Stolperstein Motzstraße 87

Hauseingang Motzstr. 87, Foto: H-J. Hupka, 2014

Hauseingang Motzstr. 87, Foto: H-J. Hupka, 2014

Dieser Stolperstein wurde von der Enkeltochter Elat Kulka (Jerusalem/Israel) gespendet. Am 21.3.2014 wurde er in Anwesenheit der Enkelin und der Ururenkelin verlegt.

Stolperstein Elli Altmann, Foto:H.-J. Hupka, 2014

Stolperstein Elli Altmann, Foto:H.-J. Hupka, 2014

HIER WOHNTE
ELLI ALTMANN
GEB. BÖHM
JG. 1886
DEPORTIERT 27.11.1941
RIGA
ERMORDET 30.11.1941
RUMBULA

Elli Altmann ca. 1940, Bild: Privatarchiv Kulka

Elli Altmann ca. 1940, Bild: Privatarchiv Kulka

Elli Altmann geb. Boehm wurde am 27. Januar 1886 in Eichenau/Oberschlesien (Wojcice/Polen) geboren. Über ihre Kindheit und Jugend ist nichts bekannt.
Sie heiratete Robert Altmann. Das Ehepaar lebte mit seinen drei Kindern in Kattowitz (Katowice/Polen): Herbert wurde 1908 geboren, Susanna (Suse) 1912 und Marianne (Miriam) 1916. Als Oberschlesien nach dem Ersten Weltkrieg zu Polen gehörte, zog die Familie von Kattowitz (Katowice) nach Breslau (Wroclaw). Dort betrieb Robert Altmann ein Haushalts- und Eisenwarengeschäft, was der Familie ein relativ gutes Leben ermöglichte. Dennoch ließ sich das Ehepaar nach einigen Jahren scheiden. Die Kinder blieben bei der Mutter, Elli Altmann, die später mit ihnen nach Berlin zog.

In den 1930er Jahren verließen alle drei Kinder Berlin: Herbert konnte sich als Kommunist schon bald nach dem Aufkommen des Nationalsozialismus durch Flucht vorerst retten.
Susanna heiratete Dr. Herbert Kaiser und zog mit ihrem Mann nach Breslau. Sie bekamen einen Sohn mit Namen Jonathan. Marianne (Miriam) schloss sich einer zionistischen Jugendorganisation an und emigrierte 1935 nach Palästina, das damals unter britischer Verwaltung stand.

Elli Altmann fühlte sich zunehmend vereinsamt in Berlin. Daher machte sie 1937 eine Reise nach Palästina zu ihrer Tochter. Miriam (Marianne) lebte und arbeitete in einem Kibbuz, einer landwirtschaftlichen Kommune. Da sich die Situation für jüdische Menschen in Deutschland zunehmend verschlechterte, unternahm die Tochter große Anstrengungen, ihre Mutter in Palästina zu behalten. Elli jedoch schreckte vor einem körperlich beschwerlichen Leben in dem damals unterentwickelten Land zurück, auch fehlte ihr die deutsche Kultur und Zivilisation. Deshalb entschloss sie sich, wieder nach Hause zurückzukehren.

Sie lebte dann in der Motzstraße 87 als Untermieterin bei Jenny Wollmann (geboren 1857 in Berlin) und Ottilie Wollmann (geboren 1882 in Berlin), vermutlich deren Tochter. Beide Frauen wurden am 27. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Ottilie war 60 Jahre alt, ihre Mutter Jenny 84.

