Stolpersteine Joachim-Friedrich-Straße 55

Hausansicht Joachim-Friedrich-Str. 55

Diese Stolpersteine wurden am 09.04.2010 verlegt.

Stolperstein für Herbert Wolf

HIER WOHNTE
HERBERT WOLF
JG. 1901
DEPORTIERT 19.10.1942
RIGA
ERMORDET 22.10.1942

Herbert Wolf ist am 16. August 1901 in Berlin geboren. Verheiratet war er mit Ellen Jacobsohn, geboren am 23. Mai 1909 in Bromberg, In Berlin besaß er eine Buchdruckerei, die unter derselben Adresse wie die Wohnung Joachim-Friedrich-Straße 55 firmierte.

Vor der Deportation nach Riga wurde das Ehepaar in die Württembergallee 8 umquartiert, bevor beide in die Sammelstelle an der Levetzowstraße und von dort zum Güterbahnhof Moabit gebracht wurden. Nach viertägiger Fahrt zu einem Güterbahnhof der lettischen Hauptstadt sind sie dort am 22. Oktober 1942 ermordet worden.

Stolperstein für Ellen Wolf

HIER WOHNTE
ELLEN WOLF
GEB. JACOBSOHN
JG. 1909
DEPORTIERT 19.10.1942
RIGA
ERMORDET 22.10.1942

Ellen Wolf geb. Jacobsohn ist am 23. Mai 1909 in Bromberg geboren. Sie war mit dem Buchdrucker Herbert Wolf verheiratet, mit dem sie in der Joachim-Friedrich-Straße 55 wohnte. Bevor sie und ihr Mann am 19. Oktober 1942 nach Riga deportiert wurden, musste zunächst in die Württembergallee 8 umziehen. Dann wurde sie zur Registrierung in die ehemalige Synagoge an der Levetzowstraße gebracht. Danach wurde sie deportiert und in der Umgebung von Riga am 22. Oktober 1942 ermordet.

Stolperstein für Hedwig Leow

HIER WOHNTE
HEDWIG LEOW
JG. 1889
VOR DEPORTATION
FLUCHT IN DEN TOD
22.10.1942

Hedwig Leow, geboren am 14. November 1889 in Berlin, wohnte in der Joachim-Friedrich- Straße 55 in Wilmersdorf, wo sie sich als „Frau“ im Adressbuch eintragen ließ, musste allerdings gezwungenermaßen kurzfristig nach Schöneberg in die Heilbronnner Straße 22 umziehen. Einer bevorstehenden Deportation, mit der sie seit ihrer Zwangsumsiedlung und dem Abtransport ihrer Nachbarn Herbert und Ellen Wolf rechnen musste, entzog sie sich am 22. Oktober 1942 durch Freitod.

Text: Stolpersteine-Initiative Charlottenburg-Wilmersdorf.
Quelle: Bundesarchiv, Deportationslisten.

Stolperstein für Hermann Eisenberg

HIER WOHNTE
HERMANN EISENBERG
JG. 1876
DEPORTIERT 26.09.1942
RAASIKU
ERMORDET

Dr. Hermann Eisenberg wurde am 10. Oktober 1876 in Leipzig geboren.
Er war Frauenarzt, durfte sich aber nach dem Berufsverbot für jüdische Mediziner nur noch „Heilbehandler“ nennen. Verheiratet war er seit 1941/42 mit Clara, geb. Henczynski, geboren am 16. Februar 1891 in Rostock, die schon einmal verheiratet gewesen war. Ihr 1938 gestorbener Mann hieß Dr. Emil Fridberg, war Zahnarzt und hatte seine Praxis in der Köpenicker Straße 110a, die Witwe zog danach in die Waitzstraße 12.

