Albert Philipp Hartog wurde am 2. August 1881 in Hamburg geboren. Über seine Familie wird unter dem Link berichtet:
Seine Eltern waren Pheis Calmer (genannt Philip) Hartog (geb. 1849 in Aurich, gest. 1924 in Hamburg) und Gütle, gen. Auguste, geb. Bargerbuhr (geb. 1848 in Aurich, gest. 1932 in Hamburg). Er hatte zwei jüngere Schwestern, Regina (geb. 1883) und Minka (geb. 1886).
Der Vater verdiente den Lebensunterhalt als Lotto-Collecteur, d.h. als Kaufmann, der mit staatlicher Genehmigung Lose verkaufte. Das Einkommen ermöglichte einen guten Lebensunterhalt. Die Familie erwarb Ende der 1890er-Jahre das Haus Marienstraße 9 (i. d. Neustadt). Anfang 1902 zog sie in das Neubaugebiet Brahmsallee. Sie erwarb das Haus Brahmsallee 31, das bis 1924 im Besitz der Familie Hartog blieb.
Regina konnte 1941 mit ihrem Mann und drei von vier Kindern nach Brasilien flüchten; ihr ältester Sohn starb im KZ Sachsenhausen. Minka und ihr Mann hatten sieben Kinder und ermöglichten allen die Flucht ins Ausland; nur sie und ihr Mann blieben in Hamburg und wurden 1941 nach Riga deportiert. An sie erinnern zwei Stolpersteine vor dem Haus Brahmsallee 6 in Hamburg.
Albert heiratete die Nichtjüdin Hedwig Margarete Gertrud Rahtz (geb. 1877) und lebte mit ihr in Berlin in der Sophie-Charlotten-Straße 104; in Berlin wurden auch ihre Söhne Karl (geb. 4. Juli 1909) und Herbert (geb. 3. Oktober 1910) geboren. Hedwig starb im März 1942 im Alter von vermutlich 65 Jahren. Drei Monate später, am 15. Juni 1942 wurde Albert in die Rombergstraße 11 (heute: Mendelssohnstraße), Seitenflügel, Parterre, in Prenzlauer Berg „abgemeldet“, vermutlich zwangseingewiesen; vielleicht war mit dem Tod seiner nichtjüdischen Frau sein letzter Schutz weggefallen. Am 16. Oktober 1942 wird er als Bevollmächtigter von Wilhelm Besser (geb. 1895) erwähnt, der nach Bolivien ausgewandert war – ein Freund von ihm?
Am 3. Februar 1943 wurde Albert Hartog mit 951 weiteren Menschen mit dem 28. Osttransport „nach dem Osten überführt“, also deportiert. Fast alle der Verschleppten stammten aus Berlin. In seiner Transportliste stehen die Vermerke „ohne Beruf“ (was auch heißen kann, dass er seinen erlernten Beruf nicht mehr hatte ausüben können), „ledig“ (tatsächlich war er gerade erst verwitwet) und „arbeitsfähig“. Er wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt in Auschwitz ermordet.
Über das Leben seines Sohns Karl ist nichts bekannt. Bis zum Schluss war er in der Sophie-Charlotten-Str. 104 gemeldet. Am 2. April 1942 wurde er mit dem 12. Osttransport in das Warschauer Getto deportiert, zusammen mit über 1000 Menschen aus Berlin und Frankfurt (Oder). Karl Hartog wurde im Warschauer Getto ermordet.
Alberts zweiter Sohn Herbert wohnte ebenfalls in der Sophie-Charlotten-Straße 104, war zuletzt aber wie sein Vater in der Rombergstraße 11 in Prenzlauer Berg gemeldet – wohl ebenfalls zwangseingewiesen. Auch über ihn wissen wir wenig. Immerhin zeigen zwei Arbeiter-Urlaubskarten, dass er von 1939 bis Ende 1941 bei B. u. L. Voigt, Steinmetz- und Bildhauer-Werkstätten in Stahnsdorf beschäftigt war und von November 1941 bis Januar 1942 bei dem Abbruchunternehmer Ernst Schlagmann in Berlin-Zehlendorf (wahrscheinlich als Zwangsarbeiter).
Vor allem aber gründete Herbert eine eigene Familie, mitten in Krieg und Terror. Er heiratete Ruth Hartog, geb. Sommerfeld (geb. 23. Juni 1918); ihr gemeinsamer Sohn Joel wurde am 2. August 1942 geboren, am selben Tag wie sein Großvater Albert. Ruths Bruder war bereits 1934 nach Palästina ausgewandert, aber Ruth war in Berlin geblieben.
Am 17. Mai 1943 wurden Herbert und Ruth Hartog mit dem neun Monate alten Joel in das Sammellager im Jüdischen Altersheim in der Großen Hamburger Straße 26 bestellt. Am selben Tag verließ der 38. Osttransport mit 395 Juden und „unerwünschten Elementen“ den Güterbahnhof Putlitzstraße in Berlin-Moabit und erreichte zwei Tage später das Konzentrationslager Auschwitz mit mindestens 385 lebenden Menschen am 19. Mai 1943. „Allenfalls 10 Menschen ist unterwegs die Flucht gelungen oder sind unterwegs verstorben. Bei der Selektion werden 80 Männer und 115 Frauen im Lager aufgenommen. 190 Menschen werden der Sonderbehandlung zugeführt. Nur 5 der Deportierten aus diesem Transport überlebten den Holocaust.“
Ruth, Herbert und Joel gehörten nicht dazu.
Text: Katrin Schwenk
Quellen:
https://www.stolpersteine-hamburg.de/?MAIN_ID=7&BIO_ID=1789&VIEW=PRINT
http://www.tenhumbergreinhard.de/transportliste-der-deportierten/transportliste-der-deportierten-1943/transport-17051943-berlin-moabit.html
Brandenburgisches Landeshauptarchiv (Potsdam): Karteikarten der „Vermögensverwaltungsstelle“