Elli Altmann beschrieb in ihren Briefen an Miriam (Marianne) die wachsende Verzweiflung über ihre Lebensumstände unter der Nazi-Herrschaft. Sie äußerte jedoch auch einige Hoffnung auf grundlegende Verbesserungen, die aber nicht erfüllt wurde. Am 27. November 1941 wurde sie von zu Hause abgeholt und mit dem ersten Transport von Berliner Juden nach Riga deportiert. Sie wurde drei Tage später, am 30. November 1941, bei einer Massenerschießung im Wald von Rumbula nahe Riga ermordet.
Viele von Elli Altmanns Verwandten überlebten nicht:
Robert Altmann, ihr früherer Ehemann, starb 1938 im Konzentrationslager Buchenwald.
Herbert Altmann, ihr Sohn, hatte eine serbische Frau geheiratet, mit der er nach Jugoslawien zog. Dort wurde das Ehepaar von einer örtlichen faschistischen Miliz ermordet. Das war Ende 1944 oder Anfang 1945. Sie hinterließen zwei kleine Kinder.
Tochter Susanna, deren Ehemann Dr. Herbert Kaiser und Sohn Jonathan wurden im Juni 1943 nach Theresienstadt deportiert, wo Dr. Kaiser im Juni 1944 starb. Seine Frau Susanna und Sohn Jonathan wurden im Oktober 1944 nach Auschwitz in den Tod geschickt.
Miriam (Marianne) arbeitete, lebte und gründete eine Familie in Israel. Am selben Tag, an dem Elli Altmann in Berlin aus ihrer Wohnung abgeholt wurde, bekam ihre Tochter Miriam ihr erstes Kind, also Ellis älteste Enkeltochter, die in der Nähe von Tel Aviv geboren wurde. Ihre vielen Enkelkinder, Großenkelkinder und Urgroßenkelkinder leben heute in Israel, Serbien und England.

Elli Altmann, geb.Boehm, was born 27.1.1886, in Eichenau Oberschlesien (now Wojcice in Poland). She married Robert Altmann and they lived in Kattowitz with their three children: Herbert, born 1908, Susanna (Suse), born 1912, Marianne (Miriam), born 1916. The family left Kattowitz and moved to Breslau when Upper Silesia was annexed to Poland after World War I. In Breslau, Robert Altmann had a houseware-ironware store, and the family was relatively well-off. Several years later the Altmanns were divorced, and the children remained with their mother, later moving with her to Berlin. In the 1930s all the children left Berlin: Robert, a communist, escaped after the rise of Nazism; Susanna got married and moved with her husband to Breslau, and Marianne-Miriam joined a Zionist youth group and emigrated to British Palestine (in 1935). Increasingly lonely at home in Berlin, Elli made a trip to Palestine in 1937, to visit her daughter in the kibbutz (agricultural commune) where she worked and lived. Given the worsening situation for Jews in Germany, the daughter made great efforts to convince Elli to stay in Palestine; but Elli, deterred by the physical hardship of living in that undeveloped country, and missing German culture and civilization, decided to return home. In her letters to Miriam afterwards she expressed growing despair at the situation under Nazi rule, yet also some hope that conditions would ultimately improve. She did not live to see the improvement: Elli Altmann was taken from home on November 27, 1941, transported to Riga [in the first trainload of Berlin Jews sent eastward], and executed by gunfire in the Rumbula Forest massacre near Riga (30.11.1941). Many of her relatives did not survive: Robert Altmann, her former husband, died in Buchenwald concentration camp in 1938; her son Herbert Altmann, who married a Serbian woman, moved to Yugoslavia, where he and his wife were assassinated by members of a local fascist militia late in 1944 or early in 1945 (leaving two small children); her daughter Susanna with her husband Dr. Herbert Kaiser and their son Jonathan were transported to Theresienstadt in June 1943, where Dr.Kaiser died (June 1944), whereas his wife and son were sent to their death in Auschwitz (October 1944). Her daughter Marianne-Miriam lived, worked productively and raised a family in Israel; she died in 2011. On the same day when Elli Altmann was taken from her Berlin home to die in Riga, her eldest granddaughter was born near Tel Aviv. Elli Altmann’s grandchildren, great-grandchildren, and great-great-grandchildren now live in Israel, Serbia and England.

Text: Elat und Giora Kulka aufgrund von Familienerinnerungen.
Übersetzung ins Deutsche: Elke Elsner