Stolpersteine Caspar-Theyß-Straße 26

Hausansicht Caspar-Theyß-Str. 26

Die Stolpersteine für Elsbeth, Dr. Agathe und Margarete Lasch wurden am 11.5.2010 verlegt.

Die Stolpersteine für die Familie Bütow wurden am 16.4.2013 verlegt.

Stolperstein für Elsbeth Lasch

Stolperstein für Elsbeth Lasch

HIER WOHNTE
ELSBETH LASCH
JG. 1877
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Elsbeth Lasch (auch Elisabeth, Rufname Else) wurde am 23. Oktober 1877 in Berlin geboren. Die Eltern hießen Emma (gestorben 1922) und Siegbert (gestorben 1918), er war Inhaber einer Lederhandlung. Sie hatten vier Kinder zusammen: Elsbeth, Agathe, Albert und Margarete. Albert Lasch wurde am 12. August 1883 in Berlin geboren und starb am 20. April 1921. Den Berliner Adressbüchern von 1914 und 1915 ist zu entnehmen, dass Albert zunächst als Elektroingenieur, ab 1916 dann als Kaufmann und Mitinhaber der Lederhandlung seines Vaters tätig war. Eine ältere Stiefschwester aus der ersten Ehe des Vaters war Hedwig Lasch, am 3. August 1875 in Berlin geboren und später mit Adolf (eigentlich: Abraham) Kauffmann (am 26. Januar 1857 geboren) verheiratet. Er war Chefbuchhalter bei der AG für chemische Produkte.

Ex-Líbris

Wie ihre beiden Schwestern Agathe und Margarete besuchte Elsbeth Lasch eine höhere Mädchenschule. Sie war an verschiedenen Schulen Zeichen- und Turnlehrerin. Außerdem betätigte sich Elsbeth als Kunstgewerblerin, Malerin und Graphikerin. Unter anderem entwarf sie ein Ex Libris für ihre Schwester Agathe:

In den Berliner Adressbüchern war Elsbeth Lasch ab 1897 mit einem Eintrag als Zeichen- und Turnlehrerin verzeichnet. Zunächst Schönhauser Straße 12, dann Rosenthaler Staße 45, danach Seesener Straße 29. Schließlich zog sie nach dem Tod der Mutter mit Margarete in deren ehemalige Wohnung in die Caspar-Theyß-Straße 26, wohin auch Agathe zog.

Am 13. August wurde Elsbeth Lasch wie ihre beiden Schwestern abtransportiert und von der Sammelstelle in der einstigen Synagoge Levetzowstraße am 15. August 1942 vom Güterbahnhof Moabit in einem mit 938 oder 1004 Menschen vollgestopften Zug nach Riga-Skirotava deportiert, eine qualvolle Fahrt, die vier Tage dauerte. Dort in der Nähe wurde sie am 18. August 1942 wie fast alle sofort erschossen.

Stolperstein für Dr. Agathe Luise Lasch

Stolperstein für Dr. Agathe Luise Lasch

HIER WOHNTE
DR. AGATHE LUISE
LASCH
JG. 1879
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMODET 18.8.1942

Agathe Luise Lasch ist am 4. Juli 1879 in Berlin geboren. Sie war eines von vier Kindern einer jüdischen Kaufmannsfamilie. Die Eltern hießen Siegbert (26. November 1841 bis 28. Januar 1918) und Emma geb. Fränkel (3. Februar 1850 bis 1922), die Geschwister Elsbeth, Albert und Margarete. Wie ihre Schwestern absolvierte sie eine Lehrerinnenausbildung und war danach an verschiedenen Mädchen- und Gewerbeschulen tätig. 1906 machte sie das Abitur am Kaiserin-Augusta-Gymnasium in Charlottenburg, danach studierte sie in Halle und Heidelberg Germanistik und promovierte 1909. In Berlin war sie aber als Frau nicht zu Lehrveranstaltungen zugelassen. Agathe Lasch hatte jedoch einen herausragenden Ruf und wurde Associate Professor an der Frauenuniversität Bryn Mawr College in Pennsylvania/USA.

