Stolpersteine Gervinusstraße 24

Hausansicht Gervinusstr. 24

Diese Stolpersteine wurden am 23.6.2015 auf Initiative von Nachbarn verlegt. Anwesend waren Leopoldo Kahn, Enkel von Paul Hirsch und Sohn von Thea Kahn geb. Hirsch, sowie seine Frau Marilyn (San Diego/USA) und der Enkelsohn Bernardo. Der Stellvertretende Bürgermeister von Charlottenburg, Bezirksstadtrat Carsten Engelmann, und Bezirkstadtrat Marc Schulte waren dabei, ebenso die Biografin von Paul Hirsch, Renate Brucker-Karnowsky (Dortmund). Auch etliche Anwohner/innen nahmen an der Verlegung teil.

Das Haus Gervinusstraße 24 existiert nicht mehr. Die Hausnummer ist der Eingang eines Hotels. 1939 waren der in Polen lebende B. Gutmann und ein in Lodz wohnender Rosenblatt als Eigentümer im Berliner Adressbuch eingetragen.

Stolperstein Louis Laser

HIER WOHNTE
LOUIS LASER
JG. 1880
DEPORTIERT 26.9.1942
RAASIKU
ERMORDET NOV. 1942

Louis Laser wurde am 24. September 1880 in Tilsit (Ostpreußen) geboren. Er war Apotheker, führte an der Berliner Straße 65 in Steglitz die 1902 eröffnete Moltke-Apotheke und wohnte in der Gervinusstraße 24 in einer 3-Zimmerwohnung zu einer Miete von 117 RM. Er war Miteigentümer eines Grundstücks in der Grenadierstrasse, die Apotheke musste er 1937 aufgeben. Sein Vermögen belief sich auf rund 88000 RM. Sämtliche Vermögenswerte, darunter auch Wertpapiere, wurden 1943 durch die Oberfinanzdirektion eingezogen. Dieser Raub wurde vor der Deportation durch einen Treuhänder bestätigt.

Louis Laser wurde am 26. September 1942 vom Güterbahnhof Moabit nach Raasiku (Estland) deportiert und dort wie fast alle 1049 Insassen des Zuges erschossen.

Louis Laser hatte drei Söhne. Einer von ihnen, Heinz Laser, dem die Flucht aus Deutschland nach London gelungen war, stellte im Januar 1950 einen Antrag auf Entschädigung

Stolperstein Siegmar Laser

HIER WOHNTE
SIEGMAR LASER
JG. 1886
DEPORTIERT 3.2.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET MÄRZ 1943

Siegmar Laser wurde am 24. August 1886 in Splitter (Ostpreußen) geboren. Er
hatte promoviert, im Adressbuch ließ er sich 1939 als „Laser, S., Dr. Kfm.“ eintragen. Weil er Jude war, wurde er entlassen und musste seinen Unterhalt als Kohlenträger verdienen. Siegmar Laser wurde am 3. Februar 1943 vom Güterbahnhof Moabit mit 952 Menschen nach Auschwitz deportiert und im März 1943 umgebracht.

Sein Geldvermögen wurde auf das Konto des Finanzamts umgebucht. Der rechtmäßige Erbe Heinz Laser, der nach London geflüchtet war, beantragte 1950 Entschädigung.

Stolperstein Louis Lesser

HIER WOHNTE
LOUIS LESSER
JG. 1894
DEPORTIERT 27.11.1941
RIGA
MASSENERSCHIESSUNG
30.11.1941
RIGA – RUMBULA

Louis Lesser wurde am 2. Januar 1894 in Preußisch-Holland (Ostpreußen) geboren. Dr. Louis Lesser war Amtsgerichtrat. Er war verheiratet mit Margarete Lesser, geb. Jaruslawsky, geboren am 10. September 1899 in Marienburg (Westpreußen). Sie hatten zwei Söhne: Paul Gerhard und Horst Werner.

