Stolpersteine Salzbrunner Straße 42

Hausansicht Salzbrunner Str. 42

Diese drei Stolpersteine sind von Angelika Nafziger (Berlin) gespendet und am 25.9.2006 verlegt worden.

Stolperstein für Toni Krakauer

Stolperstein für Toni Krakauer

HIER WOHNTE
TONI KRAKAUER
GEB. HIRSCHFELD
JG. 1881
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Toni Krakauer kam als Toni Hirschfeld am 13. Juni 1881 in Löbau (Westpreußen) zur Welt. Vermutlich nach dem Tod ihres Mannes Julius zog sie 1938 mit ihrer am 22. Dezember 1913 in Berlin geborenen Tochter Hilde Krakauer in die Salzbrunner Straße 42. Die Adressbücher führten sie unter dieser Adresse bis 1941, dem Jahr, in dem auch sie gezwungen wurde, mit ihrer Tochter in ein Zimmer in einer Judenwohnung in der Mommsenstraße 55 zu ziehen. Die 61-jährige Toni Krakauer wurde am 14. Dezember 1942 mit weiteren 813 Menschen nach Auschwitz deportiert, wo sie vermutlich vor dem 31. Dezember 1943 ermordet wurde.

Ihre 29-jährige Tochter Hilde war vorerst als Zwangsarbeiterin bei den TEVES-Werken in Wittenau geschützt, wo sie für den kläglichen Wochenlohn von 19 RM täglich zwölf Stunden arbeiten musste. Allein die Monatsmiete für ihr Leerzimmer betrug 60 Reichsmark. Doch am 19. Februar 1943 bot der Zwangsarbeiterstatus keinen Schutz mehr. Goebbels wollte dem Führer „ein judenreines Berlin“ zum Geburtstag schenken. Mit einem weiteren Transport, der 1 003 Menschen umfasste, wurde auch Hilde Krakauer nach Auschwitz deportiert. Als ihr Todesdatum ist der 8. März 1943 angegeben.

Stolperstein für Hilde Krakauer

Stolperstein für Hilde Krakauer

HIER WOHNTE
HILDE KRAKAUER
JG. 1912
DEPORTIERT 1943
AUSCHWITZ
ERMORDET 8.3.1943

Hilde Krakauer wurde am 22. Dezember 1912 in Berlin geboren. Dieses auf dem Stolperstein angegebene Geburtsjahr ist falsch, in Wirklichkeit war es 1913. Sie war die Tochter von Julius und Toni Krakauer, die am 13. Juni 1881 geboren ist. Die Daten des Vaters sind nicht überliefert. Hilde Krakauer, die ledig war, wurde, nachdem sie als Zwangsarbeiterin bei den TEVES-Werken in Wittenau für einen Wochenlohn von 19 Reichsmark schuften musste, wenig später als ihre Mutter im Alter von 30 Jahren nach Auschwitz deportiert und dort am 8. März 1943 ermordet. Ihr nur noch karger Hausrat wurde versteigert und erbrachte dem Deutschen Reich einen Reinerlös von 331,20 RM.

Stolperstein für Anna Eckersdorff

Stolperstein für Anna Eckersdorff

HIER WOHNTE
ANNA ECKERSDORFF
JG. 1883
DEPORTIERT 1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ

Anna Eckersdorff, geboren am 27. Juli 1883 im schlesischen Brieg (Brzeg, zwischen Breslau und Oppeln), wurde in den Berliner Adressbüchern nur kurze Zeit unter der Adresse Salzbrunner Straße 42 geführt: 1939 und 1940. Danach war sie höchstwahrscheinlich gezwungen, in ein Zimmer einer so genannten Judenwohnung zu ziehen. Das Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden vom 30. April 1939 hatte den Mieterschutz für Juden aufgehoben und Generalbauinspektor Albert Speer brauchte Ersatzwohnungen für die arischen Mieter derjenigen Häuser, die den Germaniaplänen weichen mussten. So zwang man auch Frau Eckersdorff in eine Judenwohnung – die sich meistens in Häusern befanden, die noch jüdischen Besitzern gehörten – in der Konstanzer Straße 51 umzuziehen. Von dort wurde die 59 jährige Frau Eckersdorff am 12. Januar 1943 zusammen mit anderen 1 190 Juden nach Auschwitz deportiert. Ihr genaues Todesdatum konnte bisher nicht ermittelt werden.

Angelika Nafziger, Bewohnerin des Hauses Salzbrunner Straße 42 in Schmargendorf, schrieb zur Verlegung:

bq. Bei der Beschäftigung mit der Geschichte unseres Hauses habe ich nach Recherchen herausgefunden, dass drei Mieterinnen aus unserem Haus in der Zeit des Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden: Anna Eckersdorff, Toni Krakauer und ihre Tochter Hilde Krakauer.
Mir ist es ein Anliegen, an diese Frauen zu erinnern. Daher habe ich die Patenschaft für drei sogenannte Stolpersteine übernommen.
Am Montag, den 25. September 2006, wurden die Stolpersteine von Herrn Demnig vor der Salzbrunner Straße 42 in den öffentlichen Gehweg eingelassen.
Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist, sagt der Kölner Bildhauer Gunter Demnig, der das Stolpersteine-Projekt ins Leben gerufen hat. Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an ehemalige Bewohner lebendig gehalten, die Opfer des Nationalsozialismus wurden.
Auf den Steinen steht geschrieben: HIER WOHNTE… Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch.
Nun wird auch der drei jüdischen Bewohnerinnen gedacht, deren letzte selbstgewählte Wohnung in unserem Haus war. Wer über diese Steine ´stolpert´ liest die drei Namen: Anna Eckersdorff, Toni Krakauer geb. Hirschfeld, und Hilde Krakauer. Drei Namen, drei Menschen, drei Geschichten…
Mehr habe ich bisher bei den Recherchen im Brandenburgischen Landeshauptarchiv und im Landesarchiv Berlin nicht ausfindig machen können. Das meiste Archivmaterial entstammt den Akten der Nazi-Bürokratie und ich weiß nicht, ob es noch Menschen gibt, die Erinnerungen an die drei Bewohnerinnen aufbewahren. Aber indem wir ihre Namen dem Vergessen entreißen, lebt ein Stück ihrer Geschichte weiter.

In diesem Haus wohnte außer diesen drei Frauen Bruno Bergmann, geboren am 8. Oktober 1895 in Berlin, der am 14. November 1941 nach Minsk (Weißrussland) deportiert wurde.

Recherche und Text: Angelika Nafziger. Quellen: Bundesarchiv, Adressbuch, Landeshauptarchiv Berlin-Brandenburg, Landesarchiv Berlin.

  • Angelika Nafziger: Stolpersteine erinnern an deportierte jüdische Mieterinnen der Salzbrunner Straße 42

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