HIER WOHNTE
ARTHUR
WOLLSTEINER
JG. 1870
DEPORTIERT 5.8.1942
THERESIENSTADT
BEFREIT
Arthur Wollsteiner wurde am 4. Mai 1870 in Hoyerswerda (Oberlausitz) geboren. Er war ein Bruder von Martin Wollsteiner, Ludwig Wollsteiner (verschleppt nach Theresienstadt am 4. August 1942, dort ums Leben gebracht am 20. November 1942) und Julius Wollsteiner (verschleppt nach Lodz/Litzmannstadt am 18. Oktober 1941, dort ermordet am 23. Januar 1942). Sie waren die Söhne des Kaufmanns S. Wollsteiner.
In einem am 30.5.(?) 1949 aufgesetzten Lebenslauf gab er folgendes an: Besuch des Gymnasiums in Kottbus bis zur Obersekunda, nach Übersiedlung nach Berlin Ausbildung zum “Konfektionär” in namhaften Firmen der Konfektionsbranche am Spittelmarkt in Berlin-Mitte, Gründung der eigenen Firma “Arthur Wollsteiner – Damen-Mäntel, Röcke, Kostüme -Engros und Export” in der Jerusalemer Straße 22 mit 16 gewerblichen und drei kaufmännischen Beschäftigten.
Mit seiner Ehefrau Selma – das Paar hatte keine Kinder – wohnte er in der Hektorstraße 16 im Vorderhaus im 1. Stock links in fünf Zimmern für einen Mietpreis von 140 Reichsmark. Bevor Arthur und Selma Wollsteiner deportiert wurden, war er, wie er in einer ihm abverlangten „Vermögenserklärung“ notierte, „unbesoldeter Helfer“ des Jüdischen Kulturvereins (JKV) und dort für Kataster zuständig.
Die Oberfinanzdirektion (OFD) vermerkte am 28.9.1942: „Die zum heutigen Verkauf beschlagnahmten Gegenstände des ausgebürgerten Arthur Wollsteiner“ würden bis auf bei einem Postamt deponierte 100 Mark dem Oberkommando der Wehrmacht übergeben. „Der Verkauf erfolgt gegen bar und beträgt 2415.- RM“ und erfolge „nach tel. Rücksprache“. Dieses dreiseitige Schriftstück war mit einem „Geheim“-Stempel versehen. Es ging um Möbel und Einrichtung, „da der betreffende Interessent spätestens am 1. Okt. die Wohnung beziehen muss, um nicht obdachlos zu werden. Es handelt sich um eine für die deutschen Interessen wichtige Persönlichkeit aus dem Iran, die führende Staatsstellen dort bekleidet hat.“ Unterschrieben war dieser Brief vom Chef des Oberkommandos der Wehrmacht.
Hausrat und Textilien wurden extra bewertet und zu einem „Händlereinkaufspreis“ verkauft. Zuständiger Sachbearbeiter in der OFD war ein Inspektor Schneider, der außerdem rot angekreuzte Gegenstände wie Schallplatten, Plattenspieler, Bücher und Zeitschriften sowie „jüdisches Kulturgut aller Art“ dem Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums, Sachbearbeiter Wulff, anbot.
Im Anhang zu einem Fragebogen der Vermögensverwaltungsstelle des Senats gab Arthur Wollsteiner nach der Befreiung Theresienstadts, die er miterlebte, am 12.6.1946 an: “Ich bin am 3. August 1942 schriftlich in höflicher Form nach der Gestapo, Burgstrasse gebeten worden, behufs einer Anfrage u. gleich dort behalten um am darauf folgenden Tag nach Abnahme meiner Wohnungsschlüssel, Wertsachen, Geld etc. abtransportiert zu werden” in die Sammelunterkunft in der Großen Hamburger Straße 26 in Berlin-Mitte, von wo er mit seiner Ehefrau Selma am 5. August 1942 in das Ghetto Theresienstadt transportiert wurde.
Er überlebte dort das Ende des Zweiten Weltkriegs und kehrte am 10. August 1945 nach Berlin zurück. Seine Wohnung war besetzt, er kam bei Bekannten in Rixdorf (gehört zu Neukölln) in der Roseggerstraße 46 unter. Er adoptierte 1948 seine Pflegerin und starb am 7. Juli 1949 im Tempelhofer St. Josephs-Krankenhaus an einem Herzleiden.
Recherchen und Text: Peter Bethke, Helmut Lölhöffel.
Quellen: Bundesarchiv; Brandenburgisches Landeshauptarchiv