Stolpersteine Damaschkestraße 28

Hausansicht Damaschkestr. 28

Hausansicht Damaschkestr. 28

Vor dem Haus Damaschkestraße 28 wurden am 17.3.2011 die Stolpersteine für Resi und Arthur Wotizky, Max, Mia, Emma und Louis Mendelsohn verlegt.

Stolperstein für Arthur Wotizky

Stolperstein für Arthur Wotizky

HIER WOHNTE
ARTHUR WOTIZKY
JG. 1882
DEPORTIERT 28.3.1942
ERMORDET IN
PIASKI

Arthur Wotizky wurde am 4. April 1882 in Prag geboren. Mit seiner Frau Resi Wotizky geb. Wolff, geboren am 20. Mai 1885 in Berlin, wohnte er in Charlottenburg in der Küstriner Straße 12 a, der heutigen Damaschkestraße 28. Im Adressbuch war ein Artur Wotizky vorher als „Vertreter“ in Steglitz in der Stindestraße 37 verzeichnet, nach 1938 jedoch nicht mehr. Vor ihrer Deportation mussten sie – vermutlich zwangsweise – umziehen. Als letzter Wohnort war auf der Deportationsliste „Am Lützow 42“ eingetragen, eine Adresse, die es jedoch nicht gab. Gemeint war vielleicht „Alt-Lietzow“ 42, ein Haus in der Nähe des Charlottenburger Rathauses, wo mehrere Juden lebten.

Auf der Deportationsliste standen Wotizkys mit den Nummern 124 und 125 auch mit falschem Namen unter „Wotiki“. Bei ihm war vermerkt „Arbeiter“, bei ihr stand in der Spalte Beruf „ohne“. Außerdem hatten sie ihren Vornamen als „Resara“ zusammengezogen.

Am 28. März 1942 sind sie einem Zug mit 973 Insassen – es ist nicht zweifelsfrei aus den Unterlagen ersichtlich, ob er auf dem Bahnhof Grunewald oder am Bahnhof Moabit startete – nach Piaski im Distrikt Lublin (Polen) deportiert worden, wo sie ermordet wurden. Im jüdischen Schtetl Piaski, in dem die deutsche Besatzung ein Ghetto einrichtete, sind mehrere tausend Juden eingesperrt und im nahen Vernichtungslager Belzec umgebracht worden.

Text: Helmut Lölhöffel.
Quellen: Bundesarchiv; Gedenkbuch Berlins der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, Berlin 1995; Berliner Adressbücher

Stolperstein für Resi Wotizky

Stolperstein für Resi Wotizky

HIER WOHNTE
RESI WOTIZKY
GEB. WOLFF
JG. 1882
DEPORTIERT 28.3.1942
ERMORDET IN
PIASKI

Stolperstein für Max Mendelsohn

Stolperstein für Max Mendelsohn

HIER WOHNTE
MAX MENDELSOHN
JG. 1890
DEPORTIERT 4.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein für Louis Mendelsohn

Stolperstein für Louis Mendelsohn

HIER WOHNTE
LOUIS MENDELSOHN
JG. 1926
DEPORTIERT 3.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein für Mia Mendelsohn

Stolperstein für Mia Mendelsohn

HIER WOHNTE
MIA MENDELSOHN
JG. 1928
DEPORTIERT 3.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Stolperstein für Emma Mendelsohn

Stolperstein für Emma Mendelsohn

HIER WOHNTE
EMMA MENDELSOHN
GEB. PERL
JG. 1892
DEPORTIERT 6.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

In der ersten Etage des Gartenhauses in der Küstriner Straße 12 A (heute Damaschkestraße 28) in Charlottenburg wohnte bis zu ihrer Deportation Anfang März 1943 die Familie Mendelsohn . Max Mendelsohn, der am 21. August 1890 in Königsberg geborene Vater, die als Emma Perl am 28. Dezember 1892 in Bischofstein in Ostpreußen geborene Mutter und ihre Kinder Louis, geboren am 20. Februar 1926, und Mia, geboren am 9. Juni 1928. Mit der Familie zusammen wohnte Else Neumann, die Schwester von Max Mendelsohn, die am 20. Februar 1884 in Friedland in Ostpreußen geboren wurde.

Es ist nicht sehr viel über die Familie Mendelsohn bekannt. Aus verschiedenen Quellen ist zu entnehmen, dass Max Mendelsohn mit großer Wahrscheinlichkeit in einem Ledergeschäft gearbeitet hat oder der Besitzer war. Nach den Novemberpogromen im November 1938 war Max Mendelsohn bis zum 20. Dezember im Konzentrationslager Sachsenhausen inhaftiert. Im Jargon der Nationalsozialisten war er in „Schutzhaft“ genommen worden.
Als gesichert kann angenommen werden, dass alle Mitglieder der Familie Mendelsohn im Zuge der „Fabrik-Aktion“ an ihren jeweiligen Arbeitsstellen verhaftet und in der Sammelstelle in der Synagoge in der Levetzowstraße in Berlin-Moabit festgehalten wurden.

Zu dieser Zeit, Anfang 1943, war Max Mendelsohn bei der Siemens AG beschäftigt, Louis, 17 Jahre alt, bei der Firma Gentschow in Treptow und Mia, 15 Jahre alt, bei der Luftschiff Zeppelin in Tempelhof – alle als Zwangsarbeiter in Betrieben, die Kriegsgüter herstellten.
Die Wohnungssituation war sehr beengt. Die Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung hatte eine Grundfläche von ca. 60–70 m². Hier lebten zumindest fünf Erwachsene, denn es ist auch noch von einem „Fräulein Löwenstein“ die Rede, die in der „Vermögenserklärung“ als Untermieterin verzeichnet ist. Das alles ist schwer vorstellbar, insbesondere wenn sich tatsächlich ein Steinway-Flügel im Wert von 500 RM in der Wohnung befunden haben soll.

Die Familie Mendelsohn wurde am 3. März 1943 gemeinsam mit mehr als 1700 Mithäftlingen, unter anderem aus dem Raum Bielefeld/Paderborn und Hannover, nach Auschwitz deportiert. „In dem Transport aus Berlin befanden sich 632 Männer und Knaben sowie 118 Frauen und Mädchen. Nach der ‚Selektion‘ wurden 517 Männer sowie 200 Frauen als Häftlinge in das Lager eingewiesen. Die übrigen 1033 Menschen aus diesem Transport wurden in den Gaskammern von Birkenau getötet.“ (Gottwald/Schulle, S. 413).
Die gesamte Familie Mendelsohn wurde in Auschwitz ermordet. Else Neumann, die Schwester von Max Mendelsohn, war schon am 1. März nach Auschwitz deportiert und umgebracht worden.

Text und Recherche: Frank Siebold, Bewohner des Hauses Damaschkestraße 28, das damals die Küstriner Straße 12 A war
Quellen: Berliner Adressbücher 1939; Christoph Kreutzmüller: Ausverkauf. Die Vernichtung der jüdischen Gewerbetätigkeit in Berlin 1930–1945, Berlin 2012; BLHA