Stolpersteine Fasanenstr. 22

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Diese von Bernd Schicke (Berlin) gespendeten Stolpersteine sind am 29.10.2013 in Anwesenheit weitläufiger Verwandter verlegt worden.

Stolperstein Frieda Schubert, Foto:H.-J. Hupka, 2013

Stolperstein Frieda Schubert, Foto:H.-J. Hupka, 2013

HIER WOHNTE
FRIEDA SCHUBERT
JG. 1883
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
11.3.1943

Stolperstein Margarethe Schubert, Foto:H.-J. Hupka, 2013

Stolperstein Margarethe Schubert, Foto:H.-J. Hupka, 2013

HIER WOHNTE
MARGARETHE
SCHUBERT
JG.1894
FLUCHT IN DEN TOD
11.3.1943

Frieda und Margarethe Schubert, Bilderquelle: Familienarchiv Bernd Schicke

Frieda und Margarethe Schubert, Bilderquelle: Familienarchiv Bernd Schicke

Die Schwestern Frida Schubert und Margarethe Schubert wohnten in der Fasanenstraße 22 im Gartenhaus. Dieses Haus nahe der Ecke zum Kurfürstendamm mit einem prächtigen Portal gehörte wie auch die Nachbarhäuser 22, 23, 24, 27 und 29 früher der Wertheim Grundstücksgesellschaft mbH. Der einer jüdischen Familie aus Stralsund gehörende Wertheim-Konzern ist 1937 von den Nationalsozialisten enteignet worden. 1940 wurde die Allgemeine Warenhaus Gesellschaft AG (AWAG) als Eigentümerin des Wertheim-Immobilienbesitzes eingetragen. Heute befindet sich in der Fasanenstraße 22 das Hotel Augusta.

Frida Schubert ist am 21. Februar 1883 in Berlin geboren, Margarethe Schubert am 31. Januar 1894 ebenfalls in Berlin. Es gab noch eine dritte Schwester Charlotte (26.9.1888-20.2.1935), über deren Lebenslauf nichts Näheres bekannt ist, sowie einen Bruder Hermann (21.7.1895-11.12.1987), der den Holocoust überlebt hat und nach den Zweiten Weltkrieg nach Amerika ausgewandert ist.

Wo Frida und Margarethe Schubert Ende der 1930er/Anfang der 1940er Jahre gewohnt haben, ist nicht ganz eindeutig. Jedenfalls standen die Schwestern in keinem der Berliner Adressbücher. Im Einwohnermelderegister vom 17.5.1939 waren sie unter der Adresse Hochsitzweg 17 in Zehlendorf eingetragen. Ab 1.3.1941 tauchte auch die Anschrift Joachim-Friedrich-Straße 7 in Halensee auf. In einer im Brandenburgischen Landeshauptarchiv erhaltenen Vermögenserklärung von 1943 gaben sie an, Fasanenstraße 20 gewohnt zu haben. In den Karteikarten des Jüdischen Friedhofs Weißensee steht als letzter Wohnort die Fasanenstraße 22, was als glaubwürdig gelten darf.

Eindeutig dokumentiert ist, dass Frida und Margarethe Schubert an Vergiftungen gestorben sind. Dies ist vom Jüdischen Krankenhaus, wohin beide eingeliefert wurden, und vom Centrum Judaicum bestätigt. Anscheinend war geplant, Frida und Margarethe Schubert am 4. März 1943 nach Auschwitz zu deportieren. Diesem Schicksal, das sie schon vielfach in der Nachbarschaft und in der Bekanntschaft miterlebt hatten, versuchten sie sich durch den Freitod zu entziehen. Möglicherweise, so wird vermutet, hat die Einnahme des Giftes aber nicht gleich tödlich gewirkt, sondern sie wurden zunächst ins Jüdische Krankenhaus transportiert und sind dann dort am 11. März 1943 gestorben.

Luise Schubert, die Frau von Hermann Schubert, also die Schwägerin der Schwestern, schrieb damals in ihr Tagebuch: “Aufregend war es mit meinen Schwägerinnen Frieda und Grete (Margarethe). Jetzt traf auch ihnen die Abholung am Montag, d. 8.3.1943. Am Donnerstag 11.3. bekam Männe (der Bruder Hermann Schubert) die Nachricht vom Jüdischen Krankenhaus und besuchte auch gleich das Krankenbett, aber leider zu spät. Beide Schwestern hatten den Freitod gewählt. Am Sonntag, d. 21.3.1943, betteten wir sie zur letzten Ruhe. Es war sehr schmerzlich, waren es doch gute, liebe Schwestern. Und mit großem Schmerz ging das Leben weiter …”

Angeblich sollen sie Untermieterinnen bei Johanna Nathan gewesen sein, die aber nicht zweifelsfrei auffindbar ist. Eine am 11. Oktober in Schwedt (Brandenburg) geborene Frau dieses Namens, von der nur klar ist, dass sie in Berlin wohnte, ist am 12. März 1943 – also dem Tag nach den Selbstmorden von Frida und Margarethe Schubert – nach Auschwitz deportiert worden – es könnte also ein Zusammenhang bestehen.

Quellen: Tagebuch von Luise Schubert; Friedhof Weißensee; Jüdisches Krankenhaus; Centrum Judaicum; Adressbücher 1939-1941; Bundesarchiv; Brandenburgisches Landeshauptarchiv

Recherchen und Material: Bernd Schicke, Text: Helmut Lölhöffel

  • Karteikarten des Jüdischen Friedhofs Weißensee

    Friedhofsunterlagen Familie Schubert

    PDF-Dokument (1.7 MB)