HIER WOHNTE
LORE IDA HALLE
JG. 1897
DEPORTIERT 3.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ
Ida Lori Halle kam laut überlieferten Geburtsurkunde am 26. Januar 1894 in Stettin (heute: Szczecin in Polen) Pommern zur Welt. Ihre Eltern, der 40-jährige Kaufmann Emil Halle (geboren 1854) und die 28-jährige Selma Halle, geborene Haurwitz (geboren am 16.5.1876), wohnten damals in der Pölitzer Straße 16 in Stettin.
Ob Ida Lori Geschwister hatte, ist nicht bekannt. Ihr Vater starb 1909, vier Tage vor Ida Loris 15. Geburtstag, mit 55 Jahren in der Charité in Berlin. Er wurde in seiner Heimat auf dem Israelitischen Friedhof Stettin beigesetzt.
Ihre Mutter Selma gab auf der Sterbeurkunde ihres Mannes an, dass sie in der König-Albertstraßer 38 in Stettin wohne. An dieser Adresse befand sich zur damaligen Zeit das Loewe Konservatorium, Hochschule für Musik mit Hörsaal und Unterrichtsräumen, das Bachinstitut und das Riemann Konservatorium. Vielleicht war Ida Loris Mutter dort tätig. Selma Halle starb am 23. März 1936 mit 60 Jahren und wurde ebenfalls auf dem Israelitischen Friedhof beigesetzt. Ida Lori war damals 42 Jahre alt.
Da es zu dieser Zeit viele antisemitische Übergriffe in Stettin gab, ist anzunehmen, dass Ida Lori sich in Berlin, der Stadt mit der größten jüdischen Gemeinde in Deutschland, sicherer fühlte und deshalb dort hinzog. Vielleicht hatte sie Freunde und Bekannte in Berlin. Bei der Minderheiten-Volkszählung am 17. Mai 1939 war sie in der Sächsischen Straße 39 d gemeldet. Das Berliner Adressbuch führte 1939 sechs Hauptmieterinnen in dem Haus 39 d. Eine der Hauptmieterinnen war E. Karin, Operettensängerin, die dort eine Schauspielschule führte. Vielleicht kannten sich beide aus Musikkreisen in Stettin.
Am 1. Oktober 1941 zog sie nach „mapping the lives“ in die Helmstedter Straße 21.
Ida Loris letzte Adresse war die Waitzstraße 25, hier wohnte sie als Untermieterin bei der Familie Löwenstein. Die Wohnung befand sich im Hochparterre. Fritz Löwenstein, der jüdische Hauptmieter, lebte mit seiner adeligen, protestantischen Ehefrau, der Baroness Johanna Löwenstein de Witt, in einer priveligierten Mischehe. Der Sohn Hans-Oskar (geboren am 22. Juni 1926 in Stralsund) galt für die Nationalsozialisten als Geltungsjude und musste schon mit 14 Jahren Zwangsarbeit in der Deutschen Waffen- und Munitionsfabrik am Eichborndamm leisten. Die Baronesse Löwenstein de Witt wurde immer wieder von der Gestapo vorgeladen und aufgefordert, sich von ihrem jüdischen Mann zu trennen.
Als Ida Lori Halle am Morgen des 27. Februars 1943 das Haus verließ, um zur Zwangsarbeit zu gehen, wusste sie nicht, dass sie niemals wieder zurückkommen würde. Am Arbeitsplatz wurde sie von der SS und der Gestapo im Rahmen der sogenannten „Fabrikaktion“ festgesetzt. Auch Fritz Löwenstein und sein Sohn Hans-Oskar kamen an diesem Tag nicht von der Arbeit nach Hause. Beide konnten jedoch im Zuge des Rosenstraßen-Protests ca. eine Woche später wieder befreit werden.
Die Vermögenserklärung, die vor der Deportation von Ida Lori auszufüllen war, ist im Brandenburgischen Landeshauptarchiv in Potsdam leider nicht mehr vorhanden. Auch im Landesarchiv Berlin, Entschädigungsbehörde, waren keine Akten nachweisbar.
Die Gestapo deportierte Ida Lori Halle am 3. März 1943 mit 1.885 anderen gelisteten Personen nach Auschwitz und ermordeten sie dort. Sie starb mit 49 Jahren.
Text und Recherche: Gundula Meiering
Auf dem Stolperstein zu Ida Lori Halles Gedenken wurde ihr Name versehentlich mit e graviert.
Quellen:
Mapping the Lives; Stettiner Adressbuch; Berliner Adressbücher; Arolsen Archives – Deportationslisten; Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry; My heritage