Stolpersteine Brandenburgische Straße 43

Hausansicht Brandenburgischen Str. 43

Hausansicht Brandenburgischen Str. 43

Diese Stolpersteine wurden am 24.9.2010 verlegt.

Die Stolpersteine für die Familie Waghalter wurden am 16. Juni 2022 verlegt und vom Orchester der Deutschen Oper gespendet.

Stolperstein Hans Fabisch

Stolperstein Hans Fabisch

HIER WOHNTE
HANS FABISCH
JG. 1921
DEPORTIERT 29.1.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET

Hans Fabisch wurde am 29. April 1921 in Breslau geboren. Seine Eltern hießen Doris geb. Raschkof und Rudolf Fabisch. Er war bei der Volkszählung am 17. Mai 1939 in der Pariser Straße 38 gemeldet, als verheiratet eingetragen und mit der letzten bekannten Anschrift vor seiner Deportation in der Brandenburgischen Straße 43. Nach Angaben von Yad Vashem war er mit der zehn Jahre älteren Valerie geb. Scheftel verheiratet.
Er wurde am 29. Januar 1943 gemeinsam mit Valerie Fabisch nach Auschwitz deportiert und am 15. Februar 1943 – dieses Datum ist im Totenregister von Auschwitz genannt – ermordet.

Stolperstein Valerie Fabisch

Stolperstein Valerie Fabisch

HIER WOHNTE
VALERIE FABISCH
GEB. SCHEFTEL
JG. 1911
DEPORTIERT 29.1.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET

Valerie Fabisch geb. Scheftel wurde am 4. November 1911 in Troppau (Opava) in Österreichisch-Schlesien, heute in Tschechien, geboren. Bei der Volkszählung 1939 ließ sie sich nicht registrieren. Allerdings war sie in der Brandenburgischen Straße 43 verzeichnet.
Sie wurde am 29. Januar 1943 zusammen mit Hans Fabisch, der fast zehn Jahre jünger war als sie und den sie geheiratet hatte, nach Auschwitz deportiert und bald danach ermordet – das genaue Datum ist nicht bekannt.

Text: Stolpersteine-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf. Quellen: Bundesarchiv; Gedenkbuch Berlins der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, Freie Universität, Zentralinstitut für sozialwissenschaftliche Forschung, Berlin 1995; Auschwitz Death Registers, The State Museum Auschwitz-Birkenau: Informationen von Wolfgang Knoll

Wladyslaw_Waghalter_brandenburgische-strasse-43

HIER WOHNTE
WLADYSLAW
WAGHALTER
JG. 1885
VORLADUNG ZUR GESTAPO
TOT 20.10.1940
HERZINFARKT

Familie Waghalter

Familie Waghalter

Wladyslaw Waghalter wurde am 1. Juni 1885 in Warschau (damals zum russischen Zarenreich gehörend) in eine kinderreiche und musikalische Familie geboren. Er war das jüngste von sieben Kindern. Der Vater Abram war Trompeter und die Mutter Carola ebenfalls Musikerin. Schon von klein auf waren die Kinder in verschiedenste musikalische Aktivitäten eingebunden.

Wladyslaw Waghalter studierte bei Joseph Joachim in Berlin und wurde in den Jahren 1903 und 1905 mit dem 1. Preis des renommierten Mendelssohn-Bartholdy-Wettbewerbs ausgezeichnet. 1912 wurde er Konzertmeister im Orchester des neu gegründeten Deutschen Opernhauses der Stadt Charlottenburg. Das Eröffnungskonzert dirigierte sein älterer Bruder Ignatz Waghalter.

Eröffnungs de Deutschen Opernhauses

Eröffnungs de Deutschen Opernhauses 1912

Er trat zudem vielfach als Solist mit diesem und anderen Orchestern in Erscheinung und spielte in dem nach ihm benannten Waghalter-Quartett zusammen mit Alfred Kolb, Emil Kornsand und Hans Kraus.

Waghalter Quartett

Waghalter Quartett

Wladyslaw Waghalter heiratete Johanna Neumanovics, die am 9. Oktober 1883 im damals zur Österreichisch -Ungarischen Monarchie gehörenden Lugosch (seit 1920 Lugoj in Rumänien) geboren worden war. Das Ehepaar hatte zwei Töchter:
- Yolanda, die am 22.01.1912 in Berlin geboren wurde, und
- Ruth, die am 24.4.1914 in Berlin das Licht der Welt erblickte.