1917 kehrte sie nach Deutschland zurück und wurde Assistentin am Deutschen Seminar in Hamburg. Nach ihrer Habilitation 1919 wurde Dr. Lasch 1923 die erste Professorin an der Universität Hamburg sowie die erste des Faches Germanistik in Deutschland. 1917 kehrte sie nach Deutschland zurück und wurde Assistentin am Deutschen Seminar in Hamburg. Lasch erhielt 1923, wiederum als erste Frau in Deutschland, den Professorentitel. 1926 wurde für Prof. Dr. Lasch an der Hamburger Universität ein außerordentlicher Lehrstuhl für Niederdeutsche Philologie geschaffen. Sie begründete die historische Erforschung der mittelniederdeutschen Sprache und arbeitete an zwei Wörterbuchprojekten.

Ihre Entlassung nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus konnte zunächst kurze Zeit durch Intervention ausländischer Wissenschaftler verhindert werden. 1934 verlor sie dann doch ihren Lehrstuhl. Sie war unverheiratet und zog 1937 zu zwei ihrer drei ebenfalls nicht verheirateten Schwestern Elsbeth und Margarete nach Berlin in den Stadtteil Wilmersdorf in die Caspar-Theyß-Straße 26. Im Berliner Adressbuch 1939 war sie eingetragen als Prof. a.D. Sie bekam Publikationsverbot ihre Bibliothek von etwa 4000 Bänden wurde am 9. Juli 1942 beschlagnahmt. Die Annahme von Rufen an ausländische Universitäten (1939 nach Dorpat und später nach Oslo) wurde von der deutschen Regierung verhindert.

Am 13. August 1942 wurde sie zusammen mit ihren Schwestern ins Sammellager Levetzowstraße 7-8 abgeholt. Am 15. August 1942 wurden alle drei nach Riga deportiert. Die Fahrt dauerte vier Tage und drei Nächte. Ihr Todesort war Riga. Den Todestag gab das Bundesarchiv mit dem 18. August 1942 an. Sie wurde erschossen.

In Hamburg wurde der Agathe-Lasch-Weg nach ihr benannt. Seit 1992 wird der Agathe-Lasch-Preis für besondere Leistungen auf dem Gebiet der Norddeutschen Sprachforschung verliehen. In der Universität Hamburg trägt ein Hörsaal seit 1999 ihren Namen. In Berlin-Halensee wurde 2004 ein Agathe-Lasch-Platz nahe dem Kurfürstendamm an der Ecke Joachim-Friedrich-Straße/JohannGeorg-Straße nach ihr benannt. 2007 wurde ein Stolperstein in Hamburg vor der Gustav-Leo-Straße 9 verlegt. Auch vor dem Hauptgebäude der Universität Hamburg in der Edmund-Siemers-Allee 1 liegt ein Stolperstein zum Gedenken an sie.

Stolperstein für Margarete Lasch

Stolperstein für Margarete Lasch

HIER WOHNTE
MARGARETE LASCH
JG. 1880
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMODET 18.8.1942

Das Geburtsjahr wurde auf dem Stolperstein aufgrund eines inzwischen korrigierten Eintrags im Gedenkbuch fälschlicherweise mit 1890 angegeben

Margarete Lasch wurde am 17. September 1880 in Berlin geboren. Mit weiteren Vornamen hieß sie Hermine Jenny. Sie war die Tochter von Emma und Siegbert Lasch und die jüngste Schwester der seinerzeit berühmten Germanistin Alice Luise Lasch und von Elsbeth Lasch sowie von Albert Lasch (gestorben 1921). Wie ihre beiden Schwestern besuchte sie eine höhere Mädchenschule und anschließend ein Berliner Lehrerinnenseminar. Die erste Lehramtsprüfung bestand sie am 25. November 1901, ein Jahr danach am 1. Dezember 1902 auch die Turnlehrerinnenprüfung.

Margarete Lasch tauchte ab 1923 mit einem eigenen Eintrag in den Berliner Adressbüchern auf. Ein Jahr nach dem Tod ihrer Mutter Emma war sie ebenso wie ihre Schwester Elsbeth als Lehrerin unter der ehemaligen Adresse der Mutter in der Seesener Straße 29 eingetragen. Zuletzt 1939, dem Jahr des Umzugs von Elsbeth und Margarete zu ihrer Schwester Agathe in die Caspar-Theyß-Straße 26. Sie wohnten zusammen.

