Stolpersteine Giesebrechtstraße 16

Hauseingang Giesebrechtstr. 16

Hauseingang Giesebrechtstr. 16

Am 08.05.2011 wurden die Stolpersteine für Alexander Wolfson, Paul und Irma Feldmann, Else Brie, Axel Jaffé, Charlotte, Helga D. und Kurt Pinkus verlegt und von Kay und Monika Kruse, Hartmut Rampoldt, Peter Raue und Andrea Gräfin von Bernstorff, Thomas Hölzel, Familie Mergener, Monika und Marco Pasetti gespendet.

Das Eckhaus zur Sybelstraße gehörte bis 1939 der Deutsch-Holländischen Grunderwerbs-Gesellschaft, die in der Joachimsthaler Straße 19 saß, von 1940 stand die Merkur Vermögens-Hausverwaltungen GmbH in der Königstraße 40 als Eigentümerin im Adressbuch.

Stolperstein für Alexander Wolfson

Stolperstein für Alexander Wolfson

HIER WOHNTE
ALEXANDER
WOLFSON
JG.1881
DEPORTIERT 9.12.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Alexander Wolfson wurde am 10. Juli 1881 in Krakow am See in Mecklenburg geboren. In Berlin wohnte er in der Giesebrechtstraße 16 in Charlottenburg. Seine Frau war vor 1939 gestorben.
Deportiert wurde Alexander Wolfson zusammen mit seiner Tochter Charlotte, seiner Enkeltochter Helga und seinem Schwiegersohn Kurt Pinkus in einem Viehwagen eines Güterzugs der Reichsbahn vom Bahnhof Maoabit an der Putlitzstraße, in den 994 Menschen getrieben wurden, am 9. Dezember 1942. Dieser Zug kam am 10. Dezember 1942 in Auschwitz-Birkenau an. Es ist anzunehmen, dass dies der Todestag Alexander Wolfsons war. Er wurde 61 Jahre alt.

Stolperstein für Kurt Pinkus

Stolperstein für Kurt Pinkus

HIER WOHNTE
KURT PINKUS
JG. 1900
DEPORTIERT 9.12.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Kurt Pinkus ist am 28. August 1900 in Landeck in Westpreußen geboren, Er zog – wann und warum, wissen wir nicht – nach Berlin und lernte hier Charlotte Wolfson kennen, die die Tochter von Alexander Wolfson war. Charlotte Pinkus war am 11. Juli 1907 geboren. Sie bekam am 22. Juni 1934 ihre Tochter Helga D. Pinkus.
Kurt Pinkus lebte vorher in Schöneberg, die junge Familie zog Ende der 1930er Jahre zu Charlottes Vater Alexander Wolfson, geboren am 10. Juli 1881 in Krakow am See (Mecklenburg), in die Giesebrechtstraße 16 nach Charlottenburg.

Alle vier wurden am 9. Dezember 1942 ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Mit Sicherheit sind der 61 Jahre alte Großvater und die achtjährige Enkelin sofort nach der Ankunft in Birkenau vergast worden, während die Eltern wegen ihres geringen Alters vielleicht noch zu Arbeitseinsätzen abkommandiert wurden und so eine Zeitlang überlebten.

Stolperstein für Charlotte Pinkus

Stolperstein für Charlotte Pinkus

HIER WOHNTE
CHARLOTTE PINKUS
GEB. WOLFSON
JG. 1907
DEPORTIERT 9.12.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein für Helga D. Pinkus

Stolperstein für Helga D. Pinkus

HIER WOHNTE
HELGA D. PINKUS
JG. 1934
DEPORTIERT 9.12.1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein für Paul Feldmann

Stolperstein für Paul Feldmann

HIER WOHNTE
PAUL FELDMANN
JG. 1883
DEPORTIERT 12.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Paul Feldmann ist am 29. am 1883 in Berlin geboren. Verheiratet war er mit Irma Feldmann geb. Gottschalk, die am 11. September 1892 in Berlin geboren ist.
Kurz vor ihrer Deportation wussten sie, was ihnen bevorstand. Sie wurden zwangsweise in die Wilmersdorfer Straße 96-97 umgesiedelt, sicherlich in beengtere Wohnverhältnisse, wahrscheinlich wurde ihnen einziges Zimmer zugewiesen. Von dort aus wurden Feldmanns abgeholt und mussten sich im ehemaligen jüdischen Altersheim an der Großen Hamburger Straße 26, das zur Sammelstelle umfunktioniert worden war, registrieren lassen.

Beide sind nach Auschwitz deportiert und ermordet worden. Der Zug startete mit 1196 Insassen vom Güterbahnhof Moabit am 12. Januar 1943 und kam tags darauf im 570 Kilometer entfernten Konzentrationslager bei Krakau in Polen an. Dies war vermutlich ihr Todestag.

In der Giesebrechtstraße 16 waren bei Feldmanns 1939 zwei Untermieter
registriert: Else Brie (Jahrgang 1900) und Axel Jaffé (Jahrgang 1919).
Beide sind schon vor ihren Vermietern deportiert worden.

