Peter Rastetter, einziger Enkelsohn von Liesbeth Meyerowitz und Augenzeuge, berichtete:
bq. Reading the name Hektorstraße 3 in Halensee brought back some very bad memories. My grandmother moved to Hektorstraße 3 after the Nazis confiscated her Villa Im Dol 53, Berlin-Dahlem. Her daughter, Elly Rastetter and I, then 10 years old, moved from Breslau to Hector Street 3 hoping Liesbeth would be protected because I was only considered to be half Jewish. Unfortunately, this was not the case and she was arrested by the Gestapo a few years later. My beautiful and very refined grandmother being picked up by Gestapo and two Waffen-SS soldiers and her having to climb up a narrow ladder into a truck which was parked in front of the house with the SS standing there not helping her, then shipped to Auschwitz where she was murdered.
Liesbeth Meyerowitz, geb. Müller ist 1880 in Königsberg (Ostpreußen) geboren. Sie war Tochter eines Kaufmanns und heiratete mit 23 Jahren den Flachsfabrikanten Hermann Meyerowitz in Königsberg. Ihre drei Kinder, Julie, Elly und Hans Hermann, später als der Komponist Jan Meyerowitz bekannt, wurden in Breslau geboren. Die Familie konvertierte zum Christentum.
Dem Sohn wurde erst mit 18 Jahren seine jüdische Herkunft bekannt.
Außer der inzwischen verheirateten Tochter Elly zog die Familie 1927 nach Berlin, wo Hans Hermann an der Musikhochschule studierte. Er emigrierte bereits 1934 und konnte im französischen Untergrund überleben. Schwester Julie wurde als Gerichtsreferendarin im Aug. 1933 entlassen und emigrierte 1937 mit ihrem Ehemann Wolfgang Herrmann nach London.
Die verwitwete Liesbeth Meyerowitz (manchmal auch Lisbeth geschrieben) musste 1939 ihr Zehlendorfer Zuhause verlassen und mietete von der Familie Lefebre, den Besitzern des Wohnhauses in der Hektorstraße 3 in Charlottenburg, eine Wohnung.
bq. I did not call her Oma but Mutti-Mutti because she was such a beautiful, young-looking, slender and very stunning woman who always wore a small black hat with a very short French net veil that covered her face to the tip of her nose. I wish I had a picture of her. She was highly intelligent and very well educated and spoke four languages fluently. To maintain her ability to speak German, English, French and Italian fluently, every week she had one of her ladies who spoke one of the languages over for tea. I especially remember Mrs. Scarzannella who was Italian, because she smoked one cigarette after another and the way she puffed while she was talking,
erinnerte sich Peter Rastetter.
Die Deportation fand statt am 12. Januar 1943 mit dem von den Nazi-Beamten so bezeichneten 26. Transport vom Güterbahnhof Berlin-Moabit nach Auschwitz. Ankunft des Zugs war der 13. Januar 1943, auf dieses Datum ist auch ihr Tod anzunehmenm Die amtliche Todeserklärung folgte am 15. Januar 1943.
Verbleib weiterer Familienmitglieder von Liesbeth Meyerowitz:
Nach Riga deportiert und dort ermordet wurden die ältere Schwester Rose Henoch Mendelson, geb. Müller (1876-1942) und Liesbeth Meyerowitz Nichte, Lilli Henoch (1899-1942), eine bekannte Athletin während der Weimarer Republik.
Liesbeth Meyerowitz’ Neffe, Max Henoch, wurde 1945 im KZ Buchenwald und ihr älterer Bruder Siegfried Müller (1877-1945) wurde im KZ Theresienstadt ermordet.
Der jüngere Bruder Dr. med. Ernst Martin Müller (1879-1942) machte seinem Leben in München ein Ende. Der Verbleib weiterer Geschwister ist zurzeit noch unbekannt.
1948 zog Liesbeth Meyerowitz’ Tochter Elly Rastetter zu ihrem Bruder Jan, der bereits 1945 in die USA emigriert war. Zwei Jahre später folgte ihr Sohn Peter Rastetter, nachdem er in Berlin das Abitur absolviert hatte. Die ältere Schwester Julie Hermann nahm sich in London nach dem Tod ihres Mannes 1965 das Leben. Jan Meyerowitz, der multitalentierte und renommierte Komponist, verlebte seinen Ruhestand in Colmar, Frankreich, wo er 1998 starb.
Wenigstens vier weitere Stolpersteine werden für das Wohnhaus in der Hektorstraße 3 benötigt: Wilhelm Lefebre, Besitzer der Kronleuchterfabrik Wilhelm Lefebre in Kreuzberg, war der Eigentümer der Hektorstr. 3, wo er von 1925 bis 1943 mit seiner Ehefrau und den drei Kindern lebte, die alle im Familienunternehmen arbeiteten. Am 3.3.1943 wurde er von der Hektorstr. 3 ins Jüdische Krankenhaus gebracht, wo er vor seiner Deportation nach Theresienstadt am 16.5.1943 starb. Ehefrau Gertrud und seine Söhne Arthur and Kurt Lefebre wurden im März 1943 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Einzig seine Tochter Edith Lefebre, später Marwilsky, überlebte:
bq. Am 3. März 1943 brachte ich meinen Vater in das Jüdische Krankenhaus, Iranische Straße. Als ich zu meiner elterlichen Wohnung Hektorstraße 3 zurückkehrte, wurde ich gewarnt. Mir wurde mitgeteilt, daß meine Mutter während meiner Abwesenheit von der Gestapo abgeholt worden war und daß man die Wohnung versiegelt hatte. Meine Bekannten gaben mir den Rat in die Illegalität zu gehen, den ich auch befolgte.
Ein Stolperstein in Gedenken an Leo Cohn, einen weiteren Mitbewohner der Hektorstraße 3, wird vermutlich niemals verlegt werden können. Trotz aller Bemühungen über ihn zu recherchieren, gibt es noch offene Fragen. Augenzeuge Peter Rastetter erinnerte sich:
bq. Leo Cohn and his very nice German wife shared our apartment with us. He had served as a German Soldier in China fighting there in the Boxer Rebellion in 1890, together with soldiers of seven other nations. He also fought in the German Army in World War I. He used to tell me all about it and showed me all the medals he had earned. He was in his 60’s when he was clubbed to death by two SS soldiers with their rifle butts, because he showed them all the medals that he was awarded as a German soldier, including the Iron Cross for fighting in the German Army in WWI and therefore did not want to go. I still see his dead body in the foyer of our apartment where they left him. The day the SS murdered Mr. Cohn, I was able to save the lives of Edith Lefebre, the daughter of the owners of the apartment building as well as her future husband Walter Marwilsky (they married in 1945). The Gestapo was waiting for them in their apartment and I was waiting for them on the Corner of
Kurfürstendamm and Hector Street and was able to warn them. They never returned to their apartment until after the war in May 1945 and were hidden by friends of theirs on a Laubengrundstück and survived the Nazis.
Edith Marwilsky starb 1978 in Berlin.
Recherchen und Text: Peter Rastetter und Eichelbaum Nachfahren
Siehe auch Stolpersteine in Berlin für Rose Henoch Mendelsohn, Lilli und Max Henoch.