HIER WOHNTE
RICHARD
BENJAMIN
JG. 1871
DEPORTIERT 28.10.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 25.2.1943
Richard Benjamin wurde am 15. Februar 1870 in Dresden geboren.
Verheiratet war er mit Charlotte Benjamin geb. Weinberg, geboren am 3. Oktober 1884 in Berlin.
Er war Arzt und nahm als solcher am Ersten Weltkrieg teil. Dr. med. Richard Benjamin muss eine respektable Persönlichkeit gewesen sein, Die Mutter von Ursel Hein, Sophie Wagner, geboren am 30. September 1904 in Berlin, gestorben 1987, sprach von ihm als „Herr Sanitätsrat“. Die Enkelin Ursel Hein weiß über ihren Großvater, dass er in der Zeit der Judenverfolgung als „Krankenbehandler“ tätig war, der nur jüdische Patienten verarzten durfte: „Er soll Deutschland nicht verlassen haben, weil er sich seinen jüdischen Patienten verpflichtet fühlte, sie konnten zu keinem ’arischen’ Arzt gehen, außerdem waren sie zum Teil verarmt, da sie aus ihren Berufen gedrängt worden waren.“
Richard und Charlotte Benjamin wohnten in der Schlüterstraße 16, kurz vor ihrer Deportation wurden sie in die Kantstraße 130 zwangsweise umquartiert. Sie sind zunächst ins Sammellager Große Hamburger Straße 26 gebracht um am 28. Oktober 1942 vom Anhalter Bahnhof nach Theresienstadt deportiert worden. Auf der Deportationsliste stand er als „Behandler“, bei ihr war der Vermerk „Pflegerin“ abgebracht.
Richard Benjamin ist am 25. Februar 1943 umgebracht worden, die Ghetto-Ärzte schrieben in den Todesfallanzeige „Herzmuskelentartung“. Charlotte Benjamin, die 60 Jahre alt war, musste noch länger als ein Jahr die unmenschlichen Zustände in Theresienstadt ertragen. In einem der Todeszüge Theresienstadt-Auschwitz am 16. Mai 1944 wurde sie mit 2493 Menschen nach Auschwitz gefahren, wo sie ermordet worden ist. Nur 34 aus diesem Riesen-Transport überlebten.
Ihr Sohn war Gerhard Benjamin, geboren am 8. Juli 1912 in Berlin. Wegen der Rassengesetze von 1935 war eine Heirat mit seiner Verlobten, der Mutter von Ursel Hein, nicht möglich. Gerhard Benjamin soll mit seiner Schwester nach Frankreich gegangen sein, dort verliert sich jede Spur. Gertrud Benjamin, verheiratete Feinstadt, hat überlebt und in Yad Vashem Gedenkblätter für ihre Eltern hinterlegt. Die Tochter Ursel Hein, Enkelin von Richard und Charlotte Benjamin, war am 23. März 1935 in Berlin geboren. Deren Mutter, Sophie Wagner, ist 1987 gestorben.
Text: Helmut Lölhöffel mit Informationen der Enkelin Ursel Hein.
Quellen: Bundesarchiv; Deportationsliste; Opferdatei Theresienstadt.
Im Mai 2024 teilte Peter Benjamin, USA, Enkel von Charlotte und Dr. Richard Benjamin, der Stolperstein-Initiative Charlottenburg Wilmersdorf mit, dass er im August 2023 die Stolpersteine für seine Großeltern vor dem Haus Schlüterstraße 16 besucht habe. Er bat, den Kontakt zu Ursel Hein, Kiel, herzustellen, die ebenfalls Enkelin des Ehepaares Benjamin ist und die Stolpersteine für ihre Großeltern initiiert und gespendet hat. Der Kontakt zwischen dem 73-jährigen Herrn und der 89-jährigen Dame konnte hergestellt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt wussten beide nichts von der Existenz einer Halbschwester bzw. eines Halbbruders. Nun kommunizieren sie miteinander und werden sich hoffentlich auch persönlich kennenlernen.
Peter Benjamin ergänzte die Informationen über den gemeinsamen Vater Gerhard Benjamin, von dessen Verbleib nach seiner Flucht Ursel Hein nichts wusste, wie folgt:
Gerhard Benjamin, der die nicht-jüdische Mutter der 1935 geborenen Ursel Hein – Sophie Wagner (1904-1987) – wegen der nationalsozialistischen Rassegesetze nicht hatte heiraten dürfen, vermählte sich am 28. Februar 1937 in Berlin mit Gerda Hirschowitz, deren Familie ein Möbelhaus in der Brunnenstraße besaß. Zum Zeitpunkt des Novemberpogroms 1938 arbeitete er dort.
Leopold Hirschowitz
Leopold Hirschowitz (01.01.1937)
Leopold Hirschowitz (06.05.1914)
Möbel (Handel)
Eingetragen im Handelsregister/ Gründung 1913
Liquidation ab 1938-12-31 00:00:00
Erloschen 1940
Brunnenstr. 30, Berlin
Mit der Liquidierung des Möbelhauses aufgrund der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben” vom 12. November 1938 war der Familie die Lebensgrundlage entzogen.
Gerhard Benjamin floh am 30. März 1939 mit seiner Frau Gerda, deren Mutter Nathalie und ihrer Schwester Ursula nach Paris.
Mit Beginn des Krieges flohen sie weiter in den Süden Frankreichs und wurden dort einige Monate lang in einem Lager interniert. Nach ihrer Entlassung führte die Flucht weiter über Spanien nach Portugal. Aus Lissabon gelangte Gerhard Benjamin per Schiff im September 1940 nach New York. Die drei Frauen folgten ihm im Januar 1941.
Gerhard (in den USA Gerard) und Gerda Benjamin, deren Sohn Peter 1951 geboren wurde, lebten bis zu ihrem Tod 1994 in New York.
Text: Gisela Morel-Tiemann nach Angaben des Enkels Peter Benjamin
Zusätzliche Quelle:
Datenbank: Jüdische Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945 (hu-berlin.de)