werden wollten, emigrierten sie damals in den Westen.

Das Datum ihrer Eheschließung mit Sally Krohner ist unbekannt. Sicher ist aber, dass das Ehepaar zwei Söhne hatte: Fritz und Theodor. Wo die Familie zusammenlebte, welche Berufe der Vater und die Söhne hatten und welches Schicksal sie erleiden mussten, ist ebenfalls nicht überliefert.

Sicher ist, dass Betty Krohner spätestens ab Anfang 1939 in der Witzlebenstraße 2 mit ihrer Schwester Anna, verheiratete Zuckermann, zusammenwohnte. Beide wurden am 28. März 1942 mit dem sog. „XI. Osttransport“ zusammen mit weiteren 971 jüdischen Berlinern und Berlinerinnen in das Ghetto Piaski deportiert. Betty Krohner wurde – trotz ihrer fast 63 Jahre – als „arbeitsfähig“ eingestuft – und laut Informationen im Berliner Gedenkbuch der FU möglicherweise noch im Oktober 1942 mit 4000 weiteren Ghetto-BewohnerInnen in das SS-Ausbildungs- und Zwangsarbeitslager Trawniki weiterverschleppt. Andere Quellen sagen aber, dass nur die Männer aus Piaski nach Trawniki gebracht wurden, während das Schicksal der Frauen und Kinder unbekannt sei.

Wann und wo genau – und unter welchen Umständen – Betty Krohner ums Leben kam, ist nicht überliefert.

Recherche und Text: Dr. W. Behm
ergänzt von Stolperstein-Initiative Charlottenburg—Wilmersdorf
Quellen: www.geni.com, Gedenkbuch des Bundesarchivs, Deportationslisten Berlin, Berliner Gedenkbuch der FU

Stolperstein Frieda Warschauer

HIER WOHNTE
FRIEDA WARSCHAUER
GEB. MEININGER
JG. 1883
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
30.9.1942

Frada Warschauer Sterbeurkunde

Der Stolperstein für Frieda Warschauer wurde vom Künstler Gunter Demnig im Beisein von HausbewohnerInnen u. a. TeilnehmerInnen verlegt und von Familie Braun gespendet.

Frieda Warschauer wurde am 4. Juli 1883 in Göttingen als Tochter von Regine und Mendel Meininger geboren. Sie hatte drei Brüder, Oskar Max, Harry und Kurt sowie fünf Schwestern: Bella Sommerfeld, Elly Lipper, Grete Oppenheimer, Else Katz und Selma Stern.

Frieda Meininger heiratete 1910 Josef Warschauer (geb. am 5.Januar 1878 in Berlin), der nach einer kaufmännischen Lehre im Berliner Büro der „Internationalen Handels-Auskunftei R.G.Dun & Co. New York“ als „Redakteur“ arbeitete. Josef Warschauer wurde von Juli 1915 bis März 1916 in den „Heeresdienst“ eingezogen und arbeitete danach in unter-schiedlichen Firmen, zuletzt im „Jüdischen Centralverein“ bis dieser am 9. November 1938 „aufgelöst“ wurde. Danach fand er keine Arbeitsstelle mehr und hatte also keinerlei Einkommen.

Der gemeinsame Sohn Ernst Warschauer (geb. am 5. März 1911 in der Feuerbachstraße in Steglitz, wo die Familie damals wohnte) heiratete Leonie Grundmann (geb. 10.Dezember 1917 in Offenbach) und wohnte mit ihr in Steglitz. Er wurde am 12. November 1938, als er mit seiner Frau bei seinen Schwiegereltern in Vlotho zu Besuch war, verhaftet und in das KZ Buchenwald in Thüringen verschleppt, wo er am 19. Dezember 1938 im Alter von 27 Jahren ums Leben kam. Seine Frau Leonie kam im April 1942 im Alter von 24 Jahren im Ghetto Warschau um.
Beim Erhalt der Nachricht vom Tod ihres Sohnes Ernst erlitt Frieda Warschauer einen Schlaganfall, von dem sie sich nicht wieder erholte und schwer nervenkrank wurde.

Auch Frieda Warschauers jüngerer Bruder Kurt Meininger, (geb. am 15. Januar 1894) war am 12. November 1938 verhaftet und bis zum 19. Dezember im KZ Buchenwald inhaftiert gewesen. Ob er von dort freikam, ist nicht bekannt. Er wurde aber am 31. März 1942 von Hannover aus mit einem Transport, der am 26. März 1942 aus Gelsenkirchen über Münster abgegangen war, in das Ghetto Warschau deportiert und dort im Alter von 47 Jahren ermordet. Das genaue Todesdatum ist nicht bekannt.

Die ältere Schwester Else Katz, geb. am 2. September 1879, hatte sich bereits am 8. September 1941 im Alter von 62 Jahren in Göttingen das Leben genommen.

Die seit ihrem Schlaganfall 1938 schwer kranke Frieda Warschauer konnte die Ermordung so vieler Familienmitglieder – und vermutlich auch die durch die Arbeitslosigkeit ihres Mannes desolate finanzielle Situation – nicht mehr verkraften. Am 30. September 1942 nahm sie sich im Alter von 59 Jahren das Leben. Sie verstarb im jüdischen Krankenhaus in Berlin-Wedding.

