HIER WOHNTE
HERMANN EISENBERG
JG. 1876
DEPORTIERT 26.09.1942
RAASIKU
ERMORDET
Dr. Hermann Eisenberg wurde am 10. Oktober 1876 in Leipzig geboren.
Er war Frauenarzt, durfte sich aber nach dem Berufsverbot für jüdische Mediziner nur noch „Heilbehandler“ nennen. Verheiratet war er seit 1941/42 mit Clara, geb. Henczynski, geboren am 16. Februar 1891 in Rostock, die schon einmal verheiratet gewesen war. Ihr 1938 gestorbener Mann hieß Dr. Emil Fridberg, war Zahnarzt und hatte seine Praxis in der Köpenicker Straße 110a, die Witwe zog danach in die Waitzstraße 12.
Hermann Eisenberg hatte eine Schwester Alice Simon, geboren am 19. September 1872 in Leipzig, die – wie Hermann in der Nazi-Sprache schrieb – „im Protektorat“ lebe, womit das Ghetto Theresienstadt gemeint war. Sein jüngerer Bruder hieß Robert Eisenberg, geboren am 19. September 1878 in Leipzig, der nach Italien flüchten konnte und sich am 2. Februar 1942 aus Nizza in Frankreich meldete. Als weiteren Bruder benannte Hermann einen Dr. Fritz Eisenberg, von dem nichts weiter bekannt ist.
Im Juni 1942, kurz vor der Deportation, mussten Hermann und Clara Eisenberg aus der Joachim-Friedrich-Straße 55 in die Sybelstraße 39 umziehen und wurden in zwei Zimmer bei Georg und Rosa Lubszynski eingewiesen.
Am 21.9.1942 erfuhren Eisenbergs von ihrer bevorstehenden Deportation und mussten wie alle Juden eine „Vermögenserklärung“ abgeben. Daraus geht hervor, dass sie Aktien im Wert von 50 000 Reichsmark und ein Guthaben von 10 000 RM besessen hatten. Clara Eisenberg, die auch über das Bankdepot ihres gestorbenen Mannes verfügte, war außerdem Eigentümerin eines Grundstücks mit Haus in Rostock in der Richard-Wagner-Straße 12, für das Einheitswert von 35 000 RM angesetzt wurde. Schließlich gab Clara Eisenberg an, sie habe der Jüdischen Kultusgemeinde 20 000 RM gespendet. Einige Möbel hatten sie Eisenbergs Privatsekretärin Franzi Pollok vermacht. Für den Großteil des Mobiliars berechnete der Obergerichtsvollzieher Donat 798 RM und kassierte für die Schätzung 79,96 RM. Sie besaßen nach eigenen Angaben nur einen „zur Zeit noch nicht übersehbaren Restbestand“ an Kleidungsstücken, wie sie notierten. Alle Werte wurden von den Nationalsozialsten beschlagnahmt.
Am 18.9.1942 beanspruchte der Konsulent (ein ehemaliger Rechtsanwalt mit Berufsverbot, der nur Juden vertreten durfte) Hans Gumpert, Mommsenstraße 56, eine „Gebührenanmeldung“ über 115,15 RM, es war um eine „Ehesache“ gegangen. Das Fernsprechrechnungsamt Berlin schickte noch am 4.12.1942 eine Rechnung über einen „Schuldbetrag“ Eisenbergs von 50,30 RM an das Oberfinanzpräsidium Berlin.
Am 26. September 1942 wurden Hermann und Clara Eisenberg in einen Zug verfrachtet, der aus Frankfurt am Main kam und über Königsberg in Ostpreußen mit über 1000 Menschen nach Reval in Estland fuhr. Dort wurden sie in der Tötungsstätte Raasiku erschossen.
Alice Simon, die in Friedenau wohnte, wurde am 1. September 1942 von Berlin nach Theresienstadt deportiert und ist dort am 13. Mai 1943 zu Tode gekommen. Robert Eisenberg, dem zunächst die Flucht aus Berlin gelungen war, ist in Frankreich von der Gestapo gefasst und am 17. Dezember 1943 aus dem Internierungslager Drancy in Frankreich nach Auschwitz deportiert worden.
Stolpersteine zum Gedenken an Clara Eisenberg, Alice Simon und Rudolf Eisenberg sind noch nicht verlegt worden.
Zwei Nichten Hermann Eisenbergs, die in Kapstadt (Südafrika) lebende Gerda Oppenheimer und die in Woodstock (USA) lebende Tana Caro, führten in den 1950er Jahren als Erben von Fritz Eisenberg ein Entschädigungsverfahren, an deren Ende ihnen zur „Abgeltung aller Schäden“, wie die Berliner Behörde formulierte, eine Summe von 9 000 D-Mark zugestanden wurde.
Text: Helmut Lölhöffel.
Quellen: Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam; Bundesarchiv; Entschädigungsamt Berlin; Berliner Adressbücher