Louis und Margarete Lesser wurden wie alle zur Deportation vorgesehenen Juden gezwungen eine „Vermögungserklärung“ abzugeben. Sein bei drei Geldhäusern untergebrachtes Vermögen, vom dem sie lebten, wurde über die Oberfinanzdirektion eingezogen, nachdem den Banken amtlich bestätigt wurde, dass er angeblich „ausgewanderter Jude“ und „unbekannt verzogen“ sei. Offenbar hatte er vorher einen Antrag auf Seefracht bestellt und bezahlt, was darauf schließen lässt, dass das Ehepaar die Flucht aus Berlin vorbereitet hatte, aber im letzten Moment daran gehindert wurde.
Louis und Margarete Lesser wurden am 27. November 1941 nach Riga deportiert. Es war der erste Zug mit deutschen Juden, der nach Riga fuhr. 1053 Menschen wurden am Berliner Bahnhof Grunewald hineingetrieben. Sie sind nach ihrer Ankunft in Lettland am 30. November ohne Ausnahme im Wald von Rumbula bei Riga ermordet worden.

Stolperstein Margarete Lesser

HIER WOHNTE
MARGARETE LESSER
GEB. JARUSLAWSKY
JG. 1899
DEPORTIERT 27.11.1941
RIGA
MASSENERSCHIESSUNG
30.11.1941
RIGA – RUMBULA

Stolperstein Henriette Rosenzweig

HIER WOHNTE
HENRIETTE
ROSENZWEIG
GEB. JACOB
JG. 1870
DEPORTIERT 13.1.1942
RIGA
ERMORDET

Henriette Rosenzweig geb. Jacob ist am 1. September 1870 in dem Dorf Biskupitz (Schlesien) geboren. Sie war geschieden und bewohnte mit ihrem am 6. März 1892 in Leipzig geborenen Sohn Herbert Rosenzweig eine 3-Zimmerwohnung mit Bad in der Gervinusstraße 24. Der zweite Sohn Leonhard wohnte nicht bei der Mutter.

Henriette Rosenzweig und ihr lediger Sohn Herbert wurden von der Geheimen Staatspolizei festgenommen, in das Sammellager in der Synagoge Levetzowstraße gebracht, von dort zu Fuß mehrere Kilometer zum Bahnhof Grunewald getrieben und am 13. Januar 1942 in Personenwagen 3. Klasse nach Riga deportiert.

Henriette Rosenzweigs Rente wurde eingestellt, nachdem der Hinweis kam, sie sei „in die Ostgebiete/Ausland ausgewandert“. Ihr Vermögen ist aufgrund der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz dem Deutschen Reich zugefallen, das heißt: die Staatskasse hat es sich einverleibt.

Am 16. Januar 1942 kam der mit 1034 Menschen voll besetzte Zug in Riga an. Nur 15 überlebten den Zweiten Weltkrieg.

Stolperstein Herbert Rosenzweig

HIER WOHNTE
HERBERT
ROSENZWEIG
JG. 1892
DEPORTIERT 13.1.1942
RIGA
ERMORDET

Stolperstein Paul Bloch

HIER WOHNTE
PAUL BLOCH
JG. 1886
DEPORTIERT 13.6.1942
ERMORDET IN
SOBIBOR

Paul Bloch wurde am 15. Februar 1886 in Worms geboren. Er war Geschäftsführer einer Italienischen Firma ‘Luigi Lagonia’. In der Gervinusstraße 24 wohnte er als Untermieter bei Ottilie Weiss, die am 22. August 1943 nach Theresienstadt deportiert wurde. Bevor er auch er abtransportiert worden ist, musste er sich zwangsweise in die Dahlmannstrasse 25 umsiedeln lassen, ein genauer Zeitpunkt lässt sich nicht mehr ermitteln. Paul Bloch wurde am 13. Juni 1942 nach Sobibor deportiert. In diesem Vernichtungslager in Ostpolen sind schätzungsweise eine Viertelmillion Menschen umgebracht worden.

Stolperstein Erich Sass

HIER WOHNTE
ERICH SASS
JG. 1885
DEPORTIERT 19.2.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Erich Sass ist am 17. November in Guttstadt (Ostpreußen) geboren. Er wohnte in der Gervinusstraße 24 zur Untermiete bei Henriette und Herbert Rosenzweig. Vor seinem Abtransport, vermutlich nach der Deportation der Rosenzweigs am 13. Januar 1942 nach Riga, musste er noch einmal umziehen – um die Ecke in die Sybelstraße 35. Erich Sass wurde am 19. Februar 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Stolperstein Ottilie Weiss

HIER WOHNTE
OTTILIE WEISS
GEB. LASKOWICZ
JG. 1883
DEPORTIERT 11.8.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 22.8.1943

Ottilie Weiss geb. Laskowicz wurde am 28. Oktober 1883 als Tochter von Josef und Helene Laskowicz in Liegnitz (Schlesien) geboren. Verheiratet war sie mit Isidor Artur Weiss, geboren am 20. Juli 1889. Sie bewohnten eine 4-Zimmer- Wohnung in der Gervinusstraße 24. Die Wohnung war gutbürgerlich eingerichtet, ausgestattet mit Hausrat, Rosenthal-Geschirr, Kristallgläsern, Teppichen und großem Wäschevorrat.

