Stolpersteine Pariser Str. 13

Hausansicht Pariser Str. 13, Foto: H-J. Hupka

Hausansicht Pariser Str. 13, Foto: H-J. Hupka

Die folgenden Stolpersteine wurden am 22.6.2014 verlegt.

Stolperstein Franz Hamburger, Foto:H.-J. Hupka

Stolperstein Franz Hamburger, Foto:H.-J. Hupka

HIER WOHNTE
FRANZ HAMBURGER
JG. 1898
DEPORTIERT 18.10.1941
LODZ / LITZMANNSTADT
ERMORDET 22.5.1942

Stolperstein Hulda Hamburger, Foto:H.-J. Hupka

Stolperstein Hulda Hamburger, Foto:H.-J. Hupka

HIER WOHNTE
HULDA HAMBURGER
GEB. WIENER
JG. 1871
DEPORTIERT 18.10.1941
LODZ / LITZMANNSTADT
ERMORDET 14.9.1942
CHELMNO / KULMHOF

Hulda Wiener wurde im oberschlesischen Katscher, polnisch Kietrz, südöstlich der Kreisstadt Leobschütz (Głubczyce) geboren. Zur Zeit der Geburt von Hulda, am 5. Juli 1871, – das Geburtsjahr wird in anderen Quellen auch mit 1870 angegeben – hatte das Städtchen eine vorwiegend katholische Bevölkerung, nur 160 der 3600 Einwohner waren Juden. Huldas Vater Salomon Wiener war Doktor der Medizin und in Katscher/Leobschütz als Arzt tätig, ihre Mutter war Lina Wiener geborene Fröhlich. Mit Sicherheit hatte Hulda noch eine Schwester aus der Ehe von Salomon und Lina. Es war die 1882 geborene Martha. Zuvor war Salomon Wiener schon einmal verheiratet gewesen und hatte aus der Ehe mit Johanna Sachs ebenfalls zwei Kinder, Jenny und Georg.
Es ist naheliegend, dass Clara Rosenbaum geborene Wiener – sie wurde 1878 in Katscher geboren – ebenfalls eine Schwester von Hulda war. Beide wohnten zusammen mit ihren Söhnen bis zu ihrer gemeinsamen Deportation nach Łódź in der Pariser Straße 13.

Hulda heiratete den 1856 in Gleiwitz (Gliwice) geborenen Kaufmann Adolf Hamburger. Das Ehepaar lebte in Breslau, wo beide Söhne auf die Welt kamen. Der ältere Sohn hieß Max Walter. Er wurde am 15. Juli 1893 geboren und 1943 in Auschwitz ermordet. Der jüngere war Franz John, geboren am 7. August 1898. Die Familie zog zu einem nicht bekannten Zeitpunkt nach Berlin, das Ehepaar Hamburger ließ sich aber in Berlin im März 1912 scheiden. Der weitere Werdegang der Familienmitglieder lässt sich auf Grund fehlender Dokumente kaum verfolgen. Erst ab 1937 taucht Franz in den Berliner Adressbüchern unter der Adresse Pariser Straße 13 als Kaufmann auf. Er war im Textilbereich tätig, die unterschiedlichen Berufsbezeichnungen waren: Mantelschneider, Modelist und Modezeichner. Ab1938 ist seine Mutter Hulda im Telefonbuch unter dieser Adresse geführt. Möglicherweise war es die gemeinsame Wohnung der geschiedenen Hulda Hamburger und ihres ledigen Sohns Franz.
Clara Rosenbaum – vermutlich Huldas Schwester, die bis 1939 in der Hildegardstraße 1 gemeldet war – und ihr Sohn Albert waren ab diesem Jahr bei Hulda und Franz zur Untermiete untergebracht. Infolge des Gesetzes über Mietverhältnisse mit Juden vom April 1939 konnten jüdische Mieter von heute auf morgen gekündigt und zwangsumgesetzt werden. Ein Jahr nach diesem erzwungenen Zusammenleben wurden Hulda Hamburger, ihr Sohn Franz, Clara Rosenbaum und deren Sohn Albert am 18. Oktober 1941 mit dem ersten Deportationszug vom Bahnhof Berlin – Grunewald in das Getto Litzmannstadt (Łódź) verschleppt. Sie wurden im Getto in derselben Unterkunft Alexanderhofstraße 33/36, Rauchgasse 23/1 untergebracht.
Franz erlag den unmenschlichen Lebensbedingungen bereits 7 Monate später am 22. Mai 1942. Seine Mutter Hulda wurde am 14. September desselben Jahres in den sicheren Tod nach Kulmhof (Chelmno) deportiert. Die dort angekommenen Menschen wurden gleich nach ihrer Ankunft in Gaswagen getrieben und mit den Abgasen der Benzinmotoren im Wageninneren erstickt. Ihre Leichen wurden in den umliegenden Wäldern in Massengräbern verscharrt.
Recherche und Text: Karin Sievert

