Stolpersteine Augsburger Straße 33

Hausansicht Augsburger Str. 33

Diese Stolpersteine wurden am 8.6.2013 verlegt und sind vom Berthold-Auerbach-Literaturkreis in Horb am Necker gespendet worden. Bei der Verlegung der Stolpersteine zum Gedenken an seinen Vater und seinen Onkel waren der 84jährige Peter Auerbach und seine Frau Brigitta anwesend.

Stolperstein Peter Lorenz Auerbach

Stolperstein Peter Lorenz Auerbach

HIER WOHNTE
PETER LORENZ
AUERBACH
JG. 1892
DEPORTIERT 17.11.1941
KOWNO FORT IX
ERMORDET 25.11.1941

Stolperstein Kurt Auerbach

Stolperstein Kurt Auerbach

HIER WOHNTE
KURT AUERBACH
JG. 1893
ENTRECHTET / GEDEMÜTIGT
FLUCHT IN DEN TOD
24.3.1941

Peter und Kurt B. Auerbach stammten aus einer bekannten Familie, die bereits in der dritten Generation in Berlin lebte. Ihr Großvater war der zu Lebzeiten gefeierte Schriftsteller Berthold Auerbach (1812-1882), Autor der bis heute bekannten „Schwarzwälder Dorfgeschichten“. Ihr Vater, Eugen B. Auerbach (1852-1922), war promovierter Jurist und als Notar und Rechtsanwalt in Berlin tätig. Seine Kanzlei lag in der Lindenstraße 16/17 im Berliner Südwesten. Eugen B. Auerbach heiratete im Jahre 1891 Elise Treitel, und in den nächsten zwei Jahren kamen ihre Söhne Peter und Kurt auf die Welt. Beide Ehepartner waren vom jüdischen zum christlichen Glauben übergetreten und ließen ihre Söhne evangelisch-uniert taufen. Der Jüngere der beiden hatte als Taufpaten den Schriftsteller Gustav Freytag (1816-1895, „Soll und Haben“), einen Freund seines Großvaters Berthold Auerbach.

Peter Auerbach wurde am 6. Oktober 1892 in Berlin geboren. Er studierte an verschiedenen deutschen Universitäten sowie in Oxford und Paris Architektur. Während des Ersten Weltkriegs diente er als Kriegsfreiwilliger. In den 1920er Jahren arbeitete Peter Auerbach als Dolmetscher und technisch-juristischer Fachübersetzer, vor allem für Englisch. In den 1930er Jahren kamen Übersetzeraufgaben dazu, insbesondere für aus Deutschland emigrierende Juden.

1923 verlobte sich Peter Auerbach mit Elsa Unterwegner aus Radolfzell, die an der Berliner Kunstgewerbeschule studierte. Die Hochzeit wurde auf finanziell bessere Zeiten verschoben, die jedoch nicht mehr kommen sollten. 1929 kam ihr erster Sohn Helmut auf die Welt, 1933 wurde der zweite Sohn Joachim geboren. Da Peter Auerbach und Elsa Unterwegner weiterhin unverheiratet waren, unterstanden beide Kinder der Amtsvormundschaft und wurden ab 1933 von den Nationalsozialisten gegen den Willen ihrer Eltern in unterschiedlichen Heimen untergebracht, in denen sie auf Grund ihrer „nicht-arischen“ Abstammung ausgegrenzt und diskriminiert wurden. Der Kontakt zu ihrem Vater war den beiden Jungen untersagt und konnte lediglich ab und zu heimlich stattfinden.

Elsa Unterwegner wurde wegen ihrer Beziehung zu Peter Auerbach als „Rassenschänderin“ angeprangert und musste viele Demütigungen hinnehmen. Ihre finanzielle Situation war äußerst schwierig. Dennoch hielt sie zu Peter Auerbach und bemühte sich mehrfach um die Erlaubnis, ihn doch noch heiraten zu dürfen, jedoch wurde dies von den nationalsozialistischen Behörden unter Berufung auf die Nürnberger Rassegesetze nicht gestattet. Peter Auerbach verdiente sich weiterhin durch Übersetzungen einen geringen Lebensunterhalt. Auch die Treffen mit Elsa mussten mit der zunehmenden Verfolgung heimlich stattfinden.
Am 17. November 1941 wurde Peter Auerbach gemeinsam mit 1005 weiteren Menschen in das litauische Kowno deportiert, am 25. November 1941 ist er erschossen worden.
1956 wurde rückwirkend die Ehe von Peter Auerbach und Elsa Unterwegner anerkannt. Das Datum der Eheschließung wurde auf den 6. Oktober 1941 festgesetzt, auf den letzten Geburtstag Peter Auerbachs vor seiner Deportation.

