HIER WOHNTE
JENNY ARONSON
GEB. PRAGER
JG.1865
DEPORTIERT 4.9.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 16.3.1944
Jenny Prager wurde im westpreußischen Thorn (Torun) geboren. Ihr Geburtsdatum wird in verschiedenen Dokumenten unterschiedlich angegeben. In ihrer Taufurkunde steht der 11. Dezember 1866, in der Deportationsliste der 1.1. 1867, andere Quellen legen den 14.12. 1865 als ihren Geburtstag fest.
Ihr Vater war der Kaufmann Josef Prager, die Mutter war Friederike Franziska Prager geborene Aronson, sie waren seit dem 6. Juni 1854 verheiratet.
Jenny hatte nachweislich zwei ältere Geschwister, den am 8. März 1864 geborenen Bruder Hermann und die Schwester Meta, geboren am 28. Juli 1858. Alle Kinder kamen in Thorn auf die Welt. Die Mutter Franziska starb noch in Thorn, Josef Prager zog irgendwann nach Berlin und verstarb 1905 im „Städtischen Bürgerhause“ in Charlottenburg.
Jenny heiratete Carl Julius Aronson, geb. am 24. Februar 1863 in Königsberg. In einer amtlichen Mitteilung des „Centralblattes der Baumeister“ vom 31. Mai 1890 war er zum „Königlichen – Regierungs – Baumeister“ ernannt worden. Der gemeinsame Sohn Willy Max kam am 23. September 1893 in Königsberg in der elterlichen Wohnung auf die Welt. Zusammen mit seinen Eltern wurde er am 23. Oktober 1895 in der Kirchengemeinde Königsberg evangelisch getauft.
Der Weg der jungen Familie führte, wohl aus beruflichen Gründen, über Breslau und Beuthen nach Nordhausen in Thüringen. Die Wohnung befand sich am Neumarkt 19. Carl Julius Aronson starb am 18. September 1924 und Jenny blieb dort allein zurück. Ihr Sohn Willy war nach Darmstadt gezogen, um zunächst in die beruflichen Fußstapfen seines Vaters zu begeben und sich an der Technischen Hochschule zum Ingenieur ausbilden zu lassen. Er verließ den technischen Berufsweg, machte später Karriere als Sänger und lebte in Berlin. 1934 kehrte er nach Nordhausen zurück, wo er unter derselben Adresse wie seine Mutter gemeldet war. Schon 1935 wurde Willy auf Grund seiner „nicht arischen“ Herkunft aus der Reichsmusikkammer ausgeschlossen. Die christliche Taufe spielte für die Nationalsozialisten und ihren Rassenwahn keine Rolle. 1939 war er zum Zeitpunkt der Volkszählung, in der Juden in einer gesonderten Kartei erfasst wurden, in der Waitzstraße 9 gemeldet, vermutlich lebte er
dort mit seiner Frau Hilda geb. Lind.
Jenny folgte ihrem Sohn 1940 nach Berlin. Viele Juden wurden inzwischen in Nordhausen öffentlich diskriminiert und verfolgt. Vielleicht glaubte sie sich in der Anonymität der Großstadt sicherer. Sie zog zu ihrer verwitweten Schwester Meta in die Landhausstraße 37. Unter eigener Adresse war sie in Berlin nicht gemeldet. Meta Levinsohn geb. Prager hingegen war seit 1927 als „Wwe. Landgerichtsrat“ im Adressbuch unter dieser Adresse im Gartenhaus verzeichnet.
Zwei Jahre hatten die beiden Schwestern in der Landhausstraße gelebt, als Meta sich am 23. Juli 1942 mittels einer Gasvergiftung das Leben nahm. Angesichts der bevorstehenden Deportationen wählte sie den Freitod, um nicht nach Theresienstadt verschleppt zu werden. Sie war schon 84 Jahre alt und wusste sicherlich, dass sie die Strapazen der Deportation nicht überleben würde. Jenny verbrachte noch zwei Monate in der Wohnung, bis sie am 4. September 1942 mit dem Transport I/59 nach Theresienstadt deportiert wurde. Sie hat die unmenschlichen Bedingungen des Ghettos noch fast 2 Jahre ertragen müssen. Sie wurde vermutlich am 16. März 1944 ums Leben gebracht.
Ihr Sohn Willy wurde am 2. März 1943 mit dem 32. Ost-Transport von Berlin Rosenheimer Straße 31 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet. Seine Frau Hilda Aronson geb. Lind, später verheiratete Kaufmann, lebte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in den USA (New York) und übergab der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel 1957 ein Gedenkblatt für ihren Mann.
Jennys Bruder Hermann Prager hatte am 24. August 1897 in Berlin Nanny Marasse geheiratet. Sein Schicksal ist unbekannt.
Recherche und Text: Karin Sievert
Quellen: