Stolpersteine Bamberger Straße 8

Hauseingang Bamberger Straße 8

Diese Stolpersteine wurden am 06.06.2018 verlegt.

Stolperstein Franziska Schmidt

HIER WOHNTE
FRANZISKA SCHMIDT
GEB. JACOBSOHN
JG. 1898
DEPORTIERT 27.11.1941
RIGA
MASSENERSCHIESSUNG
30.11.1941
RIGA-RUMBULA

Wir wissen wenig über das Leben von Franziska Schmidt und ihrem Sohn Gerd. Franziska wurde als Freimunde Ulrike Franziska Jacobsohn, auch Fränzl genannt, am 10. Oktober 1898 in Berlin geboren. Sie machte eine Ausbildung als Sekretärin und lebte 1924 in einem Haus des Frauen-Vereins St. Hedwig in der Pfalzburger Straße 18. Am 15. Dezember dieses Jahres heiratete sie den drei Jahre jüngeren Kaufmann Alfred Max Schmidt aus Friedeberg, Neumark. Dieser lebte schon länger in Berlin in der Bamberger Straße 18. Gemeldet war dort die Rentnerin Helene Schmidt, vermutlich seine Mutter. Am 8. September 1925 kam Franziskas und Alfreds Sohn Gerd auf die Welt.

Möglich, dass die kleine Familie noch länger mit der Mutter und Schwiegermutter Helene zusammenwohnte. Eine eigene Wohnung hatte laut Adressbuch Alfred Schmidt erst 1934, einige Häuser weiter in der Bamberger Straße 8. Alfreds Beruf wird als Vertreter angegeben. An dieser Adresse lebten sie auch 1939, als bei der Volkszählung vom 17. Mai Juden in einer gesonderten Kartei erfasst wurden. Obwohl für beide als Wohnung Hinterhaus 1. Stock angegeben wurde, wird für Franziska notiert „getrennt lebend“. Im Adressbuch wird Alfred nun als „Packer“ bezeichnet, was darauf hindeutet, dass er nicht mehr in seinem Beruf tätig sein durfte und vermutlich zur Zwangsarbeit herangezogen war. Wir können annehmen, dass auch Franziska Zwangsarbeit verrichten musste.

Alfred und auch Franziska hatten geplant auszuwandern. Und offensichtlich waren ihre Pläne schon sehr konkret: Die vom Bundesarchiv erarbeitete sogenannte „Residentenliste“ vermerkt für beide: „Auswanderungsabsicht: Großbritannien, 28.08.1939“. Wir wissen nicht, warum letztlich die Auswanderung nach Großbritannien wenige Tage vor Kriegsausbruch nur Alfred gelang.

Franziska und ihr Sohn Gerd blieben in der Bamberger Straße 8, allen diskriminierenden und entwürdigenden Maßnahmen der Nationalsozialisten ausgesetzt. Im November 1941 wurden beide in die von den Nazis als Sammellager missbrauchte Synagoge in der Levetzowstraße 7-8 gebracht. Am 27. November folgte ihre Deportation nach Riga. Im Gedenkbuch Yad Vashem wird ihr letzter Weg beschrieben:

bq. Am 27. November wurden alle Deportierten vom Sammellager zum Bahnhof Grunewald gebracht. Die nicht Gehfähigen wurden auf Lastwagen? dorthin gebracht, während die anderen ca. sieben Kilometer durch die Stadt gehen mussten. Am Bahnhof standen von der Gestapo bestellte und von der Reichsbahn unter der Nummer Da 31 bereitgestellte Passagierwaggons dritter Klasse bereit und den Deportierten wurde befohlen einzusteigen. Dieser Transport fuhr am selben Tag ab. Es war der Siebte von über 60 Transporten aus Berlin in den Osten (Osttransport), in denen insgesamt über 35.000 Juden aus Berlin in die Ghettos und Vernichtungslager in Osteuropa deportiert wurden. Er bestand aus 1.053 Männern, Frauen und Kindern, die hauptsächlich aus Berlin selbst kamen. Das Durchschnittsalter der Deportierten betrug 46 Jahre, unter ihnen waren auch 89 Kinder unter 15 Jahren. Während der Fahrt wurden die Juden von einem Wachkommando der Schutzpolizei bewacht. Das Ziel wurde ihnen nicht mitgeteilt und nach drei Tagen in überfüllten Waggons kamen sie am 30. November bei strengem Frost am Bahnhof Skirotava am Stadtrand von Riga an.
In Riga hatten die Nazis ein Ghetto eingerichtet, in dem vor der Ankunft der Transporte aus dem Reichsgebiet fast 30.000 lokale Juden unter beengten Verhältnissen eingesperrt gewesen waren. In Erwartung der deutschen Transporte begann die örtliche SS mit einer großangelegten Mordaktion, um ‘Platz zu schaffen’. Am 30. November und am 8. Dezember 1941 wurden mehr als 27.500 örtliche Juden im Wald von Rumbula erschossen.

Noch vor ihnen wurden am gleichen 30. November 1941 alle 1053 Insassen des Zuges, in dem auch Franziska Schmidt und ihr 16-jähriger Sohn Gerd waren, nach Ankunft im Rumbula-Wald ermordet, „obwohl dazu gar kein Befehl ergangen war. Eine „Eigenmächtigkeit“, die sich Heinrich Himmler in einem kurz darauf verfassten Schreiben an den örtlichen Befehlshaber unter Strafandrohung verbat.“

Recherche und Text: Micaela Haas und Katrin Schwenk

Quellen:
Gedenkbuch. Bundesarchiv Koblenz, 2006; Gedenkbuch Berlin der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus 1995; Berliner Adressbücher; Landesarchiv Berlin; www.deportation.yadvashem.org

Stolperstein Gerd Schmidt

HIER WOHNTE
GERD SCHMIDT
JG. 1925
DEPORTIERT 27.11.1941
RIGA
MASSENERSCHIESSUNG 30.11.1941
RIGA-RUMBULA