Stolpersteine Sybelstr. 65

Stolpersteine Sybelstr. 65

Stolpersteine Sybelstr. 65

Die Stolpersteine wurden am 30.07.2005 verlegt.

Stolperstein für Meta Ehrlich

Stolperstein für Meta Ehrlich

HIER WOHNTE
META EHRLICH
GEB. JACOBSOHN
JG. 1885
DEPORTIERT 3.2.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET

Meta Ehrlich kam am 16. November 1885 in Swinemünde auf der Insel Usedom (heute Świnoujście/Polen) als Tochter des Kaufmanns Salomon Jacobsohn (ca. 1841–1915) und seiner Ehefrau Johanna, geb. Cohn (ca. 1882–1924) auf die Welt. Ihre Mutter stammte aus Usedom, ihr Vater aus Hammerstein im Kreis Schlochau, einer Kleinstadt in der damaligen preußischen Provinz Westpreußen.
Swinemünde war nicht allein ein wichtiger Seehafen, sondern war auch als Badeort berühmt. Besonders beliebt bei den wohlhabenden Berlinern, aber auch bei Kaiser Wilhelm II, der das „Kaiserbad“ regelmäßig besuchte.
Meta Jacobsohn hatte zwei ältere Brüder, den 1878 geborenen Paul und den 1879 geborenen Arthur. Ihr Vater besaß in Swinemünde ein Schuhwarengeschäft. Die Adressen von Wohnung und Geschäft änderten sich im Laufe der Jahre: Vor der Geburt von Meta Jacobsohn lagen sie am Wasser, an „Bollwerken“, die auf der Seeseite Anlegeorte für kleinere Schiffe und auf der anderen Straßenseite bebaut waren. Meta wurde bereits im Haus Großer Markt 7 geboren. Aber sie lebte dort nicht allzu lange. Ihr Vater Salomon verkaufte das Geschäft in Usedom und zog mit der Familie nach Berlin. In Usedom waren die neuen Besitzer an alter Adresse Leopold und später Siegmund Stargardter, die das Geschäft unter dem Namen „Jacobsohn Nachf., Garderoben- u. Schuhwarengeschäft“ weiterführten.
Mitte der 1890er-Jahre tauchte Salomon Jacobsohn im Berliner Adressbuch als Inhaber eines Schuhwaren-Exports und einer „Schuhwarenfabrik“ auf. Die Wohnungen und vielleicht auch der Arbeitsplatz der Familie, lagen anfangs in der Meyerbeerstraße (Berlin-Mitte) und in der Ansbacherstraße in der Nähe des Wittenbergplatzes. Dann zogen die Jacobsohns in die Würzburgerstraße 19 in Schöneberg (bis 1920 bei Berlin).
Meta Jacobsohn lebte ohne Beruf bei den Eltern und wartete auf einen Ehemann, wie es für die meisten ledigen bürgerlichen Mädchen und jungen Frauen üblich war.
Am 21. September 1908 heiratete sie den Apotheker Dr. Curt Ehrlich. Ihr 1878 im oberschlesischen Kattowitz geborener Ehemann war der Sohn eines jüdischen Schneidermeisters. Er hatte in Zürich, Breslau und Königsberg Pharmazie studiert und 1904 promoviert. In Berlin besaß er eine eigene, wohl noch kleine pharmazeutische Fabrik. Nach der Hochzeit zog das Ehepaar in eine Wohnung im 2. Stock der Cranachstraße 55 in Berlin-Friedenau. Ihr Bruder Paul Jacobsohn, der nicht mehr bei den Eltern, sondern in der Pariser Straße wohnte, heiratete ein Jahr später eine Frau „mit Beruf“, die Möbelzeichnerin Susanne Elly Wurm.
Ehemann Curt Ehrlich gründete 1909 gemeinsam mit Otto Lener eine pharmazeutische Fabrik, die „Dr. Ehrlich & Lener, Vereinigte Werke GmbH.“ Die Firma sollte sich bis zum Ende der 1920er-Jahre in der Chausseestraße 25 befinden. Die Geschäfte ermöglichten ein standesgemäßes bürgerliches Leben. Allein von Kindern wird in den Akten nichts berichtet.

