Stolpersteine Helmstedter Straße 29

Hauseingang Helmstedter Straße 29, Foto: H.-J. Hupka

Hauseingang Helmstedter Straße 29, Foto: H.-J. Hupka

Diese Stolpersteine wurden am 2.12.2013 verlegt und gespendet von Katrin Puhlmann, Martin Ziegler, Renate Fabriz, Annekatrin Mehle, Bastian Mehle, Christine Behr, Manfred Eisner und Gerd Behrens.

Stolperstein Fritz Strauss, Foto: H.-J. Hupka

Stolperstein Fritz Strauss, Foto: H.-J. Hupka

HIER WOHNTE
FRITZ STRAUSS
JG. 1904
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Fritz Strauss wurde am 27. Dezember 1904 in Frücht/Sankt Goarshausen als erster Sohn von Leopold Strauss (lt. Heiratsurkunde Anschel Löb Straus, *23. Oktober 1875 in Frücht, Kreis Gorshausen) und Ida, geborene Falkenstein (*25.7.1884 in Konitz, Westpreußen), geboren. Leopold und Ida Strauss heirateten am 19. Oktober 1903 in Berlin. 1909 kam Fritz‘ Bruder Kurt auf die Welt, 1914 schließlich als letzter der Bruder Werner. Der Vater Leopold Strauss war Schneidermeister, er betrieb einen Herren- und Damensalon in der Französischen Straße 49 in Berlin-Mitte.

Fritz besuchte ab 1910 das Friedrichsgymnasium, später ein humanistisches Gymnasium, das er in der Prima verließ. Er ging für ein halbes Jahr zur Danat Bank, anschließend machte er eine kaufmännische Lehre bei der Firma Ferrona Stahl, einer holländischen Stahlhandelsgesellschaft. Als er 15 Jahre alt war, lernte er seine spätere Frau Katharina (genannt Käthe) Weinberg kennen.

Autorin: Angelika Hermes

Stolperstein Katharina Strauss, Foto: H.-J. Hupka

Stolperstein Katharina Strauss, Foto: H.-J. Hupka

HIER WOHNTE
KATHARINA STRAUSS
JG. 1906
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Katharina Strauss geb. Weinberg, war am 15. März 1906 als Tochter von Adolf Weinberg (*1. Februar 1877 in Thorn/Westpreußen) und Emma Erna geborene Konschewski (*11. Mai 1877 in Neidenburg/Ostpreußen) in Berlin geboren. Adolf und Emma Weinberg heirateten am 21. Juni 1904 in Berlin. Katharinas Vater handelte engros mit Damenhüten, das Geschäftslokal befand sich in der Krautstraße 37 in Mitte, später Dönhoffplatz bzw. Lindenstraße, ab 1934 in der Alten Jakobstraße 92, wo die Familie dann auch wohnte.

Fritz Strauss war noch nicht 21 Jahre alt, als er 1924 Katharina Weinberg heiratete. Sein Schwiegervater nahm ihn in sein Geschäft auf, zunächst als kaufmännischen Angestellten im Ein- und Verkauf, später als Teilhaber.

Autorin: Angelika Hermes

Stolperstein Evelyn Strauss, Foto: H.-J. Hupka

Stolperstein Evelyn Strauss, Foto: H.-J. Hupka

HIER WOHNTE
EVELYN STRAUSS
JG. 1926
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

1926 wurde die Tochter Evelyn geboren, die Familie wohnte in Tempelhof in der Konradinstraße 13. Mitte der 1930er Jahre zog die Familie in die Helmstedter Straße 29 in eine 5-Zimmer-Wohnung. Fritz erzielte damals ein jährliches Einkommen von 6.000,— Reichsmark, sodass er die Wohnung gediegen einrichten konnte. 1942 betrug die Miete 284,20 RM monatlich.

