HIER WOHNTE
PAULINE MEYER
GEB. WOLFF
JG. 1874
DEPORTIERT 26.6.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 19.10.1942
Am 4. März 1874 kam Pauline als Tochter von Wilhelm Wolff und seiner Frau Selma geb. Ball in Berlin auf die Welt. Sie hatte noch einen älteren Bruder, Martin, der am 26. September 1872 geboren worden war. Wilhelm Wolff war Ingenieur und ließ seinen Sohn Martin am Französischen Gymnasium das Abitur machen und danach Jura studieren. Pauline erlernte keinen Beruf.
Sie heiratete am 9. April 1897 im Alter von 23 Jahren den Chemiker Richard Joseph Meyer. Während ihrer Ehe hat sie sich um den Haushalt gekümmert und ihrem Mann den „Rücken freigehalten“. Auch die Erziehung der am 28. März 1899 geborenen Tochter Elisabeth war – wie damals üblich – der Mutter vorbehalten
.
Richard Joseph Meyer hatte bereits 1890 ein Studium der Naturwissenschaften, Mathematik und Philosophie abgeschlossen und promoviert. Ab 1900 bis 1933 lehrte er als außerordentlicher, nicht verbeamteter Professor für anorganische Chemie in Berlin. 1931 wohnten Pauline und ihr Mann lt. Jüdischem Adressbuch in der Meineckestraße 8, die Tochter Elisabeth, obwohl nicht verheiratet, lebte nicht mehr bei den Eltern. In der Volkszählungskartei von 1939 war sie im Bezirk Tiergarten verzeichnet.
Im Zuge der ersten Maßnahmen 1933 gegen die jüdische Bevölkerung war Richard Joseph Meyers Lehrtätigkeit an der Universität eingeschränkt worden. Die Familie Meyer verließ in diesem Jahr die Wohnung in der Meineckestraße 8 und zog in die Landshuter Straße 11, wo sie bis 1936 wohnte. Bis 1939 ist Prof. Dr. phil. R. Meyer unter der Adresse Schlüterstraße 52 eingetragen. Am 18. Juni 1939 starb Paulines Mann. Über die Todesumstände ist nichts bekannt. Die zunehmende Entrechtung und Verfolgung der Juden werden mit Ursache seines Todes gewesen sein. Pauline Meyer beerdigte ihren Mann in einem Familiengrab auf dem Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee.
Pauline, nun auf sich allein gestellt, zog in die Regensburger Straße 10. Sie lebte vermutlich zur Untermiete, ihr Name taucht in den Adressbüchern jedenfalls als Haushaltsvorstand nicht auf.
Ihr Bruder Martin Wolff, inzwischen ein angesehener Jurist und Hochschullehrer, der wegen seiner jüdischen Abstammung schon 1934 von seinem Lehrstuhl an der Friedrich–Wilhelms–Universität verdrängt worden war, hatte 1938 Nazideutschland verlassen und war nach England geflohen.
Die weiteren drei Jahr bis zu ihrer Deportation 1942 nach Theresienstadt, werden für Pauline von Angst und Not geprägt gewesen sein. Immer neue Verordnungen und Erlasse schränkten die Lebensbedingungen der jüdischen Bevölkerung in unerträglicher Weise ein. Da für Pauline Meyer keinerlei Akten der Oberfinanzdirektion mehr existieren, wissen wir nichts über ihre finanziellen Mittel, über die sie vielleicht noch verfügen konnte. Ebenfalls ist über die Lebensumstände ihrer Tochter Elisabeth nichts bekannt.
Pauline und Elisabeth Meyer wurden zusammen am 26. Juni 1942 in das Getto Theresienstadt deportiert. Ihre letzte gemeinsame Unterkunft in Berlin war die Georg – Wilhelmstraße 12 in Halensee.
Im Getto war Pauline war mit ihrer 43jährigen Tochter im selben Block, jedoch in verschiedenen Räumen untergebracht. Elisabeth, noch als arbeitsfähig eingestuft, erlag den unmenschlichen Lagerbedingungen am 24. Januar 1944.
Pauline Meyer starb im Getto am 19. Oktober 1942, knapp vier Monate nach ihrer Einlieferung. Dass in der Todesfallanzeige als Todesursache „Cachexia – Erschöpfung“ angegeben wurde, verrät, wie grausam die Lebensbedingungen in diesem Konzentrationslager waren.
Recherche und Text: Karin Sievert
Quellen: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945 Theresienstädter Gedenkbuch Holocaust.cz Brandenburgisches Landeshauptarchiv www.blha.de Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin Landesarchiv Berlin Deportationslisten Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“ Yad Vashem – Opferdatenbank https://de.wikipedia.org/wiki/Richard_Joseph_Meyer https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Wolff_(Rechtswissenschaftler)