Im Ersten Weltkrieg war Ehemann Curt Ehrlich als Apotheker von Anfang August 1914 bis Ende 1916 an der Front im Westen. Er arbeitete in Feldlazaretten, nahm in Lothringen und Flandern an großen Schlachten und an dem besonders grausamen Stellungskrieg teil. Anfang 1917 wurde er nach einem „Erholungsurlaub“ zum Reservelazarett Nürnberg versetzt. Von der Angst und Sorge seiner Ehefrau könnten wir allein aus persönlichen Dokumenten erfahren. Hinzu kam: Ihr Bruder Paul war gleich zu Beginn des Krieges in einem Feldlazarett an der Ostfront gestorben.
Auch in Berlin veränderte sich während des Krieges das Leben: Das Ehepaar Meta und Curt Ehrlich besaß für kurze Zeit eine Wohnung in der Sybelstraße 12, die Firma hatte viele Jahre einen anderen Geschäftsführer. 1915 starb Metas Vater Salomon Jacobsohn.
Curt Ehrlich kehrte nach dem Krieg aus Nürnberg nach Berlin zurück. In den folgenden Jahren lebte das Ehepaar Ehrlich in der Wielandstraße 6 in Friedenau. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Curt Ehrlich wird im Berliner Adressbuch als Apotheker und Chemiker bezeichnet. 1924 starb Meta Jacobsohns Mutter Johanna in der Wohnung in der Wielandstraße 6.

Um 1930 verließ das Ehepaar Berlin. Im April 1931 gründete Curt Ehrlich die noch immer bestehende Eigelstein Apotheke in der Kölner Altstadt, das Ehepaar wohnte in der Domstraße 43. Dort liegt heute ein Stolperstein, der an Curt Ehrlich erinnert. Zum 31. Januar 1939 wurde den jüdischen Apothekern die Approbation entzogen. Curt Ehrlich findet sich bereits 1938 wieder im Berliner Adressbuch, er scheint seine Kölner Apotheke zuerst verpachtet und dann ganz verloren zu haben. Meta Ehrlich und ihr Ehemann Curt Ehrlich wohnten in den folgenden Jahren in der Sybelstraße 65 im Bezirk Charlottenburg.
Am 3. Februar 1943 wurde Meta Ehrlich gemeinsam mit ihrem Ehemann aus der allerletzten Wohnung in der Knesebeckstraße 70/71, einem sogenannten Judenhaus, nach Auschwitz deportiert. Über 950 Menschen gehörten zu diesem Transport, fünf Menschen haben überlebt. Das Ehepaar Dr. Curt und Meta Ehrlich wurde ermordet.

Quellen:
Adressbücher der Stadt Kattowitz
Arolsen Archives
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
LABO Entschädigungsbehörde
Landesarchiv Berlin, WGA
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
https://www.mappingthelives.org/
https://www.geni.com/people/
https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.statistik-des-holocaust.de/
https://www.freiburger-rundbrief.de
https://www.eigelstein-apotheke.de/