1939 wurde Margarete Leiterin der von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin neugegründeten Jüdischen Hilfsschule, nachdem seit Mitte November 1938 jüdische Kinder auch keine Hilfsschulen mehr besuchen durften. Mit zwei weiteren Lehrkräften lehrte Margarete hier bis zur Schließung der Schule im Juli 1942. Die Schule sollte Kindern mit Lernschwächen gemäß ihren Fähigkeiten unterstützen und fördern. Als Leiterin vertrat Margarete das Prinzip, ihnen “die Schulzeit so schön wie möglich zu machen”, sicher nicht leicht unter den Bedingungen der Diskriminierung und Verfolgung.

Alle drei Schwestern wurden am 15. August 1942 aus dem Sammellager an der Levetzowstraße 7-8, einer teilweise zerstörten und zu diesem Zweck missbrauchten Synagoge, nach Riga deportiert.
Die Zugfahrt dauerte etwa 60 Stunden. Todestag war nach Angaben des Bundesarchivs der 18. August 1942.

Texte: Helmut Lölhöffel. Quellen: Bundesarchiv; Berliner Adressbücher; Deportationslisten Riga; Archive der Universität Hamburg; www.agathe-lasch.de, Christine M. Kaiser: Agathe Lasch (1879–1942): erste Germanistikprofessorin Deutschlands, Berlin 2007; Dagmar Drovs: Heilpädagogik im deutschen Judentum: eine Spurensicherung 1873-1942, LIT Verlag Münster, 2000, S. 91ff.

Stolperstein Hugo Bütow

Stolperstein Hugo Bütow

HIER WOHNTE
HUGO BÜTOW
JG. 1889
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Hugo Bütow wurde am 19. April 1889 in Döbern (Godkowo), einem Dorf in Ostpreußen, geboren – als Sohn von Bernhard und Hedwig, geb. Frankenstein, die eine Zigarettenfabrik hatten. Er war Tabakhändler und wohnte nach Angaben des Bundesarchivs anfangs in Allenstein (Ostpreußen), wo er heiratete und seine drei Kinder geboren wurden.

Jens Aaron Guttstein, ein Forscher und Buchautor aus Zeitz (Sachsen-Anhalt), gab 2010 bei der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ein Gedenkblatt ab, auf dem er diese Daten nannte: Hugo Bütow sei nach Zeitz/Elster, damals zu Sachsen gehörig, gezogen – anscheinend alleine – und 1924 Geschäftsführer des Kaufhauses Messow und Waldschmidt gewesen. Er war demnach auch Vorstandsmitglied der Synagoge der jüdischen Gemeinde. Nach Erkundigungen des Heimatforschers ging Bütow dann nach Allenstein zurück, was auf einer Meldekarte der Berliner Polizei bestätigt ist: „Verzug Allenstein“ hieß es dort, allerdings ohne Nennung von Daten.

1939 war Hugo Bütow mit Familie, nachdem sie Allenstein wegen des zunehmenden Antisemitismus den Rücken gekehrt hatten, in der Caspar-Theyß-Straße 26 im Berliner Stadtteil Grunewald gemeldet. Aber am 15. August 1942 wurden vier der fünf Familienmitglieder nach Riga deportiert. Nur der Sohn Kurt Wolf blieb noch eine Weile in Berlin. Bald nach der Ankunft des Zuges von Moabit zum Bahnhof Skirotava mit wahrscheinlich 997 Insassen sind sie ermordet worden.

Stolperstein Rosa Bütow

Stolperstein Rosa Bütow

HIER WOHNTE
ROSA BÜTOW
GEB. ALEXANDER
JG. 1899
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Rosa Bütow geb. Alexander wurde am 24. Dezember 1899 in Bartenstein (Bartoszyce) in Ostpreußen geboren. Sie heiratete Hugo Bütow, den sie in Allenstein kennenlernte, und bekam drei Kinder: Judith (1922), Kurt Wolf (1924) und Eva (1928). Judith war querschnittsgelähmt, die Mutter musste die Pflege der behinderten Tochter übernehmen.

Nachdem Hugo eine Zeitlang als Geschäftsführer eines Kaufhauses in Zeitz in Sachsen tätig gewesen war, zog die gesamte Familie nach Berlin um, weil die Eltern hofften, dem sich ausbreitenden Antisemitismus entkommen zu können. Sie wohnten im Stadtteil Grunewald in der Caspar-Theyß-Straße 26, im Adressbuch 1939 war sie als Hauptmieterin eingetragen.

