Stolpersteine Mommsenstr. 6

Hauseingang Mommsenstr. 6, Foto: H-J. Hupka, 2014

Hauseingang Mommsenstr. 6.

Der Stolperstein zum Gedenken an Clara Lehmann wurde am 11.12.2007 verlegt.
Die anderen fünf wurden am 24.4.2014 verlegt, Spender waren die Wohnungseigentümergemeinschaft und das Immobilien Management Dr. Hintze.
Weitere 14 Stolpersteine wurden am 20. Mai 2022 verlegt und von der Hausgemeinschaft gespendet.

Stolperstein Clara Lehmann

Stolperstein Clara Lehmann

HIER WOHNTE
CLARA LEHMANN
GEB. MEYER
JG. 1865
DEPORTIERT 17.8.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
TREBLINKA

Clara Lehmann wurde als Clara Meyer am 24.5.1865 in Oerlinghausen (Lippe) geboren. 1939, als sie in der Mommsenstraße 6 polizeilich gemeldet war, war sie geschieden. Sie wurde am 17. August 1942 nach Theresienstadt deportiert, von da am 21. September 1942 nach Treblinka und dort nach ihrer Ankunft ermordet.

Stolperstein Abraham Isaacsohn, Foto:H.-J. Hupka, 2014

Stolperstein Abraham Isaacsohn

HIER WOHNTE
ABRAHAM
ISAACSON
JG.1866
DEPORTIERT 17.08.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 25.9.1942

Abraham Isaacsohn wurde am 30. Oktober 1866 in Brietzig (Pommern) geboren. Mindestens seit 1930 wohnte er mit seiner Frau Anna Isaacsohn geb. Ranschoff in der Mommsenstraße 6, in den Adressbüchern war Isaacsohn zeitweise als Rechtsanwalt und Notar, zeitweise als Justizrat eingetragen. Bevor das Ehepaar am 17. August 1942 zum Deportationsbahnhof Grunewald getrieben wurde, mussten sie sich im Sammellager an der Großen Hamburger Straße registrieren lassen und wurden dann mit 1003 Menschen nach Theresienstadt gefahren. Am 25. September 1942 ist er dort umgebracht worden, im Todesdokument heißt es, er sei an „Altersschwäche und Herzschwäche“ gestorben. In Wahrheit waren es sicherlich die entsetzlichen medizinischen und hygienischen Zustände im Ghetto, die der 75jährige nicht überlebte.

Fanny-Schwarz

Stolperstein Anna Fanny Isaacsohn

HIER WOHNTE
ANNA FANNY
ISAACSOHN
GEB.RANSCHOFF
JG.1875
DEPORTIERT 17.08.1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 6.11.1942

Anna Fanny Isaacsohn geb.Ranschoff ist am 4. Dezember 1875 in Hannover geboren. Mit ihrem Mann Abraham lebte sie seit mindestens 1930 in dem prächtigen Wohnhaus an der Mommsenstraße 6. Vom Sammellager Große Hamburger Straße, einem ehemaligen jüdischen Altersheim, wurden sie und ihr Mann am 17. August 1942 vom Bahnhof Grunewald mit 1003 Menschen nach Theresienstadt deportiert. Am 6. November 1942 ist sie dort umgekommen – elf Tage nach ihrem neun Jahre älteren Ehemann.

Stolperstein Margarete Bayer, Foto:H.-J. Hupka, 2014

Stolperstein Margarete Bayer

HIER WOHNTE
MARGARETE BAYER
JG. 1878
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Margarete Bayer wurde am 18. Juli 1878 in Krotoschin (Krotoszyn/Polen) geboren. In der Mommsenstraße 6 war sie Untermieterin des Ehepaares Abraham und Anna Isaacsohn. Sie wurde 1941 ins Ghetto Minsk deportiert – mit welchem Zug, ist nicht einwandfrei rekonstruierbar, das Bundesarchiv und die Yadvashem-Opferdatei machen hierzu keine Angabe. In Minsk ist sie jedenfalls sicherlich bald nach ihrer Ankunft ermordet worden.