Vorrecherchen aus dem Nachlass von Wolfgang Knoll

Stolperstein Dr. Curt Ehrlich

Stolperstein für Dr. Curt Ehrlich

HIER WOHNTE
DR. CURT EHRLICH
JG. 1878
DEPORTIERT 3.2.1943
AUSCHWITZ
ERMORDET

Curt (Kurt) Ehrlich ist am 12. Januar 1878 als Sohn des jüdischen Schneidermeisters Josef Ehrlich und seiner Ehefrau Flora, geb. Schüller im oberschlesischen Kattowitz (heute Katowice/Polen), auf die Welt gekommen.
Die Stadt Kattowitz, auch das „Zentrum des schlesischen Ruhrgebiets“ genannt, gehörte seit 1871 zum Deutschen Kaiserreich. Umgeben von Kohle- und Erzvorkommen hatte sie sich in kurzer Zeit aus einem Dorf zu einer Industriestadt entwickelt. Die erste Kattowitzer Synagoge stand seit 1862 an der Ecke Grundmann- und Schillerstraße. Nicht weit davon wuchs Curt Ehrlich auf, und in der Nähe haben auch seine Verwandten gewohnt: Im Adressbuch von Kattowitz ist seine Mutter Flora 1894 (bereits als Witwe) für die Grundmannstraße 20 eingetragen, 1897 wurde Curt Ehrlich als „Pharmaceut“ in der Friedrichstraße 8 notiert. Seine Mutter starb 1898 in Kattowitz.
Curt Ehrlich hatte als „Pharmaceut“ nicht studiert. Der Beruf des Apothekers war neu, ein Pharmaziestudium war erst seit 1875 im ganzen Deutschen Reich vorgeschrieben. Auch der Antisemitismus traf die Juden ganz besonders, sie durften den Beruf des Apothekers erst seit 1861 in eigener Verantwortung ausüben. Curt Ehrlich verließ Kattowitz und studierte Pharmazie in Zürich, Breslau und Königsberg. In Königsberg arbeitete er 1902/1903 in einer Militärapotheke als „Einjähriger“, d.h. als Freiwilliger für ein Jahr anstelle des dreijährigen normalen Wehrdienstes, und promovierte 1904 an der dortigen Universität zum Dr. phil.
Die Eröffnung einer Apotheke war für Juden noch immer schwer, und einige jüdische Apotheker gründeten daher pharmazeutische Fabriken, so auch Curt Ehrlich. Er war nach Berlin gezogen und wohnte anfangs in der Schumannstraße in Berlin-Mitte, seine Firma, eine „Dragee- und Komprimierindustrie“ befand sich in der Bülowstraße 56.
Am 21. September 1908 heiratete Curt Ehrlich die 1885 geborene Meta Jacobsohn, die bis dahin bei ihren Eltern in der Würzburgerstraße 19 in Schöneberg (bis 1920 bei Berlin) gelebt hatte. Nach der Hochzeit zog das Ehepaar in eine Wohnung im 2. Stock der Cranachstraße 55 in Berlin-Friedenau. 1909 tat Curt Ehrlich sich mit Otto Lener zusammen, der in der Gitschinerstraße eine ähnliche Firma wie er selbst betrieb, und die beiden gründeten die pharmazeutische Fabrik „Dr. Ehrlich & Lener, Vereinigte Werke GmbH.“ Die Firma sollte sich bis zum Ende der 1920er-Jahre in der Chausseestraße 25 befinden.
Im Ersten Weltkrieg ging Curt Ehrlich kurz nach Kriegsbeginn Anfang August 1914 als Apotheker an die Front im Westen. Die knappen Einträge in den „Kriegsranglisten und -stammrollen“ lassen die Hölle des Krieges nur ahnen: Curt Ehrlich arbeitete in Feldlazaretten, nahm in Lothringen und Flandern an verschiedenen großen Schlachten und an dem besonders grausamen und zermürbenden Stellungskrieg teil. Dann musste er die Front verlassen. Zum 1. Februar 1917 wurde er nach einem „Erholungsurlaub“ zum Reservelazarett Nürnberg versetzt.
Während des Krieges veränderte sich das Leben in Berlin: Das Ehepaar Curt und Meta Ehrlich besaß für kurze Zeit eine Wohnung in der Sybelstraße 12, die Firma hatte viele Jahre einen anderen Geschäftsführer. 1915 starb sein Schwiegervater Salomon Jacobsohn in Berlin.
Curt Ehrlich kehrte nach dem Krieg aus Nürnberg nach Berlin zurück. In den folgenden Jahren lebte das Ehepaar Ehrlich in der Wielandstraße 6 in Friedenau. Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Curt Ehrlich wird im Berliner Adressbuch als Apotheker und Chemiker bezeichnet. Es scheint aber, als hätte er die Firma letztendlich verkauft. Curt Ehrlich war in diesen Jahren Freimaurer und Mitglied der „Johannis-Loge-zum Spiegel der Wahrheit“ in Berlin. Um 1930 verließ er Berlin.
Anfang April 1931 gründete Curt Ehrlich die noch immer bestehende Eigelstein Apotheke in Köln, am Eigelstein 100. Sie lag und liegt „mitten im Herzen der Stadt“. Das Ehepaar wohnte in der Domstraße 43, ebenfalls in der Kölner Altstadt. Dort liegt heute ein Stolperstein, der an Curt Ehrlich erinnert. Zum 31. Januar 1939 wurde den jüdischen Apothekern die Approbation entzogen. Curt Ehrlich findet sich bereits 1938 wieder im Berliner Adressbuch, er scheint seine Kölner Apotheke zuerst verpachtet und dann ganz verloren zu haben.
In Berlin gab es bereits seit Herbst 1936 keine Apotheke mehr, die von einem Juden geleitet wurde. Curt Ehrlichs ehemaliger Berliner Kompagnon Otto Lener war mit seiner Familie Mitte der 1930er-Jahre nach Frankreich emigriert. Curt Ehrlich und seine Ehefrau Meta Ehrlich wohnten in den folgenden Jahren in der Sybelstraße 65 im Bezirk Charlottenburg.

Am 3. Februar 1943 wurde Dr. Curt Ehrlich gemeinsam mit seiner Ehefrau aus der allerletzten Wohnung in der Knesebeckstraße 70/71, einem sogenannten Judenhaus, nach Auschwitz deportiert. Über 950 Menschen gehörten zu diesem Transport, fünf Menschen haben überlebt. Das Ehepaar Dr. Curt und Meta Ehrlich wurde ermordet.

Quellen:
Adressbücher der Stadt Kattowitz
Arolsen Archives
Berliner Adressbücher
Berliner Telefonbücher
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Gedenkbuch Bundesarchiv
Alfred Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen“ aus dem Deutschen Reich, Wiesbaden 2005
HU Datenbank jüdischer Gewerbebetriebe in Berlin 1930-1945
LABO Entschädigungsbehörde
Landesarchiv Berlin, WGA
Landesarchiv Berlin, Personenstandsunterlagen/über ancestry
https://www.mappingthelives.org/
https://www.geni.com/people/
https://www.juedische-gemeinden.de
https://www.statistik-des-holocaust.de/
https://www.freiburger-rundbrief.de
https://www.eigelstein-apotheke.de/

Vorrecherchen aus dem Nachlass von Wolfgang Knoll