Stolpersteine Hektorstraße 2

Hausansicht Hektorstr. 2

Diese Stolpersteine für Elfriede Steiner, Dr. Moritz Steiner, Felix Kessel, Erna Kessel und Steffi Kessel wurden am 29.3.2008 verlegt.

Die Stolpersteine wurden von zwei ehemaligen Bewohnern des Hauses, Frau Beate Busch geb. Danckert und Herrn Prof. Dr. Hans Herbert Schulze gespendet.

Die Stolpersteine für Rebekka und Bianka Chraplewski, Georg und Anna Bergmann sowie für Lina Brzezinski wurden am 17.2.2023 verlegt.

Stolperstein für Elfriede Steiner

Stolperstein für Elfriede Steiner

HIER WOHNTE
ELFRIEDE STEINER
GEB. BERGMANN
JG. 1868
DEPORTIERT 3.10.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 27.12.1942

Stolperstein für Dr. Moritz Steiner

Stolperstein für Dr. Moritz Steiner

HIER WOHNTE
DR. MORITZ STEINER
JG. 1857
DEPORTIERT 3.10.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 31.10.1942

Moritz Steiner wurde am 29. August 1857 in Sohrau (dem heutigen Zory) in Oberschlesien, etwa 30 Kilometer südwestlich von Kattowitz (Katowice), geboren. Er war der Sohn des Kaufmanns Bernhard Steiner und dessen Frau Dorothea, geborene Löbinger. Moritz hatte sieben jüngere Geschwister: Seine Brüder Joseph, Handel, Adolph und Max wurden 1859, 1862, 1864 und 1867 geboren, seine Schwestern Bertha und Lina Steiner kamen 1861 und 1865 zur Welt. Eine weitere Schwester namens Rosalie verstarb kurz nach der Geburt 1860. Über das Elternhaus, die Kindheit und Jugend von Moritz Steiner und seiner Geschwister haben sich nur wenige Informationen erhalten. Als Moritz fünf Jahre alt war, verließ die Familie seinen Geburtsort und siedelte sich in der Kleinstadt Orzesche (heute Orzesze) an. Aller Wahrscheinlichkeit nach gehörten seine Eltern in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zur kleinen jüdischen Gemeinde der Ortschaft.

Nach seinem Schulabschluss studierte Moritz Steiner Medizin, promovierte 1881 in Erlangen mit einer Forschungsarbeit zur Geburtsmedizin mit dem Titel „Gibt es habituelles Absterben der Frucht ohne Syphillis“ und erhielt im selben Jahr seine Approbation. Seit 1884 bekleidete er eine Physicatsstelle in Rosenberg O.S. (heute Olesno). Anfang des 20. Jahrhunderts war er in der Stadt als königlicher Kreisarzt ansässig und lebte mit seiner ersten Ehefrau Anna Steiner, geborene Kuznitzky, und seiner 1885 geborenen Tochter Margarethe in der Stadt. Ein zweites Kind war wenige Tage nach der Geburt 1891 gestorben. Nach dem Tod seiner Ehefrau Anna 1905 verließ Moritz Steiner Rosenberg O.S., er heiratete 1907 in zweiter Ehe die aus Oels (Oleśnica) stammende, elf Jahre jüngere Elfriede Friederike Bergmann. Sie war die Tochter des zum Zeitpunkt der Hochzeit bereits verstorbenen Kaufmanns Leopold Bergmann und seiner Frau Klara, geborene Kirschbaum. Ab 1912 wurde Moritz Steiner in den Berliner Adressbüchern als praktischer Arzt, Medizinalrat und Kreisarzt a. D. in der Karlsruher Straße 15 I. in Wilmersdorf geführt, wo das Ehepaar knapp 20 Jahre bis Anfang der 1930er-Jahre lang leben sollte. Im Nachbargebäude in der Karlsruher Straße 16 hatte sich der Arzt eine Praxis eingerichtet. Leider haben sich keine weiteren Informationen erhalten, die einen Einblick in das Leben der Steiners im Berlin der Kaiserzeit und der Weimarer Republik geben könnten.

Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden seit 1933 – beziehungsweise aller Personen, die nach den Nürnberger Gesetzen im NS-Staat als Juden galten – begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen Moritz Steiner und seine Ehefrau. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben. 1934/1935 musste der verrentete Mediziner mit seiner Ehefrau seine langjährige Wohnung verlassen. Die Eheleute zogen in die Hektorstraße 2 in Halensee. Spätestens nach den Pogromen im Mai und November 1938 wurde das Leben in Berlin für sie zum Existenzkampf. In der Position von Rechtlosen wurden sie fast täglich durch neue Erlasse und Sondergesetze drangsaliert. Um nur eine der vielen einschneidenden Maßnahmen zu nennen, konnten sie sich nach der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen.