Frida Warschauer Antrag Entschädigung

Ihr Mann Josef Warschauer tauchte nach ihrem Tod in Berlin unter und lebte „illegal“ in Berlin – mal bei Verwandten oder Bekannten, mal in Kohlenkellern oder Portierslogen etc. – wie seine Tante Elsa Mayerstein 1953 bezeugt. Am 15. Oktober 1943 wurde er verhaftet und nach Theresienstadt deportiert. Er kam im Zuge einer „Sonder-Aktion“ in die Schweiz. Vom Auffanglager in St. Gallen wurde er zunächst nach Les Avant verlegt, bevor er sich in Lugano niederlassen konnte. Er einer der 1200 in Theresienstadt inhaftierten jüdischen Menschen, die mit dem einzigen sog. „Freiheitstransport“ aus Theresienstadt am 5.2.1945 in die Schweiz gerettet wurden. Dieser „Freiheitstransport“ war zwischen Himmler und dem Schweizer Altbundespräsidenten Musy am 12. Januar 1945 ausgehandelt worden. Himmler versprach sich davon einen Vorteil für die Kapitulationsverhandlungen mit den Alliierten. https://heimatforschung.mianba.de/texte/hofkrienot/geheimverh.htm

Frida Warschauer Antrag Entschädigung

Im Juli 1951 stellte Josef Warschauer einen Entschädigungsantrag beim Entschädigungsamt Berlin-Wilmersdorf, dem er im Februar 1956 einen ausführlichen Lebenslauf beifügte. Offenbar wurde über diesen Entschädigungsantrag nicht entschieden, bevor Josef Warschauer am 29. April 1960 im Alter von 82 Jahren in Lugano verstarb. Auf dem Antrag selbst wurde nämlich das Todesdatum vermerkt und dieser am 23.11.1961 zur „Globalanmeldung“ verfügt.

Recherche und Text: Oliver M. Braun – ergänzt von Stolperstein-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf

Quellen: Entschädigungamt Berlin-Wilmersdorf: Akte Nr. 70620 – Josef Warschauer

Stolperstein Emmy Cohn

HIER WOHNTE
EMMY COHN
JG. 1893
DEPORTIERT 14.11.1941
MINSK
ERMORDET

Der Stolperstein für Emmy Cohn wurde vom Künstler Gunter Demnig im Beisein von HausbewohnerInnen u. a. TeilnehmerInnen verlegt und von Familie Appel gespendet.

Emmy Cohn kam am 3.Dezember 1893 als Tochter von Jakob Cohn und Anna Sara Cohn geborene Sternfeld in Berlin zur Welt. Sie war unverheiratet und wohnte in der Witzlebenstraße 2 – wie Anna Zuckermann – als Untermieterin bei den Schwestern Betty Krohner und Frieda Warschauer. Sie war als Hilfsarbeiterin in der Wattefabrik Wagner & Wolff in Kreuzberg für einen Wochenlohn von 13,50 – 15,25 Reichsmark beschäftigt.

Vermutlich wurde Emmy Cohn in der ersten Hälfte Oktober 1941 aus dieser Wohnung zwangsweise aus- und als Untermieterin in ein möbliertes Zimmer bei der Familie Schlesinger in der Droysenstr. 8 (von der Gestapo als “Judenwohnung Nr. 70” bezeichnet) eingewiesen. Es gibt eine Verfügung der Gestapo vom 15. Oktober 1941 über die Einziehung ihres Vermögens “zugunsten des Deutschen Reichs”.

Emmy Cohn

Emmy Cohn

Am 8. November 1941 mußte Emmy Cohn das Wenige, was sie in dem möblierten Zimmer in der Droysenstr.8 noch persönlich besaß, in einer sogenannten Vermögenserklärung der Oberfinanzdirektion Berlin aufführen. In einem mehrseitigen Formular gab sie ihren Besitz an mit:

  • 5 Servietten
  • 1 Garnitur Bettwäsche, 1 Kissen
  • 10 Paar Strümpfen
  • 3 Paar Handschuhen
  • 1 Konto bei der Dresdner Bank, 1 Police bei der Victoria-Versicherung.

Emmy Cohn mußte sich zur gleichen Zeit in der von den Nationalsozialisten als “Sammellager” mißbrauchten Synagoge in der Levetzowstraße 7-8 einfinden und wurde von dort am 14.November in das Ghetto Minsk deportiert. Der sogenannte “5.Ost-Transport” mit rund 1000 Berliner Juden traf dort vermutlich am 18.November 1941 ein. Nur drei Männer und eine Frau überlebten. Emmy Cohn war nicht unter den Überlebenden.

Bei der späteren “Bewertung” des Zimmers und des Inventars durch einen vom Verwaltungsbezirk Charlottenburg bestellten Taxator, wurde das Zimmer als “in Ordnung” befunden und zur sofortigen “Unterbringung Bombengeschädigter” freigegeben.

Recherche und Text: Marion Appel,
ergänzt durch Stolperstein-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf.
Quellen: Volkszählung vom 17. Mai 1939 Brandenburgisches Landeshauptarchiv, Rep. 36 A II, Nr. 6012 Landesarchiv Berlin, A Rep. 092 Nr. 6012