Quellen:
Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945
Brandenburgisches Landeshauptarchiv www.blha.de
Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Landesarchiv Berlin
Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“
Loose: „Berliner Juden im Getto Litzmannstadt 1941 – 1944
Yad Vashem – Opferdatenbank
https://de.wikipedia.org/wiki/Kietrz
Familiendatenbank der Juden im Deutschen Reich

Stolperstein Albert Rosenbaum, Foto:H.-J. Hupka

Stolperstein Albert Rosenbaum, Foto:H.-J. Hupka

HIER WOHNTE
ALBERT ROSENBAUM
JG. 1911
DEPORTIERT 18.10.1941
LODZ / LITZMANNSTADT
ERMORDET 2.2.1942

Stolperstein Clara Rosenbaum, Foto:H.-J. Hupka

Stolperstein Clara Rosenbaum, Foto:H.-J. Hupka

HIER WOHNTE
CLARA ROSENBAUM
GEB. WIENER
JG. 1878
DEPORTIERT 18.10.1941
LODZ / LITZMANNSTADT
ERMORDET 13.5.1942
CHELMNO / KULMHOF

Clara Rosenbaum wurde am 22. Juli 1878 in Katscher (Kietrz) Kreis Leobschütz (Głubczyce) in Oberschlesien geboren. Wenn auch keine Geburtsdokumente mehr zu finden sind, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sie die Schwester von Hulda Hamburger geb. Wiener war. Geburtsort und -jahr, sowie die Tatsache, dass Clara und Hulda in den letzten Jahren vor ihrer Deportation zusammengewohnt haben, sprechen dafür.
Demnach waren der Arzt Salomon Wiener und Lina Wiener geb. Fröhlich ihre Eltern und Jenny und Georg Wiener ihre Halbgeschwister aus Salomons Ehe mit Johanna Sachs.

In Pless (Pszczyna), dem Ort, in dem Claras Sohn Albert am 11. Februar 1911 auf die Welt kam, war im Einwohnerverzeichnis ein dort geborener Julius Rosenbaum, geb. am 9. April 1874 eingetragen. Vieles deutet darauf hin, dass er Claras Ehemann und Alberts Vater war. Vielleicht wurde der gemeinsame Sohn Albert nach Julius‘ Vater Albert Rosenbaum benannt.

Das weitere Schicksal der Familie Rosenbaum bleibt im Dunkeln. Wann und unter welchen Umständen die Familie nach Berlin gelangte ist nicht mehr nachvollziehbar. Der häufig vorkommende Name Julius Rosenbaum macht eine Zuordnung unmöglich. Einzig die Einträge in den historischen Berliner Adressbüchern geben einen Anhaltspunkt zum Aufenthalt von Clara Rosenbaum. Ab 1932 ist sie durchgehend bis 1939 unter der Wilmersdorfer Adresse Hildegardstraße 1 als Witwe eingetragen. Die Einträge enden im folgenden Jahr, denn nach dem im April 1939 erlassenen Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden konnten jüdische Mieter von heute auf morgen gekündigt und zwangsumgesetzt werden.
Dieses war der Zeitpunkt, zu dem Clara und Albert Rosenbaum in die Pariser Straße 13 zogen. Dort wohnten Claras Schwester Hulda und deren Sohn Franz. Alle vier Personen wurden am 18. Oktober 1941 in das Getto Litzmannstadt (Łódź) verschleppt und gemeinsam in der Rauchgasse 23 untergebracht. Albert Rosenbaum erlag den unmenschlichen Bedingungen im Getto drei Monate später, am 2. Februar 1942 – oder wurde ermordet. Seine Mutter Clara musste die erbärmlichen Umstände noch weitere 3 Monate aushalten. Sie wurde am 13. Mai 1942 nach Kulmhof (Chelmno) verbracht wo sie vermutlich sofort nach der Ankunft in einem der Gaswagen ermordet wurde.

Recherche und Text: Karin Sievert
Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945
Brandenburgisches Landeshauptarchiv www.blha.de
Berliner Adressbücher – Zentral- und Landesbibliothek Berlin
Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“
Loose: „Berliner Juden im Getto Litzmannstadt 1941 – 1944
Yad Vashem – Opferdatenbank
https://de.wikipedia.org/wiki/Kietrz
Familiendatenbank der Juden im Deutschen Reich