HIER WOHNTE
CLARA LÖWENBERG
GEB. HAMM
JG. 1860
DEPORTIERT 14.7.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 19.9.1942
TREBLINKA
Clara Löwenberg wurde als Clara Hamm in Seesen bei Braunschweig am 11. September 1860 geboren. Ihre Eltern, der 47-jährige Joseph Hamm (geboren am 3. Juni 1813) und die 41-jährige Julie Hamm, geborene Kohlberg (geboren am 13. Juni 1819), beide ebenfalls aus Seesen, hatten bereits fünf Kinder, drei Söhne Selmar, Friedrich Selig und Manfred Moses, sowie die Töchter Jenny und Anna.
Clara Hamm heiratete in Barmen (heute ein Stadtbezirk von Wuppertal) den Kaufmann Wolff Wilhelm Löwenberg (1855 in Barmen geboren). Sie wurden Eltern von drei Kindern. Ihr ältester Sohn Julius Josef kam am 11. Oktober 1883 zur Welt. Drei Jahre später, am 3. August 1886, wurde Otto ebenfalls in Barmen geboren. Erst 12 Jahre später gebar Clara ihre Tochter Gertrud Julie am 26. Juni 1898 in Kassel, wohin die Familie in der Zwischenzeit gezogen war.
Bei der Hochzeit des ältesten Sohnes Julius am 30. April 1910 lebte die Familie in der Mandelhofenstraße 5 in Berlin-Weißensee. Julius war damals Bankbeamter. Am 13. September 1910 bekam er mit seiner Frau das erste Kind, Ilsa. Clara und Wilhelm wurden zum ersten Mal Großeltern.
Ihr Sohn Otto studierte Rechtswissenschaften und heiratete am 15. Dezember 1916, ebenfalls in Berlin. Er zog dann aber mit seiner Frau nach Hamborn (heute ein Stadtbezirk von Duisburg) in Wilhelm und Claras alte Heimat und eröffnete dort eine Rechtsanwaltskanzlei mit Notariat.
Ihre Tochter Gertrud Julie heiratete 1923 Gerhard Brody. Am 19. März 1926 kam ihre Tochter Ruth zur Welt. Ungefähr ein Jahr später, am 23. März 1927, starb Ruths Großvater, Claras Ehemann Wilhelm, mit 72 Jahren in der Mandelhofenstraße 5 in Berlin-Weißensee. Ihr Sohn Otto aus Hamborn meldete den Tod seines Vaters beim Standesamt. Clara wurde mit 67 Jahren Witwe.
Kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im April 1933 verloren viele jüdische Rechtsanwälte ihre Zulassung. Sie erhielten Berufsverbot und durften bei Gericht nicht mehr tätig sein. Auch Claras Sohn Otto war betroffen, deshalb emigrierte er mit seiner Familie 1935 nach Palästina.
Claras Sohn Julius flüchtete 1938 mit seiner Frau über Havanna, Kuba, nach Florida, USA, wo er sich Julius Lowen nannte. Ihre älteste Enkelin Ilsa lebte zu dieser Zeit schon in der Schweiz in Sicherheit.
Die Ehe von Gerhard und Gertrud Brody wurde 1933 geschieden. 1938 heiratete Gertrud zum zweiten Mal. Am 5. und 6. Januar 1939 bekamen Claras Tochter Gertrud und ihre Enkelin Ruth ihre Reisepässe in Berlin ausgehändigt, die es Ihnen ermöglichten, am 15. Februar 1939 nach Haifa, Palästina auszureisen.
Um die 79-jährige Clara Löwenberg war es Anfang 1939 still geworden. Bei der Minderheiten-Volkszählung am 17. Mai 1939 war sie in der Trautenaustraße 14 gemeldet. Hier wohnte auch Claras 63-jährige Nichte Hedwig Blumenau, geborene Hamm, Tochter von Claras älterem Bruder Manfred Moses, mit ihrem Ehemann Oskar. Das Paar war 1938 noch im Telefonbuch in der Speyerstraße 24 zu finden, wo sie mindestens 20 Jahre gelebt haben. Es ist anzunehmen, dass die drei bei Carl und Meta Stanislaus zur Untermiete wohnten. Als die beiden Hauptmieter sich trennten und auszogen, mussten auch die Untermieter sich neue Zimmer suchen.
Hedwig und Oskar Blumenau zogen daraufhin in die Aschaffenburger Straße 6. Clara zog mit 80 Jahren in das jüdische Altenheim Olga-Stern-Heim in der Iranischen Straße 2 in Berlin-Mitte.
Am 14. Juli 1942 wurde Clara Löwenberg aus dem Olga-Stern-Heim im Jüdischen Krankenhaus, das auch als Sammellager fungierte, zusammen mit 35 anderen Heimbewohnerinnen und 10 Heimbewohnern mit dem 21. Alterstransport von der Gestapo in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Zwei Monate später wurde sie am 19. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka gebracht und dort ermordet. Clara Löwenberg starb mit 82 Jahren.
Text und Recherche: Gundula Meiering, September 2024
Quellen: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945; Berliner Adressbuch – Zentral- und Landesbibliothek Berlin; Arolsen Archives – Deportationsliste; Mapping the lives; Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry; My heritage;
Akim Jah: Die Deportationen der Juden aus Berlin – Die nationalsozialistische Vernichtungspolitik und das Sammellager Große Hamburger Straße, Berlin 2013