HIER WOHNTE
HELENE VALFER
GEB. HERZ
JG. 1873
DEPORTIERT 28.8.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 26.2.1943
Helene Valfer ist am 11. März 1873 in Idar-Oberstein, einer Edelsteinstadt an der Nahe im Hunsrück, geboren. Mit Mädchennamen hieß sie Herz. Sie heiratete und wohnte zuletzt in Charlottenburg an der Gotha-Allee 17 wo sie 1939 als Untermieterin bei Bauer gemeldet war. Auf den Deportationslisten ist dieser Name mit dieser Anschrift nicht auffindbar.
Deportiert wurde Helene Valfer, die als Witwe ohne Beruf registriert war, am 28. August 1942. Sie wurde von der Sammelstelle Große Hamburger Straße 26 zum Anhalter Bahnhof verschleppt und dort mit 100 Menschen – die meisten von ihnen waren älter als 70, die älteste 84 Jahre – in das Ghetto Theresienstadt nördlich von Prag geschafft. Dort ist sie fast ein halbes Jahr danach am 26. Februar 1943 ums Leben gebracht worden. Die Todesurkunde, die in Theresienstadt erhalten ist, nannte eine chronische Rückenmarkserkrankung als Ursache. Helene Valfer wäre wenige Tage danach 70 Jahre alt geworden.
Im Juni 2022 teilte der Fotograf Amos Schliack aus Hamburg mit, dass er in den 60er Jahren in Berlin, Neu-Westend, in der Bayernallee 16 aufgewachsen sei. Im Dachatelier dieses Hauses wohnte damals Erna Bauer-Valfer, mit der er sich angefreundet habe. Sie war die Tochter von Helene Valfer, geb Herz, die am 28. August 1942 nach Theresienstadt deportiert und dort am 26. Februar 1943 ums Leben gebracht wurde.
Erna Bauer-Valfer, die damals geschieden und alleinstehend war, erzählte dem jungen Amos an vielen Nachmittagen über ihr Leben – vor allem in der Zeit der Nazidiktatur und danach. Sie war mit dem nicht-jüdischen Herrn Bauer, einem Offizier, verheiratet gewesen und hatte mit ihm zwei Kinder. Trotz großen Drucks trennte er sich in der Nazizeit nicht von seiner Frau Erna und den Kindern, die überlebten. Die Familie wohnte in der Gotha-Allee 17 und nahm dort Ernas Mutter Helene Valfer auf.
Erna erinnerte sich genau an den Moment, als ihre Mutter von der Gestapo abgeholt wurde. „Sie drehte sich noch einmal zu mir um und sagte: „Judenschicksal”“. Erna ging danach in den Untergrund, weil auch sie durch eine sog. „Mischehe“ nicht mehr geschützt war. Sie zog sich eine Tuberkulose zu und verbrachte nach der Befreiung längere Zeit in einem Sanatorium. Später stellte sie einen Wiedergutmachungsantrag und musste ihn genau bei demselben Beamten einreichen, der vorher die Deportationslisten bearbeitet hatte.
Nachbarn und Ladenbesitzer verlangten von ihr sog. „Persilscheine“. So nannte man nach dem Zweiten Weltkrieg umgangssprachlich Bestätigungen, mit denen die in den Entnazifizierungsverfahren überprüften Personen vom Vorwurf der nationalsozialistischen Gesinnung „reingewaschen“ werden sollten.
Erna Bauer-Valfer, die das Trauma der Deportation und Ermordung ihrer Mutter nie verwunden hat, starb Anfang der 80er Jahre zutiefst verletzt und jeden Vertrauens beraubt.
Stolpersteine-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf
Quellen: Bundesarchiv, Deportationslisten, Opferdatenbank Theresienstadt