Hermann Eisenberg hatte eine Schwester Alice Simon, geboren am 19. September 1872 in Leipzig, die – wie Hermann in der Nazi-Sprache schrieb – „im Protektorat“ lebe, womit das Ghetto Theresienstadt gemeint war. Sein jüngerer Bruder hieß Robert Eisenberg, geboren am 19. September 1878 in Leipzig, der nach Italien flüchten konnte und sich am 2. Februar 1942 aus Nizza in Frankreich meldete. Als weiteren Bruder benannte Hermann einen Dr. Fritz Eisenberg, von dem nichts weiter bekannt ist.

Im Juni 1942, kurz vor der Deportation, mussten Hermann und Clara Eisenberg aus der Joachim-Friedrich-Straße 55 in die Sybelstraße 39 umziehen und wurden in zwei Zimmer bei Georg und Rosa Lubszynski eingewiesen.

Am 21.9.1942 erfuhren Eisenbergs von ihrer bevorstehenden Deportation und mussten wie alle Juden eine „Vermögenserklärung“ abgeben. Daraus geht hervor, dass sie Aktien im Wert von 50 000 Reichsmark und ein Guthaben von 10 000 RM besessen hatten. Clara Eisenberg, die auch über das Bankdepot ihres gestorbenen Mannes verfügte, war außerdem Eigentümerin eines Grundstücks mit Haus in Rostock in der Richard-Wagner-Straße 12, für das Einheitswert von 35 000 RM angesetzt wurde. Schließlich gab Clara Eisenberg an, sie habe der Jüdischen Kultusgemeinde 20 000 RM gespendet. Einige Möbel hatten sie Eisenbergs Privatsekretärin Franzi Pollok vermacht. Für den Großteil des Mobiliars berechnete der Obergerichtsvollzieher Donat 798 RM und kassierte für die Schätzung 79,96 RM. Sie besaßen nach eigenen Angaben nur einen „zur Zeit noch nicht übersehbaren Restbestand“ an Kleidungsstücken, wie sie notierten. Alle Werte wurden von den Nationalsozialsten beschlagnahmt.

Am 18.9.1942 beanspruchte der Konsulent (ein ehemaliger Rechtsanwalt mit Berufsverbot, der nur Juden vertreten durfte) Hans Gumpert, Mommsenstraße 56, eine „Gebührenanmeldung“ über 115,15 RM, es war um eine „Ehesache“ gegangen. Das Fernsprechrechnungsamt Berlin schickte noch am 4.12.1942 eine Rechnung über einen „Schuldbetrag“ Eisenbergs von 50,30 RM an das Oberfinanzpräsidium Berlin.

Am 26. September 1942 wurden Hermann und Clara Eisenberg in einen Zug verfrachtet, der aus Frankfurt am Main kam und über Königsberg in Ostpreußen mit über 1000 Menschen nach Reval in Estland fuhr. Dort wurden sie in der Tötungsstätte Raasiku erschossen.

Alice Simon, die in Friedenau wohnte, wurde am 1. September 1942 von Berlin nach Theresienstadt deportiert und ist dort am 13. Mai 1943 zu Tode gekommen. Robert Eisenberg, dem zunächst die Flucht aus Berlin gelungen war, ist in Frankreich von der Gestapo gefasst und am 17. Dezember 1943 aus dem Internierungslager Drancy in Frankreich nach Auschwitz deportiert worden.

Stolpersteine zum Gedenken an Clara Eisenberg, Alice Simon und Rudolf Eisenberg sind noch nicht verlegt worden.

Zwei Nichten Hermann Eisenbergs, die in Kapstadt (Südafrika) lebende Gerda Oppenheimer und die in Woodstock (USA) lebende Tana Caro, führten in den 1950er Jahren als Erben von Fritz Eisenberg ein Entschädigungsverfahren, an deren Ende ihnen zur „Abgeltung aller Schäden“, wie die Berliner Behörde formulierte, eine Summe von 9 000 D-Mark zugestanden wurde.

Text: Helmut Lölhöffel.
Quellen: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam; Bundesarchiv; Entschädigungsamt Berlin; Berliner Adressbücher