Stolperstein Sally Putschinski, Foto:H.-J. Hupka, 2014

Stolperstein Sally Putschinski

HIER WOHNTE
SALLY PUTSCHINSKI
JG. 1892
DEPORTIERT 1.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Sally Putschinski wurde am 25. August 1892 in Filehne in Polen geboren. Er war verheiratet, wahrscheinlich mit Ernestine Putschinski, die in der Philippistraße 9 wohnte. Vor seiner Deportation am 1. März 1943 nach Auschwitz ist Sally Putschinski jedenfalls aus der Mommsenstraße 6, wo er am 17.5.1030 (Volkszählung) gemeldet war, in die Philippistraße 9 umgezogen, und er wurde gleichzeitig mit Ernestine Putschinski geborene Ruben, geb. am 1. September 1908 in Freystadt (Westpreußen), in einem riesigen Transport mit 1682 Menschen nach Auschwitz deportiert. Dort sind beide ermordet worden.

Stolperstein Berthold Magner, Foto:H.-J. Hupka, 2014

Stolperstein Berthold Magner

HIER WOHNTE
BERTHOLD MAGNER
JG. 1909
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
12.4.1940

Berthold Magner ist am 31. Juli 1909 in Wongrowitz (Polen) geboren. Er war am Tag der Volkszählung (17.5.) 1939 in der Mommsenstraße 6 registriert. Welchen Beruf er hatte und ob er vielleicht Untermieter war, ist nicht mehr herauszufinden. Jedenfalls beging er am 12. April 1940 im Alter von 30 Jahren Selbstmord.

Das 1904 erbaute Bürgerhaus mit Innengarten an der Mommsenstraße 6 ist von dem Baumeister Albert Gessner entworfen worden. Eigentümerin war Ende der 1930er/Anfang 1940er Jahre die Allianz und Stuttgarter Lebensversicherungs-Bank.

Texte und Recherche: Helmut Lölhöffel

Stolperstein Antonie Bie

Stolperstein Antonie Bie

HIER WOHNTE
ANTONIE BIE
GEB. HERRNSTADT
JG. 1875
DEPORTIERT 30.7.1942
THERESIENSTADT
1942 TREBLINKA
ERMORDET

Stolperstein Henny Lappe

Stolperstein Henny Lappe

HIER WOHNTE
HENNY LAPPE
GEB. TAUSK
JG. 1885
DEPORTIERT 27.11.1941
RIGA
MASSENERSCHIESSUNG
30.11. 1941
RIGA-RUMBULA

Stolperstein Henry Lappe

Stolperstein Henry Lappe

HIER WOHNTE
HENRY LAPPE
JG. 1929
DEPORTIERT 27.11.1941
RIGA
MASSENERSCHIESSUNG
30.11. 1941
RIGA-RUMBULA

Stolperstein Samuel Neumann

Stolperstein Samuel Neumann

HIER WOHNTE
SAMUEL NEUMANN
JG. 1864
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
TOT 16.11.1942

Samuel Neumann wurde am 16. Januar 1864 in Schlochau in Pommern (heute Człuchów in der Woiwodschaft Pommern, Województwo Pomorskie) geboren. Seine Frau Anna, geb. Rosenberg, war früh verstorben. Er war Börsenmakler und betrieb in der Mommsenstraße 67 ein 1905 gegründetes Bankkommissionsgeschäft, das er 1933 übernommen hatte.

Samuel Neumann
Bankkommissionsgeschäft (Banken und Versicherungen)
Gegründet 1905 , Übernahme 1933 , Liq.: 1938
Mommsenstrasse 67 (Charlottenburg)

Bereits 1933 sagte der Börsendirektor einer Bank zu Samuel Neumann: „Nur noch hinter einer Säule des Börsensaales“ möchte er mit ihm sprechen, denn er sei Parteimitglied und wolle sich nicht öffentlich mit ihm zeigen. Spätestens aufgrund der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben” vom 12.11.1938 hatte Samuel Neumann seine Börsenkarte abgeben müssen und sein Geschäft wurde von den Nationalsozialisten liquidiert.

Der angesehene und wohlhabende Börsenmakler Samuel Neumann zog 1936/37 mit seinem Sohn Peter und dessen Frau Margot in die Mommsenstraße 6. Bis 1938 wurde er hier im Adressbuch als Bewohner mit der Bezeichnung „Bankkommissionär”,1939 nur noch als „Kaufmann” und 1940 als „Privatier” geführt. 1939 wurde er aus seiner Wohnung geworfen. Er lebte dann bei seinen Schwestern – der verwitweten Zippora Rosenberg, der ledigen Selma Neumann sowie dem Neffen Curt – in der Badenallee 25. Die Schwestern wurden am 14.9.1942, der Neffe am 13.1.1943 nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet.

Samuel Neumanns Sohn Peter, dem die Flucht nach England gelungen war, bemühte sich um die Emigration seines Vaters. Doch nachdem die deutschen Grenzen für Juden geschlossen waren, gelang dies nicht. Samuel Neumann muss im November 1942 die Ankündigung seiner Deportation bekommen haben, denn er starb kurz vor seiner geplanten Deportation am 16. November 1942 im Jüdischen Krankenhaus in der Iranischen Straße 2, das zu diesem Zeitpunkt von den Nationalsozialisten als „Sammellager” für jüdische Menschen, die „nach Osten” deportiert werden sollten, missbraucht wurde. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Weißensee, Grab-Nr. 110222, beerdigt.

Recherche und Text: Dr. Wolf-Rüdiger Baumann und Claudia Saam
Quellen:
- Volkszählung vom 17.5.1939
- Gedenkbuch des Bundesarchivs
- Berliner Adressbücher
- Jüdische Gewerbebetriebe in Berlin 1933-1945. Humboldt-Universität

Stolperstein Elsa Selten

Stolperstein Elsa Selten

HIER WOHNTE
ELSA SELTEN
GEB. LUSTIG
JG. 1887
DEPORTIERT 23.6.1942
MINSK
ERMORDET IN
MALY TROSTINEC

Stolperstein Ernst Selten

Stolperstein Ernst Selten

HIER WOHNTE
ERNST SELTEN
JG. 1885
DEPORTIERT 23.6.1942
MINSK
ERMORDET IN
MALY TROSTINEC

Stolperstein Fritz Selten

Stolperstein Fritz Selten

HIER WOHNTE
FRITZ SELTEN
JG. 1927
DEPORTIERT 23.6.1942
MINSK
ERMORDET IN
MALY TROSTINEC

Stolperstein Selma Wechsler

Stolperstein Selma Wechsler

HIER WOHNTE
SELMA WECHSLER
GEB. MEYER
JG. 1868
SEIT 1942
VERSTECKT GELEBT
INTERNIERT NOV. 1944
LAGER LIEBENAU
ÜBERLEBT

Stolperstein Fritz Wolff

Stolperstein Fritz Wolff

HIER WOHNTE
FRITZ WOLFF
JG. 1875
FLUCHT 1933
FRANKREICH
TOT 27.4.1940

Stolpersteine Else Wolff

Stolpersteine Else Wolff

HIER WOHNTE
ELSE WOLFF
GEB. LEVY
JG. 1873
FLUCHT 1933
FRANKREICH
SEIT 1943
VERSTECKT GELEBT
MIT HILFE ÜBERLEBT

Stolperstein Oskar Wolkenberg

Stolperstein Oskar Wolkenberg

HIER WOHNTE
OSKAR WOLKENBERG
JG. 1886
FLUCHT 1941 ITALIEN
SEIT 1943
VERSTECKT GELEBT
1944 SCHWEIZ

Stolperstein Paul Fiegel

Stolperstein Paul Fiegel

HIER WOHNTE
PAUL FIEGEL
JG. 1881
FLUCHT 1939
AUSTRALIEN

Paul Fiegel wurde am 12. November 1881 als Sohn von Benno und Minna Fiegel, geb. Cohn, in Berlin geboren. Er war Inhaber der von seinem Vater gegründeten „Benno Fiegel AG”.

Benno Fiegel AG
Import von Sämereien / Samengroßhandlung (Nahrungs- und Genußmittel)
Gegründet 1922, Übernahme 1937, Liq.: 1937
Monbijouplatz 3 (Mitte)

Ab mindestens 1930 war das Unternehmen in der Landsberger Str. 91 angesiedelt. Paul Fiegel musste die Firma am 1. Juli 1937 unter dem Zwang der NS-Behörden verkaufen. Das Hetzblatt Der Stürmer hatte ihn an den Pranger gestellt. Ab diesem Zeitpunkt war er ohne Einkommen.

Paul Fiegel hatte am 26. April 1914 Erna Hirschfeld geheiratet, die am 10. Juni 1893 in Leipzig zur Welt gekommen war. Aus der Ehe ging als einziges Kind der Sohn Bernhard, genannt Bernd, hervor, der am 1. Januar 1919 in Berlin-Charlottenburg geboren wurde.

Fiegels waren alteingesessene Charlottenburger und wohnten seit mindestens 1922 in der Mommsenstraße 70. Sie zogen Anfang 1935 in die Mommsenstraße 6 – in eine Wohnung mit sieben Zimmern im Vorderhaus. Erna Fiegel ließ die Wohnung aufwändig renovieren. In einer „Eidesstattlichen Erklärung” für das Berliner Entschädigungsamt schrieb Erna Fiegel am 27. Januar 1961: „Anlässlich des Umzuges in die neue Wohnung hatten wir die gesamte Einrichtung von dem Architekten Max Lewy, Berlin-Zehlendorf …bearbeiten lassen; Stoffe, Fussbodenbeläge und Vorhänge waren von der Firma Gerson, Berlin.“. Sie glaubte noch an eine Zukunft in Deutschland. Nach dem Erlass der „Nürnberger Gesetze“ am 15. September 1935 war es damit vorbei. Am Ende einer Italien-Reise schrieb Erna Fiegel am 16. September 1935 in ihr Tagebuch: „Das ist der Schluss alles Erfreulichen; denn kaum im Coupé verstaut, verlangt es die Männlichkeit nach deutschen Zeitungen. Ade Frohsinn und Freude – der Nürnberger Parteitag hat dafür gesorgt, dass wir erneut wissen, was es heißt, Jude zu sein“.

Paul und Erna Fiegel entschlossen sich zur Flucht nach Sydney/Australien. Sie buchten Schiffsbilletts für den Dampfer Slamat, der am 10. Juni 1939 von Rotterdam nach Colombo aufbrach. Mit dem Dampfer Srathallan ging es von Colombo weiter nach Sydney.

Der Sohn Bernd ging seit August 1925 in die 19. Gemeindeschule Charlottenburg. Er hatte es nicht weit, musste nur um die Ecke in die Bleibtreustraße 43 gehen. Bis 1934 besuchte er dort auch das weiterführende Kaiser-Friedrich-Gymnasium, die heutige Europaschule Joan Miró. Danach nahm er eine kaufmännische Lehre bei der Firma „Levinger und Feibel” in Frankfurt/Main auf, die er nicht beenden konnte. Im Jahr 1936 verfolgte der 17jährige als begeisterter Sportler die Olympischen Spiele in Berlin. Seinem Tagebuch vertraute er am 1. August an: „Es ist für mich sehr aufregend. Das schreckliche Bewußtsein, im deutschen Sport vollkommen ausgeschaltet zu sein.” Er floh im Juni 1938 zunächst nach Gouda in den Niederlanden. Dort arbeitet er in einer Staatlichen Prüfungsanstalt für keramische Erzeugnisse. 1939 folgte er seinen Eltern nach Sydney.

Gemeinsam begann die Familie Fiegel ein neues Leben in Sydney. Gut ging es ihnen dort nicht. Sie waren Staatenlose. Erna Fiegel fertigte Blumengestecke an, um sie zu verkaufen. Paul Fiegel arbeitete als Packer, sein Sohn Bernhard auf einer Geflügelfarm.

Paul Fiegel starb bereits 1947. Erna Fiegel kehrte 1954 noch einmal nach Berlin zurück, um sich persönlich um die Entschädigung für ihre Familie zu kümmern. Bernhard Fiegel hatte im Rahmen des Berliner Besuchsprogramms für vertriebene Juden eine Einladung nach Berlin erhalten, starb aber bevor er die Reise antreten konnte.

Recherche und Text: Dr. Wolf-Rüdiger Baumann und Claudia Saam
Quellen:
- Berliner Adressbücher
- Entschädigungsamt Berlin
- Schilderungen der Kinder von Bernhard Fiegel, Paul und Naomi Fiegel.
- Ausführliche Geschichte der Familie Fiegel mit Fotos und Dokumenten: Berliner Geschichten – Denkmalamort (Text ebenfalls von Dr. Wolf Rüdiger Baumann und Claudia Saam)

Stolperstein Erna Fiegel

Stolperstein Erna Fiegel

HIER WOHNTE
ERNA FIEGEL
GEB. HIRSCHFELD
JG. 1893
FLUCHT 1939
AUSTRALIEN

Stolperstein Bernhard Fiegel

Stolperstein Bernhard Fiegel

HIER WOHNTE
BERNHARD FIEGEL
JG. 1919
FLUCHT 1939
AUSTRALIEN