Am 15. August 1942 sind die Eltern und die Töchter in die lettische Hauptstadt Riga deportiert worden. Dort wurde Rosa Bütow bald nach ihrer Ankunft erschossen, nachdem sie ihr Grab selbst ausheben musste.

Stolperstein Judith Bütow

Stolperstein Judith Bütow

HIER WOHNTE
JUDITH BÜTOW
JG. 1922
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Judith Bütow ist am 3. Dezember 1922 in Allenstein (Olsztyn) in Ostpreußen geboren. Das Mädchen war querschnittsgelähmt und bedurfte ständiger Pflege. Die fünfköpfige Familie – Judith bekam noch zwei Geschwister – wohnte in der Caspar-Theyß-Staße 26, aber bei der Volkszählung 1939 wurde sie nicht gemeldet. Am 15. August 1942 wurde sie allerdings wie die Eltern und eine Schwester nach Riga deportiert. Wie sie die Zugfahrt von Berlin nach Riga, die vier Tage lang dauerte, in ihrem Zustand überstanden hat, ist rätselhaft. Aus den Aufzeichnungen von Jens Aaron Guttstein geht hervor, dass sie sofort nach der Ankunft am Güterbahnhof der lettischen Hauptstadt Skirotava am 18. August 1942 ermordet worden ist, während ihre Eltern Hugo und Rosa und ihre Schwester Eva die Massengräber, in denen sie dann verscharrt wurden, selbst ausschaufeln mussten.

Stolperstein Kurt Bütow

Stolperstein Kurt Bütow

HIER WOHNTE
KURT BÜTOW
JG. 1924
DEPORTIERT 29.1.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET 11.2.1943

Kurt Bütow ist am 2. August 1924 in Allenstein (Olsztyn) in Ostpreußen geboren. Sein zweiter Vorname war Wolf. Mit seiner Familie, er war ein Sohn von Hugo und Rosa Bütow und hatte zwei Schwestern: Eva und Judith, lebte er in Allenstein und in Berlin in der Caspar-Theyß-Straße 26.

Als Juden verfolgt und deportiert wurden, ist Kurt Wolf Bütow, damals 18 Jahre alt, nachdem er eine Schlosserlehre gemacht hatte, in die Motzstraße 86 übergesiedelt, vermutlich wurde er als Zwangsarbeiter in der von den Nazi-Behörden als „kriegswichtig“ eingestuften Produktion gebraucht. Kurze Zeit lebte er im Untergrund, wurde jedoch verraten, flog in seinem Versteck auf und wurde von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) verhaftet.

Sterbeurkunde Kurt Bütow

Kurt Bütow wurde dann, als die anderen Familienmitglieder nach Riga verschleppt und dort ermordet worden waren, in das Sammellager an der Großen Hamburger Straße 26 geschafft und von dort am 29. Januar 1943 ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Kurt Wolf Bütow wurde wenige Tage danach in den Gaskammern von Auschwitz ermordet.

Stolperstein Eva Bütow

Stolperstein Eva Bütow

HIER WOHNTE
EVA BÜTOW
JG. 1928
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Eva Bütow wurde am 7. Dezember 1928 in Allenstein (Olsztyn) in Ostpreußen geboren. Über ihr Leben ist nichts bekannt. Sie wohnte bei Ihren Eltern Hugo und Rosa sowie mit ihren Geschwistern Judith und Kurt Wolf in der Caspar-Theyß-Straße 26 im Stadtbezirk Wilmersdorf.

Am 15. August 1942 wurden vier von ihnen außer Kurt, der später nach Auschwitz gebracht wurde, nach Riga deportiert, wo auch Eva Bütow, die 14 Jahre alt war, erschossen worden ist.

Herta Nagel geb. Alexander (geboren am 4. Juni 1901), eine Schwester Rosas und somit Tante Judiths, die nach London entkommen war, stellte für diese beiden später Entschädigungsanträge.

Text: Helmut Lölhöffel (Stolpersteine-Initiative C-W).
Quellen: Bundesarchiv; Gedenkblatt von Jens Aaron Guttstein bei Yad Vashem; Entschädigungsamt; Gottwald/Schulle: Die Judendeportationen. Wiesbaden 2005; Jens Aaron Guttstein: Juden in Zeitz. Zeitz 2014 und Jens Aaron Guttstein: Lebenswege. Die Shoa in Zeitz 1933-1945. Zeitz 2017
Siehe auch den Artikel in der Mitteldeutsche Zeitung