Ottilie Weiss war Geschäftsfrau, sie besass ein Schuhgeschäft in Berlin-Köpenick, das sie auch nach ihrer Heirat mit Isidor Weiss im Mai 1920 betrieb. Isidor Weiss führte das Geschäft „Wegufa” – Produktion und Vertrieb von Regenmänteln. Er hielt außerdem einen Anteil von 50 Prozent an der Fima Weinlaub+Weiss GmbH und war nach deren Auflösung seit etwa1934 Inhaber der Firma Artur Weiss. Mitte der 1920er Jahre hatte Ottilie Weiss ihr eigenes Geschäft aufgegeben und arbeitete in der Firma ihres Mannes mit. Die Firma Weiss hatte 35 Beschäftigte.

Im Frühjahr 1938 musste die Firma liquidiert werden, weil die Boykottmaßnahmen der Nazis die Fortführung des Geschafts unmöglich machten. Das Firmenschild und die Eingangstür wurden mit roter Farbe und mit `JUDE` beschmiert. Isidor Weiss erlitt zunächst einen Nervenzusammenbruch und erlag dann im Dezember 1939 einem Herzschlag. 1939 stand er noch als „Weiß, A., Kfm.“ Im Adressbuch.

Ottilie Weiss war als Jüdin verpflichtet, den zusätzlichen Vornamen ‘Sara’ zu führen und den Judenstern zu tragen. Mitte 1941 musste Ottilie Weiss ihre Wohnung und allen Besitz verlassen und versteckte sich, um einer Deportation zu entgehen. Aber am 11. August 1942 wurde sie nach Theresienstadt deportiert. Dort ist sie in einer „Siechenstube“ am 22. August 1943 an Altersschwäche gestorben, nachdem sie den grauenvollen Zuständen im Ghetto nicht mehr gewachsen war. Ihr Totenschein ist im Theresienstadt-Archiv erhalten.

Die zwei Töchter waren 1939 nach England ausgewandert. Hannelore Mayer geb. Weiss, geboren am 22. April 1921, flüchtete mit 18 Jahren nach England. Sie arbeitete in einem Krankenhaus und hatte zwei Kinder. Sie stellte 1953 einen Antrag auf Entschädigung. Zu diesem Zeitpunkt war sie arbeitslos, außerdem körperlich geschwächt, wollte sich beruflich verändern und einen Kindergarten aufmachen. Dazu benötigte sie Kapital.

Sie beantragte 1953 Entschädigung für Schaden an Vermögen (Ansprüche aus Einkommen), Schaden am Leben und Schaden am Eigentum ( Verlust von Haushaltsgegenständen und Garderobe) ihrer Mutter. Die Verhandlung über den Antrag auf Entschädigung auf Schaden an Vermögen fand am 13.7.1959 statt. Der von der Berliner Bürokratie so genannte „Schadenszeitraum“ betrug 64 Monate – vom 1.4.1938 bis 22.8.1943.
Die Antragstellerin erhielt zum Ausgleich des durch Verfolgung verursachten Schadens ihrer beruflichen Entwicklung eine Entschädigung von 4428 DM.
Die Kosten der Verhandlung betrugen 3000 DM.

Der Antrag auf Entschädigung für die aufgegebene Wohnungseinrichtung wurde als „unbegründet“ abgelehnt. Die Gegenstände seien ohne Schutz und Aufsicht züruckgelassen worden, weshalb sie dem unkontrollierbaren Zugriff Dritter ausgesetzt gewesen seien, lautete die Begründung.

Die Antragstellerin führte als Erbin ihrer Mutter auch den Tod ihres Vaters auf erlittene Verfolgung zurück und beantragte Entschädigung für Schaden am Leben. Auch dieser Antrag wurde abgelehnt, da der Anspruch nicht sachlich begründet sei. Die Antragstellerin habe keine entsprechenden Unterlagen und Beweismittel für den verfolgungsbedingten Tod ihres Vaters vorgelegt. So endete das Wiedergutmachungsverfahren mit einer zweiten Schmach und Demütigung.

