HIER WOHNTE
ARTHUR KONN
JG. 1878
VERSTECKT 1942-44
DEPORTIERT 1944
THERESIENSTADT
ERMORDET IN
AUSCHWITZ
Arthur Konn wurde am 7. Januar 1878 in Wloclawek (damals Russisch-Polen) geboren als eines von elf Kindern des Zigarettenfabrikanten Lewin Cohn (1836-1885) und seiner Ehefrau Balbina Cohn geb. Marsop (1843-1925). Nach der Ermordung von Zar Alexander II. und den folgenden antijüdischen Pogromen zog die Familie 1881 nach Berlin. Ende 1896 begann Arthur Konn eine Ausbildung zum Bildhauer u.a. als Schüler von Nikolaus Geiger und Ernst Herter. 1899 und 1914 nahm er an den Großen Berliner Kunstausstellungen teil.
Über das Leben von Arthur Konn ist bis zum Frühjahr 1942 wenig bekannt. Wie viele andere Juden auch hatte er sich taufen lassen und war als Freiwilliger in den Ersten Weltkrieg gezogen, aus dem er mit dem Eisernen Kreuz zurückkehrte. In den 1920er und -30er Jahren war er als Bildhauer und Kunsthändler tätig. Als die Nationalsozialisten an die Macht kamen, dürfte er überzeugt gewesen sein, seine über die Kunstszene geknüpften Kontakte zu einflussreichen Kreisen würden ihn schützen und die Judenverfolgung unbeschadet überstehen lassen. Allen Warnungen seiner Geschwister zum Trotz, die Deutschland rechtzeitig verlassen hatten, schlug er das Angebot seines bereits in London lebenden Bruders aus, ebenfalls nach England zu emigrieren.
Am 19. April 1942 schrieb er an seine in Holland lebende Nichte:
„…. Was mich selbst betrifft, so hatte ich kürzlich einen großen Schreck bekommen. Man hat mich auf die Liste der nach Polen Evakuierten gesetzt. Das Ganze spielte sich in 6 Tagen ab. Am Freitag bekam ich die Kündigung und bereits am Montag spät abends die Listen, worin ich meinen Vermögensbesitz genau angeben mußte. Durch Zufall hatte ich keine Tinte im Hause, und da ich erst nach 4 Uhr einkaufen darf, so konnte ich die Listen erst am folgenden Tag abgeben. Dort bekam ich Bescheid, daß ich mich für Donnerstag früh um 6 Uhr bereit halten sollte. Ich mußte mich in das Unvermeidliche fügen und packte nun meine Sachen, die ich in mein Exil mitnehmen wollte. Einen größeren Handkoffer, in dem ich Anzüge, Stiefel, Wäsche, auch Bettwäsche, Aluminiumtöpfe, Besteck, Seife, Putzzeug u.s.w. einpackte. Ich besitze einen schönen Schlafsack, den ich zusammengerollt habe und der mir gute Dienste tun würde, wenn ich ihn durchbekäme. Dann packte ich noch einen
kleineren Koffer, in dem ich auch von allem, was ich im größeren Koffer hatte, etwas hineinpackte, so daß wenn mein Koffer verloren ginge, ich immer noch das Notwendigste besaß. Dann rollte ich noch eine Reisedecke zusammen und stopfte eine Ledertasche mit Lebensmitteln für die Fahrt voll. Das große Gepäck, den Koffer und den Schlafsack schickte ich schon Mittwochnachmittag zur Sammelstelle, und wartete, angezogen auf dem Bette liegend, auf den Beamten. Ich war schon um 5 Uhr auf den Beinen, um 6 Uhr kam keiner und um 7 und 8 Uhr war auch keiner gekommen. Um 9 Uhr ließ ich bei einem Bekannten anrufen, der mir sagen ließ, daß ich wahrscheinlich überzählig war. Und so war es auch. Ich kann Gott danken, daß ich dieser Prüfung entgangen bin. Vielleicht hat auch meine Nationale* geholfen, in dem steht, daß ich anno 14 als Kriegsfreiwilliger bis 1919 Frontsoldat war, Vizewachtmeister bei den Husaren und das Eiserne Kreuz besaß. Vorläufig gehen keine neuen Transporte,
und wenn, so hoffe ich doch wieder verschont zu bleiben. Ich fühle noch heute den Schreck in den Knochen. Mein Gepäck habe ich zurückbekommen.“ (* Bestandteil des Militärpasses mit dem Nachweis aller persönlichen Daten des Soldaten).
Spätestens zu dem Zeitpunkt muss Arthur Konn das Ausmaß der Gefahr erkannt haben und tauchte im Juni 1942 unter. Erst als die Geheime Staatspolizei (Gestapo) im August 1943 von seiner Flucht Kenntnis bekam, wurde intensiv nach ihm gesucht.
In seiner polizeilichen Meldeakte steht der Vermerk: “sm 59/36174; besonders langfristig und genau geplantes Untertauchen von 01.06.42 bis 21.03.44”
In seine Wohnung in der Gervinusstraße 4 zog im November 1942 der Bildhauer Otto Hitzberger ein, der im Einvernehmen mit der Gestapo die Räumung durchführte. Das Inventar ist vermutlich der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt zur Verwertung überlassen worden. Sein „inländisches bzw. hinterlassenes Vermögen“ wurde im September 1943 „zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen“.
Am 21. März 1944 wurde Arthur Konn gefasst. Knapp ein Monat später wurde er zunächst mit dem von den Nazibehörden so bezeichneten 104. Alterstransport nach Theresienstadt und Mitte Mai nach Auschwitz deportiert, wo er wahrscheinlich gleich nach seiner Ankunft ermordet wurde.
Text: Cristina Konn-Saile. Entnommen dem Band “Juden in Charlottenburg. Ein Gedenkbuch”. Berlin 2009
Quellen: Familienarchiv, Bundesarchiv, Brandenburgisches Landeshauptarchiv