Der Demütigung und Entrechtung folgte die Deportation: Am 1. Oktober 1941 teilte die Gestapo der Jüdischen Gemeinde Berlin mit, dass die „Umsiedlung“ der Berliner Juden beginnen würde. Moritz Steiner und seine Ehefrau erhielten den Deportationsbescheid knapp ein Jahr später. Am 3. Oktober 1942 wurden sie mit dem „3. großen Alterstransport“ in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Der 85-jährige Moritz Steiner überlebte die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto kaum einen Monat. Der in Theresienstadt ausgefüllte Totenschein gibt den 31. Oktober 1942 als Todestag an. Kaum verlässlich ist die notierte Todesursache „Lungenentzündung“, da die NS-Ärzte die tatsächlichen Todesursachen direkter und indirekter Gewalteinwirkung mit kaschierenden Sammelbegriffen verschleierten. Moritz Ehefrau Elfriede überlebte ihren Mann nur um zwei Monate. Sie starb am 27. Dezember 1942 in Theresienstadt. Die Tochter von Moritz Steiner, Margarethe, überlebte die NS-Verfolgung.

Biografische Zusammenstellung
Indra Hemmerling
Weitere Quellen
Opferdatenbank Yad Vashem. Central DB of Shoah Victims’ Names. Online unter: http://yvng.yadvashem.org/ (aufgerufen am 22. Oktober 2019). Erinnerungsseite (Page of Testimony) zu Dr. Moritz Steiner (erstellt von Eva Caemmerer)
Bekanntmachung in der Deutschen Medicinischen Wochenschrift 39/1884, S. 642. Online unter: https://archive.org/details/Deutsch… (aufgerufen 22. Oktober 2019)
Eheanzeige Moritz Steiner und Elfriede Friederike Bergmann (Nr. 53, Charlottenburg am 4. Februar 1907); Eheregister der Stadt Berlin 1874–1920. Faksimile online unter: ancestry.com (aufgerufen am 15. Oktober 2019)
Todesfallanzeige zu Moritz Steiner und zu Elfriede Steiner, geb. Bergmann, in der Opferdatenbank Theresienstadt. Online unter: holocaust.cz (aufgerufen am 22. Oktober 2019)
Deportationslisten. Reproduktion im National Archives and Records Administration, USA, Signatur A3355: Dr. Moritz Steiner („3. gr. Alterstransport“, Lfd-Nr. 858); Elfriede Steiner, geb. Bergmann („3. gr. Alterstransport“, Lfd-Nr. 859). Online unter: statistik-des-holocaust.de (aufgerufen am 22. Oktober 2019)
Holocaust Survivors and Victims Database. Online Database of the United States Holocaust Memorial Museum. Moritz Steiner (PersonID 1483511); Marie Schmoller (Person ID 1482742): Online unter: https://www.ushmm.org/online/hsv/pe… (aufgerufen am 30. Juli 2019)
Eintrag zu Moritz Steiner, in: Schwoch, Rebecca (Hrsg.): Berliner jüdische Kassenärzte und ihr Schicksal im Nationalsozialismus. Ein Gedenkbuch, Potsdam 2009, S. 836

Stolperstein für Felix Kessel

Stolperstein für Felix Kessel

HIER WOHNTE
FELIX KESSEL
JG. 1885
DEPORTIERT 26.10.1942
RIGA
ERMORDET 28.10.1942

Felix Kessel wurde am 18. August 1885 in Berlin geboren. Hier ging er zur Schule und ließ sich zum Kaufmann ausbilden. Hier heiratete er auch seine Frau Erna Kessel, die als Erna Moses am 2. November 1892 ebenfalls in Berlin geboren worden war. Und in Berlin erblickte am 2. Januar 1922 auch die Tochter Steffi Kessel das Licht der Welt.

Die dreiköpfige Familie wohnte in einer geräumigen Wohnung in der Hektorstraße 2. In welchem Stockwerk, ist nicht mehr zu ermitteln. Auch sonst gibt es kaum Daten und Dokumente über Felix, Erna und Steffi Kessel. Nur ihr Ende ist – lückenhaft – dokumentiert.

Als ersten aus der Familie, die noch kurz zuvor in ein möbliertes Zimmer in der Bamberger Straße 5 (bei Theodor Baumgarten) zwangsumziehen musste, traf es Felix Kessel. Er wurde im Oktober 1942 von der Gestapo verhaftet. Vom Güterbahnhof Moabit aus wurde er, zusammen mit 797 Leidensgenossen – 55 waren Kinder unter zehn Jahren – am 26. Oktober in einem Güterzug nach Riga deportiert. Dort wurden alle Insassen nach dreitägiger Zugfahrt unmittelbar nach der Ankunft in den umliegenden Wäldern ermordet. Der Transport wurde unter der Bezeichnung „Gemeindeaktion“ bekannt, weil sich in ihm auch mindestens 204 Angestellte der Jüdischen Gemeinde zu Berlin befanden. Der Deportationszug hatte Riga zum Ziel, weil die „Tötungskapazität“ im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zu jenem Zeitpunkt an ihre Grenze gekommen war, wie die Endlösungsstrategen im Berliner Reichssicherheitshauptamt bedauernd notierten.

Nur 44 Tage später – am 9. Dezember 1942 – mussten Mutter Erna und ihre 20jährige Tochter Steffi den Deportationszug besteigen. Er ging als so genannter „24. Osttransport“ von Berlin nach Auschwitz. Von den 1060 Deportierten, die am 10. Dezember dort eintrafen, wurden nach einer „Selektion“ 137 Männer sowie 25 Frauen als Häftlinge in das Lager eingewiesen. Die übrigen 898 Menschen – unter ihnen Steffi und Erna Kessel – wurden in den Gaskammern getötet.

Am 19. März 1943 wurde der Vermögensverwaltungsstelle Berlin mitgeteilt: „Die Wohnung des Juden Kessel ist heute geräumt worden.” Allerdings forderte das Finanzamt Wilmersdorf-Nord zugleich von der Behörde für den „evakuierten Felix Israel Kessel“ die Begleichung einer Restschuld von 22 Reichsmark an.

Text: Sönke Petersen.
Quellen: Bundesarchiv; Brandenburgisches Landeshauptarchiv; Alfred Gottwaldt/ Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945, Wiesbaden 2005.

Stolperstein für Erna Kessel

Stolperstein für Erna Kessel

HIER WOHNTE
ERNA KESSEL
GEB. MOSES
JG. 1892
DEPORTIERT 9.12.1942
AUSCHWITZ
ERMORDET 1942

Stolperstein für Steffi Kessel

Stolperstein für Steffi Kessel

HIER WOHNTE
STEFFI KESSEL
JG. 1922
DEPORTIERT 9.12.1942
AUSCHWITZ
ERMORDET 1942

Stolperstein Rebekka Chraplewski

Stolperstein Rebekka Chraplewski

HIER WOHNTE
REBEKKA
CHRAPLEWSKI
GEB. HIRSCHBERG
JG. 1868
DEPORTIERT 29.10.1941
LODZ / LITZMANNSTADT
1942 CHELMNO / KULMHOF
ERMORDET 4.5.1942

Stolperstein Bianka Chraplewski

Stolperstein Bianka Chraplewski

HIER WOHNTE
BIANKA
CHRAPLEWSKI
JG. 1899
DEPORTIERT 29.10.1941
LODZ / LITZMANNSTADT
1942 CHELMNO / KULMHOF
ERMORDET 4.5.1942

Einsiedlungsliste Litzmannstadt

Einsiedlungsliste Litzmannstadt

Rebekka Chraplewski geb. Hirschberg, kam am 30. März 1868 in Bartschin/Posen zur Welt. Sie lebte mit ihrer Tochter Bianka Chraplewski, die am 20. August 1899 ebenfalls in Bartschin geboren wurde, zuletzt freiwillig in diesem Haus. Von mindestens 1935 bis 1940 war in den Berliner Adressbüchern der Prokurist Siegfried Chraplewski an dieser Adresse verzeichnet. Ob er – geboren 1897 ebenfalls in Bartschin – ein Sohn von Rebekka und Bruder von Bianka war, bleibt ungeklärt. In den Opferdatenbanken findet er sich nicht. Einträge für mehrere Überlebende dieses Namens im United States Holocaust Memorial Museum (USHMM) ergaben keine eindeutige Zuordnung.

Vor der Deportation wurden Mutter und Tochter Chraplewski von den Nazis aus ihrer Wohnung in der Hektorstraße 2 vertrieben und zwangsweise in ein sog. „Judenhaus” in der Dahlmannstr. 28 eingewiesen, aus dem mindestens 16 Menschen deportiert wurden. Grundlage war das „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden” vom 30. April 1939, das den Mieterschutz für jüdische Menschen mit der Begründung aufhob, „dass es eine vertrauensvolle Hausgemeinschaft zwischen Deutschen und Juden nicht geben könne“. Zudem war dieses Gesetz die Grundlage für die Einrichtung sog. „Judenwohnungen” bzw. „Judenhäuser”. Jüdische Eigentümer oder Mieter mussten jüdische Menschen aufnehmen, die ihre angestammten Wohnungen hatten verlassen müssen. Das führte dazu, dass i.d.R. einander unbekannte Menschen auf engstem Raum zusammengepfercht wurden.

Rebekka und Bianka Chraplewski mussten sich in der von den Nazis als „Sammellager” missbrauchten Synagoge in der Levetzowstraße 7/8 im damaligen Bezirk Tiergarten einfinden. Von dort wurden sie – vermutlich zu Fuß und unter den Augen der Bevölkerung – die knapp 8 km durch die Stadt bis zum Güterbahnhof Grunewald getrieben. Am Gleis 17 wurden sie mit knapp 1000 weiteren jüdischen Berlinerinnen und Berlinern in Güterwagen mit dem sog. „3. Osttransport” am 29. Oktober 1941 in das Ghetto Lodz/Litzmannstadt deportiert. Sie haben diesen Transport, auf dem etliche Menschen starben, überlebt, wie die „Einsiedlungslisten” des Ghetto Litzmannstadt ausweisen.

Aus dem Ghetto wurden Rebekka und Bianka Chraplewski am 4. Mai 1942 in das Gutshaus einer ehem. polnischen Staatsdomäne im 70 km entfernten Dörfchen Chelmno/Kulmhof verschleppt. Dies war das erste Vernichtungslager, das die Nazis Ende 1941 zur „Endlösung der Judenfrage” auf polnischem Boden einrichteten. Sofort nach der Ankunft mussten die beiden Damen – wie alle anderen Deportierten – sich entkleiden und wurden nackt unter Schlägen über eine Rampe in einen von drei komplett geschlossenen LKWs getrieben. Auf der Fahrt in ein nahes gelegenes Wäldchen wurden sie mit den Abgasen qualvoll erstickt und anschließend in Gruben verscharrt.

Recherche und Text: Gisela Morel-Tiemann

Quellen:
- Volkszählung vom 17.5.1939
- Berliner Adressbücher
- Berliner Gedenkbuch der FU
- Gedenkbuch des Bundesarchivs
- Einsiedlungslisten Ghetto Litzmannstadt:OT3-5b.jpg (614×893) (statistik-des-holocaust.de)
- Holocaust Survivors and Victims Database — Bianka Chraplewski (ushmm.org), - – Holocaust Survivors and Victims Database — Rebekka Sara Chraplewski (ushmm.org) – Vernichtungslager Kulmhof – Wikipedia

Stolperstein Georg Bergmann

Stolperstein Georg Bergmann

HIER WOHNTE
GEORG BERGMANN
JG. 1871
DEPORTIERT 25.1.1942
RIGA
ERMORDET

Georg Bergmann wurde am 14. November 1871 in Oels in Niederschlesien (heute Oleśnica, Województwo Dolnośląskie) geboren und hatte eine ältere Schwester Elfriede (1868-1942) und eine jüngere Schwester Anna (1873-1942). Über die Eltern ist nichts bekannt.

Er war von Beruf Kaufmann und arbeitete als Einkäufer für das renommierte Kaufhaus Nathan Israel in Berlin. Nach der Pogromnacht am 9./10. November 1938 berichtete er der Großmutter und dem Vater der Autorin, dass die Nationalsozialisten einen Flügel durch das Treppenhaus des Kaufhauses Israel gestürzt hätten. Das Kaufhaus wurde 1938 enteignet und 1939 liquidiert

N. Israel
Waren- und Kaufhäuser (Handel)
Eingetragen im Handelsregister/ Gründung 1815
Besitzübernahme 1938
Liquidation ab 1939
Spandauer Str. 16, Berlin

Georg Bergmann heiratete Elisabeth Schachmann geb. Weiß-Sternberg (13. August 1879 – 28. August 1917). Elisabeth war in erster Ehe mit dem Likörfabrikanten Julius Schachmann (1871 – 1905) verheiratet und brachte ihre Tochter Alice Pauline Schachmann (1905-1957) mit in die Ehe. Alice Schachmann heiratete den bekannten Strafverteidiger Dr. Alfred Apfel, der u.a. Carl von Ossietzky verteidigte und konnte nach der Trennung 1934 von ihm rechtzeitig über Frankreich in die Vereinigten Staaten von Amerika fliehen. Dort heiratete sie den bis heute sehr bedeutenden Hollywood Filmkomponisten Franz Waxman (bis 1934 Wachsmann) und hatte mit ihm einen gemeinsamen Sohn.

Am 24. April 1913 wurde Georgs und Elisabeths gemeinsame Tochter Leonore (genannt Lorchen) Sofie Bergmann geboren. Auch ihr gelang die Flucht nach Amerika. Dort heiratete sie den aus Witten an der Ruhr stammenden Victor Stern (1904-1990) und lebte mit ihm bis zu ihrem Tod am 14. September 2002 in Forest Hills, NYC. Sie hatten keine Kinder.

Nach dem frühen Tod seiner Ehefrau Elisabeth im Jahre 1917 führte Georg Bergmanns ledige Schwester Anna ihm und den beiden kleinen Töchtern Alice und Leonore den Haushalt. Alice war beim Tod ihrer Mutter zwölf, Leonore erst vier Jahre alt. Georg Bergmann und seine Schwester Anna wurden nach der Flucht der Töchter von den Nationalsozialisten aus ihrer Wohnung in der Dortmunder Straße 4 vertrieben und zogen zu ihrer Schwester Elfriede (geb. 1868 in Oels, ermordet 1942 in Theresienstadt) und deren Ehemann Dr. Moritz Steiner (geb. 1857 in Sohrau, ermordet 1942 in Theresienstadt) in die Hektorstraße 2 in Berlin-Wilmersdorf. Das Ehepaar Steiner lebte dort seit 1933/34, nachdem der Arzt Dr. Moritz Steiner seine Praxis in der benachbarten Karlsruher Straße aufgegeben hatte und sie ihrer Wohnung in der Karlsruher Str. 15 beraubt worden waren. Hier mussten sich also vier Erwachsenen eine kleine Wohnung teilen. Immerhin waren sie – im Unterschied zu den meisten zwangsweise in sogenannten “Judenwohnungen” zusammengepferchten Menschen – miteinander verwandt.

Georg Bergmann und seine Schwester Anna mussten sich in der von den Nationalsozialisten als „Sammellager” missbrauchten Synagoge in der Levetzowstraße 7/8 einfinden. Von dort wurden sie am 25.Januar 1942 mit dem sog. „10. Osttransport” zusammen mit über 1000 jüdischen Berlinerinnen und Berlinern vom Bahnhof Grunewald Gleis 17 nach Riga deportiert. Das Rigaer Ghetto war damals schon geschlossen und die meisten mit diesem Transport Deportierten wurden – soweit nicht während der Fahrt erfroren – unmittelbar nach Ankunft auf dem Vorortbahnhof Riga-Skirotava am 30. Januar 1942 in den umliegenden Wäldern erschossen. Nur 13 Menschen überlebten dieses Massaker. Georg Bergmann und Anna Bergmann gehörten nicht dazu.

Recherche und Text: Eva T. Caemmerer

Quellen:
- Volkszählung vom ^7.5.1939
- Gedenkbuch des Bundesarchivs
- Berliner Adressbücher 1917-1941
- Familienüberlieferung Steiner/Caemmerer
- Alfred Gottwald, Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945
- eine kommentierte Chronologie. marixverlag, Wiesbaden 2005
- Deportationsliste: OT10-30.jpg (1304×887) (statistik-des-holocaust.de) Nrn. 425 + 426

Stolperstein Anna Bergmann

Stolperstein Anna Bergmann

HIER WOHNTE
ANNA BERGMANN
JG. 1873
DEPORTIERT 25.1.1942
RIGA
ERMORDET

Anna Bergmann wurde am 21. Februar 1873 als jüngstes von drei Kindern im schlesischen Oels geboren. Ihre Schwester Elfriede war 1868, ihr Bruder Georg 1871 geboren worden. Über die Eltern ist nichts bekannt.

Anna blieb unverheiratet und führte nach dem Tod ihrer Schwägerin Elisabeth Bergmann 1917 ihrem so früh verwitweten Bruder Georg und den zwei kleinen Töchtern den Haushalt. Alice war beim Tod ihrer Mutter zwölf Jahre alt, Leonore erst vier. Sie lebten damals in der Dortmunder Straße 4 in Berlin-Moabit. Beiden Töchtern gelang rechtzeitig die Flucht nach Amerika.

Nach der Flucht der Töchter wurde Anna zusammen mit ihrem Bruder Georg aus der Wohnung in der Dortmunder Straße 4 ausgewiesen. Sie kamen bei ihrer Schwester Elfriede und deren Ehemann Moritz Steiner in der Hektorstraße 2 unter. Das Ehepaar Steiner musste 1933/34, nachdem Dr. Moritz Steiner nicht mehr als Arzt praktizierte, aus der Wohnung in der benachbarten Karlsruher Straße 15 in diese viel kleinere Wohnung umziehen. Immerhin waren die Bergmanns und die Steiners, die sich nun die Zwei-Zimmerwohnung teilten, miteinander verwandt und mussten nicht mit vielen vollkommen fremden Menschen in einer sog. „Judenwohnung” leben.

Anna Bergmann und ihr Bruder Georg mussten sich in der von den Nationalsozialisten als „Sammellager” missbrauchten Synagoge in der Levetzowstraße 7/8 einfinden. Von dort wurden sie am 25.Januar 1942 mit dem sog. „10. Osttransport” zusammen mit über 1000 jüdischen Berlinerinnen und Berlinern vom Bahnhof Grunewald Gleis 17 nach Riga deportiert. Dort wurden sie vermutlich unmittelbar nach der Ankunft auf dem Vorortbahnhof Riga-Skirotava am 30. Januar 1942 in den umliegenden Wäldern erschossen.

Recherche und Text: Eva T. Caemmerer

Quellen:
- Volkszählung vom 17.5.1939
- Gedenkbuch des Bundesarchivs
- Berliner Adressbücher 1917-1941
- Familienüberlieferung Steiner/Caemmerer
- Alfred Gottwald, Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich 1941-1945 – eine kommentierte Chronologie. marixverlag, Wiesbaden 2005
- Deportationsliste: OT10-30.jpg (1304×887) (statistik-des-holocaust.de) Nrn. 425 + 426

Stolperstein Lina Brzezinski

Stolperstein Lina Brzezinski

HIER WOHNTE
LINA BRZEZINSKI
GEB. JACOB
JG. 1891
DEPORTIERT 15.8.1942
RIGA
ERMORDET 18.8.1942

Lina Brzezinski (auch Brzezniski) wurde am 14. Februar 1891 als Lina Jacob in Wongrowitz in der damaligen preußischen Provinz Posen geboren (heute Wagrowiec in der Woiwodschaft Großpolen). Über ihr Leben und ihre Familie war nichts herauszufinden.

Sie wurde am 2. März 1942 von den Nazis aufgrund des „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden” vom 30.4.1939 aus ihrer Wohnung in der Hektorstraße 2 zwangsweise ausgesiedelt und in ein sog. „Judenhaus” in der Lietzenburger Str. 8 eingewiesen – in die Wohnung einer Familie Gutmann, die bereits 1939 dort nicht mehr registriert war. Aus diesem Haus wurden mindestens 14 Menschen deportiert, von denen 6 als Untermieter verzeichnet sind.

Lina Brzezinski wurde in die von den Nationalsozialisten als „Sammellager” missbrauchte Synagoge in der Levetzowstraße 7/8 verschleppt und mit dem sog. „18. Osttransport” am 15. August 1942 vom Güterbahnhof Moabit aus mit weiteren ca. 1000 jüdischen Berlinerinnen und Berlinern nach Riga deportiert. Dieser Transport kam am 18. August 1942 – nach der Schließung des Ghettos Riga – auf dem Vorortbahnhof Riga-Skirotava an. Die deportierten Menschen wurden – soweit sie nicht bereits auf dem Transport umgekommen waren – in die umliegenden Wälder von Biekerniki und Rumbula getrieben und dort ermordet. Nur eine Krankenschwester, deren Name nicht bekannt ist, überlebte.

Für Lina Brzezinski ist als Todestag der 18. August 1942 überliefert.

Recherche und Text: Gisela Morel-Tiemann

Quellen:
- Volkszählung v. 17.5.1939
- Berliner Gedenbuch der FU
- Gedenkbuch des Bundesarchivs
- Deportationsliste: 18. Osttransport (statistik-des-holocaust.de) Nr. 594