HIER WOHNTE
HERMANN
LÖWENSTEIN
JG.1886
VERHAFTET 1.9.1942
SACHSENHAUSEN
DEPORTIERT OKT. 1942
AUSCHWITZ
ERMORDET 5.11.1942
Die Stolpersteine für das Ehepaar Löwenstein wurden am 10.11.2013 verlegt.
Hermann Löwenstein wurde am 11. Juli 1886 in Krefeld geboren. Nach 1900 zog er nach Berlin und arbeitete hier zunächst als Tapezierer und Schaufensterdekorateur. Nach seiner Heirat mit Lucie Löwenstein 1910 in Berlin zog er in eine Zweieinhalb-Zimmerwohnung im Gartenhaus der Suarezstraße 21. 1913 wurde der erste und einziger Sohn Alfred geboren.
Im 1.Weltkrieg war Hermann Löwenstein Soldat, wahrscheinlich in einer jüdischen Kompanie. Nach seiner Rückkehr wurde er Generalvertreter für Textilwaren einer Chemnitzer Textilfirma in Berlin und Umland. Er verdiente gut, konnte ein Büro in der Leipziger Straße 94 einrichten und 1930 mit seiner Familie in eine große Vier-Zimmerwohnung im Vorderhaus der Suarezstraße 21 umziehen.
Wie bei allen jüdischen Menschen nahm mit der Machtübernahme Hitlers 1933 seine berufliche Entwicklung ein jähes Ende, wie ein gut befreundeter Nachbar später bestätigte:
bq. Nach 1933 gingen seine Umsätze bedeutend zurück, da er als Jude Vertretungen verlor und viele Kunden nicht mehr bei ihm kauften.
Ende 1938 mussten Lucie und Hermann Löwenstein ihre Wohnung räumen und als Untermieter einer jüdischen Familie in die Spichernstraße ziehen. Gleichzeitig zerstörte das „Gewerbeverbot für Juden“ ihre Lebensgrundlage. Sie mussten Wohnungseinrichtungsteile und das Warenlager billig verkaufen. Der Versuch Hermann Löwensteins, mit dem Erlös Devisen für eine Flucht ins Ausland zu beschaffen, scheiterte. 1940 verurteilte ihn das Landgericht Bonn wegen Devisenvergehens zu einer einjährigen Haftstrafe.
Nach seiner Entlassung wurden die Löwensteins nochmals zwangsweise umquartiert in eine kleine Wohnung in der Prinzregentenstraße 75. Hier holte die Gestapo Hermann Löwenstein am 1.9.1942 ab – möglicherweise im Rahmen einer Racheaktion gegen Juden nach der Ermordung von Reinhard Heydrich – und deportierte ihn in das KZ Sachsenhausen. Von dort wurde er im Oktober 1942 in das KZ Auschwitz deportiert. Ende 1942 erhielt seine Frau Lucie eine Mitteilung des Deutschen Roten Kreuzes mit seinem Todesdatum, dem 5.11.1942.
Lucie Löwenstein, geb. Löwenstein, wurde am 1.Oktober 1886 in Berlin geboren und lebte bis zu ihrer Heirat 1910 bei ihren Eltern in der Krausnickstraße 9 in Berlin-Mitte. Mit ihrem Ehemann Hermann Löwenstein (siehe dort) zog sie in eine Zweieinhalb-Zimmerwohnung im Gartenhaus der Suarezstraße 21, in der 1913 auch ihr Sohn Alfred 1913 geboren wurde. Er war ihr einziges Kind.
Sie führte den Haushalt in dieser wie in der 1930 bezogenen größeren Wohnung im Vorderhaus. Die Entrechtung und Isolierung der jüdischen Menschen nach der Machtübernahme Hitlers 1933 brachte sie sicher auch dazu, den Ausreiseplan ihres Sohnes Alfred zu unterstützen. Ihm gelang die Flucht in die USA noch vor 1938. Dort nahm er den Namen Fred Lowe an und lebte und arbeitete in Madison in Wisconsin. 1959 stellte er als einziger Nachkomme einen Entschädigungsantrag in Berlin und erhielt eine geringe „Entschädigung“ für Vermögens- und Berufsschaden.
Nach dem Novemberpogrom 1938 erließen die Nazis weitere „Judengesetze“, in deren Folge Lucie und Hermann Löwenstein u.a. ihre Wohnung räumen, als Untermieter einer jüdischen Familie in die Spichernstraße ziehen und Teile der Wohnungseinrichtung und das Warenlager verkaufen mussten. Lucie Löwenstein unterstützte sicher ihre gemeinsamen Ausreisepläne und den Versuch, dafür Devisen zu beschaffen. Der Versuch scheiterte und ihr Ehemann musste wegen Devisenvergehens ein Jahr Haft in Bonn verbüßen. Befreundete Nachbarn versorgten sie ab dieser Zeit mit Lebensmitteln.
Die Familie musste 1942 nochmals umziehen in die Prinzregentenstraße 75. Nachdem Hermann Löwenstein bereits am 1.9.1942 von der Gestapo verhaftet worden war, wurde Lucie am 2. März 1943 ebenfalls von der Gestapo „abgeholt“ und mit mehr als 1700 ZwangsarbeiterInnen aus „kriegswichtigen Betrieben“ (die berüchtigte „Fabrikaktion“) vom Güterbahnhof Moabit in der Putlitzstraße mit dem sog. „32. Osttransport“ in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Nur 45 Frauen wurden als Häftlinge in das Lager eingewiesen. Alle anderen wurden sofort zu den Gaskammern gebracht und ermordet.
Lucie Löwenstein wurde am 2. März 1943 nach Auschwitz deportiert und sofort nach Ankunft in den Gaskammern ermordet.
Recherche und Text: Lothar Schaeffer