Am 28. Oktober 1933 wurde Fritz Strauss wegen illegaler Betätigung für die SPD festgenommen und am 10. Januar 1934 in das Hausgefängnis der Gestapo Berlin eingeliefert. Wann er wieder entlassen wurde, ist unbekannt. Seine Mutter Ida Strauss gab nach dem zweiten Weltkrieg an, Fritz sei im Jahr 1935 für 8 Monate in das Gefängnis Moabit gebracht und bei einer anschließenden Gerichtsverhandlung freigesprochen worden. Jedenfalls wurde er frühzeitig zur Zwangsarbeit herangezogen, 1937 im Tief- und Hochbau, später in einer Fabrik.

Autorin: Angelika Hermes

Stolperstein Judith Strauss, Foto: H.-J. Hupka

Stolperstein Judith Strauss, Foto: H.-J. Hupka

HIER WOHNTE
JUDITH STRAUSS
JG. 1938
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

1935 emigrierte sein Bruder Kurt nach Palästina, 1939 folgte sein Bruder Werner. 1936 wurde der Sohn Hans-Michael geboren, 1938 die Tochter Judith . Damals konnte die Familie Strauss noch eine jüdische Haustochter beschäftigen, Susanna Wasserberg, später Schoschanah Kesten. Sie konnte nach Palästina flüchten.

1937 wurde das Geschäft Strauss und Weinberg, Damenhüte en gros, durch das Naziregime geschlossen, im Jahr 1938 der Modesalon von Leopold Strauss. Nach der Schließung der Firma Strauss und Weinberg versuchte Fritz Strauss, den Lebensunterhalt für die Familie als Handelsvertreter zu verdienen. In die 5-Zimmer-Wohnung wurden drei jüdische Menschen zwangseingewiesen: das Ehepaar Aenne Lewy, geb. Wallheimer, und Isidor Lewy, das zuvor in der Helmstedter Straße 19 gewohnt hatte, und Hans Borchardt. Deren Namen sind in den Opferlisten nicht zu finden, vermutlich konnten auch sie aus Deutschland fliehen.

Autorin: Angelika Hermes

Stolperstein Hans Michael Strauss, Foto: H.-J. Hupka

Stolperstein Hans Michael Strauss, Foto: H.-J. Hupka

HIER WOHNTE
HANS-MICHAEL
STRAUSS
JG. 1936
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Am 13. Juni 1942 wurden die Eltern von Katharina Strauss, geb. Weinberg nach Sobibor deportiert, am 7. Juli 1942 wurden die Eltern Strauss nach Theresienstadt deportiert, am 15. August 1942 wurden Fritz und Katharina Strauss mit ihren drei minderjährigen Kindern Evelyn, Hans-Michael und Judith nach Riga deportiert, wo sie unmittelbar nach ihrer Ankunft am 18. August 1942 ermordet wurden.

Die Eltern von Fritz Strauss, Leopold und Ida Strauss, überlebten Theresienstadt und kehrten im August 1945 nach Berlin zurück. 1947 wanderten sie nach Israel aus, wo Leopold Strauss 1950 starb. Da Ida Strauss das Klima in Israel nicht vertrug, kehrte sie Anfang der 1950er Jahre nach Berlin zurück. Doch nach einigen Jahren ging sie wieder zurück nach Israel, wo sie am 22.November 1965 starb.

Die Eltern von Katharina Strauss, Adolf und Emma Erna Weinberg, wurden in Sobibor ermordet.
Kurt Strauss, der jüngere Bruder von Fritz Strauss, hatte Regina geheiratet, ihre Kinder sind Michael Strauss, Alisa Even-Tow und Malka-Arielle Strauss, sie leben in Israel.
Der Bruder Werner Louis Strauss änderte seinen Namen in Zwi-Shimshon Shapir, heiratete Jehudit, ihre Kinder sind Offer, Ayala und Ruth, sie leben ebenfalls in Israel.

Quellen: Bundesarchiv, Berliner Adressbücher, Landesamt für Ordnungsangelegenheiten, Entschädigungsbehörde, Berliner Gedenkbuch, Gedenkbuch des Bundesarchivs, Yadvashem-Datenbank, Jüdische Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945.