Kurt B. Auerbach kam 1893 in Berlin auf die Welt. Er studierte Rechtswissenschaften und wurde – nach seiner Zeit als Kriegsfreiwilliger im Ersten Weltkrieg und dem Justizvorbereitungsdienst – 1922 zum Gerichtsassessor ernannt. Kurt Auerbach erlangte seine Zulassung als Rechtsanwalt bei den Berliner Land- und Amtsgerichten und wurde 1929 mit der Ernennung zum Notar verbeamtet. Er war mit Tessa, geb. Schönitz, verheiratet. 1923 kam ihre gemeinsame Tochter Helga zu Welt. Tessa Auerbach erkrankte an Tuberkulose und starb im Mai 1931.

Nachdem am 7. April 1933 das „Gesetz zur Zulassung zur Rechtsanwaltschaft“ erlassen worden war, das besagte, dass Rechtsanwälten, deren Abstammung als „nicht-arisch“ galt, die Zulassung entzogen werden konnte, kämpfte Kurt Auerbach darum, weiterhin als Rechtsanwalt tätig sein zu dürfen. Zwar hatte er zunächst Erfolg, im Oktober 1935 wurde er jedoch „bis auf weiteres beurlaubt“, und im Februar 1936 wurde ihm gänzlich verboten, als Notar tätig zu sein. Im November 1938 wurde seine Zulassung als Rechtsanwalt zurückgenommen, so dass Kurt Auerbach ab diesem Zeitpunkt ausschließlich die Tätigkeit als „jüdischer Konsulent“ erlaubt war, das heißt, er durfte nur noch Juden rechtlich beraten und vor Gericht vertreten. Dabei wurden ihm gewisse Rechte aberkannt, so zum Beispiel das Tragen einer Anwaltsrobe oder das Betreten des Anwaltszimmers. Und auch diese Tätigkeit durfte er nur „unter Vorbehalt des Widerrufs“ und zeitlich beschränkt ausüben.
Über das Leben Kurt B. Auerbachs nach dem endgültigen Berufsverbot ist nichts bekannt. Am 24. März 1941 nahm er sich das Leben.

Seine damals 15jährige Tochter Helga konnte im Jahre 1938 gemeinsam mit der Großmutter nach England flüchten und auf diese Weise der Verfolgung in Deutschland entkommen. Ihr Sohn, Kurt Auerbachs einziger Enkel, lebt mit seiner Familie in Yorkshire.

Text: Corinna Felsch

Brigitta und Helmut Auerbach und Helmut Lölhöffel vor der Augsburger Straße 33

Brigitta und Helmut Auerbach und Helmut Lölhöffel vor der Augsburger Straße 33

Helmut Auerbach, der Sohn von Peter Auerbach und Neffe von Kurt B. Auerbach, hat gewünscht, dass die Stolpersteine vor dem Haus in der Augsburger Straße 33 in Charlottenburg-Wilmersdorf verlegt werden, der Wohnung der Verlobten Peter Auerbachs, der Mutter seiner Söhne, die er aufgrund der Nürnberger Rassegesetzte nicht heiraten durfte. Hier fanden die geheimen Treffen Peter Auerbachs mit seiner Verlobten statt, sodass Helmut Auerbach diese Wohnung als den gemeinsamen Lebensmittelpunkt der Familie in Erinnerung hat.

Bei der Verlegung der beiden Stolpersteine las Helmut Auerbach einen bewegenden Brief seines Vaters an seine Mutter aus dem Jahr 1943 vor. Darin nahm Peter Auerbach, der seiner Deportation entgegensah, Abschied und äußerte sich dankbar, wie es ihm „immer wieder möglich gemacht wurde, dass ich unvergessliche Stunden mit meinen Kindern verleben durfte“. Helmut Auerbach war zwangsweise in ein von Franziskaner-Mönchen geleitetes Waisenhaus gesteckt worden, ihm wurde „die Jugend geraubt“, er blieb ohne Ausbildung und Beruf und musste sich als Anstreicher durchschlagen.

Siehe auch http://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.horb-a-n-helmut-auerbach-berichtet-ueber-schicksal-seiner-familie

Helmut Auerbach ist am 6. Juli 2013 gestorben.