Recherchen und Texte: Heidi Steinbeck, Doris D’Cruz-Grote, Helmut Lölhöffel Quellen: Entschädigungsamt Berlin; Bundesarchiv; Adressbücher; Gottwaldt/Schulle: Die Judendeportationen. Wiesbaden 2005.

Stolperstein Paul Hirsch

HIER WOHNTE
PAUL HIRSCH
JG. 1868
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
TOT 1.8.1940

Paul Hirsch, der spätere preußische Ministerpräsident, wurde als Sohn des Kaufmanns Nathan Hirsch und seiner Ehefrau Lina, geb. Pincus, am 17. November 1868 in Prenzlau (Uckermark) als eines von fünf Kindern geboren. Später zog die Familie nach Berlin, wo er das Gymnasium „Zum Grauen Kloster“ besuchte. Nach dem Abitur studierte er zuerst Medizin, dann Nationalökonomie. Das Studium finanzierte er als Stenograf im Preußischen Landtag, als Schriftsteller und Herausgeber einer Parlamentskorrespondenz. Nach Publikationen zu Fragen der Stenografie veröffentlichte er im Alter von 29 Jahren, 1897, sein erstes sozialpolitisches Werk „Verbrechen und Prostitution als soziale Krankheitserscheinungen“, worin er sich gegen die Auffassung vom „geborenen Verbrecher“ wandte. Neben seiner praktischen politischen Tätigkeit verfasste er noch eine Vielzahl von Arbeiten zur Sozial- und Kommunalpolitik und zur Geschichte und Politik der Sozialdemokratie.

Im Januar 1900 wurde er für die Sozialdemokratische Partei Stadtverordneter in Charlottenburg und 1921 stellvertretender Bürgermeister.

Paul Hirsch setzte sich für die Teilnahme seiner Partei an den Wahlen zum Preußischen Abgeordnetenhaus auch unter den Bedingungen des Dreiklassenwahlrechts ein und gehörte 1908 zu den ersten sieben sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten. Diese hatten 23,87% der abgegebenen Stimmen erhalten, während den Konservativen mit 14,5% der Stimmen 152 Mandate zufielen. 1911 wurde er Fraktionsvorsitzender. Trotz seiner vielfachen Ausgleichsbemühungen kam es 1917 zur Spaltung in eine „Unabhängige“ (USPD) und eine „Mehrheitssozialdemokratische“ (MSPD) Fraktion. Als Führer der MSPD im Abgeordnetenhaus bildete er im November 1918 die preußische Revolutionsregierung aus je drei Vertretern der USPD und der MSPD. Er leitete das Staatsministerium (als preußischer Ministerpräsident) und das Innenministerium (bis 25.3.1919). Die Entlassung des der USPD angehörenden Polizeipräsidenten von Berlin, Emil Eichhorn, nach dem Austritt der USPD aus der Regierung Ende Dezember 1918 führte zu den Berliner Januarunruhen 1919. Am 26.1.1919, eine Woche nach der Wahl zur Nationalversammlung, fand die Wahl zur Preußischen Landesversammlung statt, mit dem Ergebnis einer Regierung der „Weimarer Koalition“ unter Ministerpräsident Hirsch. Die im November 1918 begonnene Politik der Sicherung von Ruhe und Ordnung und der demokratischen und sozialen Reformen wurde fortgesetzt, die revolutionäre Linke bekämpft.

