HIER WOHNTE
GERTRUD
SÜSSKIND
JG. 1898
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN
RIGA
Gertrud Süßkind kam am 13. Januar 1898 als Tochter der Eheleute Alexander (genannt Alex) und Dagmar Süßkind, geb. Glückmann, in Posen (Poznan/Polen) auf die Welt. Ihr 1865 in Czempiń/Posen (Czempiń/Polen) geborener Vater ist 1899 im Adressbuch von Posen als Besitzer eines Restaurants und eines Cafés notiert. Ihre 1870 ebenfalls in der Provinz Posen geborene Mutter stammte aus einer Kaufmannsfamilie mit sieben Kindern. Sie wird im Betrieb des Vaters mitgearbeitet haben. Die Eltern hatten bereits einen Sohn, den am 6. Juni 1893 in Posen (Poznan/Polen) geborenen Georg Süßkind.
Die junge Familie kam schon vor dem Ersten Weltkrieg nach Berlin. Hier wohnte ihre Tante Regina Süßkind, verheiratete Lippmann, mit Ehemann und drei Kindern. Sie starb 1915.
In den Berliner Adress- und Telefonbüchern findet man den Vater Alex Süßkind seit dem Ersten Weltkrieg in der Goethestraße 70, bis 1920 noch in Charlottenburg bei Berlin, dann im schicken Berliner Westen. Er lebte mit Ehefrau und Kindern in der zweiten Etage des Hauses und betrieb einen Großhandel mit Raucherartikeln. Als Ehefrau ohne eigenes Gewerbe wurde Dagmar Süßkind nicht genannt.
1924 heiratete ihr Bruder Georg die 1896 in Berlin geborene Paula Singer, Tochter eines Arztes. Er gründete 1925 eine eigene Firma „Bankkommission, Banken und Versicherungen“, die bis 1938 in der Uhlandstraße 76 in Berlin-Wilmersdorf bestand. Dort wohnten Bruder und Schwägerin auch, und dort wurde 1925 ihre Nichte Eva geboren.
Gertrud scheint weiter bei den Eltern gelebt zu haben. Es muss eine gute Zeit gewesen sein: Ihr Vater war von 1925 (?) bis 1938 Geschäftsführer der Firma des Juweliers Abraham Schönholz, es war wohl das Juwelenhaus Rakowski & Schönholz in der Kleiststraße 19. Er bezog ein hohes Gehalt und zusätzlich Schmuck und Silberwaren als Gratifikation. Ihre Mutter wird eine Hausangestellte gehabt haben.
Um 1933 zogen die Eltern in die Pariser Straße 21 und wohnten dort bis 1938. Dann verlor Alexander Süßkind seine Anstellung als Geschäftsführer und Sohn Georg die Firma. Die Familie rückte zusammen. Alex Süßkind mietete eine Fünf-Zimmer-Wohnung im dritten Stock des Hauses Wilhelmsaue 134/135 in Berlin-Wilmersdorf. Sohn Georg zog im Oktober 1938 mit Ehefrau und Tochter in ein Zimmer zu den Eltern bzw. Großeltern. Es wurde eng, aber die Familie war noch immer gut eingerichtet, besaß Schmuck und standesgemäße Kleidung. Dagmar und Alexander Süßkind planten die Emigration. Sie scheiterten. Den wertvollen Schmuck und silberne Kultgegenstände mussten sie abliefern. Die letzte Habe, zwei Koffer mit Kleidung, nahm man ihnen im Berliner Sammellager ab.
Am 1. September 1942 wurden Alexander und Dagmar Süßkind mit dem 24. Alterstransport nach Theresienstadt deportiert. Von dort aus wurde das Ehepaar am 29. September 1942 weiter in das Vernichtungslager Treblinka verschleppt und ermordet.
Gertrud Süßkind wurde am 5. September 1942 nach Riga transportiert und gleich nach der Ankunft erschossen. Ihr Bruder Georg Süßkind musste als „Helfer“ im Sammellager Levetzowstraße arbeiten. Er, seine Ehefrau Paula und die Tochter Eva überlebten. 1978 erinnerte Georg Süßkind mit einem Gedenkblatt im Archiv von Yad Vashem an seine ermordete Schwester.
Quellen:
Adressbuch Posen
Arolsen Archives
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
LABO Entschädigungsbehörde
Landesarchiv Berlin, WGA
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
Yad Vashem, Gedenkblatt
https://www.mappingthelives.org/
https://www.geni.com/people/
https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.statistik-des-holocaust.de/
Vorrecherchen aus dem Nachlass von Wolfgang Knoll