Stolperstein für Irma Feldmann

Stolperstein für Irma Feldmann

HIER WOHNTE
IRMA FELDMANN
GEB. GOTTSCHALK
JG. 1892
DEPORTIERT 12.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein für Else Brie

Stolperstein für Else Brie

HIER WOHNTE
ELSE BRIE
JG.1900
DEPORTIERT 2.4.1942
ERMORDET IM
GHETTO WARSCHAU

Else Brie wurde am 20. Februar 1900 in Berlin geboren. Ihre Eltern hießen mit Vornamen Alfred und Margareta geb. Schie. Sie hatten vier Kinder: Else war die Älteste. Es folgten Lili (geboren am 8. Mai 1901), Peter (geboren am 22. April 1902) und Edith (geboren am 20. Juni 1903).
Else besuchte von 1906 bis 1916 die Rudelsche Höhere Mädchenschule an der Moselstraße in Friedenau. Sie schloss diese mit der Mittleren Reife ab. Danach machte sie bei der Stern‘schen Handelsschule in Wilmersdorf, eine Ausbildung zur Auslandskorrespondentin. Während ihrer Ausbildung wohnte sie bei den Eltern in der Ringstraße 35 in Friedenau, heute Dickhardtstraße.

Offenbar hatte sie 1917 ihre erste Anstellung, denn seitdem hatte Else Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt. Von 1924 bis 1937 war sie als Fremdsprachenkorrespondentin bei der Firma Adrema (Gotzkowskistraße 20 in Moabit) angestellt. Ersichtlich ist aus den zugänglichen Akten, dass ihr Einkommen bis 1936 stetig stieg. Sie wohnte in Charlottenburg, Leibnizstraße 4. Else Brie heiratete nicht und hatte keine Kinder.

Aus den Akten ist nicht ersichtlich, wann und unter welchen Umständen der Umzug in die Giesebrechtstraße 16 erfolgte. Dem Melderegister lässt sich entnehmen, dass Else Brie – wie auch Axel Jaffé – zur Miete bei Paul und Irma Feldmann wohnte.

Am 2. April 1942 wurde Else Brie ins Warschauer Ghetto deportiert. So ist es im Gedenkbuch des Bundesarchivs festgehalten. 1025 Menschen waren in dem Zug, der am 5. April in Warschau ankam, wie dort notiert wurde. Sie war zuvor in die Synagoge Levetzowstraße verschleppt worden, wo sie sich melden und eine „Vermögenserklärung“ abgeben musste.

In den Unterlagen des Berliner Entschädigungsamts und in der Datenbank der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem befinden sich abweichende Angaben zum Deportationsziel, nämlich nach Twarnice (Lublin). So auch die Angabe in den Akten beim Landesentschädigungsamt.

Auch die Eltern von Else, Alfred Brie (geboren am 26. August 1870 in Rawitsch) und Margarete Schie (geboren am 7. Mai 1873 in Berlin) wurden Opfer des Nationalsozialismus. Beide wurden am 23. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert. Der Vater Alfred starb dort am 9. Dezember 1942, die Mutter wurde am 16. Mai 1944 nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Im Gegensatz zu Else und den Eltern überlebten die drei anderen Kinder Lili, Peter und Edith den Holocaust. Lilli, die Herbert Tempelberg heiratete, emigrierte 1939 nach Shanghai, wohin ihr Ehemann Herbert wenige Monate zuvor 1938 mit den beiden Kindern bereits geflüchtet war. Die Familie siedelte 1948 von Shanghai nach Israel, von dort kehrten sie 1958 nach Berlin zurück. Edith emigrierte nach Frankreich. Sie heiratete 1948 Kurt Kaufmann und lebte 1951 mit österreichischer Staatsbürgerschaft ebenfalls wieder in Berlin. Peter flüchtete nach Schweden, wo er blieb.

Lili Tempelberg richtete am 1.1.1956 bei der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ein Gedenkblatt für Else Brie und ihre Eltern ein. Die Geschwister Edith, Lili und Peter beantragten 1956 beim Entschädigungsamt in Berlin als Erben ihrer ermordeten Schwester Else Erstattungen wegen „Schäden am beruflichen Fortkommen“ sowie auf Rentenzahlung.

Recherche und Text: Sabine Davids. Ergänzungen: Helmut Lölhöffel. Quellen: Bundesarchiv; Deportationschronologie; Yad Vashem; Entschädigungsamt Berlin, Landesarchiv Berlin, Berlin-Brandenburgisches Landeshauptarchiv.

Stolperstein für Alex Jaffé

Stolperstein für Alex Jaffé

HIER WOHNTE
AXEL JAFFÉ
JG.1919
DEPORTIERT 14.12.1942
AUSCHWITZ
ERMORDET 3.1.1943

Alfred Jaffé wurde am 30. August 1919 in Frankfurt a.M. geboren. Wer seine Eltern waren und wann er nach Berlin kam, ist nicht bekannt. 1939 war er bei der Volkszählung, die am 17. Mai stattfand, als Untermieter von Paul und Irma Feldmann gemeldet. Auch über sein Leben gibt es keine Dokumente. Sicher ist nur, dass er zuletzt Zwangsarbeit leisten musste. Am 14. Dezember 1942 ist er über die Sammelstelle in der Großen Hamburger Straße 26 vom Güterbahnhof Moabit mit 815 Insassen nach Auschwitz deportiert worden. Einige der Jüngeren wurden als “arbeitsfähig“ einsortiert, aber auch sie sind spätestens im Februar 1943 umgebracht worden. Um diese Zeit wurden auch seine Vermieter nach Auschwitz deportiert

Stolpersteine-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf
Quellen: Bundesarchiv, Volkszählungsregister 1939, Deportationslisten, Zentralarchiv Yad Vashem