Nach dem Kapp-Putsch im März 1920 trat die Regierung, der Nachgiebigkeit gegenüber den reaktionären Militärs vorgeworfen wurde, zurück. Anschließend arbeitete Paul Hirsch ein Jahr im Reichswohlfahrtsministerium, um sich dann als stellvertretender Bürgermeister in Charlottenburg der Kommunalpolitik zuzuwenden. Direkt nach der Revolution hatte er schon als Innenminister die Weichen gestellt für die Schaffung der Stadtgemeinde Berlin, auch Groß-Berlin genannt. Er galt somit in seiner Partei als Spezialist auf dem Gebiet der kommunalen Neuordnung. Für diese Aufgabe wurde er mit den Stimmen der SPD, DDP, KPD und der Kriegsopferpartei am 22. Juli 1925 zum stellvertretenden Bürgermeister in Dortmund gewählt. Hier leitete er 1928 die nach Berlin zweitgrößte kommunale Gebietsreform Deutschlands. Als Landtagsabgeordneter konnte er die positive Entwicklung der Stadt unterstützen und vor allem Kunst und Wissenschaft fördern. Ein Jahr vor der regulären Zeit, zum 1. November 1932, reichte er aus gesundheitlichen Gründen ein Pensionsgesuch ein. Im April 1933 versuchte der Regierungspräsident in Arnsberg, ihm seine Pension zu entziehen. Hirsch gelang es, seinen Anspruch auf Fortzahlung gerichtlich durchzusetzen, allerdings nur bis zum Mai 1934.

Foto der Familie Hirsch (1937). Rechts im Bild Paul und Lucie Hirsch, hinten links Eva Nathalie Hirsch.

Foto der Familie Hirsch (1937). Rechts im Bild Paul und Lucie Hirsch, hinten links Eva Nathalie Hirsch.

In Berlin trat er später aus Solidarität mit den Verfolgten wieder in die Synagogengemeinde ein, die er nach der Revolution verlassen hatte und betätigte sich in der jüdischen Sozialfürsorge. Die Familie Hirsch zog im Lauf der Jahre oft innerhalb Berlins um, am längsten wohnte sie von 1921 bis 1934 in der Dahlmannstraße 1.

Praktische soziale Arbeit hatte sich auch Lucie Hirsch, geb. Jacoby, zur Aufgabe gemacht, die am 31. März 1875 in Pasewalk (Brandenburg) geboren ist. Auch die Töchter Thea Hirsch, geboren am 2. November 1908 in Berlin, und Eva Hirsch, geboren am 19. Oktober 1910 in Berlin, strebten soziale Berufe an. Thea hatte den Beruf der Kindergärtnerin und Erzieherin erlernt, Eva hatte ein Medizinstudium aufgenommen. Ihnen gelang es, Deutschland 1936 und 1939 zu verlassen und sich zu retten. Beide Schwestern werden als „sehr besondere, auffallende Damen“ beschrieben. Thea war bei der in Lima (Peru) lebenden jüdischen Familie Weisser für die Erziehung der drei Kinder verantwortlich. Eva setzte sich zunächst nach Südafrika und später nach Kalifornien ab, sie arbeitete als orthopädische Therapeutin. Thea Kahn, geb. Hirsch starb am 4. August 2002 in Lima (Peru), ihr Mann war Max Kahn. Eva Hirsch, die unverheiratet blieb, starb am 7. Juli 2011 in Los Angeles (USA).

Ihre Eltern hatten nicht nachkommen können, sie mussten ihre Wohnung aufgeben und in ein Zimmer in einem so genannten „Judenhaus“ ziehen, wo umgesiedelte jüdische Menschen zusammengepfercht wurden. Paul Hirsch starb am 1. August 1940 an Entkräftung. Lucie Hirsch nahm sich am 10. August 1941 das Leben, um der Deportation zu entgehen. Ihre Gräber befinden sich auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee.
Am Haus Wilmersdorfer Straße 15, wo Paul Hirsch zeitweise gewohnt hatte, wurde auf Wunsch seines Enkels, mitfinanziert aus Spenden der örtlichen SPD, eine Gedenktafel angebracht.

Text: Renate Brucker-Karnowsky mit Ergänzungen von Leopoldo Kahn Quellen: Familienerinnerungen. Literatur: Renate Karnowksy: Paul Hirsch, in: Biographien berühmter Dortmunder. Dortmund 1994. Renate Karnowsky: Paul Hirsch, in: Prenzlau – Hauptstadt der Uckermark. Hamburg 19

Stolperstein Lucie Hirsch

HIER WOHNTE
LUCIE HIRSCH
GEB. JACOBY
JG. 1875
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
10.8.1941

Stolperstein Thea Hirsch

HIER WOHNTE
THEA HIRSCH
VERH. KAHN
JG. 1908
FLUCHT 1936
PERU

Stolperstein Eva Nathalie Hirsch

HIER WOHNTE
EVA NATHALIE
HIRSCH
JG. 1910
FLUCHT 1939
SÜDAFRIKA
1940 USA