HIER WOHNTE
SALOMON M. LANDAU
JG. 1864
DEPORTIERT 3.10.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 13.6.1943
Salomon Mendel Landau wurde am 25. Oktober 1864 im damals österreichischen Neu Sandez/Galizien (heute Nowy Sacz/Polen) geboren.
Rosa Landau geb. Sadger kam am 29.Dezember 1873 in Krakau zur Welt. Mit elterlicher Genehmigung nahm Rosa Sadger ein Musikstudium am Wiener Konservatorium, u. a. bei dem berühmten Eduard Hanslick, auf. In Wien lernte sie auch ihren künftigen Ehemann kennen. 1896 zog das Paar nach Halle in die Talamtstraße 6, wo Salomon Landau, Sami genannt, die Spezial-Eier-Großhandlung seines Bruders im Nebenhaus übernahm. Sie zogen noch zweimal um und wohnten zuletzt im Haus Universitätsring 6. In Halle wurden auch ihre drei Kinder geboren – Grete am 26. Februar 1898, Anneliese am 5. März 1903 und Kurt, der in jungen Jahren tödlich verunglückte.
Die Landaus waren eine liberal eingestellte Familie, in der Musik eine große Rolle spielte. Abendliche Hauskonzerte und häufige Besuche des Leipziger Gewandhauses standen im Zentrum des Interesses. Die Eltern waren Mitglieder im “B’nai-B’rith-Orden” und der Germania-Loge in Halle, wo sich später auch Tochter Anneliese engagierte und einen ihrer ersten öffentlichen Vorträge hielt. Anneliese erhielt bei ihrer Mutter Klavierunterricht, spielte Geige und studierte in Halle und Berlin Musikwissenschaft. Sie war musikschriftstellerisch tätig, gestaltete eine Vortragsreihe im Radio und arbeitete lange für den von Martin Buber, Leo Baeck u. a. gegründeten Jüdischen Kulturverein. Wie bei vielen Intellektuellen begann durch die feindselige politische Lage und den wachsenden Druck der Nationalsozialisten auch bei Anneliese Landau eine Rückbesinnung auf die eigenen jüdischen Wurzeln und das Interesse für spezifisch jüdische Musik. So entstanden ihre auch heute noch
interessierenden Aufsätze z. B. über die Musik von Jacques Offenbach.
Grete heiratete den Juristen Kurt Julius Paechter, Leiter der Rechtsabteilung der Deutschen Bank und zog zu ihm nach Berlin, zunächst in die Meineckestr.6, später in die Nassauische Str. 61. Auch ihre Kinder Hans (1925), Gert (*1928) und Lise Ruth (*1933) kamen in Berlin zur Welt. Die Verhaftung von *Kurt Paechter nach dem Novemberpogrom 1938 und seine Internierung im KZ Sachsenhausen ließ die Familie das Ausmaß der Gefahr erkennen. Es gelang, die drei Paechter-Kinder mit einem Kindertransport nach England zu schicken. Die Eltern Landau verließen Halle und zogen zu Grete nach Berlin in die Nassauische Straße 61.
Anneliese Landau verließ Deutschland am 19. April 1939. In England traf sie ihre Neffen und die Nichte wieder, die bei englischen Familien untergebracht waren. Am 1. Januar 1940 erreichte sie New York. Alle Bemühungen von dort, die Ausreise ihrer Familie zu erreichen, waren erfolglos. Durch Zwangsarbeit geschwächt, erkrankte die 43-jährige Grete Paechter und starb am 31.Dezember 1941 in Berlin.
Am 3. Oktober 1942 wurde das Ehepaar Landau nach Theresienstadt deportiert. Dort traf Rose Landau auf Emma Italiander aus Krefeld, mit der sie eine tiefe Freundschaft verband. Emma Italiander, die das Konzentrationslager überlebte, war im Besitz eines Schriftstückes, das von Rose Landau an Chanukka, am 10. Dezember 1944 verfasst worden war.
Im Theresienstädter Ghetto starben der 78-jährige Salomon Landau am 13. Juni 1943 – als offizielle Todesursache wurde eine Gehirnblutung angegeben – und Rosa Landau kurz vor ihrem 71.Geburtstag am 21. Dezember 1944.
Der Schwiegersohn Kurt Paechter wurde am 30.Oktober 1942 von der Gestapo aus der Wohnung in der Nassauischen Straße 61 abgeholt mit einem nur 100 Personen umfassenden Transport ebenfalls nach Theresienstadt deportiert. Von dort wurde er in einem „Transport“ von 1600 Menschen am 9. Oktober 1944 weiter nach Auschwitz verschleppt und ermordet. Seine Schwägerin Anneliese hatte eine andere Erinnerung an sein Schicksal. Nach ihren Aussagen wurde er weiter nach Bergen-Belsen deportiert (vermutlich von Auschwitz aus). Im April 1945, als Bergen-Belsen von britischen Truppen befreit wurde, gehörte er zu den todkranken Häftlingen, für die alle Hilfe zu spät kam. Er starb 52-jährig am 31. Dezember 1945.
Anneliese Landau wurde ab 1944 Musikdirektorin der Jewish Center Association in Kalifornien. Sie organisierte Konzerte, hielt Vorträge, publizierte und erarbeitete ein Bildungsprogramm, das sie später an verschiedenen Erwachsenenschulen verwirklichte. Sie starb 88-jährig am 3. August 1991 in Los Angeles.
Die Biografie basiert auf dem veröffentlichten Text von www.zeit-geschichten.de/th_01_v_66.html (Stolpersteine in Halle) mit Ergänzungen und Änderungen durch Nachrecherche von Karin Sievert
Quellen:
www.bundesarchiv.de/gedenkbuch
Theresienstädter Gedenkbuch www.holocaust.cz
Yad Vashem Opferdatenbank
Deportationslisten
Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich“
Landesarchiv Berlin
Kulturbüro – NS-Dokumentationsstelle Krefeld
ITS Arolsen