HIER WOHNTE
LISELOTTE BAUMANN
JG. 1913
DEPORTIERT 1.3.1943
ERMORDET IN
AUSCHWITZ
Liselotte Baumann – in ihrer Geburtsurkunde wird ihr Name Liese Lotte geschrieben – kam am 13. Oktober 1913 im Brandenburgischen Müncheberg, Kreis Lebus, auf die Welt. Ihr Vater hieß Martin Baumann (*5. November 1881), ihre Mutter war Hedwig Baumann geb. Schlesinger (*30. Januar 1879), geboren in Wittenberge. Martin Baumann, ebenfalls in Müncheberg geboren, war Betriebsleiter einer Kartoffelflockenfabrik, die 1937 als jüdischer Besitz enteignet wurde.
Anfang 1938 zog die Familie Baumann deshalb nach Berlin, wenig später nach Teltow in das Landhaus von Walter Zehden, einem Kartoffelhändler, zu dem Martin gute Geschäftsbeziehungen hatte.
1940 wurde die Familie durch die Verhaftung Martin Baumanns auseinandergerissen. Er war vom 2. März bis zum 16. September 1940 im KZ Sachsenhausen gefangen, anschließend deportierte man ihn nach Dachau, wo er am 30. Juni 1941 ermordet wurde.
Zu dieser Zeit müssen Hedwig und ihre Tochter Liselotte nach Berlin zurückgekehrt sein und Unterkunft in einer der Wohnungen in der Pariser Straße 11 gefunden haben. Das Haus war im Besitz der Jüdischen Gemeinde Berlin und es lebten dort dementsprechend viele Juden als Mieter. Da Hedwig und Liselotte in den Adressbüchern dieser Jahre nicht aufgeführt sind, wohnten sie wohl bei einem der jüdischen Bewohner zur Untermiete.
Hedwig Baumann wurde am 18. Oktober 1941 mit dem ersten Deportationszug vom Bahnhof Grunewald ins polnische Lodz, von den Nazis in Litzmannstadt umbenannt, transportiert. 1000 Berliner Jüdinnen und Juden wurden in die Waggons gepfercht. Ihre Endstation war das Ghetto in Lodz, wenn sie dort nicht starben, dann später in den Vernichtungslagern.
Liselotte war davon ausgegangen, dass ihre Mutter im April 1942 nach Warschau deportiert worden sei. So gab sie es in der „Vermögenserklärung“ an, die sie wenige Tage vor ihrer eigenen Verschleppung ausfüllen musste. Eine Hedwig Baumann ist auf den Deportationslisten der Warschauer Transporte jedoch nicht verzeichnet. Allerdings ist sie auch nicht in der Namensliste der aus Berlin in das Ghetto Litzmannstadt deportierten Juden aufgeführt, sodass ihr Schicksal letztendlich ungeklärt bleibt.
Liselotte blieb allein in Berlin zurück und musste bei der Firma Ernst Seydel in der Bülowstraße 66 Zwangsarbeit leisten. Die Firma stellte Militärausrüstungen her und zahlte der jungen Frau einen wöchentlichen Lohn von 26 RM.
Vor ihrer Deportation musste sie ein weiteres Mal ihr Zuhause verlassen. Sie wurde in der Rosenheimer Straße 29 bei dem jüdischen Vermieter Friedmann einquartiert. Zu diesem Zeitpunkt hatte Liselotte keinerlei Besitz. Es hieß in der Vermögenserklärung: „Erfolglose Räumung am 4.5.43, Nachlass wurde nicht vorgefunden.“
Zu diesem Zeitpunkt befand sich Liselotte bereits in Auschwitz. Am 1. März 1943 war sie in einem mit 1736 Menschen vollgestopften Zug in das Vernichtungslager verschleppt worden. Über den Zeitpunkt ihres Todes gibt es keine Informationen.
Für ihre Mutter Hedwig und deren Schwester Martha wurden in Wittenberge am 11. Juni 2009 vor ihrem Elternhaus in der Steinstraße 20 zwei Stolpersteine verlegt. https://www.wittenberge.de/seite/65112/stolpersteine.html
Für ihren Vater Martin wurde am 7. November 2011 in Teltow vor dem Haus von Walter Zehden, Kleiststraße 13, ein Stolperstein verlegt. http://www.stolpersteine-teltow.de/3.html
Recherche und Text: Karin Sievert
Quellen:
Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933 – 1945
Brandenburgisches Landeshauptarchiv
Deportationslisten
Gottwald/Schulle „Die Judendeportationen aus dem Deutschen Reich 1941 – 1945“
Standesamt Müncheberg
Ingo Loose „Berliner Juden im Ghetto Litzmannstadt 1941 – 1945“