Nach der von den Nationalsozialisten 1933 erzwungenen Entlassung des Familienvaters Waghalter aus dem Orchester sind regelmäßige kammermusikalische Auftritte im „Jüdischen Kulturbund“ belegt. Nach seiner Kündigung musste Waghalter natürlich seine Familie versorgen. Ein Briefwechsel gibt Zeugnis von seiner Not. Mit der neuen Intendanz der Deutschen Oper und dem Propagandaministerium musste er über die Höhe seiner Ruhegeldbezüge streiten. Anfangs wurde ihm noch erlaubt, an besonderen Abenden für ein ausschließlich jüdisches Publikum zu spielen.

Wladyslaw Waghalter

Wladyslaw Waghalter

Seit mindestens 1925 bis zu dem von den Nationalsozialisten aufgrund des „Gesetzes über Mietverhältnisse mit Juden“ vom 30. April 1939 erzwungenen Umzug in ein sogenanntes „Judenhaus“ in der Brandenburgischen Straße 73 wohnte er mit seiner Familie in der Brandenburgischen Straße 43. Die Tochter Ruth heiratete den Elektriker Heinrich Müller (* 5. November 1909 in Berlin). Das junge Paar lebte zeitweilig in Untermiete bei Lucie Moses in der Kaiserallee 17. Auch sie wurden zwangsweise umgesiedelt – in die Nassauische Straße 8.

Wladyslaw Waghalter starb am 20. Oktober 1940 an den Folgen eines Herzinfarkts, nachdem er eine Vorladung zur Gestapo erhalten hatte. Er wurde am 27. Oktober 1940 in Berlin Weissensee beerdigt.

friedhofsbild wladyslaw waghalter

Friedhofsbild Wladyslaw Waghalter

Johanna Waghalter, die Tochter Ruth und deren Ehemann Heinrich Müller – wie auch Lucie Moses – wurden am 29. Januar 1943 mit dem sog. „27. Osttransport” mit 996 weiteren jüdischen Berlinerinnen und Berlinern nach Auschwitz deportiert. Die Frauen wurden vermutlich sofort ermordet. Für Heinrich Müller ist das Todesdatum 11. Februar 1943 überliefert.

Nur die Tochter Yolanda, die noch lange als Geigerin im Jüdischen Kulturbund aktiv war, hatte am 16. Januar 1940 nach Peru flüchten können. 1953 bekam sie von dem früheren Nachbarn Prof. Herbert F. Müller gerettete Andenken an ihre Familie zurück: die Eheringe ihrer Eltern, eine Bratsche und die Geige, auf der sie als Kind gelernt hat.

Von den sechs Geschwistern Wladyslaw Waghalters überlebten nur seine Brüder Ignatz und Henryk sowie wahrscheinlich eine Schwester. Ignatz, der als Dirigent das Opernhaus eröffnet, zahlreiche weitere Vorstellungen dirigiert und sogar eigene Opern dort aufgeführt hatte, wanderte in die USA aus. Der Cellist Henryk überlebte das Warschauer Ghetto, während der Musikpädagoge Josef dort ums Leben kam. Zwei weitere Schwestern überlebten den Holocaust ebenfalls nicht.

Recherche und Text: Benedikt Leithner
Quellen:
- Volkszählung vom 17.5.1939,
- Bundesarchiv,
- Landesarchiv Berlin,
- Archiv der Deutschen Oper Berlin,
- Archiv der Akademie der Künste,
- ITS Arolsen
- Deportationslisten
- Berichte der Nachkommen von Wladyslaw Waghalter

Johanna_Waghalter_brandenburgische-strasse-43

HIER WOHNTE
JOHANNA WAGHALTER
GEB. NEUMANOVICS
JG. 1883
DEPORTIERT 29.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Ruth_Müller_brandenburgische-strasse-43

HIER WOHNTE
RUTH MÜLLER
GEB. WAGHALTER
JG. 1914
DEPORTIERT 29.1.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Heinrich_Müller_brandenburgische-strasse-43

HIER WOHNTE
HEINRICH MÜLLER
JG. 1909
DEPORTIERT 29.1.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET 11.2.1943