Stolpersteine Bamberger Straße 48

Hauseingang Bamberger Str. 48

Hauseingang Bamberger Str. 48

Diese Stolpersteine wurden am 29.11.2005 verlegt.

Stolperstein für Dr. Werner Heimann

Stolperstein für Dr. Werner Heimann

HIER WOHNTE
DR. WERNER
HEIMANN
JG. 1882
DEPORTIERT 1942
RIGA
ERMORDET 29.10.1942

Werner Heimann ist am 2. August 1892 in Berlin geboren. Eltern waren der Arzt Dr. Leo Heimann (gestorben 1924) und Clara Heimann, geb. Milchner, bei denen er zusammen mit seiner jüngeren Schwester Charlotte wohnte. Dr. Werner Heimann wird als ruhiger und besonnener Mensch beschrieben. Er war Jurist, Amtsgerichtsrat am Amtsgericht Charlottenburg und hatte den Doktortitel erworben. Er wohnte mit Charlotte seit 1919 in der Bamberger Straße 48, die damals zum Stadtbezirk Schöneberg gehörte, heute nach Charlottenburg. Im jüdischen Adressbuch von 1931 war er in Charlottenburg in der Bamberger Straße 18 verzeichnet.
Das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 bot die Handhabe, jüdische Beamte sofort zu entlassen; ausgenommen waren zunächst noch Teilnehmer des Ersten Weltkriegs. Dies traf auf Werner Heimann zu. Wann er schließlich doch zwangspensioniert wurde, ist nicht bekannt; bis zu seiner Deportation arbeitete er als zwangsverpflichteter Helfer bei der Jüdischen Kultusvereinigung.

1939 musste er seine Wohnung im Vorderhaus aufgeben und zog zusammen mit seiner Schwester, die wie er unverheiratet war, in eine Eineinhalb-Zimmer-Parterrewohnung im Hinterhaus, ausgestattet immerhin mit WC und Warmwasseranschluss, im gleichen Gebäude Bamberger Straße 48. Trotz der antijüdischen Gesetze und Verordnungen glaubte der Jurist Heimann auch weiter an einen funktionierenden Rechtsstaat und schlug die Möglichkeit aus, in die USA zu emigrieren. Auch seine Schwester Charlotte gab aus Rücksicht auf ihren Bruder den Plan zur Ausreise auf.

Buchansicht "Oktoberzug nach Riga"

Buchansicht "Oktoberzug nach Riga"

Am 26. Oktober 1942 wurden beide von Berlin aus mit 798 Menschen in die rund 1250 Kilometer entfernte lettische Hauptstadt Riga deportiert. Dort sind sie ermordet worden. Sein noch vorhandenes Vermögen, das nach der Vermögenserklärung, die er vor der Deportation ausfüllen musste, aus Aktien (unter anderen des Aquariums im Zoologischen Garten) und einer Lebensversicherung bestand, wurde zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen.

Charlotte und Werner Heimann waren Verwandte der Ururgoßmutter Paula, des Urgroßvaters Conrad und der Großmutter Ursula von Angela Schmidt-Bernhardt, die darüber ein Büchlein geschrieben hat.
Der Name Werner Heimann steht auf einer Gedenktafel im Haus des Deutschen Richterbundes in Berlin für jüdische einstige Richter und Staatsanwälte, die während der Willkürherrschaft der Nationalsozialisten verfolgt und aus ihren Ämtern getrieben wurden.

Siehe auch Angela Schmidt-Bernhardt: Oktoberzug nach Riga. Geschichte einer Ermordung. Frankfurt am Main 2014.
Text: Anne Meckel mit Vorarbeiten von Hannelore Emmerich, Helmut Lölhöffel

Stolperstein für Charlotte Heimann

Stolperstein für Charlotte Heimann

HIER WOHNTE
CHARLOTTE
HEIMANN
JG. 1898
DEPORTIERT 1942
RIGA
ERMORDET 29.10.1942

Charlotte Heimann ist am 15. November 1998 in Berlin geboren und war die sechs Jahre jüngere Schwester des Amtsrichters Dr. Werner Heimann. Die Geschwister wuchsen sie in einer bürgerlichen Familie auf. Die Eltern waren Clara, geb. Milchner, und der Arzt Dr. Leo Heimann. Werner und Charlotte wohnten später zusammen in der Bamberger Straße 48, damals Schöneberg, jetzt Charlottenburg, vorher in der Nummer 18.

Charlotte soll nach Aussage von Verwandten dunkelhaarig und gut aussehend gewesen sein; ein Foto von ihr existiert nicht. Sie war Buchhalterin von Beruf. Informationen über sie gibt es erst wieder 1939. In diesem Jahr bezog sie, die unverheiratet war, zusammen mit ihrem ebenfalls ledigen Bruder im Haus Bamberger Straße 48 in Berlin-Schöneberg eine Eineinhalb-Zimmer-Wohnung im Hinterhaus (Gartenhaus), Parterre, aber mit WC und Warmwasser-Anschluss. Ob sie schon vorher die größere Vorderhaus-Wohnung im gleichen Haus mit ihrem Bruder geteilt hatte, ist nicht genau bekannt. Diese Wohnung musste 1939 aus finanziellen Gründen aufgegeben werden.

Die Möglichkeit, in die USA zu emigrieren, hatten die Geschwister nicht wahrgenommen. Charlotte verzichtete auf die Beantragung einer Ausreisegenehmigung aus Rücksicht auf ihren Bruder, der sich, trotz seiner Entlassung aus dem Staatsdienst und aller anderen antijüdischen Gesetze und Verordnungen, Schlimmeres nicht vorstellen konnte. Im Haus Bamberger Straße 48 befand sich eine Bäckerei. Ihre Besitzerin versorgte nach Erzählung der Verwandten die beiden Geschwister mit Kuchen auf Lebensmittelmarken, als dies durch eine antijüdische Verordnung vom 14. Februar 1942 verboten wurde.

Sie sind zusammen in einem Zug vom Güterbahnhof Moabit 26. Oktober 1942 nach Riga-Skirotava deportiert worden. Die Zugfahrt dauerte vier Tage. In Lettland wurden sie wie fast alle der 798 Insassen gleich nach der Ankunft umgebracht. Das noch vorhandene Vermögen von Charlotte Heimann, das vermutlich aus dem Erbe ihrer Eltern stammte, wurde nach ihrer Deportation ebenso wie das ihres Bruders vom Deutschen Reich eingezogen, nachdem der Hausbesitzer und eine Teppichreinigungsfirma noch ihre Forderungen geltend gemacht hatten.

Angela Schmidt-Bernhardt hat über das Schicksal ihrer nach Riga verschleppten Verwandten eine Novelle geschrieben.

Biografische Zusammenstellung: Dr. Anne Meckel, Hannelore Emmerich, Helmut Lölhöffel

Literatur: Angela Schmidt-Bernhardt: Oktoberzug nach Riga. Geschichte einer Ermordung. Frankfurt am Main 2014.