Stolpersteine Kantstr. 44-45

Hauseingang Kantstr. 44-45, Foto: J. Held, März 2013

Hauseingang Kantstr. 44-45, Foto: J. Held, März 2013

Diese Stolpersteine wurden am 21.7.2012 verlegt.

Stolperstein Martin Gumpert, Foto: J. Held, 5.3.2013

Stolperstein Martin Gumpert, Foto: J. Held, 5.3.2013

HIER WOHNTE
MARTIN GUMPERT
JG. 1890
DEPORTIERT 1943
AUSCHWITZ
28.1.1945 DACHAU
TODESMARSCH APRIL 1945
BEFREIT 29.4.1945
ÖTZTAL / ÜBERLEBT

Stolperstein Pauline Gumpert, Foto: J. Held, 5.3.2013

Stolperstein Pauline Gumpert, Foto: J. Held, 5.3.2013

HIER WOHNTE
PAULINE GUMPERT
GEB.SIMONSOHN
JG.1914
DEPORTIERT 12.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein Bela Gumpert, Foto: J. Held, 5.3.2013

Stolperstein Bela Gumpert, Foto: J. Held, 5.3.2013

HIER WOHNTE
BELA GUMPERT
JG.1942
DEPORTIERT 12.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein Mirjam Levy, Foto: J. Held, 5.3.2013

Stolperstein Mirjam Levy, Foto: J. Held, 5.3.2013

HIER WOHNTE
MIRJAM LEVY
JG.1882
DEPORTIERT 14.11.1941
GHETTO MINSK
???

Pauline Simonsohn wurde am 15. Februar 1914 als Tochter von Victor Simonsohn und seiner zweiten Frau Charlotte geb. Levy in Spandau geboren. Von Verwandten und Freunden wurde sie, die später nach ihrer Heirat Pauline Gumpert hieß, Paula genannt.

Paula war als Kind sehr krank. Sie litt an einer Wirbelsäulenerkrankung und musste lange im Gipsbett zubringen. Auch später durfte sie nichts Schweres tragen und als Sportart nur Schwimmen ausüben. Ihr Zwillingsbruder Hellmuth war ihr, auch auf dem Schulweg, eine große Hilfe. Und er war ihr bester Freund. Sie verlor ihn durch einen Unfall, als beide erst zehn Jahre alt waren. Paula besuchte danach das Spandauer Lyzeum (die heutige Lily-Braun-Schule) bis zum Abitur, obwohl das für die Familie eine starke finanzielle Belastung war. Ihr Vater starb, als sie gerade das Einjährige geschafft hatte und die Schule zum Geldverdienen hätte verlassen können. Aber sie blieb und bestand 1933 das Abitur. Der letzte Spandauer Rabbiner Arthur Löwenstamm prüfte sie in „Jüdischer Religionslehre“. Gerne wäre sie Bibliothekarin geworden, musste aber zunächst als Verkäuferin im Kaufhaus Sternberg arbeiten, später als Pflegerin in einem jüdischen Altersheim in Lichterfelde und schließlich als Fabrikarbeiterin in Zwangsarbeit bei Siemens. Ihre geplante Flucht nach England scheiterte, als 1939 mit Beginn des Zweiten Weltkriegs eine Auswanderung dorthin nicht mehr möglich war.

Am 1. April 1941 wurde ihr am 19. Juli 1894 in Spandau geborener Stiefbruder Gustav Simonsohn, der mit einer christlichen Frau verheiratet war, verhaftet und am 12. September 1941 in Buchenwald ermordet (ein Stolperstein liegt in Spandau). Am 11. Juli 1942 wurde dann auch ihre am 5. Dezember 1891 geborene Stiefschwester Käthe Simonsohn nach Auschwitz deportiert (ein Stolperstein liegt in Mitte) und dort ums Leben gebracht.

Am 8. November 1941 heiratete Paula Martin Gumpert . Sie lebte mit ihm in der Kantstraße 44 in der Wohnung ihrer Tante Mirjam Levy , geboren am 15. November 1882 in Guben (Brandenburg), deportiert am 14. November 1941 nach Minsk.

Am 6. August 1942 kam die Tochter Bela Gumpert zur Welt. Am 12. März 1943 wurden Paula, Martin und Bela zusammen nach Auschwitz deportiert. Paula und ihre kleine Tochter wurden sofort nach Ankunft des mit 942 Menschen voll besetzten, vom Bahnhof Grunewald am 12. März 1943 gestarteten Todeszugs in den Birkenauer Gaskammern ermordet. Paula wurde nur 29 Jahre alt und Bela nicht einmal ein Jahr.

Martin Gumpert wurde mit 218 Männern „als arbeitsfähig selektiert“, kam ins Männerarbeitslager und war dort bis Januar 1945. Über Groß Rosen und Dachau wurde er schließlich nach Tirol gebracht auf einen Todesmarsch durch die Ötztaler Berge. Unterwegs wurden er und andere durch die US-Armee befreit. Er hat nach dem Krieg noch einmal geheiratet und ist im September 1953 im Alter von 63 Jahren gestorben.

Recherche und Text: Gudrun O’Daniel-Elmen