Autorin: Angelika Hermes

Stolperstein Frieda Baumgarten, Foto: H.-J. Hupka

Stolperstein Frieda Baumgarten, Foto: H.-J. Hupka

HIER WOHNTE
FRIEDA BAUMGARTEN
JG. 1877
DEPORTIERT 17.7.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET

Frieda Baumgarten wurde am 30. August 1877 als Tochter des Kaufmanns Moritz Baumgarten (geboren am 22. Juli 1846 in Bomst) und seiner Frau Johanna Chaja geborene Bambus in Frankfurt/Oder geboren. Ihr Bruder Hermann kam am 13.5.1880 auf die Welt. Die Familie zog um die Jahrhundertwende nach Berlin und wohnte am Schleswiger Ufer 2 II. Friedas Mutter starb 1903 und wurde auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beigesetzt. Frieda blieb ledig und wohnte mit ihrem Vater und ihrem Bruder in der Ziethenstraße 6c. 1909 bot sie in einer Annonce im Berliner Tagblatt Klavierunterricht für Anfänger und Vorgeschrittene, speziell für Kinder an. 1914 heiratete ihr Bruder Hermann die evangelische Stefanie Metzger, die Söhne Karl und Heinz wurden 1914 bzw. 1916 geboren. Ab 1915 veröffentlichte Frieda Baumgarten in mehreren Zeitungen, so dem Berliner Tagblatt, der Alpenzeitung und dem Hamburger Anzeiger Kochrezepte und Haushaltstricks. Von 1920 an wohnte sie mit ihrem Vater in der Passauer Straße 16 im Zwischengeschoss. Moritz Baumgarten starb am 13. Februar 1922, er wurde neben seiner Frau Johanna, seinem Bruder Gustav, der bereits 1913 gestorben war, und dessen Frau Marianne, einer Schwester seiner Frau auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee beigesetzt. 1923 bezeichnete sich Frieda Baumgarten im Adressbuch als Privatlehrerin. 1931 zog sie in die Helmstedter Straße 29 Gartenhaus parterre, sie hatte einen Telefonanschluss (im Telefonbuch nannte sie sich Frida) und als Beruf gab sie Schriftstellerin an. Frieda Baumgarten war die Autorin des 1928 erschienenen Buches : Verdienstmöglichkeiten der Frau: ein Wegweiser für nicht vorgebildete Frauen aller Stände, 1932 erschien ihr Buch :“ 1200 Antworten auf 1200 Fragen. 1200 Hausfrauenkniffe. Ein nie versagender Ratgeber für Haushalt und Küche“. Das Werk wurde so gut nachgefragt dass es 1936 zu einer weiteren Auflage kam mit bis zu 70 Tausend Exemplaren.

1939 wohnte sie zusammen mit der nichtjüdischen Lina Moritz, geboren am 8. Juni 1868 in Tilsental( Buttkuhnen),Tilsit, Ragnit, Ostpreußen. Am 17. Juli 1942 wurde sie mit dem 24. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert, von dort am 19. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka, wo sie vermutlich unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet wurde. Ihren Vermögenserklärung wurde nicht gefunden und nach dem Ende des 2. Weltkrieges stellte niemand Entschädigungsansprüche. Ihr Bruder Hermann war vermutlich beruflich bedingt nach Starnberg gezogen und 1927 von dort nach Den Haag. 1928 folgte seine Frau Stephanie mit den beiden Söhnen. Sein weiteres Schicksal ist ungeklärt. Die beiden Söhne überlebten, sie waren in Holland erfolgreiche Leichtathleten.

11.8.2016

Quellen:

(BArch)
(BerAdr)
(Statistik des Holocaust)
(BlnGB)
(BaGB)
(YadVa)
(Holocaust.cz)
(Telefonbuch von Berlin 1937, 1939)
(abebooks.de)
(google.books)